Magersucht (Anorexia nervosa) ist eine psychosomatische Erkrankung aus dem Bereich der seelisch bedingten Essstörungen. Sie wurde bereits 1873 als einheitliches Krankheitsbild beschrieben und stellt somit die am längsten bekannte Essstörung dar.
Etwa 0,7 Prozent der Teenager leiden unter Magersucht. Dabei sind Mädchen und junge Frauen etwa zwölf Mal häufiger betroffen als Jungen. Die Betroffenen unternehmen eine enorme und krankhafte Reduktion ihres Körpergewichtes und haben große Angst davor, dick zu werden. Magersucht ist die psychische Erkrankung mit der höchsten Sterblichkeitsrate. Etwa 15 Prozent der Betroffen überleben die Magersucht nicht.
Die Erkrankung betrifft meist Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 12 bis 24 Jahren.
Ein gestörtes Selbstbild und eine verzerrte Wahrnehmung des eigenen Körpers ist kennzeichnen für die Magersucht. Die Betroffenen empfinden sich selbst als unattraktiv und zu dick. Oft liegt als Ursache der Erkrankung eine Persönlichkeitsstörung vor.
Die Magersucht beginnt meist im Teenager-Alter, nicht selten als eine Diät, die außer Kontrolle gerät. Die Betroffenen erlangen ihr Selbstwertgefühl nicht durch Leistungen in ihrem Beruf, Hobby oder dem Privatleben, sondern ausschließlich aus der Fähigkeit ihr Gewicht zu kontrollieren.
Auch Probleme im Rahmen der sexuellen Entwicklung können die Ursache einer Magersucht sein. Die körperliche Reifung kann nur das exzessive Hungern verzögert werden.
Personen, die unter Anorexia nervosa leiden, haben panische Angst vor dem Dickerwerden, obwohl sie tatsächlich unterernährt sind. Die meist jungen weiblichen Patienten leiden an einer Körperschemastörung, das heißt sie fühlen sich trotz eines bestehenden Untergewichts "zu dick".
Sie möchten ein Schönheitsideal erreichen und versuchen auf verschiedene Arten, ihr Körpergewicht zu reduzieren:
Durch das permanente Hungern verzögert sich der Reifungsprozess des Körpers und die Betroffenen treten oft verspätet in die Pubertät ein. Die ständige Mangelsituation des Körpers löst außerdem Hormonstörung aus.
Die Einnahme von Abführmitteln und Diuretika führt zu weiteren körperlichen Beschwerden. Mit dem Fortschreiten der Erkrankung entwickeln die Betroffenen:
Außerdem entwickeln die Betroffenen Mangelerscheinungen, besonders Störungen im Eiweiß- und Mineralhaushalt.
Die Haut der Erkrankten ist meist sehr trocken und schuppig. Außerdem sind sie besonders kälteempfindlich und haben oft auch selbst eine herabgesetzte Körpertemperatur, da ihr Stoffwechsel auf ein Minimum herunterfährt.
Zur Diagnose der Anorexia nervosa wird zunächst der Body-Mass-Index herangezogen. Er errechnet sich aus dem Quotienten aus Körpergewicht (kg) und dem Quadrat der Körpergröße (m²). Magersüchtige haben einen BMI unter 17,5.
Außerdem liegen folgende Störungen im Essverhalten vor:
Betroffene sind mit ihrem Körper ständig unzufrieden und leben mit der Überzeugung, zu dick zu sein. Häufig liegen zusätzlich Störungen im sozialen Bereich oder Persönlichkeitsstörungen vor.
Es gibt eine Reihe von Erkrankungen, so genannte konsumierende Erkrankungen, die innerhalb kurzer Zeit zu einem enormen Gewichtsverlust führen können. Von diesen schwerwiegenden Krankheiten sollte die Magersucht dringend abgegrenzt werden.
Beispiele für konsumierende Erkrankungen sind
Im Falle einer körperlichen Ursache für die Gewichtsabnahme finden sich jedoch bei den Betroffenen nicht die typischen Körperwahrnehmungsstörungen, wie sie bei der Anorexia nervosa auftreten.
Außerdem muss eine Magersucht von einer Bulimia nervosa abgegrenzt werden, die zwischenzeitlich zu Essattacken mit darauf folgendem Erbrechen führt. In diesem Fall haben die Betroffenen in der Regel ein normales Körpergewicht, während Patienten die unter Magersucht leiden, stark untergewichtig sind und einen BMI unter 17,5 aufweisen.
Psychische Erkrankungen wie Angststörungen oder Zwangsstörungen sollten ebenfalls ausgeschlossen werden.
Ist durch das exzessive Hungern ein für die Betroffenen lebensbedrohlicher Zustand aufgetreten, muss dieser zunächst durch das Zuführen von künstlicher Nahrung und ausreichend Flüssigkeit behoben werden.
Danach ist das Ziel der Behandlung, die Selbstwahrnehmung der Betroffenen zu verändern. Dies wird durch eine Psychotherapie erreicht, die auch stationär erfolgen kann.
Außerdem wird eine Verhaltenstherapie begonnen, die folgende Maßnahmen beinhaltet:
Schon Gewichtszunahmen von einem Kilogramm können bei schweren Formen der Magersucht als Erfolg gewertet werden.
Durch zusätzliche tiefenpsychologische Therapieansätze kann versucht werden, die eigentliche psychische Ursache der Erkrankung zu finden und diese gezielt zu behandeln.
Die Erkrankung Anorexia nervosa kommt zwar mit 0,7 Prozent unter den weiblichen Teenagern seltener vor als die sogenannte Ess-Brech-Sucht (Bulimie), hat aber eine wesentlich ungünstigere Prognose.
Je nach Schwere der Erkrankung wird durch die Verhaltens- und Psychotherapie nur etwa ein Drittel der Betroffenen wieder vollständig gesund.
Bei den restlichen Patienten entwickelt sich eine jahrelange, mitunter lebensbedrohliche Störung. Insbesondere in Belastungssituationen, wie beispielsweise Krisen mit dem Partner, kann es zu Rückfällen kommen.
Letzte Aktualisierung am 31.08.2021.