Nach der anstrengenden Geburt kommt endlich die Phase der Erholung und der Umstellung auf die neue Lebenssituation für Mutter und Kind. Die ersten sechs bis acht Wochen nach der Geburt werden als Wochenbett bezeichnet. Sie umfasst die Zeit von der Geburt bis zur vollständigen Rückbildung der schwangerschaftsbedingten Veränderungen bei der Mutter. Die Mutter wird in dieser Zeit als Wöchnerin bezeichnet.
In dieser Phase kommt es neben den körperlichen Veränderungen zu einer Reihe von weiteren Veränderungen, die durch die Hormonumstellungen auftreten und im Folgenden näher beschrieben werden.
Noch am Anfang des 20. Jahrhunderts, gehörte diese Phase zumindest im Spital zu den lebensgefährlichsten Situationen für Mutter und Säugling. Daher wurden Krankenhausentbindungen, von denen die es sich leisten konnten, strikt vermieden. Im Falle von Wundheilungsstörungen war der Wochenfluss aus der Gebärmutter hochinfektiös, die Bakterienvermehrung erfolgte mit höchster Geschwindigkeit.
Diese Bakterien wurden durch Hebammen und Ärzte von Mutter zu Mutter getragen, die dann oft an einer Blutvergiftung, dem so genannten Kindbettfieber bzw. Wochenbettfieber verstarben.
1894 erkannte schließlich der Assistenzarzt Ignaz Semmelweis in Wien, dass es sich um eine Blutvergiftung handelte, die aufgrund unzureichender Hygiene (nicht ausreichend gesäuberten Händen von Ärzten und Wöchnerinnen) hervorgerufen wurde.
Mit der von Semmelweis eingeführten Chlorkalkwaschungen gelang es endlich, die Fälle von Kinderbettfieber erheblich zu reduzieren. Viele seiner Kollegen kritisierten jedoch seine Methode, so dass Semmelweis diskreditiert wurde, Vortragsverbot erhielt und 1894 die Klinik für Geburtshilfe verlassen musste. Heute ist Semmelweis auch als „Retter der Mütter" bekannt.
Diese gefährliche Situation hat sich heute glücklicherweise dank guter Hygiene und der Entdeckung von Penizillin geändert.
Der Mutter steht zehn Tage lang im Wochenbett eine Hebamme zur Verfügung, die nach der Entbindung sogar nach Hause kommt.
Ihre Aufgaben umfassen vor allem:
Das Wochenbett ist durch zahlreiche körperliche und hormonelle Umstellungen gekennzeichnet, durch die der Organismus mit der Zeit wieder in seinen Normalzustand versetzt werden soll.
Da nach der Geburt auch die Plazenta (Ort der Hormonsynthese während der Schwangerschaft) abgestoßen wird, kommt es zu einem steilen Konzentrationsabfall von HCG, HPL und vor allem Östrogenen. Nach Wegfall der Plazenta kommt es vor allem zu folgenden Veränderungen:
In den ersten Tagen nach der Geburt kommt es aufgrund der Ödemausschwemmung zu einer so genannten Harnflut mit Harnmengen von bis zu vier Litern/Tag.
Nach der Entbindung bildet sich die bei der Geburt auf das 20-fache seiner Größe und Gewichtes (ca.1.000 Gramm) angewachsene Gebärmutter (Uterus), rasch wieder zurück. Im Verlaufe des Wochenbetts bildet sich der Uterus zu seiner normalen Größe zurück.
Die Rückbildung der Gebärmutter wird vor allem begünstigt durch:
Je nach Zeitpunkt ist folgender Fundusstand normal:
Die Rückbildung dauert bei Vielgebärenden, nach Mehrlingsschwangerschaften oder nach Schnittentbindungen (Kaiserschnitt oder Dammschnitt) in der Regel etwas länger als nach einer normalen Erstgeburt.
Nachwehen bzw. Wochenbettswehen werden durch das Stillen und die damit verbundene Ausschüttung des Hormons Oxytozin (aktiviert die Gebärmutterkontraktionen und den Milchfluss) gefördert. Durch die Nachwehen werden sowohl die Rückbildung der Gebärmutter als auch der Wochenfluss unterstützt.
Bei Erstgebärenden können die Nachwehen in den ersten Tagen nach der Geburt zum Teil als schmerzhaft empfunden werden. Bei Mehrgebärenden hingegen sind die Nachwehen oft von krampfartigen Schmerzen begleitet, da die Gebärmutter durch die frühere „Vordehnung" der Muskulatur mehr Kraft aufwenden muss, um sich in ihre ursprüngliche Form zurückzubilden. Beim Stillen können die Krämpfe besonders heftig auftreten.
Nach der Geburt kommt es durch die Ablösung von Plazenta und Eihäuten (Reste der Fruchtblase) zu einer großflächigen Wunde an der Gebärmutterschleimhaut, deren Abheilung in mehreren Phasen verläuft.
Durch Heilungsvorgänge des Uterus entleeren sich Sekrete, die als Lochien bezeichnet werden. Diese bestehen im wesentlichen aus Blutkoageln und Plazentaresten. Abhängig vom Heilungsverlauf ändern sich die Menge und Zusammensetzung des Wochenflusses, der unmittelbar nach der Geburt beginnt:
Im Verlauf des Wochenbettes nimmt die Menge des Lochialsekretes kontinuierlich ab. Im Gegensatz zu früheren Lehrmeinungen ist der Wochenfluss kein hochkontagiöses Sekret, kann aber dennoch Keime (vor allem eine bakterielle Besiedlung mit Streptokokken oder Staphylokokken) enthalten. Daher ist eine ausreichende Intimpflege notwendig.
Die Hände müssen nach jedem Toilettengang oder Vorlagenwechsel gründlich gewaschen und desinfiziert werden. Vor allem bei Keimverschleppungen an die Nabelschnur kann es zu Nabelschnurinfektionen beim Kind oder bei Verschleppung an die Brust zu einer schmerzhaften Brustdrüsenentzündung (Mastitis) bei der Mutter führen.
Andererseits soll durch die hygienischen Maßnahmen die Wundfläche in der Gebärmutter vor einer aufsteigenden Infektion geschützt werden.
Während der Schwangerschaft und Geburt kommt es zu einer Erschlaffung von Muskulatur und Bindegewebe sowie der Beanspruchung und Dehnung der Beckenboden- und Bauchmuskulatur.
Besonders bei schweren Geburten oder Mehrgebärenden können als Spätfolge so genannte Senkungsbeschwerden auftreten. Dazu gehören in erster Linie die Scheiden- und Gebärmuttersenkung und der unwillkürliche Harnverlust beim Husten, Niesen oder Pressen (Stressinkontinenz).
Nach der Geburt sollte mit konsequenter Rückbildungsgymnastik begonnen werden, um die Beschwerden möglichst gering zu halten bzw. vorzubeugen.
Insgesamt kommt es zur Normalisierung aller übrigen Organsysteme, die während der Schwangerschaft beansprucht wurden.
Diese sind vor allem die Brüste und das Herz. Die Rückbildung der Organsysteme im Wochenbett kann durch folgende Maßnahmen gefördert werden:
Aufgrund der hormonellen Umstellung im Wochenbett kommt auch das Stillen in Gang. Durch die einsetzende Stilltätigkeit kommt es zur Erhöhung des Prolaktinspiegels, welches eine vorübergehende Hemmung der Hypophyse bewirkt.
Dadurch kommt es zu einer Amenorrhoe und Unfruchtbarkeit für die Dauer der Stillzeit, auf die man sich allerdings nur begrenzt verlassen sollte. Die normale zyklische Ovarialfunktion kommt sowohl bei stillenden als auch bei nicht stillenden Müttern frühestens nach sechs bis acht Wochen wieder in Gang.
Die Muttermilch ist die beste Ernährung für das Neugeborene, so dass empfohlen wird, die ersten sechs Monate voll zu stillen.
Bei stillenden Müttern bleibt die Menstruation für die Dauer des Stillens aus (Laktationsamenorrhoe). Wird dagegen die Milchproduktion im Wochenbett unterdrückt, tritt nach etwa sechs Wochen die erste Regelblutung wieder auf.
Meist sind die ersten Regelblutungen nach der Geburt anovulatorisch, das bedeutet also, dass keine befruchtungsfähige Eizelle heranreift.
Dennoch sollte man sich nicht drauf verlassen, da es nicht selten bei einigen Paaren zu einer erneuten Schwangerschaft gekommen ist. Es empfiehlt sich daher auch während des Stillens zu verhüten.
Durch die starken Hormonschwankungen kommt es bei fast allen Frauen im Wochenbett zu seelischen Belastungen. Diese schwanken zwischen Euphorie und Niedergeschlagenheit. Viele Frauen fühlen sich der neuen Aufgabe nicht gewachsen. Einige haben sogar Angst, nicht mehr attraktiv erscheinen zu können.
Acht von zehn Frauen erleben am dritten bis vierten Tag nach der Entbindung die so genannten Heultage, die man auch als Baby Blues bezeichnet. Im Gegensatz zu einer echten Depression vergeht die schlechte Stimmung jedoch recht zügig. In diesen Fällen sollte man der Wöchnerin viel Verständnis entgegenbringen und ihr die Schulter zu Ausweinen anbieten.
Meist kommt es während des Stillens und im Wochenbett zu einem verstärkten Haarausfall.
Dies ist jedoch kein Grund zur Sorge, da das Haar durch die Schwangerschaft ohnehin dichter geworden ist und somit kein negativer Effekt auffällt. Der Haarwuchs normalisiert sich spätestens nach dem Abstillen.
Im Wochenbett können häufig heftige Schweißausbrüche auftreten, die oftmals ein Umziehen oder Duschen erforderlich machen.
Letzte Aktualisierung am 21.06.2021.