Das Wort Gestatio kommt aus dem lateinischen und steht für Schwangerschaft. Die Schwangerschaftsdiabetes oder auch Gestationsdiabetes ist eine besondere Form des Diabetes, die während der Schwangerschaft zum ersten Mal auftritt. Als Schwangerschaftsdiabetes bezeichnet man eine Kohlenhydratstoffwechselstörung.
Es handelt sich dabei um einen vorübergehenden Diabetes, der nur in der Schwangerschaft besteht. Die Erkrankung kann zu kindlichen Schädigungen und Geburtskomplikationen führen.
Nach der Diabetes-Klassifikation der Welt-Gesundheits-Organisation (WHO) wird der Gestationsdiabetes (GDM) auch als Typ-4-Diabetes bezeichnet.
Etwa drei Prozent der Frauen leiden unter erhöhten Blutzuckerwerten in der Schwangerschaft und entwickeln einen Diabetes während der Schwangerschaft. In Deutschland sind also ungefähr 20.000 bis 40.000 schwangere Frauen davon betroffen.
Für die werdende Mutter verläuft der Schwangerschaftsdiabetes nahezu ohne Symptome. Wird sie jedoch nicht erkannt und behandelt, so kann sie für Mutter und Kind gesundheitliche Folgen haben.
In den meisten Fällen reicht es aus, die erhöhten Blutzuckerwerte allein durch eine angepasste Ernährung zu normalisieren. Ist dies nicht möglich so steht die Behandlung mit Insulin im Vordergrund.
Natürlich kann eine Diabetikerin, wie jede andere Frau, gesunde Kinder zur Welt bringen. Vorausgesetzt sie wird vor und während der Schwangerschaft optimal ärztlich betreut. Ein nicht gut eingestellter Diabetes kann während der Schwangerschaft für das heranreifende Kind und Mutter gefährlich werden.
Durch die hormonellen Änderungen kommt es in der Schwangerschaft zu einer zusätzlichen Belastung für den Stoffwechsel. Der Stoffwechsel der werdenden Mutter gerät durcheinander. Besonders stark betroffen ist hierbei der Kohlenhydratstoffwechsel. Es ist daher kein Wunder, dass bei drei von hundert Schwangeren erhöhte Blutzuckerwerte vorliegen. Diese Störung tritt meist nach der 20. Schwangerschaftswoche auf, am häufigsten wird sie zwischen der 28. und 30. Schwangerschaftswoche (SSW) beobachtet. Zu Beginn der Schwangerschaft ist die Insulinausschüttung eher vermindert, steigt später jedoch erheblich an.
Durch die Schwangerschaftshormone steigt der Insulinbedarf des Körpers. Zudem wirken auch Hormone, die der Mutterkuchen (Plazenta) bildet, unter anderem blutzuckererhöhend. Durch die Schwangerschaft kommt es zu einem Ungleichgewicht zwischen blutzuckererhöhenden Hormonen und dem blutzuckersenkenden Hormon Insulin. Ist die Schwangere nicht in der Lage diesen erhöhten Bedarf durch Mehrproduktion von Insulin auszugleichen, so steigt der Blutzuckerspiegel höher als üblich. Die Bauchspeicheldrüse gibt das Insulin um ca. 15 Minuten verzögert in die Blutbahn ab.
Das Insulin ist das einzige blutzuckersenkende Hormon des Körpers. Er ist dafür verantwortlich, dass Glucose vom Blut in die Zellen gelangt und somit den Blutzuckerspiegel senkt. Durch den Insulinmangel steigen die Blutzuckerwerte und es entsteht ein Schwangerschaftsdiabetes. Der erhöhte Blutzuckerwert stellt jedoch eine Gefahr dar:
In der Regel verschwindet der Diabetes wieder nach der Geburt, da der Insulinbedarf des Körpers wieder abnimmt. Leider bleibt der Diabetes bei ungefähr vier Prozent der Betroffenen auch nach der Schwangerschaft bestehen.
Etwa 80 Prozent aller Frauen, die bereits einen Gestationsdiabetes entwickelt haben, leiden während einer zweiten Schwangerschaft erneut daran.
Jede zweite Frau, die an einem Gestationsdiabetes litt, entwickelt innerhalb von zehn Jahren nach der Geburt einen Typ-2-Diabetes. Aufgrund des hohen Diabetes-Risikos empfehlen Ärzte daher, nach der Entbindung alle ein bis zwei Jahre einen Glukosebelastungstest durchführen zu lassen
Risikofaktoren für die Entwicklung eines Gestationsdiabetes sind:
In den meisten Fällen verläuft der Diabetes in der Schwangerschaft ohne Beschwerden. Oft wird sie im Rahmen von Suchtests nur zufällig entdeckt.
Andernfalls fällt die Erkrankung nur dann auf, wenn sich Folgeerscheinungen zeigen. Diese sind vor allem:
Es kommt nur selten zu Symptomen, die bei einem Typ-1-Diabetes üblich sind.
Folgen für Mutter:
Folgen für Kind:
Während der Schwangerschaft bestehen folgende Risiken für die Schwangere:
Der Gestationsdiabetes wird meistens nicht erkannt, da sie den Schwangeren selten auffällige Probleme bereitet. Oft wird er deshalb erst erfasst, wenn es beim Kind zu dem gesteigerten Wachstum kommt.
Der Insulinbedarf steigt ab der 24. Schwangerschaftswoche stetig an. Der Schwangerschaftsdiabetes tritt daher zwischen der 24. und 28. Woche ein. Um den Verdacht zu bestätigen wird in der Regel ein Blutzuckertest beim Gynäkologen oder Hausarzt durchgeführt.
Bei diesem Test trinkt die Schwangere eine zuckerhaltige Lösung, die aus 75 Gramm Glucose (Traubenzucker) besteht. Der Blutzucker wird zunächst einmal vorher und während des zweistündigen Tests gemessen. Es erfolgen also nach ein und zwei Stunden weitere Blutentnahmen.
Wichtig ist, dass die Patientin in den Tagen vor dem Test möglichst kohlenhydratreich essen sollte, um die Bauchspeicheldrüse zu reizen. Die Patientin darf am Abend vor dem Test bis ca. 22 Uhr essen und sollte danach nüchtern bleiben.
Für die Diagnosestellung gelten folgende Grenzwerte:
Wird nur einer dieser Werte überschritten, so spricht man von einer eingeschränkten Glukosetoleranz. Sind dagegen zwei oder drei Werte überschritten, spricht man von einem Gestationsdiabetes.
Der oGTT wird nur bei Schwangeren mit Risikofaktoren durchgeführt.
Der Screeningtest kann bei allen Schwangeren durchgeführt werden. Die Schwangere sollte für diesen Test nüchtern sein. Am Tag der Untersuchung erhält die Patientin 50 g Glukoselösung. Nach einer Stunde erfolgt die Blutzuckerbestimmung. Ist der Blutzucker 140 mg/dl oder größer, so muss ein oGTT durchgeführt werden.
Dieser Test dauert insgesamt nur eine Stunde.
Laut Mutterschaftsrichtlinien sollten die Gynäkologen bei den Vorsorgeuntersuchungen Urinkontrollen auf Zucker durchführen. In der Regel halten sich die Ärzte dran. Doch zur Diagnosestellung ist die Zuckerausscheidung im Urin (Glukosurie) ein sehr unzuverlässiger Parameter. Denn nur die Hälfte aller Gestationsdiabetikerinnen hat eine Glukosurie. Andererseits hat etwa 50 Prozent der Schwangeren mit Glukosurie einen Gestationsdiabetes.
Die Diagnose Gestationsdiabetes kann nur über einen Zuckerbelastungstest sicher gestellt werden. Deshalb ist es sinnvoll, dass bei allen Schwangeren ein oraler Glukosetoleranztest durchgeführt wird. Dieser wird jedoch derzeit von den Krankenkassen nicht bezahlt. Sie wird nur bei bestimmten Risikofaktoren von den Frauenärzten durchgeführt. Hierzu zählen:
Laut der Deutschen Diabetesgesellschaft (DDG) sollten alle Schwangere zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche eine Untersuchung auf erhöhte Blutzuckerwerte durchführen lassen.
Ein erhöhter Blutzucker ist nicht immer ein Hinweis auf Diabetes. Sie kann auch während der Schwangerschaft durch verschiedene Erkrankungen erhöht sein:
Verschiedene Medikamente oder auch die extrem kohlenhydratreiche Ernährung, welche meistens in der Schwangerschaft bevorzugt wird, können den Blutzucker stark erhöhen, obwohl kein Diabetes vorliegt.
Wird ein Gestationsdiabetes rechtzeitig festgestellt, so kann sie in der Regel gut behandelt werden. Dadurch sind alle Risiken, die aufgrund des Diabetes entstehen können, zu vermeiden. Ziel der Therapie ist, die Blutzuckerwerte in einem optimalen Bereich zu halten.
Nach der Diagnose Gestationsdiabetes, sollte sofort die Ernährung umgestellt werden, um weitere Stoffwechselentgleisungen zu vermeiden. Etwa 40 Prozent der Kalorien sollte aus Kohlenhydrate bestehen, vor allem aus komplexen Kohlenhydraten. Diese sind nicht schnell verdaulich und vermeiden dadurch einen raschen Blutzuckeranstieg. Der Fettanteil der Nahrung sollte 35 Prozent nicht überschreiten. Auch hier sind mehrfach ungesättigte Fette den gesättigten Fetten vorzuziehen. Der Eiweißanteil sollte ungefähr 15 Prozent betragen.
In den meisten Fällen (bei 85 Prozent) ist diese Maßnahme bereits ausreichend, wenn sie konsequent durchgeführt wird.
In der ersten Hälfte der Schwangerschaft ist der tägliche Energiebedarf nicht erhöht. In der zweiten Hälfte der Schwangerschaft sollten jedoch täglich etwa 100 bis 300 kcal zusätzlich zugeführt werden.
Medikamente, also Antidiabetika, dürfen bei Schwangeren nicht angewandt werden, da sie zu schweren Entwicklungsstörungen des Kindes führen können.
Etwa 15 Prozent der Frauen brauchen zusätzlich eine Insulinbehandlung. In der Regel verwendet man hierzu eine Kombination aus schnell und langsam wirkendem Insulin. Das schnell wirkende Insulin wird vor den Hauptmahlzeiten gespritzt. Dagegen spritzt man das Verzögerungsinsulin (langsam wirkendes Insulin) vor dem Schlafengehen und eventuell morgens. Dadurch wird der Grundbedarf abgedeckt und hohe Nüchternblutzuckerwerte verhindert.
In der Schwangerschaft gelten folgende Blutuckerzielwerte:
Der Schwangerschaftsdiabetes kann, falls sie nicht erkannt und therapiert wird, für Mutter und Kind gefährlich sein. Da vor allem ein abnormales Größenwachstum der Kinder besteht, kann es unter der Geburt zu Komplikationen kommen, die sowohl für Mutter als auch Kind belastend sind. Häufig ist ein Kaiserschnitt erforderlich.
Zudem läuft die Ausreifung des Kindes verzögert ab. Obwohl die Kinder sehr groß sind, liegt eine Unterentwicklung der Organe vor, besonders der kindlichen Lunge.
Eine große Gefahr stellt die gestörte Entwicklung des Mutterkuchens (Plazenta) dar. Folgen sind eine Mangelversorgung oder sogar das Absterben des Kindes.
Durch den Gestationsdiabetes steigt das Risiko häufiger an Infektionen zu erkranken. Schwangere entwickeln oft nach dazu einen schwangerschaftsbedingten Bluthochdruck (Präeklampsie).
Frauen, die unter einem Diabetes in der Schwangerschaft leiden, haben später ein erhöhtes Risiko für Typ-2-Diabetes.
Durch die frühzeitige Normalisierung des mütterlichen Zuckerstoffwechsels, lassen sich jedoch die Risiken für Mutter und Kind deutlich verringern.
Bei geplanter Schwangerschaft und Diabetes sollten Sie folgendes beachten:
Bestehen bei einer Typ-1-Diabetikerin bereits fortgeschrittene Folgeerkrankungen wie diabetischer Nierenschaden oder Herzkranzgefäßerkrankungen, so wird meistens eine Schwangerschaft ärztlicherseits abgeraten.
Letzte Aktualisierung am 02.07.2021.