Für viele Menschen sind Kinder ein fester Bestandteil ihres Lebens. Eigene Kinder zu haben, ist für sie die natürlichste Sache der Welt. Die meisten Paare können innerhalb von acht bis zehn Monaten nach dem absetzen einer Verhütungsmethode eine Schwangerschaft herbeiführen.
Jedoch nicht alle Menschen können sich diesen Wunsch erfüllen. Sie leiden oft sehr unter dieser ungewollten Kinderlosigkeit.
Die Kinderlosigkeit ist ein Problem, das weltweit etwa 80 Millionen Paare betrifft. Allein in Deutschland sind schätzungsweise 15 Prozent aller Paare ungewollt kinderlos. In 35 bis 40 Prozent der Fälle liegt die Ursache beim Mann. In diesem Fall spricht man von Zeugungsunfähigkeit. In 40 bis 50 Prozent der unerfüllten Kinderwünsche ist die Ursache bei der Frau zu suchen, was dann als Unfruchtbarkeit bezeichnet wird. In etwa 15 Prozent der Fälle unerfüllter Kinderwünsche liegt die Ursache bei beiden Partnern.
Bei etwa 10 bis 20 Prozent besteht eine so genannte unexplained infertility, also eine idiopathische Sterilität, deren Ursache ungeklärt bleibt. Von einer Infertilität spricht man, wenn die Schwangerschaft nicht bis zur Geburt aufrecht erhalten werden kann, also wiederholte Fehlgeburten auftreten. Dies stellt für die Paare oft eine große Belastung dar.
Meist handelt es sich bei der Sterilität jedoch nur um vorübergehende Fruchtbarkeitsstörungen. Eine vollständige Sterilität liegt nur selten vor, beispielsweise wenn der Mann keine Samenzellen produziert oder der Frau die Gebärmutter entfernt wurde.
Es stehen jedoch heutzutage vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung, die Ursachen der Unfruchtbarkeit zu ergründen und zu behandeln. Dazu muss jedoch zunächst genau ermittelt werden, was die Ursache der Kinderlosigkeit ist. Mit diesen Problemen befasst sich eine eigene Fachrichtung der Medizin, die so genannte Reproduktionsmedizin, die sich auf die Behandlung und Beratung Kinderloser Paare spezialisiert.
Bei der so genannten primären Sterilität kann die Frau trotz eines bestehenden Kinderwunsches und regelmäßigem Geschlechtsverkehr innerhalb eines Jahres nicht schwanger werden. Eine Schwangerschaft hat bei den Betroffenen auch noch nie bestanden. Beim Mann spricht man von primärer Sterilität, wenn er noch nie ein Kind gezeugt hat.
Die Ursachen hierfür können sehr vielfältig sein. Angeborene Störungen der Frau, wie beispielsweise eine Fehlbildung von, Eierstöcken, Eileitern oder dem Gebärmutterhals, können beispielsweise dazu führen, dass eine Schwangerschaft ausbleibt.
Aber auch bei Männern können beispielsweise Störungen des Spermientransports oder ein Hodenhochstand die Ursache einer primären Sterilität darstellen.
Eine sekundäre Sterilität besteht, wenn die Frau nach vorausgegangenen Schwangerschaften nun nicht mehr schwanger wird. Es spielt für die Diagnosestellung einer sekundären Sterilität keine Rolle, ob die Schwangerschaften in der Vergangenheit ausgetragen wurden oder nicht.
Eine sekundäre Sterilität kann sich beispielsweise durch eine Narbenbildung im Bereich der Eileiter entwickeln. Dies ist häufig nach Operationen im Bereich der Eierstöcke oder nach einem Kaiserschnitt der Fall.
Eine idiopathische Sterilität ist eine ungeklärte Kinderlosigkeit. Bei den Betroffenen können weder körperliche noch seelische Ursachen für den unerfüllten Kinderwunsch nachgewiesen werden.
Eine klinische Studie der Universität Heidelberg konnte außerdem widerlegen, dass Paare mit idiopathischer Sterilität sich von denen mit einer nachgewiesenen organischen Ursache in psychologischen Merkmalen unterscheiden.
Belastende Lebensereignisse, Unzufriedenheit oder Ängstlichkeit führen dieser Studie nach zu urteilen also nicht zur Kinderlosigkeit. Bei 15 Prozent der ungewollt kinderlosen Paare liegt eine idiopathische Sterilität vor.
Wie bereits erwähnt, ist eine Sterilität in der Mehrzahl der Fälle ein vorübergehendes Ereignis. Die Fruchtbarkeit hängt von vielen Faktoren ab und kann durch die Änderung der Lebensgewohnheiten in hohem Maße beeinflusst werden
Es ist oft nützlich für eine Schwangerschaft, wenn Frauen den Zeitpunkt ihres Eisprungs kennen. Eine Eizelle kann bis etwa 24 Stunden nach dem Eisprung befruchtet werden. Spermien überleben im Körper der Frau bis zu fünf Tage. Der optimale Zeitraum für Geschlechtsverkehr beginnt also zwei Tage vor dem Eisprung und endet einen Tag danach.
Wer zuvor orale Kontrazeptiva, also die „Pille", eingenommen hat, braucht in der Regel einige Monate länger, um schwanger zu werden. Aber auch ohne Verhütung liegt die Chance bei gesunden Paaren mit regelmäßigem Geschlechtsverkehr pro Monat lediglich bei etwa 25 Prozent überhaupt schwanger zu werden. Wartezeiten bis zu einem Jahr sind daher noch normal.
Das beste Alter um schwanger zu werden, liegt für Frauen zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Ab etwa 30 sinkt die Fruchtbarkeit leicht, ab 35 deutlich ab. Frauen über 45 haben nur noch sehr geringe Chancen auf natürlichem Wege schwanger zu werden. Wie lange eine Frau Kinder bekommen kann, hängt im Wesentlichen vom Depot der Eizellen in den Eierstöcken ab. Während eine Frau bei ihrer Geburt über eine Million unreifer Eizellen verfügt, sinkt die Anzahl dieser Zellen bis zum 37. Lebensjahr auf etwa 25 000.
Die Anzahl der beschädigten Eizellen mit Chromosomenschäden nimmt hingegen immer mehr zu. Trotzdem entschließen sich immer mehr Frauen erst ab 30 für ein Kind. Einen Hauptgrund hierfür sieht man in den generell längeren Ausbildungszeiten und veränderten Lebens- und Arbeitsbedingungen der Frauen von heute. Nicht selten folgt der Gang in ein Zentrum für künstliche Befruchtung (Reproduktionsmedizin).
Männern sind hingegen im Prinzip bis zu ihrem Lebensende zeugungsfähig. Allerdings verringert sich auch Anzahl der befruchtungsfähigen Spermien ab dem 40. Lebensjahr. Ein weiteres Problem sind die im Alter immer häufiger auftretenden Erektionsstörungen.
Im menschlichen Gehirn befinden sich die wichtigsten Steuerungszentren zur Fortpflanzung. Sie reagieren sehr sensibel auf äußere Einflüsse. Ständiger Druck am Arbeitsplatz oder Arbeitslosigkeit, Geldsorgen, Partnerschaftskonflikte, Prüfungen sowie Todesfälle in der Familie sind Stressfaktoren, die bei einer Frau zu Zyklusstörungen führen können.
Stress kann den Eisprung unterdrücken und beim Mann die Samenproduktion hemmen, auch wenn die Anzahl der Spermien schwer nachzuweisen ist. Natürlich lässt sich Stress häufig nicht vermeiden. Es ist jedoch wichtig, durch körperliche Bewegung, gesunde Ernährung und Entspannung einen Ausgleich zu schaffen.
Oft entsteht für Paare durch den unerfüllten Kinderwunsch eine große emotionale Belastung. Beide Partner sind frustriert, wenn keine Schwangerschaft eintritt. Diese negative Stimmung und der immer weiter steigende Erwartungsdruck sorgen für anhaltenden Stress und innere Unruhe.
Sowohl ein starkes Untergewicht als auch hohes Übergewicht führt häufig zu Fruchtbarkeitsproblemen. Wenn dem Körper weniger Kalorien zugeführt werden, als er benötigt, verlangsamt der Organismus die Verbrennung von Nährstoffen. Nicht unbedingt lebensnotwendige Körperfunktionen, beispielsweise die Fortpflanzungsfähigkeit, werden gedrosselt. Bereits nach zwei Wochen ohne feste Nahrungszunahme kann der Monatszyklus ganz aussetzen.
Bei stark übergewichtigen Frauen gerät hingegen der Östrogenhaushalt durch die Östrogenproduktion der Fettzellen durcheinander. Dieser Überschuss an Sexualhormonen reduziert ebenfalls die Fruchtbarkeit. Auch die Art und die Zusammensetzung der Nahrung spielt eine wichtige Rolle beim Schwanger werden. Eine sehr kohlenhydratreiche, vegetarische Diät führt häufiger zu Zyklusstörungen als ausgewogene Kost, wie beispielsweise die mediterrane Küche. Ob bei Männern die Fortpflanzungsfähigkeit ebenfalls durch das Körpergewicht und entsprechende Ernährung beeinflusst wird, ist bisher noch unklar.
Bei Männern kann sich starke Hitze beziehungsweise eine Überhitzung der Hoden wie beispielsweise durch intensiven Radsport oder das Tragen enger Jeans, negativ auf die Samenproduktion und die Samenqualität auswirken. Auch bei Frauen kann Leistungssport beziehungsweise andauernde intensive und körperliche Anstrengung, das Ausbleiben des Eisprungs zur Folge haben. Auch ein ständig hoher Lärmpegel scheint die Fruchtbarkeit der Frau negativ zu beeinflussen. Industrieschadstoffe und Umweltgifte wie Schwermetalle oder Pestizide schädigen prinzipiell ebenfalls die Fruchtbarkeit.
Ein hoher Alkoholkonsum verändert die Fruchtbarkeit sowohl von Männern als auch von Frauen. Frauen, die unter einer Alkoholsucht leiden, haben häufig Zyklusstörungen, während sich bei Männern neben der Potenz auch die Spermienproduktion und die Spermienbeweglichkeit vermindert. Die Störungen normalisieren sich jedoch nach dreimonatiger Alkoholabstinenz.
Rauchen kann bei Männern die Spermienanzahl und deren Beweglichkeit vermindern. Bei Frauen verringert sich durch zu starkes Rauchen die Empfängnisrate, zudem steigt das Risiko von Fehlgeburten (Abort). Nach mehrwöchiger Raucherentwöhnung kann sich die Situation jedoch wieder erheblich verbessern.
Für Paare, die sich schon längere Zeit vergeblich um eine Schwangerschaft bemühen, ist es sinnvoll, sich einen ärztlichen Rat einzuholen. Der erste Ansprechpartner ist dazu häufig der Frauenarzt sowie der Urologe für den Mann.
In größeren Städten gibt es mittlerweile auch auf die Reproduktionsmedizin spezialisierte Kinderwunschzentren. Bevor die Ärzte mit den körperlichen Untersuchungen der Partner beginnen, werden in einem ausführlichen Erstgespräch (Anamnese) Fragen zu früheren Erkrankungen und eventuellen Geburten oder Fehlgeburten geklärt. Auch intimere Fragen zum Umgang mit der Sexualität oder zur Lebensweise (wie zum Alkohol- und Zigarettenkonsum) des Paares sind für die weitere Diagnostik sehr wichtig.
Meist erfragt der Arzt:
Für die Partner ist es häufig ungewohnt und unangenehm, solche Fragen zu beantworten. Es ist deshalb sehr wichtig, eine Vertrauensbasis mit dem behandelnden Arzt zu schaffen. Es ist sehr hilfreich für den Arzt, wenn zum Erstgespräch alle früheren Untersuchungsbefunde und Operationsberichte mitgebracht werden.
Da sowohl beim Mann als auch bei der Frau Fruchtbarkeitsstörungen vorliegen können, werden grundsätzlich beide untersucht. Um die Ursache der Kinderlosigkeit zu finden, werden mehrere Untersuchungen durchgeführt. Diese sind oft sehr zeitaufwendig und fordern den Betroffenen viel Geduld ab.
Die gesetzliche oder private Krankenkasse übernimmt in der Regel die Kosten für das Gespräch und die ersten Untersuchungen. Für eine reproduktionsmedizinische Behandlung zahlt die Kasse unter bestimmten Voraussetzungen, das Paar muss dazu beispielsweise verheiratet sein.
Letzte Aktualisierung am 07.10.2021.