Übergewicht und Fettleibigkeit ist immer häufiger auch ein Problem bei Kindern und Jugendlichen. Schätzungsweise jedes fünfte Kind in Deutschland hat Übergewicht. Die heutige Lebensweise führt zu dieser Problematik, denn erstens bewegen sich viele Kinder nicht genug, und zweitens ernähren sie sich zu reichlich und zu ungesund.
Übergewicht und vor allem dessen schwere Form (Adipositas) kann schon bei Kindern zu vielen Erkrankungen führen. Auch für die Psyche der betroffenen Kinder hat das Übergewicht Nachteile, sie werden oft von Mitschülern gehänselt. Ein großer Teil der dicken Kinder bleibt auch im Erwachsenenalter noch übergewichtig. Mit einer Reihe von Maßnahmen lässt sich Übergewicht verhindern beziehungsweise wieder abbauen. Eine langfristige gesunde und kalorienbewusste Ernährung gehört ebenso dazu wie regelmäßige körperliche Bewegung.
Die moderne Lebensweise der Menschen ist geradezu prädestiniert dafür, dass Übergewicht entsteht. An energiereiche Nahrung ist heute einfach und schnell heranzukommen. Viele Kinder werden verwöhnt und bekommen von Angehörigen Schokolade geschenkt, die es eigentlich gut meinen, aber der Gesundheit des Kindes eher schaden. Wenn die Zeit oder die Muße fehlt, ein gutes Essen zu kochen, muss sehr oft Fast-Food herhalten. An diesen Geschmack gewöhnen sich die Kinder und mögen oft bald nicht mehr gerne gesunde Lebensmittel. Dieses Verhalten bleibt dann im Jugendlichen- und Erwachsenenalter häufig bestehen. Ist die Ernährung zu wenig bewusst, so ist die Entstehung von Essstörungen möglich.
Naschen, das ja bei Kindern besonders beliebt ist, ist aufgrund des Zuckergehalts auch sehr ergiebig, was die Kalorien angeht. Und dies sind auch noch „leere Kalorien", denn die Süßspeisen enthalten fast keine Vitamine oder andere wichtige Substanzen. Wer bei Süßigkeiten und „Quengelware" als Eltern zu häufig nachgibt, riskiert die Fettleibigkeit des Sprösslings. Außerdem sind viele Produkte von der Werbung auf Kinder zugeschnitten. Hier ist Vorsicht geboten: Häufig sind sie nicht so vorteilhaft für die Gesundheit, wie es die Werbung weismachen möchte.
Ausschlaggebend ist dann die fehlende Bewegung, die bei Kindern zunehmend zum Problem wird. Kinder sind immer weniger aktiv draußen und werden stattdessen vor den Fernseher gesetzt. Gefährlich ist es, wenn der Fernseher als emotionaler Ersatz hinhalten muss, anstatt sich um die Kinder zu kümmern. Der Computer nimmt bei Kindern und Jugendlichen inzwischen einen hohen Stellenwert ein. Auch vor diesem Gerät sitzen die Kinder fast regungslos herum und bauen fast keine Kalorien ab.
Die Neigung zu Übergewicht wird in einem Teil der Fälle schon durch das Erbgut mitgegeben. Es gibt viele Familien, bei denen Eltern und andere Mitglieder schon übergewichtig sind. Das Risiko für ein Übergewicht des Kindes ist damit erhöht. Das bedeutet nicht automatisch, dass Betroffene wirklich zu dick werden. Mit entsprechendem Verhalten (Bewegung, gesundes Essen) lässt sich die Gewichtszunahme unterbinden.
Wenn Kinder dick sind, hat dies viele ungünstige Auswirkungen. Die betroffenen Kinder sind nicht so fit, wie sie es sein sollten. Das behindert sie beim Spielen, bei Freizeitaktivitäten oder beim Sport. Im Sportunterricht halten sie mit den schlanken Kindern nicht Schritt und haben dadurch große Nachteile.
Offensichtliche Folge der Gewichtszunahme ist ein „moppeliges" Aussehen. Unter dem Dicksein leidet das Selbstbewusstsein der Kinder. Von anderen Kindern werden sie meist gehänselt. Oft ziehen sie sich zurück. Die Seele der zu dicken Kinder wird empfindlich getroffen. Depressionen und Ängste können entstehen. Dies kann wiederum zu Essstörungen führen, neben der Fress-Sucht entwickelt sich nicht selten eine Ess-Brech-Sucht (Bulimie) oder auch eine Magersucht (Anorexia nervosa).
Fettleibigkeit und Übergewicht schaden eindeutig der Gesundheit. Schon bei den Kindern kann es dann zu Krankheiten kommen, die eigentlich erst im höheren Alter auftreten. Durch die hohe Gewichtsbelastung werden die Gelenke (z. B. Knie) und der Rücken geschädigt. Diabetes (Zuckerkrankheit) vom Typ II kann sich aufgrund von Übergewicht bei Kindern entwickeln - diese Form wird eigentlich als Altersdiabetes bezeichnet. Es steigt die Gefahr für spätere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, häufig im Zusammenhang mit Arteriosklerose (Arterienverkalkung). Manche sind davon sogar schon im Kindesalter betroffen. Bluthochdruck kann bei erhöhtem Körpergewicht rasch entstehen, ebenso wie Hormonstörungen, Gicht oder eine Fettleber. Schlechte Blutfettwerte stehen ebenfalls im Zusammenhang mit dem Übergewicht - und mit einigen Folgekrankheiten. Die Liste an weiteren möglichen Folgeerkrankungen von Übergewicht ist lang, beispielsweise auch das Schlafapnoe-Syndrom, bei dem es zu wiederholten Atemstockungen im Schlaf kommt.
Es ist nicht immer leicht zu erkennen, ob ein Kind zu viel wiegt oder nicht. Ein Übergewicht oder ein schweres Übergewicht (Adipositas) werden vor allem anhand des Body-Mass-Index (BMI) festgestellt. Der BMI ist eine Formel, mit der Körpergröße und -gewicht miteinander in Beziehung gesetzt werden. Doch der eigentliche Body-Mass-Index ist auf Erwachsene zugeschnitten. Deshalb gelten als Grenzen zwischen Unter-, Normal- und Übergewicht sowie Adipositas (Fettleibigkeit) bei Kindern altersabhängige Werte. In der Regel werden Vergleichswerte aus dem Durchschnitt von anderen Jungen oder Mädchen in dem Alter herangezogen, die so genannten Perzentilen. Die Bewertung ähnelt Prozentzahlen. Liegt die Perzentile über 90, so gilt es als Übergewicht des Kindes. Bei einer Perzentile über 97 handelt es sich um eine Fettleibigkeit.
Ob tatsächlich ein bedenkliches Übergewicht beim Kind vorhanden ist, kann ein Arzt feststellen. Deshalb sollten Eltern sich bei einem entsprechenden Verdacht bei einem Kinderarzt oder anderen Mediziner melden. Bei dieser Gelegenheit wird das Kind auch auf verschiedene Erkrankungen untersucht. Laboruntersuchungen (wie eine Blutprobe) können aufschlussreich sein.
Kinder, die zu viel auf die Waage bringen, sollten unbedingt abnehmen. Der Schlüssel zu weniger Pfunden und besserer Gesundheit und Fitness liegt in mehr körperlicher Bewegung und gesünderer Ernährung. Möglichst sollte eine dauerhafte Änderung des Ess- und Bewegungsverhaltens erzielt werden. Schon um einem Übergewicht vorzubeugen, sollten die Kinder im Wesentlichen gesund ernährt werden und körperlich aktiv sein.
Das Gesundheitsbewusstsein kann die Familie dem Kind schon vorleben. Wenn das Kind mitbekommt, dass die Eltern selbst Sport treiben und sich gesund ernähren, ist dies immer ein Vorbild.
Natürlich muss dem Kind aufgezeigt werden, dass zu fettes Essen und zu wenig Bewegung nicht gut für Gesundheit und Körper sind. Um das Kind nicht noch zusätzlich seelisch zu belasten, sollte aber nicht ständig auf das Dicksein hingewiesen werden. Vor allem sollte das Kind gelobt werden, wenn es häufiger nach draußen geht und sich bewegt sowie nicht mehr so lange vor dem Fernseher oder Computer hängt. Ein strenges Verbot ist gar nicht notwendig, aber für den Fernsehkonsum und das Spielen am Computer sollten enge Grenzen gesetzt werden.
Bezüglich des Essens sollten sich Eltern an allgemeingültige Empfehlungen halten. Das Kind muss natürlich genügend lebenswichtige Stoffe wie Vitamine und Mineralien bekommen. Eltern müssen sich informieren, wie hoch der Kalorienbedarf des Kindes für das jeweilige Alter und Geschlecht sowie für die Körpergröße und Aktivität ist. Hilfreich können die Kalorienangaben auf Produktverpackungen sein. Auch das so genannte Prinzip der Ampelfarben ist nützlich. Kinder sollten von klein auf lernen, dass gesundes Essen auch gut schmecken kann.
Ein geregelter Tages- und Mahlzeiten-Ablauf helfen bei der Orientierung. Bei Zwischensnacks sollte besonders auf gesunde, kalorienarme Produkte Wert gelegt werden, wie Obst anstatt Schokolade. Strikte Verbote sind normalerweise nicht angebracht, aber ungesunde und dickmachende Lebensmittel sollten eben seltener auf den Tisch kommen. Das dickmachende Potenzial von Getränken darf nicht vernachlässigt werden. Wasser und ungesüßter Tee oder auch Saftschorlen sind besser als Cola, Limonade, Eistee oder andere stark zuckrige Drinks. Ebenso viele Kalorien enthalten aber auch Saft und Milch, daher sollten auch diese Getränke deutlich reduziert werden. Andere Angehörige sollten informiert werden, so dass sie nicht mehr so viele Süßigkeiten mitbringen.
Mehr Bewegung in den kindlichen Alltag zu integrieren, ist gar nicht so schwer. Kürzere und mittlere Wege sollten bevorzugt zu Fuß oder mit dem Fahrrad bewältigt werden, anstatt die Kinder immer mit dem Auto zu befördern. Besonders gut ist es natürlich, eine Sportart für das Kind zu finden, das ihm Freude bereitet. Aber häufiges Spielen im Freien ist ebenso mit viel Bewegung verbunden. Und auch im Haus lässt sich Spaß machende Bewegung verwirklichen. Einfachste Maßnahmen sind z. B. Geräte wie Hüpfmatten oder Kriechtunnel.
In einigen Fällen ist eine Therapie durch den Arzt oder auch in einer spezialisierten Einrichtung notwendig. Einerseits wird dabei das Gewicht abgebaut und die Gesundheit gefördert, andererseits aber auch aufgezeigt, wie ein gesundes Essverhalten aussieht und wie das Kind zu mehr Bewegung findet. Damit funktioniert die Therapie auch auf psychologischer Ebene, sie beinhaltet Elemente aus der Verhaltenstherapie.
Letzte Aktualisierung am 19.11.2021.