Psychischer Druck führt bei einigen Menschen dazu, dass sie keinen Appetit haben und keinen Bissen mehr hinunterkriegen können. Andere können dies so gar nicht nachvollziehen. Sie müssen ihren Stress, ihren Kummer oder Frust mit Essen betäuben. Letztere Personengruppe hat besonders in schwierigen Zeiten Probleme damit, schlank zu bleiben.
Diäten, die eigentlich gut funktionierten, werden durch das Frustessen untergraben. Manche Betroffene haben regelrechte Anfälle, in denen sie große Mengen hochkalorischer Speisen in sich hineinfressen. An erster Stelle beim Abnehmen steht bei Frustfressern meist, das seelische Problem anzugehen. Frustessen kann das Symptom einer psychischen Störung sein.
Fressattacken kommen vor allem beim so genannten Binge Eating (Essstörung mit Kontrollverlust über das Essverhalten) und bei der Bulimie (Ess-Brech-Sucht) vor. Eine Vorstellung beim Arzt oder Psychotherapeuten kann dann angezeigt sein.
Das Verhalten, wegen seelischer Belastung zu essen, tritt in ganz verschiedenen Situationen auf. Fachleute sprechen auch von emotionalem Essen. Es gibt viele Verhaltensweisen, mit denen Menschen ihre negativen Gefühle kompensieren wollen. Bei Stress- und Frustessern besteht die Strategie darin, den psychischen Druck mit Essen bekämpfen zu wollen. Das hat Auswirkungen auf die Gesundheit und auf das Körpergewicht. Bei Frauen ist ein solches Verhalten häufiger als bei Männern.
Bekannte Auslöser sind Kummer und Sorgen verschiedenster Art, von Liebeskummer über familiäre Reibereien, Konflikte am Arbeitsplatz, bedrückende finanzielle Probleme bis hin zu Unzufriedenheit aufgrund des Übergewichts selbst. Oft ist es sogar die Langeweile, die Betroffene zum Frustessen treibt. Die innere Leere, die Einsamkeit oder die Grübeleien müssen mit Essen unterdrückt werden. Da es eine kurzzeitige Entlastung bringt, ist das übermäßige Essen eine Art Verdrängungsstrategie. Manche kennen Essen schon aus ihrem Kindesalter als einziges Mittel, ein gutes Gefühl zu erlangen. Der Weg bis zu einer ausgeprägten Essstörung ist nicht weit.
Stress ist für viele Menschen ein Grund, ohne Aufmerksamkeit und in zu großer Menge zu essen. Wer im Job oder allgemein viel um die Ohren hat, hat ein erhöhtes Risiko, ein Übergewicht zu entwickeln. Die Anspannung und Hektik fördert das Verlangen nach süßen und fettreichen Speisen. Verantwortlich sind unter anderem die Hormone, die bei Stress ausgeschüttet werden. Gerade auch weil es schnell gehen muss, wird der Schokoriegel oft der gesunden Zwischenmahlzeit vorgezogen. Statt eines ausgewogenen, selbst gekochten Mittagessens wird rasch die Currywurst mit Pommes Mayo beim Imbiss um die Ecke verdrückt. Und abends muss dann allzu oft das Fertiggericht oder die Tiefkühlpizza herhalten. Wozu das auf Dauer führt, liegt auf der Hand.
Ohnehin macht auch geistige Arbeit hungrig. Bei Denkaufgaben benötigt das Gehirn Zucker (Glucose). Das führt zu einem ausgeprägten Hungergefühl, und dementsprechend wird mehr oder weniger viel Nahrung aufgenommen. So viel Energie benötigt das Gehirn allerdings auch wieder nicht, und schon sind mehr Kalorien aufgenommen worden als benötigt. Das ist besonders fatal, wenn der Ausgleich durch Bewegung fehlt. Wenn es einem Menschen öfter so geht, droht er dick zu werden.
Gerade in Stresszeiten achten die Menschen zu wenig auf ihren Körper. Das Hungergefühl kann nicht mehr richtig von Appetit oder seelischen Problemen unterschieden werden. Ohne das richtige Bewusstsein stopfen sich die Menschen voll, und das auch noch, ohne genießen zu können. Denn der Snack wird schließlich nebenbei verzehrt und ohne ein gutes, entspanntes Gefühl.
Auch wenn es schwer erscheint, oft ist es möglich, das Frustessen von vornherein zu verhindern. Bereits kleine Maßnahmen können das Verhalten deutlich verbessern.
Betroffene können versuchen, besser auf Signale des Körpers zu achten. Ist das wirklich Hunger? Oder nur Appetit? Oder sind seelische Probleme, Einsamkeit, Stress der Grund für das Gefühl, etwas Essbares verzehren zu müssen? Dann ist es besser, sich auf andere Weise einen Ausgleich zu schaffen.
Vielleicht hilft es schon, sich selbst glücklicher und fröhlicher zu machen. Eine optimistische Lebenseinstellung lässt den Kummerspeck gar nicht erst entstehen. Es ist zwar leichter gesagt als getan, doch an der eigenen Stimmung und Einstellung lässt sich arbeiten. Der Schlüssel kann darin liegen, sich vor Augen zu halten, wie toll das Leben ist. Es kann helfen, sich immer wieder bewusst zu machen, welche Dinge zu Glück und Zufriedenheit führen.
Es gibt mannigfaltige Ersatzstrategien, die geschundene Seele mit anderen Mitteln als mit Essen zufriedenzustellen. Vieles andere ist sicherlich besser, als sich vollzustopfen und später über die angesammelten Kilos zu jammern. Bestimmt gibt es Hobbys, die zur Erfüllung des eigenen Lebens beitragen. Es kann die Seele aufpeppen, Freundschaften zu pflegen, Musik zu hören, ein Bad zu nehmen, ein gutes Buch zu lesen. Für viele Leute wirkt Sport befreiend. Sport hat noch den Effekt, dass etwas für die Gesundheit und Kondition getan wird und Kalorien abgebaut werden. Der Gang an die frische Luft tut immer gut, entspannte Spaziergänge können wahre Wunder wirken. Die Achtsamkeit für gewisse Situationen ist unabdingbar. Sobald es einem schlecht geht, sollte das bemerkt werden und dem entgegengesteuert werden mit angenehmen Aktivitäten - außer Essen natürlich.
Bei Stress kann ein Ausgleich nützlich sein. Das wirkt sich nicht bloß gegen das ungesunde Essverhalten aus, sondern hat allgemein einen positiven Effekt auf die Stimmung und sorgt für mehr Ruhe und Gelassenheit. Hier können Entspannungsverfahren wie Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung, Yoga, Meditation sinnvoll sein.
Am besten ist es natürlich, den Stress gar nicht erst aufkommen zu lassen. Das lässt sich gewiss nicht in jedem Beruf verwirklichen. Doch mit regelmäßigen Pausen ist schon viel in diese Richtung getan.
Vor allem Stressfresser profitieren davon, sich feste Zeiten für das Essen anzueignen. Jeder sollte seinen eigenen Rhythmus finden und auch im Berufsalltag kleinere bis mittelgroße Mahlzeiten einplanen. Zu Mittag empfehlen sich leichte Kartoffel-, Nudel- oder Reisgerichte mit Gemüse und Eiweißlieferanten wie Fisch oder Geflügelfleisch. Wenn das Mittagessen nicht so fettig und schwer ist, macht es auch nicht so schnell müde. Ein Salat oder Sushi sind gesunde Alternativen zum herkömmlichen Imbiss oder Lieferservice. Für zwischendurch empfiehlt es sich, Obst oder Gemüse (Möhren, Gurken) bereitzuhalten. Der Nahrungsdrang kann gestillt werden, und es werden trotzdem nur wenige Kalorien zugeführt.
Ist das Frustessen schon zu einer richtigen Essstörung (Bulimie oder Binge-Eating) geworden, so kann der Gang zum Psychotherapeuten helfen. Wer das Frustfressen häufiger an sich beobachtet, sollte sich einem Arzt oder Psychologen anvertrauen.
Letzte Aktualisierung am 22.11.2021.