Der Wunsch nach Lebensmitteln aus ökologischer Landwirtschaft ist inzwischen allgegenwärtig. Verbraucher möchten die Vorzüge der Bio-Nahrungsmittel in Anspruch nehmen. Die Produkte sind immer häufiger in Läden aller Art zu finden. Bio wird gewissermaßen zu einem Massenphänomen, zum Mainstream. Die Bio-Landwirtschaft benötigt jedoch mehr Fläche als die konventionelle Landwirtschaft, der Aufwand ist größer und die Erträge sind geringer. Nur ein Teil der Bauern ist bereit dafür, ökologische Landwirtschaft zu betreiben. Es kann zu einem Engpass in der Versorgung mit Bio-Lebensmitteln kommen. Die entstehende Lücke füllt sich hauptsächlich mit Produkten aus dem Ausland. Das ist wegen der umweltbelastenden Transporte aber auch nicht gerade der Sinn der ökologischen Wirtschaftsweise.
Die Nachfrage für Bio-Produkte wird immer größer. Bio-Lebensmittel gelten als gesünder und hochwertiger als vergleichbare herkömmliche Nahrungsmittel. Verbraucher haben bei herkömmlichen Erzeugnissen Bedenken, da immer wieder über Skandale, überhöhte Schadstoffwerte und unlautere Methoden in den Medien berichtet wird. Wem das Wohlbefinden von sich und den Angehörigen wichtig ist, der greift deshalb gerne zu ökologischen Produkten. Ein weiteres Argument, ökologische Lebensmittel zu bevorzugen, ist die Rücksicht auf die Natur. Bei deren Erzeugung wird eine Reihe von Umweltrichtlinien eingehalten.
Kein Wunder, also dass immer mehr Verbraucher Lebensmittel in Bio-Qualität wünschen. Inzwischen bieten nicht nur spezialisierte Märkte Bio-Artikel an, sondern auch die altbekannten Discounter. Die Preise für Bio-Produkte sind im Allgemeinen gesunken. Bio ist nicht mehr nur eine Randnotiz auf dem Lebensmittelmarkt. Es ist im Mainstream angekommen. Mehr als die Hälfte der Kunden greifen zumindest gelegentlich zu Bio-Produkten.
Doch bei dem ganzen Bio-Boom stellt sich die Frage, ob der Umfang der ökologischen Produktion irgendwann nicht mehr ausreichen könnte, um die Nachfrage zu befriedigen. Schon jetzt ist in Deutschland eine Schwelle überschritten, denn das Verlangen der Kunden nach Bio-Ware ist weitaus stärker gestiegen als die Zahl und Größe der Bio-Betriebe. Die Menge der produzierten deutschen Bio-Lebensmittel ist geringer als der tatsächliche Bedarf. In praktisch allen Regionen werden Landwirte gesucht, die ihre Produktion von konventionell auf ökologisch umstellen.
Die Folge ist, dass viele Bio-Produkte aus dem Ausland bezogen werden, um den heimischen Markt zu bedienen. Die Eigenschaft „bio" ist damit gesichert, aber im Sinne der Umwelt werden regionale Bio-Produkte empfohlen, um auf weite Transporte verzichten zu können. Zu lange Wege von der Produktion zum Verbraucher haben nicht nur eine Belastung der Umwelt zur Folge. Auch die Frische der Produkte leidet. Ebenfalls lässt sich bei importierten Lebensmitteln nicht so genau verfolgen, woher sie stammen.
Vielfach stammen diese Bio-Produkte aus dem osteuropäischen Bereich. Dort ist im Allgemeinen das Verlangen nach ökologisch erzeugter Ware noch um einiges geringer als in Deutschland. Zudem kann die Ware dort oft sehr kostengünstig produziert werden. Aber auch in diesen Ländern dürfte sich bald ein immer stärker steigender Bedarf nach Bio-Artikeln einstellen.
Die Nachfrage für Bio-Produkte ist immer wieder einmal starken Schwankungen unterlegen. Der Wunsch nach Bio kann plötzlich stark steigen, beispielsweise durch einen neuerlichen Skandal in der herkömmlichen Lebensmittel-Erzeugung, wenn dieser bekannt wird. Der Markt kann die erhöhte Nachfrage nicht unbedingt abpuffern. Die Betriebe und Läden sind nicht sofort darauf eingestellt. Der Bedarf an Bio-Produkten geht danach aber oft rasch wieder zurück. Das Bio-Segment wächst nach einem solchen Ereignis nicht ungehindert weiter. Die Verbraucher müssten insgesamt umdenken und auch langfristig häufiger Bio bevorzugen. Erst dann wäre es auch für mehr Bauern und mehr Hersteller eine sichere Sache, ökologische Landwirtschaft zu betreiben.
Von der größtmöglichen Ausschöpfung des Potenzials durch die ökologische Produktion ist die Landwirtschaft in Deutschland ohnehin noch weit entfernt. In Deutschland nimmt der Öko-Landbau derzeit lediglich um die fünf Prozent ein.
Ob Deutschland oder auch die Europäische Union sich selbst mit komplett ökologischer Landwirtschaft versorgen könnte, bleibt vorerst Spekulation. Zumindest ist der Anteil der Öko-Höfe erheblich steigerbar. Doch müssten die Landwirte auch bereit dazu sein, ihre Betriebe auf „bio" umzurüsten. In absehbarer Zeit wird der Anteil vermutlich mäßig steigen, viele Bio-Produkte werden letztlich immer noch aus dem Ausland stammen.
Bevor die Frage wirklich kritisch wird, ob sämtliche möglichen Kapazitäten für die Bio-Nachfrage nicht reichen könnten, muss ein Umdenken in der Bevölkerung stattfinden. Für viele Verbraucher ist eben doch der geringere Preis wichtig anstelle der Vorzüge des Bio-Produktes. Doch auf lange Sicht könnte sich die Bio-Landwirtschaft als Erfolgsmodell etablieren.
Letzte Aktualisierung am 16.08.2021.