Bio-Artikel sind inzwischen äußerst beliebt. Konsumenten legen Wert darauf, etwas für die Umwelt und für die eigene Gesundheit zu tun. Dafür sind sie bereit, auch tiefer in die Tasche zu greifen. Da stellt sich die Frage, ob dies alles einen Sinn ergibt und ob nicht die Werbebranche einen gehörigen Anteil am Bio-Dasein eines Produktes hat. Es könnte ja auch sein, dass die Bio-Verfahren gar nichts bringen und herkömmliche Produkte nicht schlechter zu bewerten sind. Sicher ist, dass zertifizierte Bio-Produkte aus ökologischer Erzeugung stammen und dadurch gewisse Vorteile bieten.
Sie sind nicht extra mit schädlichen Stoffen belastet und stammen nicht aus der Gentechnik. Weiterhin könnten das Wort „Bio" und das Bio-Siegel zu Werbezwecken bei Produkten missbraucht werden, die gar nicht ökologisch erzeugt wurden. Um das zu verhindern, gibt es Kontrollstellen, die Bio-Betriebe regelmäßig überprüfen. Mit anderen Ausdrücken wie etwa „naturnah" wird tatsächlich manchmal Schindluder getrieben, um den Eindruck zu erwecken, ein Öko-Produkt vorliegen zu haben. Nur selten entsprechen solche Produkte wirklich den Bio-Standards. Gesetzlich vorgeschrieben ist die Bio-Qualität nur bei den Bezeichnungen „Bio" und „Öko" sowie bei den offiziellen Bio-Siegeln.
Immer mehr Leute kaufen Bio. Der Markt für Produkte nach ökologischer Erzeugung steigt schon seit geraumer Zeit an. Sowohl die Nachfrage als auch das Angebot wird immer größer. Weit über 60.000 Produkte sind in Deutschland inzwischen berechtigt, das Bio-Siegel zu tragen. Der Anteil der Bio-Artikel im Lebensmittel-Einzelhandel ist immer noch weit geringer als der Anteil konventionell erzeugter Nahrungsmittel. Trotzdem bietet sich insgesamt ein Riesenmarkt mit weiterem Wachstumspotenzial für die ökologischen Produkte. Bei den Kunden haben Bio-Produkte ein fast durchweg positives Image. Für die Produzenten und Vermarkter hat Bio den großen Vorteil, die Waren teurer verkaufen zu können als herkömmliche Erzeugnisse. Die Gewinnspanne kann aus Sicht der Firmen großzügiger gestaltet werden.
Beliebt sind die Bio-Produkte bei Personen, die gesundheitsbewusst leben und dabei auch an die Umwelt denken. Das lässt sich längst nicht mehr auf die „Ökos" reduzieren. Bio wird von allen Bevölkerungsteilen gekauft. Das Bildungsniveau und das Einkommen spielen eine eher geringe Rolle. Die Menschen greifen zu Bio-Produkten, weil sie als gesund gelten, ohne Chemie hergestellt wurden, auf die umstrittene Gentechnik verzichten, und weil die Verbraucher sich einen besseren Geschmack erwarten. Die ökologisch erzeugten Waren bieten damit aber auch enorme Möglichkeiten für die Werbebranche. Treffenderweise sprechen die Firmen und Agenturen von Green Marketing, sobald die Umwelt im Spiel ist.
Kritiker könnten die Behauptung aufstellen, Bio sei eine Erfindung des Marketings, um verschiedene Produkte zu bewerben. Mit einem naturnahen und gesunden Image soll der Kunde dazu angehalten werden, die betreffenden Produkte zu bevorzugen. Die Werbung tut alles dafür, um diese Werte hervorzuheben. Die Verpackungen sollen zeigen, dass es sich um ein ökologisch verträgliches und nachhaltiges Produkt handelt. Die Verpackung oder zumindest Logos oder kleine Grafiken sind in Naturfarben (oft grün) gehalten.
Auf den Zeichnungen finden sich häufig Blätter oder andere Pflanzenteile, hier und da eine Sonne, klares Wasser oder ein blauer Himmel kommen oft vor, das Bild einer intakten Natur eben. Die Farben sind oft eher dezent gehalten, um sich von der künstlichen, knalligen Warenwelt anderer Artikel abzuheben. In den Slogans und Werbetexten ist von idyllischen Szenen wie beispielsweise glücklichen Kühen auf saftigen Wiesen die Rede. Das Produkt ist laut Aufdruck biologisch, ökologisch, nachhaltig oder organisch. All dies vermittelt dem Kunden, dass er sich selbst und der Natur etwas Gutes tut, wenn er bei den Öko-Waren zugreift. Er bekommt ein gutes Gefühl und ein reines Gewissen.
Doch Bio ist selbstverständlich mehr als nur ein Schachzug der Firmen. Für richtige Bio-Lebensmittel gelten natürlich Vorschriften, so dass die Qualität gewährleistet ist. Das deutsche und das europäische Bio-Siegel dürfen nur bei geprüften Produkten erteilt werden, die die Standards einhalten, unter anderem: Keine Gentechnik, keine Bestrahlung, keine chemischen Pflanzenschutzmittel, artgerechte Tierhaltung, mindestens 95 Prozent Bio-Anteil am Gesamtprodukt. Die Namen „Bio" und „Öko" auf den Verpackungen dürfen ebenfalls nur dann verwendet werden. Anbauverbände wie Bioland, Naturland oder Demeter haben sich noch strengere Vorschriften auferlegt und werben mit ihren eigenen Logos.
Damit sind zwar Bio und dessen Erkennungszeichen einerseits sehr werbewirksam. Andererseits garantiert es auch, dass diese Lebensmittel aus überprüft ökologischer Erzeugung stammen und dementsprechend eine andere Qualität aufweisen. Der Verbraucher bekommt zwar ein teureres Produkt, doch der Preis ist durch den Mehraufwand zugunsten der natürlichen Herstellung gerechtfertigt.
In diesem Zuge stellt sich noch die Frage, ob der Kunde tatsächlich einen Nutzen davon hat, Bio-Lebensmittel zu kaufen. Und Bio hat wirklich einige Vorteile gegenüber standardmäßig hergestellter Nahrung.
In den ökologisch produzierten Lebensmitteln sind die Rückstände an potenziell schädigenden Stoffen geringer als bei industrieller Nahrung. Das betrifft beispielsweise die Pestizide, das Nitrat oder bei Fleisch etwaige Antibiotika. Auch werden keine künstlichen Geschmacksverstärker oder Aromen und keine Konservierungsstoffe verwendet - Substanzen, die von einigen Seiten kritisch gesehen werden. Durch weniger Zusatzstoffe wird die Gefahr von Allergie-Entwicklungen vermindert. In vielen Fällen finden sich in Bio-Lebensmitteln mehr Vitamine und Nährstoffe als in vergleichbaren Normalprodukten. Bei den meisten Lebensmitteln wird der Geschmack von Bio-Produkten als deutlich besser und intensiver bewertet als bei anderen Produkten.
Bei biologischer Herstellung ist die Umweltbelastung geringer. Die fragliche Gentechnik wird nicht eingesetzt, Tiere werden nach den Richtlinien artgerecht gehalten. Die Naturschutz- und auch die Gesundheitsaspekte geben den Verbrauchern ein reines Gewissen.
Manche Nachteile können Bio-Lebensmittel dennoch aufweisen. Neben dem höheren Preis bemängeln manche Menschen die teils geringere Haltbarkeit und die schwankende Qualität. Auch ist anzumerken, dass die Menge an potenziell gefährlichen Rückständen in der herkömmlich hergestellten Nahrung gering gehalten wird. Die Gesundheit wird normalerweise davon nicht beeinträchtigt.
Wie bei vielen anderen vermarkteten Produkten kann auch bei vermeintlichen Öko-Erzeugnissen gemogelt werden. Die Werbemaschinerie ist sehr erfinderisch, was beschönigende Ausdrücke angeht, die eine naturnahe Herkunft suggerieren. Neben „naturnah" können dies „umweltschonend", „aus kontrolliertem Anbau", „nicht gespritzt" oder ähnliche Wortbildungen sein. Solche Ausdrücke dürfen frei verwendet werden. Und sie kommen tatsächlich oft bei Produkten zum Einsatz, die nicht den Normen für Bio-Lebensmittel entsprechen, sondern konventionell hergestellt und verarbeitet wurden. Eine beliebte Praxis wird Greenwashing genannt. Beim Greenwashing werden die geringen umweltfreundlichen und gesunden Eigenschaften des Produkts hervorgehoben, während die bedeutsameren schlechten Merkmale weggelassen werden.
Die Sicherheit, dass sich hinter dem Produkt tatsächlich eine ökologische Herstellung verbirgt, gibt eben das staatliche Bio-Siegel oder das verbindliche EU-Bio-Logo. In Deutschland sind es gleichermaßen die Begriffe „Bio" und „Öko", die nur bei den Lebensmitteln aufgedruckt werden dürfen, die den Bio-Richtlinien entsprechen.
Anders als mit Lebensmitteln verhält es sich allerdings mit anderen Produktgruppen, etwa bei Kosmetik. Dort gibt es keine strengen gesetzlichen Beschränkungen, wie das Wort „Bio" zu verwenden. Und so können sich vermeintliche Naturprodukte als synthetische Erzeugnisse entpuppen.
Letzte Aktualisierung am 23.11.2021.