Eine Erhöhung der Blutfette (Hyperlipidämie) ist eine sehr häufige Störung, die etwa 20 von 100 Personen betrifft.
Erhöhte Blutfette zählen zum großen Krankheitsbild der Lipidstoffwechselstörungen und sind somit eher ein Symptom, dem meist eine komplexe Ursachenkonstellation zugrunde liegt. Sie stellen einen wesentlichen Risikofaktor für die Entstehung von Herzkreislauferkrankungen dar. Das Symptom der erhöhten Blutfette wird in zwei Formen, die primären und die sekundären Hylerlipidämien eingeteilt.
Während die primären Formen vererbt werden, und somit von Geburt an bestehen, entstehen die sekundären Hyperlipidämien erst im Laufe des Lebens und werden meist durch andere Grunderkrankungen, wie beispielsweise Diabetes mellitus, ausgelöst.
Fette (Lipide) erfüllen im menschlichen Körper eine Vielzahl von Aufgaben. Sie sind ein Bestandteil von Zellmembranen, also der äußeren Hülle von Körperzellen, aus ihnen werden Hormone hergestellt und nicht zuletzt sind Fette ein wichtiger Energielieferant und Speicher. Fette können in eine Reihe von Unterformen eingeteilt werden. Cholesterin und Triglyceride sind die für den Körper wichtigsten Formen der Lipide.
Cholesterin ist ein sogenanntes Steroid und wird hauptsächlich vom Körper selbst in der Leber produziert. In der Regel werden nur 10 Prozent des Cholesterins über die Nahrung aufgenommen. Es dient als Baustein für das Gerüst der Zellmembranen. Außerdem ist es eine Vorstufe von Hormonen wie Kortisol sowie dem Regulationshormon Aldosteron und den Sexualhormonen Testosteron, Östrogen und Progesteron. Des Weiteren werden aus Cholesterin in der Leber Gallensäuren hergestellt, die für die Verdauung benötigt werden.
Triglyceride hingegen stellen die größte Gruppe der Nahrungsfette dar. Der Körper kann sie jedoch aus Zucker oder Alkohol auch selbst herstellen. Sie sind ein wichtiger Energielieferant und enthalten wesentlich mehr Energie als Zucker oder Eiweiß. Übersteigt die aufgenommene Nahrung den körperlichen Bedarf, dienen die Trigylceride als Energiespeicher und bilden in den Fettzellen die Fettdepots aus.
Im Falle der Hyperlipidämien wird deshalb auch untersucht, welche Form der Lipide im Blut erhöht ist. Man unterscheidet demnach drei Gruppen von Hyperlipidämien:
Lipide zeichnen sich alle dadurch aus, dass sie nicht wasserlöslich sind. Deshalb müssen sie im Blut an spezielle Transportproteine, die sogenannten Lipoproteine, gebunden werden, um von einem Organ zum anderen zu gelangen.
Es existieren unterschiedliche Klassen von Lipoproteinen, die auch unterschiedliche Arten von Fetten transportieren können. Sie werden unterteilt in
Sind die Lipide oder die Lipoproteine im Blut erhöht, können sich an den Wänden der Blutgefäße Ablagerungen bilden, sogenannte arteriosklerotische Plaques. Da das Lipoprotein LDL Cholesterin zu den Organen transportiert, lagert sich dieses bei einem Überangebot an Cholesterin in erhöhtem Maße an den Arterienwänden ab. Es wird deshalb auch als das „böse Cholesterin" bezeichnet. HDL hingegen transportiert Cholesterin wieder zurück zur Leber und entfernt es somit aus dem Gewebe. Es wird deshalb auch „gutes Cholesterin" genannt.
Je länger die Hyperlipidämie besteht, desto mehr verändern sich die Gefäßwände und eine Arteriosklerose entsteht. Durch diese Verengung und Verhärtung der Blutgefäße kann nicht mehr genügend Blut durch die Arterien fließen und wichtige Organe werden nicht mehr ausreichend durchblutet. Die Gefahr für Herzinfarkte, Schlaganfälle und Thrombosen ist somit um ein Vielfaches erhöht.
Die Erhöhung der Blutfette kann erblich beding sein, man spricht dann von einer primären Hyperlipidämie. Meist liegt in diesen Fällen ein Defekt eines Enzyms vor, das für den Abbau der Fette oder der Lipoproteine im Körper verantwortlich ist. Mit der Nahrung aufgenommene Fette können dann nicht verwertet werden, wodurch sie sich im Gewebe und den Arterien ablagern. Meist tritt die erbliche Form im Kindes- und Jugendalter noch nicht durch Symptome in Erscheinung.
Eine Hyperlipidämie kann jedoch auch durch eine andere Grunderkrankung oder falsche Ernährung herbeigeführt werden. In solchen fällen liegt eine sekundäre Hyperlipidämie vor. Sie kann durch Diabetes mellitus, Schilddrüsenunterfunktion sowie Leber- und Nierenerkrankungen verursacht werden. Aber auch Überernährung, Fehlernährung oder zu hoher Alkoholkonsum können zu erhöhten Blutfetten führen.
In der Mehrzahl der Fälle liegen der Hyperlipidämie unterschiedliche Ursachen zugrunde. Eine genetische Veranlagung ist meist kombiniert mit einer weiteren Grunderkrankung, die zusammen mit einer Fehlernährung den Blutfettspiegel stark in die Höhe treiben.
Erhöhte Blutfette verursachen zunächst keine Beschwerden. Erst die Folgeschäden, vor allem die Arteriosklerose, machen sich bei den Betroffenen bemerkbar. Die Auswirkungen der erhöhten Blutfettwerte werden somit meist nur indirekt sichtbar. Sie können sich sehr unterschiedlich darstellen, je nach dem, welche Ursache der Hyperlipidämie zugrunde liegt. Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) hat deshalb die Fettstoffwechselstörungen in sechs verschiedene Kategorien eingeteilt:
Der Anteil an Chylomikronen ist erhöht. Diese Form tritt mit 1:1 Mio. relativ selten auf. Betroffene leiden vor allem unter Bauchscherzen, die an eine Bauchspeicheldrüsenentzündung erinnert.
Der LDL- Anteil ist erhöht. Ursache ist eine familiär bedingte Erhöhung der Cholesterinwerte, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 1:500 relativ häufig auftritt. Die Patienten leiden vor allem unter Sehstörungen und Veränderungen der Haut (Xanthome). Das Risiko für eine Arteriosklerose ist bei dieser Form der Hyperlipidämie am größten.
Von den Lipoproteinen sind LDL und VLDL angestiegen. Ursache ist die sogenannte familiär kombinierte Hyperlipidämie, die mit 1:300 ebenfalls häufig vorkommt. Betroffene haben ein stark erhöhtes Risiko für Herzinfarkte und Arteriosklerose.
Ursache ist die sogenannte familiäre Hyperlipidämie Typ III. Betroffene haben gelegentlich Bauchschmerzen und Xantome, besonders im Bereich der Hände. Diese Form kommt relativ selten vor.
Der VLDL Anteil ist messbar angestiegen. Ursache ist eine familiäre Hypertriglyceridämie, die sehr selten auftritt. Meist haben die Patienten zusätzlich eine Glucoseintoleranz.
Von den Lipoproteinen sind vor allem VLDL und Chylomikronen angestiegen. Die Ursache ist ebenfalls eine familiäre Veranlagung, die jedoch sehr selten vorkommt. Eine Glucoseintolenanz kommt bei Patienten gehäuft vor, außerdem haben erkrankte Kinder oft Probleme mit Entzündungen der Bauchspeicheldrüse.
Vor allem das Risiko für Herzinfarkte steigt durch die Ablagerung in den Blutgefäßen stark an. Aber auch Schlaganfälle und Thrombosen kommen bei Patienten mit erhöhten Blutfetten um ein Vielfaches häufiger vor.
Bei Erhöhung der Triglyceride und Chylomikronen haben Betroffene oft mit wiederkehrenden Entzündungen der Bauchspeicheldrüse sowie mit Leberschädigungen (Fettleber) zu kämpfen. Bei erhöhten Cholesterin- und LDL-Werten fallen hingegen vor allem Veränderungen der Haut (Xantome) und der Augen auf.
Bei der Messung der Blutfette werden meist LDL, HDL sowie Cholesterin und Triglyceride bestimmt. Der Patient darf 12 bis 14 Stunden vor der Blutentnahme nichts essen und 24 Stunden zuvor keine schwere Arbeit verrichten, da die Werte sonst verfälscht werden. Das Verhältnis von HDL zu LDL gibt einen Hinweis darüber, ob die verschiedenen Blutfette ausgewogen sind.
Um zu unterscheiden ob eine primäre oder eine sekundäre Störung vorliegt, werden weitere Untersuchungen unternommen, um Schilddrüsenunterfunktionen, Diabetes mellitus sowie Leber- und Nierenerkrankungen zu erkennen.
Außerdem wird versucht, den Lebens- und Ernährungsstil des Patienten so genau wie möglich zu erfassen. Dazu werden auch die Werte des Body-Mass-Index (BMI = Körpergewicht geteilt durch Körpergröße im Quadrat) sowie das Körperfettverteilungsmusters (Taillenumfang geteilt durch Hüftumfang) bestimmt und zur Diagnose herangezogen.
Bei Verdacht auf eine erblich bedingt Störung können zusätzliche Spezialuntersuchungen durchgeführt werden, um den genauen Gendefekt zu ermitteln. Dazu werden beispielsweise DNA-Analysen angefertigt. Bei Vorliegen einer Fettstoffwechselstörung wird außerdem ermittelt, wie hoch das Risiko für die Entstehung einer Arteriosklerose ist.
Weitere Risikofaktoren für Gefäßwandveränderungen sind
Es ist wichtig zu unterscheiden ob eine primäre, das heißt angeborene, oder eine sekundäre Fettstoffwechselstörung vorliegt, die sich im Laufe des Lebens entwickelt hat. Vor allem Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Metabolisches Syndrom, Leber- und Gallenwegserkrankungen, Schilddrüsenfunktionsstörungen und Erkrankungen der Niere hängen oft mit Fettstoffwechselstörungen zusammen. Die Erkrankungen können jedoch auch unabhängig voneinander auftreten und müssen nicht in kausalem Zusammenhang stehen.
Durch eine langfristige Senkung der Blutfette, vor allem des LDL-Cholesterins, kann bereits eine Verminderung des Herzinfarktrisikos um 30% erreicht werden. Es kann, vor allem bei jüngeren Patienten, zu einer Rückbildung der Plaques in den Blutgefäßen kommen, wodurch auch die Gefahr für Schlaganfälle und Thrombosen gemindert. Um dies zu erreichen, müssen in den meisten Fällen die Ernährungsgewohnheiten drastisch geändert werden.
Der Anteil von Fetten an der täglichen Gesamtkalorienmenge sollte weniger als 25 Prozent ausmachen. Die Fette sollten außerdem eher pflanzlich sein, wie beispielsweise Oliven- oder Rapsöl. Tierische Fette sollten möglichst gemieden werden.
Etwa 50 bis 60 Prozent der Nahrung sollten aus Kohlenhydraten bestehen, diese sollten möglichst komplex sein. Vollkornprodukte beispielsweise sind eher komplexe Kohlenhydrate, Weißbrot hingegen besteht aus einfachen Kohlenhydraten, die im Körper sehr schnell zu Zucker abgebaut werden.
Eiweiß sollte an der täglichen Kalorienmenge einen Anteil von etwa 15 Prozent einnehmen. Ernährungsmediziner empfehlen außerdem einen regelmäßigen Konsum von Seefisch etwa zwei Mal pro Woche, da sie einen hohen Gehalt an wichtigen Omega-3-Fettsäuren aufweisen, sowie eine ausreichende Jodzufuhr von 150 bis 200µg pro Tag.
Außerdem sind Ballaststoffe wichtig für die Verdauung und den Stoffwechsel. Pro Tag sollten etwa 20 bis 30g Ballaststoffe aufgenommen werden. Eine ausgewogene Ernährung wirkt sich positiv auf die Blutgefäße aus und steuert somit der Arteriosklerose entgegen. Zusätzlich führt körperliche Bewegung zu einer zusätzlichen Senkung des Cholesterinwertes, besonders des LDL-Cholesterins, sowie einer Erhöhung des „guten" HDL-Cholesterin-Wertes.
Zusätzlich zu diesen Maßnahmen kann unter Umständen eine begleitende medikamentöse Therapie erfolgen. Je nachdem, welche Fettwerte erhöht sind werden entweder Statine gegeben, die eher die Cholesterinwerte senken, oder die sogenannten Fibrate, die sich eher auf die Triglyceride auswirken.
Liegt außerdem eine Entzündung der Bauchspeicheldrüse vor, wie sie besonders bei hohen Triglycerid-Werten vorkommt, muss diese durch eine Infusionstherapie ebenfalls behandelt werden.
Ziel der Therapie ist außerdem, eine Verfettung der Leber zu vermeiden oder zumindest zu verringern. Dies kann ebenfalls durch eine Ernährungsumstellung und eine Gewichtsreduktion erreicht werden.
Außerdem müssen andere Ursachen und auch Folgeerscheinungen der erhöhten Blutfette behandelt werden. Dazu gehört die optimale Einstellung eines Diabetes mellitus, die medikamentöse Therapie einer Schilddrüsenunterfunktion und eine Alkoholkarenz
Eine Ernährungsumstellung, Gewichtsreduktion, Lebensstilverbesserung und eine Behandlung der zugrunde liegenden Ursachen führt in den meisten Fällen zum Erfolg, sodass die Blutfettwerte nach einiger Zeit wieder im Normalbereich liegen. Inwieweit dadurch Folgeerkrankungen vermieden oder zumindest behandelt werden können hängt vor allem davon ab, wann die Hyperlipidämie erkannt wurde, wie alt der Patient ist und wie stark die Blutgefäße schon geschädigt sind. Es ist jedoch erwiesen, dass eine Senkung der Blutfette, die Sterblichkeitswahrscheinlichkeit an den Folgen der Arteriosklerose um durchschnittlich 25 Prozent verringert.
Letzte Aktualisierung am 09.08.2021.