Zunächst zum Wasser. Mindestens zwei Liter am Tag, so Winter, sollten es sein - besser wäre drei Liter. Das mag sich viel anhören, aber ein Teil davon wird ja bereits über die Nahrung aufgenommen. Hervorragende Flüssigkeitslieferanten sind Obst und Gemüse. Spitzenreiter ist die Gurke, sie besteht zu 95 Prozent aus Wasser. Auch, wenn es schwerfällt, die Flüssigkeit, die wir nicht essen, müssen wir trinken. Denn Wasser löst Schlacken und schleust sie aus. Wasser transportiert alle wichtigen Nährstoffe zu den Zellen und Wasser reguliert die Körpertemperatur. Es ist wirklich unverzichtbar!
Auch Sex ist offenbar nicht zu verachten, wenn es darum geht, lange jung zu bleiben. Hintergrund dafür ist der Fakt, dass beim Sex ein Wachstumshormon (Somatotropin) aktiviert wird. Das sorgt, unter anderem, für ein festeres Bindegewebe. Auch das Küssen hat eine gesundheitsfördernde Komponente. Dabei wird vermehrt Speichel produziert, was nicht nur die Zähne freut, sondern auch für einen Austausch von Keimen sorgt. Das wiederum stimuliert unser Immunsystem.
„Macht", das ist für Andreas Winter die Zauberformel gegen das, was allgemein unter Altern und Alter verstanden wird. Er meint damit jedoch nicht die Macht der Regierenden, der Könige oder der Industriebosse. Macht über das eigene Leben, das Bestimmen über das persönliche Geschick, das ist es, was ihn beschäftigt. Wenn diese Macht vorhanden ist, dann können Körper, Geist und Seele zu ihrem jeweils individuellen Recht kommen und werden dem Menschen, den sie ausmachen, ein langes, gesundes Leben und ein attraktives Aussehen verleihen.
Was hier auf wenigen Zeilen zusammengefasst ist, hat einen sehr tiefen philosophischen Hintergrund. Es gibt wohl kaum einen Menschen, der nicht manchmal gestresst ist, nicht weiß, wo ihm der Kopf steht oder Enttäuschungen hinnehmen muss. Wenn solche Erfahrungen zu häufig gemacht werden oder zu tief gehen, wenn sie in ein chronisches Gefühl von Scheitern, von Hoffnungslosigkeit und von Überforderung übergehen, dann nimmt die Seele schweren Schaden und das ist es, was uns - laut Winter - alt macht. Druck von außen, Ignoranz gegenüber den ureigenen Bedürfnissen, Mutlosigkeit; all das setzt unserem biologischen Alter weitaus mehr zu als die Schwerkraft und die langsamer werdende Zellteilung.
Wäre es nicht herrlich, wenn man das schon zu Beginn seines bewussten Lebens gewusst hätte? Dann wäre einem vielleicht das eine oder andere graue Haar erspart geblieben und die Mundwinkel würden noch nicht ganz so deutlich in Richtung Süden zeigen. Es ist jedoch nie zu spät, das eigene Leben bewusst in die Hand zu nehmen und einen Rückbesinnungsprozess einzuleiten. Dann sollen sich die Zeichen des Alters sogar wieder bis zu einem gewissen Grad zurückentwickeln. Wer gut auf sich aufpasst, wird nicht älter - er wird nur reifer.
In dem Buch entwickelt Winter seine These, dass das Altern zum großen Teil ein seelischer Prozess ist. Jeder Mensch hat es danach zu einem gewissen Teil selbst in der Hand, wie viel Raum er dem Altern geben will. Zufriedenheit mit dem eigenen Leben, das Wahrnehmen und Respektieren eigener Wünsche und Bedürfnisse sind laut Winter das beste Anti-Aging-Rezept. Denn wer mit sich und seinem Umfeld im Einklang ist, wer gern lebt, wer noch Träume und Pläne hat, der wird unweigerlich jünger aussehen und jugendlicher wirken als ein unzufriedener griesgrämiger Zeitgenosse, der sich heimlich als Versager fühlt und anderen ihr Glück und ihren Erfolg neidet. Wer ein erfülltes Leben lebt, so Winter, der wird nicht älter, er wird nur reifer. Das Alter tritt erst ein, wenn der Mensch sich nicht mehr entwickeln will und keine Ziele mehr hat.
„Nenn‘ mir Deine Krankheit und sich sage Dir, was Dich quält", so hat Andreas Winter ein Kapitel seines Buches „Anti-Aging. Warum es so einfach ist, jung zu bleiben", betitelt. So erschreckend die beispielhaften Fälle, die er darin beschreibt, auch sein mögen: Sie machen doch gleichzeitig auch Mut und geben Hoffnung, dass Patienten Heilungschancen über die schulmedizinischen Möglichkeiten hinaus in sich selbst tragen. Denn wenn die Seele von ihrem Leid genesen kann - etwa durch eine psychotherapeutische Behandlung - , dann sollte die Genesung des Körpers nicht lange auf sich warten lassen.
Das durfte auch eine 60-jährige Frau erfahren, die mit nächtlichen Panikattacken und wiederholten Anfällen von Angina Pectoris zu Winter in die Praxis kam. Sie hatte da bereits so häufig unter den Anfällen gelitten, dass ihr Ehemann nicht mehr lange fackelte: Beim ersten Anzeichen einer neuen Attacke bestellte er eine Ambulanz und ließ seine Frau ins Krankenhaus einliefern. Problem gelöst? Nein, ganz im Gegenteil: Problem verursacht. Denn die Patientin litt in der Tiefe ihrer Seele darunter, dass sie sich von ihrem Ehemann nicht mehr geliebt fühlte. Auf körperlicher Ebene drückte sich das in einem unterversorgten Herz aus - mit den bekannten Konsequenzen. Es dauerte eine Weile, bis die Frau diese Zusammenhänge akzeptieren konnte und schließlich die Aussprache mit ihrem Mann suchte. Es stellte sich heraus, dass die Gefühle des Ehemannes noch keineswegs erloschen waren. Das Paar fand wieder zueinander; weitere Herzanfälle hat es danach nicht mehr gegeben.
Allen anderen Widrigkeiten kann der Körper- dank der Seele - etwas entgegensetzen. Das geht jedoch laut Winter nur, wenn man das Leben mit der richtigen Geisteshaltung angeht.
Wie das gemeint ist? Nun es ist ganz einfach - und gleichzeitig auch verdammt schwer! Man muss „nur" wirklich leben wollen! Und dann das Geschenk des Lebens nicht ausschließlich an Zwänge, gesellschaftliche Erwartungen und Forderungen verschwenden, sondern auch das eigene Ich, die Wünsche und Erfordernisse der eigenen Seele berücksichtigen. Natürlich möchten alle Eltern, dass ihre Kinder einen tollen Universitätsabschluss schaffen. Aber wenn ein Kind stattdessen viel lieber einen Handwerksberuf erlernen möchte, dann darf dieser Wunsch nicht einfach vom Tisch gefegt werden. Nicht für jeden sind eine hohe gesellschaftliche Position, Statussymbole und ein gut gepolstertes Bankkonto das Nonpluultra dessen, was sie im Leben erreichen möchten.
Der Mensch sollte sein wirkliches Ich erkennen und diesem Ich dann auch Raum geben. Das ist laut Andreas Winter das beste Rezept für ein langes, gesundes Leben, in dem man geistig und körperlich fit und beweglich bleibt. Solange man Pläne hat, lohnt es sich, morgens aufzustehen, um sie zu verwirklichen. Dann gibt es immer ein neues „morgen" und einen nächsten Tag. Freilich, oft wird diese Erkenntnis erst kommen, wenn die Probleme eines „falsch" gelebten Lebens sich längst manifestiert haben. Doch selbst dann kann man noch eine Kehrtwende machen und den Kurs ändern. Dazu dürfte es dann aber wohl der Hilfe eines erfahrenen Therapeuten bedürfen.