Viele Frauen leiden nach der Geburt eines Kindes unter negativen Stimmungsveränderungen. Die Wochenbettdepression wird auch oft als postnatale oder postpartale (nach der Niederkunft) Depression bezeichnet.
Bei der Wochenbettdepression können verschiedene psychiatrische Störungen auftreten, diese reichen von vorübergehenden Verstimmungszuständen mit Weinen, Ängstlichkeit und Reizbarkeit bis zu Depressionen mit trauriger Verstimmung sowie schweren Psychosen mit einem Wahn und Halluzinationen bis hin zum Selbstmord.
Je nach Gemütszustand, in die eine Mutter nach der Geburt geraten kann, unterscheidet man zwischen drei Kategorien:
Bei den Baby-Blues oder auch Heultage genannt, handelt es sich um ein kurzlebiges Stimmungstief innerhalb der ersten 10 Tage nach der Geburt. Meist entsteht es zwischen dem 3. und 5. Tag nach der Geburt. Als typische Zeichen eines Stimmungstiefs gelten insbesondere häufigeres Weinen, Traurigkeit, Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, Müdigkeit, Erschöpfung und Konzentrationsprobleme.
Die postpartale Depression bzw. Wochenbettdepression ist definiert als schwere und anhaltende Form der Depression nach der Geburt und betrifft vor allem junge Erstgebärende. Sie kann kurz nach der Geburt, aber auch noch bis zwölf Monate danach auftreten. Etwa 20 Prozent aller Mütter sind davon betroffen. Es besteht eine schleichende Symptomverstärkung, weshalb die Erkrankung oftmals nicht rechtzeitig erkannt werden kann. Oft wird sie der normalen Belastung zugeschrieben.
Es handelt sich jedoch um eine ernste psychische Erkrankung, die durch Symptome wie Traurigkeit, Müdigkeit, Schuldgefühle, Ängste, Panikattacken, Selbstmordgedanken, allgemeines Desinteresse, sexuelle Unlust, ambivalente Gefühle gegenüber dem Baby, extreme Reizbarkeit, Appetit- und Schlafstörungen gekennzeichnet ist.
Die postpartale Psychose entwickelt sich hauptsächlich in den ersten zwei Wochen nach der Entbindung. Auch eine postpartale Depression kann sich zu einer Psychose weiter entwickeln. Sie ist die schwerste Form der psychischen Krise und kommt bei etwa 0,1 bis 0,3 Prozent der Frauen vor.
Jede Psychose muss unbedingt ärztlich behandelt werden. Typische Kennzeichen der Psychose sind starke Antriebssteigerung, Verworrenheit, Größenwahn und/oder Angstzustände, motorische Unruhe, Antriebslosigkeit, Bewegungslosigkeit, Teilnahmslosigkeit sowie Halluzinationen.
Oft gehen alle drei Erscheinungsformen ineinander über, so dass man sie nicht separat voneinander sehen kann.
Bei einer Wochenbettdepression können folgende Beschwerden auftreten:
Ein wesentliches Symptom ist die Reizbarkeit, welches sowohl verbal als auch körperlich auftreten kann. Häufig besteht eine extreme Ungeduld und Streitsucht. Teilweise lassen sich die eigenen Reaktionen nicht mehr kontrollieren und jagen einem große Angst ein, weil alles eigentlich ungewollt passiert.
Die vielfältigen Symptome können in ihrer Ausprägung, Stärke und Zeitdauer sehr unterschiedlich auftreten.
Die Ursachen für die einzelnen seelischen Störungen können viele Gründe haben. Oft beginnt die Wochenbettdepression wie ein Baby-Blues, verläuft aber in Verlauf und Intensität viel schwerer. Die Erkrankung baut sich über Wochen und Monate langsam, schleichend auf und hält länger an.
Dadurch ist das Erkennen einer Wochenbettdepression häufig schwieriger, da es wesentlich länger dauert, bis eindeutige Symptome greifbar sind. Die einzelnen Belastungsfaktoren sind individuell unterschiedlich stark ausgeprägt und müssen in der Behandlung spezifisch berücksichtigt werden.
Als mögliche Ursachen gelten psychische, physische (hormonelle), soziale und gesellschaftliche Faktoren.
Insbesondere Frauen, die viel zu große Erwartungen an sich selbst stellen und ihre Rolle als Mutter, Hausfrau, Partnerin und Berufstätige perfekt erfüllen wollen, erkranken viel häufiger an Depressionen. Vielen fällt es schwer sich einzugestehen, dass sie Hilfe brauchen. Viele Frauen fühlen sich mit der neuen Situation alleine gelassen und können sich auf das neue Leben nicht einstellen.
Zudem kann auch das Baby die Wochenbettdepression indirekt verstärken, indem es nicht richtig saugt, oft hysterisch schreit oder sogar erkrankt. Die Mutter kriegt dadurch das Gefühl, ihr Kind nicht ausreichend gut versorgen zu können.
In der Folge kommt es zu einer ungewollten Abwehrhaltung dem Kind gegenüber, die sie aber nicht zugeben möchte. In solchen Tagen der Überforderung ist es völlig normal, das Kind mal an nahe Verwandte oder Freunde abzugeben.
Sobald der Verdacht auf eine Wochenbettdepression besteht, ist professionelle Hilfe unerlässlich.
Die Therapie richtet sich nach den aktuellen Beschwerden und kann sowohl ambulant als auch stationär durchgeführt werden. Häufig wird eine Kombination aus Psychotherapie bzw. Gesprächstherapie und der zeitweiligen Einnahme von Medikamenten (Antidepressiva) verordnet. Die kombinierte Therapie ist fast immer sehr erfolgreich.
In seltenen Fällen erfolgt eine Einweisung von Mutter und Kind in eine psychiatrische Klinik, beispielsweise wenn die Mutter an starken Selbstmordgedanken leidet oder den Alltag und die Versorgung des Kindes nicht mehr bewältigen kann.
Früher wurden depressive Mütter, aufgrund der Einnahme von Antidepressiva, zum Abstillen bewegt. Heute ist dies jedoch nicht mehr erforderlich, da genügend Antidepressiva zur Verfügung stehen, die mit dem Stillen vereinbar sind.
Auch die Ermittlung eines genauen Hormonstatus gehört zur Standardtherapie. Die genauen Hormonschwankungen werden von einem Endokrinologen gemessen und eventuell mit einem speziellen Progesteronpräparat therapiert.
Für viele Mütter ist die Zeit bis zur Genesung sehr qualvoll und mit viel seelischem Leid verbunden. Sie haben das Gefühl, dass dieser Zustand niemals enden wird. Dies wiederum ist ein typisches Zeichen der Depression.
In der Regel ist die Prognose der seelischen Erkrankungen nach der Geburt sehr gut. Jedoch ist die Zeit bis zur Genesung für die Mutter oft mir großem Leiden verbunden, sie können nicht mehr glauben, dass die Depression wieder vollständig abklingen. Die Krankheitsdauer kann durch eine psychiatrische Behandlung gekürzt werden und das Leiden lindern.
Letzte Aktualisierung am 15.09.2021.