In vielen Staaten der Erde zeichnet es sich deutlich ab: Ein immer größerer Teil der Menschen ist übergewichtig! Ganz besonders betroffen sind die USA und Deutschland, aber auch andere Wohlstandsnationen und immer mehr auch so genannte Schwellenländer wie Mexiko. Wie kommt die Ausbreitung des Übergewichtes in der Welt zustande? Beziehungsweise, wie entsteht bei einer einzelnen Person Übergewicht?
Der Hauptgrund ist die Änderung der Lebensbedingungen seit den letzten 100 bis 200 Jahren. Die Menschen müssen sich immer weniger körperlich bewegen, kommen aber immer besser an immer kalorienreicheres Essen heran. Im Vergleich zu früher werden also mehr Kalorien verzehrt, aber immer weniger Energie verbraucht. Doch es gibt noch weitere Gründe und Faktoren, die erst auf den zweiten Blick zum Vorschein kommen.
Das ausschlaggebende Stichwort lautet Kalorienbilanz. Die Menschen nehmen mehr Kalorien zu sich, als sie von ihrem Verbrauch her dürften. Überschüssige Energie wird hauptsächlich in Form von Fett gespeichert.
Im Klartext heißt das, dass die Menschen zu viel essen und sich dafür zu wenig bewegen. Die moderne Lebensweise bietet allen Grund dazu, dass ein Übergewicht entsteht. Lebensmittel stehen heute praktisch rund um die Uhr zur Verfügung. Lebensmittel können sehr kostengünstig sein. An jeder Straßenecke gibt es in Städten die Verlockung, etwas zu essen zu kaufen. Und viele Lebensmittel haben eine hohe Energiedichte, das bedeutet viele Kalorien pro Volumeneinheit. Nahrung mit zu viel Fett und Zucker ist besonders ungünstig, beispielsweise Wurst, Fast-Food oder Schokolade. Doch genau diese Lebensmittel werden gerne bevorzugt. Die Menschen sind sich oft nicht bewusst, welche Ernährung dick macht. Nicht zuletzt werden zuckrige oder alkoholische Getränke in der Bilanz vergessen. Sie liefern mehr Kalorien, als sich das viele Menschen vorstellen können.
Im Kontrast zu der Überernährung steht die mangelnde körperliche Anstrengung. Die meisten Menschen haben heute einen Job, der kaum Bewegung erfordert. Und ihre Freizeit verbringen viele vor dem Computer und dem Fernseher, anstatt nach draußen zu gehen und aktiv zu sein. Nicht einmal die Wegstrecken müssen mit eigener Muskelkraft zurückgelegt werden - wozu gibt es schließlich das Auto. Doch alle Bewegungen benötigen Energie und bauen deswegen Kalorien ab.
Wer sich kaum bewegt, kann dementsprechend nur wenig mehr als seinen Grundumsatz (den Energieumsatz durch die Körperfunktionen in Ruhe) verzehren, ohne zuzunehmen. Aber die Menschen essen (und trinken) eben trotzdem meist viel, und vor allem das, was viele Kalorien enthält. Die Energiebilanz ist positiv, denn die Summe aus Grundumsatz und Leistungsumsatz ist nicht so hoch wie die Kalorienaufnahme.
Die Vererbung trägt ihren Anteil zum Übergewicht bei. Es wird vermutet, dass zwischen 30 und 70 Prozent der Entstehung von Übergewicht durch die Gene vermittelt wird. Eine andere Vermutung besagt, dass ein Drittel der Fälle von Adipositas (Fettleibigkeit, starkes Übergewicht) durch Vererbung entstanden sind.
Verschiedene Gene steuern ausschlaggebende Stoffwechselvorgänge, den Hunger, die Geschmacksvorlieben und die Tendenz zur körperlichen Aktivität. Einige Menschen speichern deshalb überschüssige Energie besser ein als andere Personen. Auch verbrennen sie im Durchschnitt weniger Kalorien und haben einen größeren Hunger. Sie haben meist Vorlieben nach fetten und zuckerhaltigen Nahrungsmitteln und verspüren weniger das Bedürfnis, sich zu bewegen. Als in früheren Zeiten das Essen knapp war, hatten diese „Energiesparer" einen Überlebensvorteil. Dies ist in bestimmten Genen festgelegt. Nur inzwischen ist die Nahrung wesentlich reichhaltiger und hat mehr Kalorien. Die Betroffenen haben trotzdem mehr Hunger als andere und haben die Tendenz, die Nahrung als Fett anzusetzen. Die evolutionsbedingte Faulheit kommt erschwerend hinzu. Die Gene spielen dem Übergewicht gewissermaßen in die Karten. Und so zeigt sich in bestimmten Familien, dass mehrere oder alle Mitglieder dick sind.
Es sieht so aus, als ob jeder Mensch ein vorherbestimmtes Idealgewicht aufweist. Die Gene bestimmen, wie hoch dieses Gewicht ist. Der Körper tendiert nach dieser so genannten Set-Point-Theorie immer zu seinem vorprogrammierten Gewicht.
Ungünstige Gene sind allerdings kein Grund, das Dicksein ohne Gegenwehr in Kauf zu nehmen. Auch wer in dieser Hinsicht vorbelastet ist, kann über eine nicht zu kalorienreiche Ernährung und mit genügender körperlicher Tätigkeit schlank bleiben - oder wieder schlank werden.
Der Zustand der Mutter in der Schwangerschaft spielt außerdem noch eine Rolle für das Körpergewicht des Kindes. Kinder von übergewichtigen Müttern sind häufig schon bei der Geburt ebenfalls zu schwer. Aber auch untergewichtige Mütter gebären oft übergewichtige Kinder. Mit einer ausgewogenen, gut an die Schwangerschaft angepassten Ernährung kann dies verhindert werden.
Essstörungen und Frustfressen spielen oftmals eine bedeutende Rolle, wenn ein Mensch zu dick wird. Psychische Probleme werden von Betroffenen durch Essen zu bekämpfen versucht. Egal ob Stress, ob Kummer oder Einsamkeit, mit dem Verschlingen von Essen versuchen die Betroffenen, ihren seelischen Schmerz zu betäuben. Teils handelt es sich um starke Fressanfälle. Diese treten bei mehreren auch psychiatrisch relevanten Essstörungen auf, nämlich beim Binge-Eating (Störung mit unkontrolliertem Essverhalten) und bei der Bulimie (Ess-Brech-Sucht). Das übermäßige Essen bringt den Betroffenen eine kurzfristige Entlastung, und deshalb wird es trotz besseren Wissens ausgeübt.
Am Anfang von „Karrieren" Übergewichtiger steht vielfach das Erlernen ungesunden Essverhaltens von den Eltern. Wenn in der Familie schon ungünstige Voraussetzungen bestehen, dem Kind sogar zwanghafte, rigide Regeln zum Essen aufgestellt werden, kommt es zu ungünstigen Verhaltensweisen beim Betroffenen. Im Extremfall wird das Essen die einzige Möglichkeit, gegen die seelischen Probleme anzukommen. Natürlich stört so etwas die gesunde Ernährung und alle Abnehmversuche, und schnell entwickelt sich eine handfeste Essstörung.
Bei Stress kommt hinzu, dass der Betroffene nicht darauf achtet, was und wie er isst. Er hat keine Zeit, sich mit gesunder Ernährung auseinanderzusetzen, und bevorzugt einfache Snacks und Fast-Food. Das bringt letztendlich zu viele Kalorien, zu viel Fett und Zucker - was mit dem stressbedingt vernachlässigten Sport auch wieder nicht ausgeglichen wird.
Ob ein Übergewicht entsteht, hängt tatsächlich auch mit der Lebenssituation und dem Einkommen der Familie zusammen. Menschen aus niedrigen sozialen Schichten haben ein deutlich höheres Übergewichtsrisiko als gutsituierte Personen. Als besonders bedeutsam gilt der Einfluss der Bildung. Je höher der Schulabschluss, desto geringer ist das Risiko eines Übergewichts. Doch viele weitere soziale Faktoren haben eine Auswirkung auf das Körpergewicht.
Eine Reihe von Krankheiten kann dazu führen, dass der Erkrankte im Laufe der Zeit dick wird. Eine Schilddrüsenunterfunktion bewirkt eine erhebliche Neigung zum Übergewicht. Ähnliches gilt für einen zu hohen Cortisonspiegel im Blut bei der Cushing-Krankheit (Morbus Cushing). Ebenfalls können manche Erbkrankheiten wie das Prader-Willi-Syndrom zu einem Übergewicht führen.
Auch Medikamente können dazu führen, dass sich ein Übergewicht entwickelt. Beispiele sind Hormonpräparate, Cortison, Antidepressiva (Mittel gegen Depressionen), Beta-Blocker sowie Diabetesmittel.
Letzte Aktualisierung am 22.11.2021.