Die Pränataldiagnostik dient während der Schwangerschaft dazu, um mögliche Fehlbildungen, Störungen des kindlichen Organismus oder schwere Erkrankungen des Kindes frühzeitig zu erkennen und wenn möglich schnell zu behandeln.
Es handelt sich hierbei um spezielle Untersuchungen, die über die normale Schwangerschafts-Vorsorgeuntersuchung hinausgehen. Zur Pränataldiagnostik gehören folgende Untersuchungen:
Die Pränataldiagnostik umfasst zunächst eine ausführliche Beratung, welches zum einen vor der Untersuchung und zum anderen, bei auffälligem Befund, danach erfolgen sollte.
Anfang der 1980er Jahre fanden bereits die ersten Untersuchungen der Pränataldiagnostik statt. Da sie zum einen fehleranfällig sind und zum anderen die werdenden Eltern vor schwierige Entscheidungen stellen können, sind sie nicht immer unumstritten. Ergibt sich nämlich bei den Untersuchungen ein Hinweis auf eine Behinderung des Kinds, so ist meist keine Behandlung möglich.
In den Mutterschaftsrichtlinien sind während der Schwangerschaft drei Ultraschalluntersuchungen vorgesehen. Diese Untersuchungen gelten als Standard und sollten von jeder Schwangeren in Anspruch genommen werden. Alle weiteren Untersuchungen müssen nicht, können aber auf Wunsch der Mutter, durchgeführt werden.
Ultraschalluntersuchungen im Rahmen der Schwangerschaft:
Bei diesen Untersuchungen wird die normale Entwicklung des Kindes überprüft. Der erste Ultraschall dient dem Erkennen besonderer Risiken wie Zwillings- oder Eileiterschwangerschaften. Bei der dritten Ultraschalluntersuchung werden vorwiegend kindliches Wachstum und Fruchtwassermenge beurteilt. Eine Sonderstellung nimmt der Ultraschall im zweiten Schwangerschaftsdrittel ein (Fehlbildungs-Screening). Neben der Wachstumskontrolle dient er insbesondere der Erkennung von eventuell vorhandenen Fehlbildungen des Kindes. Daher werden bei dieser Untersuchung vor allem folgende Körperbereiche untersucht:
Ergibt sich aus dem Screening die Notwendigkeit zu einer weiterführenden Diagnostik, so gehören auch diese Untersuchungen zur Mutterschaftsvorsorge.
Leider empfehlen viele Frauenärzte die Pränataldiagnostik den Schwangeren aus wirtschaftlichen Gründen immer häufiger. Meist wird sie den Schwangeren ohne sorgfältige Nutzen-Risiko-Abwägung empfohlen. Sie birgt jedoch immerhin das Risiko, ein gesundes Kind durch Fehlgeburt zu verlieren.
Laut Mutterschaftsrichtlinien wird eine Schwangerschaft als Risikoschwangerschaft eingestuft, wenn sich aus der Krankengeschichte der Mutter insbesondere folgende Daten ergeben:
Treten während der aktuellen Schwangerschaft Komplikationen wie Präeklampsie oder drohende Frühgeburt auf, so wird die laufende Schwangerschaft ebenfalls als Risikoschwangerschaft eingestuft.
Zusätzliche Untersuchungen sind also nur dann notwendig, wenn eine Schwangerschaft als Risikoschwangerschaft eingestuft wird und ein überdurchschnittlich hohes Risiko besteht, ein erkranktes oder behindertes Kind auf die Welt zu bringen und die Eltern den Wunsch äußern, dies bereits während der Schwangerschaft klären zu wollen.
Diese Erkenntnis stellt jedoch eine erhebliche emotionale Belastung für die Eltern dar, da womöglich dadurch die Entscheidung für oder gegen eine Abtreibung im Raum steht.
Ultraschalluntersuchungen können auch speziell zur Suche nach Fehlbildungen im Rahmen der Pränataldiagnostik vorgenommen werden. Die Untersuchung kann entweder von außen durch die Bauchdecke oder durch Einführen eines Schallkopfs in die Scheide erfolgen.
Mit der Ultraschalluntersuchung können ab der 18. Schwangerschaftswoche embryonale Fehlbildungen wie Herzfehler oder Fehlbildungen des Magen-Darm-Traktes erkannt werden.
Zudem kann man mit einem so genannten Farbdoppler den kindlichen Blutfluss bestimmen.
Das Baby kann im Mutterleib, im Gegensatz zu Erwachsenen, den Ultraschall wahrnehmen. Es hört die Geräusche, spürt die Vibrationen und reagiert auf diese indem es sich zurückzieht. Die Ultraschalluntersuchung ist für die Schwangere weder mit Risiken noch mit Schmerzen verbunden. Zudem birgt sie keine Gefahr für das Baby.
Man unterscheidet folgende Ultraschallverfahren:
Das Screening wird im ersten Drittel der Schwangerschaft (12. bis 14. Woche) durchgeführt. Sie beinhaltet eine Blutuntersuchung und die Nackentransparenzmessung. Aus dem mütterlichen Blut werden zwei Laborwerte, die Plazentahormone schwangerschaftsassoziertes Protein A (PAPP-A oder Pregnancy Associated Plasma Protein A) und das Schwangerschaftshormon Beta-HCG (Humanes Choriongoadotropin) bestimmt. Diese Werte werden gemeinsam mit dem Ergebnis der Nackentransparenzmessung, dem Alter und Gewicht der Schwangeren, der Schwangerschaftswoche sowie anderen Besonderheiten wie Diabetes verglichen.
Anhand der ganzen Daten wird die Wahrscheinlichkeit für kindliche Erbgutschäden berechnet, vor allem für das Down-Syndrom (Trisomie 21).
Es handelt sich lediglich um eine Wahrscheinlichkeitsrechnung und soll nur bei der Entscheidung helfen, ob weitere Untersuchungen durchgeführt werden sollen. Erst durch Untersuchungen wie Fruchtwasseruntersuchung oder Chorionzottenbiopsie können genauere Aussagen getroffen werden. Solche Methoden führen zur zuverlässigen Bestätigung oder zum Ausschluss eines Chromosomenschadens des Ungeborenen.
Das Alpha-Fetoprotein ist ein Eiweiß, welches vom Mutterkuchen und von der kindlichen Leber gebildet wird. Es wird in der 16.-18. Schwangerschaftswoche bestimmt und gibt Hinweise auf mögliche Schädigungen des Ungeborenen. Eine Erhöhung im Blut der Mutter oder im Fruchtwasser, kann ein Hinweis auf eine Spina bifida (offener Rückenmarkkanal) geben. Dagegen kann bei einem niedrigen AFP ein Down-Syndrom vorliegen.
Die Kosten einer AFP-Bestimmung werden von den gesetzlichen Krankenkassen nur bei medizinischer Begründung (bei Verdacht auf eine Fehlbildung) übernommen.
Die Nackentransparenzmessung (NT) wird zwischen der 11. und14. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Hierbei wird mithilfe von speziellen Ultraschallgeräten mit besonders hoher Auflösung, die Nackendichte des Embryos untersucht. Diese Methode beruht auf der Erkenntnis, dass Embryos mit Trisomien (Trisomie13, Trisomie 18 und Down-Syndrom) meist einen dickeren Nacken haben als gesunde Embryos.
Ein geübter Arzt erkennt bei einem Embryo mit Down-Syndrom gleich mehrere Auffälligkeiten im Ultraschall. Die wichtigste Auffälligkeit ist die vermehrte Nackentransparenz, im Vergleich zum gesunden Fötus. Die erhöhte Nackentransparenz entspricht einer vermehrten Ansammlung von Lymphe im Bereich des Nackens.
Die Wahrscheinlichkeit für eine Trisomie wird ermittelt aus dem Ergebnis der Nackentransparenzmessung, der Scheitel-Steiß-Länge (SSL) und dem Alter der Schwangeren. Eine erhöhte Nackentransparenz kann zudem auf bestimmte Herzfehler, Skelettfehler und veränderte Blutwerte hindeuten.
Im Falle eines auffälligen Befundes muss der Verdacht unbedingt mit weiteren pränataldiagnostischen Untersuchungen bestätigt werden. Es gibt nämlich auch viele „normale bzw. gesunde" Embryos, die auch eine erhöhte Nackendichte aufweisen können.
In Deutschland gehört die Nackentransparenzmessung nicht zu den Standard-Vorsorgeuntersuchungen und muss daher privat bezahlt werden (Kosten etwa 100 Euro, Stand 2007).
Beim Triple-Test werden aus dem mütterlichen Blut die Hormonwerte Beta-HCG und Östrogen sowie das Alpha-Fetoprotein (AFP) bestimmt. Mittels Triple-Test sollte vor allem das Risiko für einen Fötus mit Down-Syndrom berechnet, die Funktion des Mutterkuchens beurteilt und Anzeichen für eine Mehrlingsschwangerschaft festgestellt werden. Der Test wird zwischen der 16.-18. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Da der Test bei vielen Schwangeren zu starker Verunsicherung und zu vielen unnötigen Fruchtwasseruntersuchungen führte, gilt diese Methode heute als überholt.
Die Fruchtwasseruntersuchung (Amniozentese) wird in der Regel zwischen der 15. und 18. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Hierbei wird Fruchtwasser aus der das Kind umgebenden Fruchtblase entnommen. Der Arzt führt durch die Bauchdecke, unter Ultraschallkontrolle, eine dünne Hohlnadel bis in die Fruchtblase ein und punktiert das Fruchtwasser. Die Amniozentese wird ohne Betäubung durchgeführt.
Gewonnene Zellproben werden im Labor angezüchtet und nach erfolgreicher Vermehrung, die Chromosomen isoliert und analysiert. Die Untersuchungsergebnisse liegen in der Regel erst nach zwei bis drei Wochen nach der Fruchtwasserentnahme vor.
Anhand des Fruchtwassers und den darin vorhandenen kindlichen Zellen kann folgendes festgestellt werden:
Die Amniozentese wird empfohlen, wenn folgende Kriterien vorliegen:
Aufgrund der Fruchtwasseruntersuchung liegt die Gefahr einer Fehlgeburt bei 0,5 bis einem Prozent. Zudem besteht eine gewisse Infektionsgefahr für Mutter und Kind. Eine Frühamniozentese in der 12. bis 13. Schwangerschaftswoche ist mit einem erhöhten Fehlgeburtsrisiko verbunden.
Bei der Untersuchung ist eine Berührung oder gar Verletzung des wachsenden Kindes in der Regel ausgeschlossen. Die Untersuchung wird von den meisten Frauen eher als unangenehm, aber nicht als schmerzhaft empfunden.
Die diagnostische Genauigkeit liegt bei der Amnionzentese bei etwa 99 Prozent und bei der Bestimmung von Neuraldefekten bei etwa 90 Prozent.
Chorionzotten sind Zellen, die den kindlichen Teil des Mutterkuchens bilden und über den der Stoffaustausch mit der Mutter erfolgt. Die Chorionzottenbiopsie kann ab der 10. Schwangerschaftswoche (günstigter Zeitpunkt) durchgeführt werden. Wie bei der Fruchtwasseruntersuchung führt man auch hier eine dünne Hohlnadel über die Bauchdecke in die Gebärmutter ein. Es gibt zwei Methoden zur Gewinnung der Zellen aus dem Mutterkuchen:
Die Zellen werden nach Entnahme im Labor entsprechend aufbereitet und analysiert. Normalerweise liegen die Ergebnisse der Kurzzeitkultur nach ein bis zwei Tagen vor. Dagegen liegen die Ergebnisse der Langzeitkultur erst nach zwei bis drei Wochen vor und sollten auch unbedingt abgewartet werden, da sich noch in wenigen Fällen Änderungen ergeben können.
Mit dieser Untersuchung können folgende Diagnosen festgestellt werden:
Die Gefahr einer Fehlgeburt liegt bei der Chorionzottenbiopsie bei etwa 1 bis 1,5 Prozent.
Bei der Nabelschnurpunktion (Chordozentese) entnimmt der Arzt mit einer sehr feinen Nadel kindliches Blut aus der Nabelschnurvene. Auch diese Zellen werden im Labor angezüchtet und auf Missbildungen und Störungen untersucht. Zudem können auch Stoffwechselstörungen, Blutkrankheiten und Infektionskrankheiten festgestellt werden.
Außerdem kann man durch diese Methode dem Kind auch direkt Medikamente und Bluttransfusionen zuführen.
Die Untersuchung ist jedoch erst nach der 16. Schwangerschaftswoche möglich. Das Risiko einer Fehlgeburt liegt bei einer Nabelschnurpunktion bei 1 bis 5 Prozent und ist somit relativ hoch. Dies ist auch der Grund, warum sie nur von wenigen, hoch spezialisierten Kliniken durchgeführt wird.
Mit dieser Methode lässt sich jedoch das Blut des Kindes am besten untersuchen.
Die Präimplantationsdiagnostik ist eine Spezialform der Pränataldiagnostik, welches in Deutschland derzeit noch heftig umstritten ist. Bei diesem Verfahren wird die weibliche Eizelle außerhalb des weiblichen Körpers mit einer Samenzelle befruchtet. In der normalen Reproduktionsmedizin würde man sie dann im nächsten Schritt in den Uterus einpflanzen und hoffen, dass sich daraus ein gesundes Kind entwickelt. Bei der PID hingegen wartet man zunächst ab, bis sich aus der befruchteten Eizelle etwa acht Zellen bilden, entnimmt dann eine und untersucht diese auf eventuelle Erbfehler. In diesem Fall kann die Frau nun selbst entscheiden, ob sie eine Einpflanzung wünscht oder die Embryonalzellen abgetötet werden sollen. Sie kann also aus mehreren Embryos den gesündesten aussuchen.
Diese Methode ist in Deutschland zurzeit durch das Embryonenschutzgesetz verboten. In Ländern wie Belgien, Großbritannien und den Niederlanden wird diese Methode bereits praktiziert.
Letzte Aktualisierung am 21.06.2021.