Als Ayurveda (Sanskrit = Wissen vom Leben) wird die traditionelle indische Heilkunst bezeichnet. Bis heute gibt es viele Anwender der ayurvedischen Medizin in Indien, Nepal und Sri Lanka.
Es wird geschätzt, dass die ayurvedische Medizin etwa 5000 Jahre alt ist. Die ältesten bekannten Schriften sind etwa 3000 Jahre alt. In den „heiligen Büchern" ist das medizinische Wissen zusammengefasst, das in acht eigenständige Bereiche (innere Medizin, Frauen- und Kinderheilkunde, Hals-Nasen-Ohren- und Augenheilkunde, Geisteskrankheiten, Toxikologie, Chirurgie, Gesundheitsförderung, Revitalisierung und Sexualmedizin) unterteilt ist.
Trotz der moslemische Eroberung und der Kolonialisierung Indiens durch England, die ihre eigenen Gesundheitssysteme ins Land brachten, ist die traditionelle Medizin erhalten geblieben. Heute wird sie akzeptiert, unterstützt und neben der westlichen Medizin praktiziert.
In Deutschland wird Ayurveda von einer Reihe von Ärzten und Heilpraktikern ausgeübt. Auch Nichtmediziner wie Masseure, Kosmetiker und Ernährungsberater bieten Tätigkeiten unter dem Namen Ayurveda an, die jedoch vor eher im Wellnessbereich angesiedelt sind. In Westfalen wurde 2004 ein europäisches Referenzzentrum für Ayurveda gegründet, das mit verschiedenen Universitäten zusammenarbeitet. Dieses hat zum Ziel die Qualität von Ayurveda-Behandlungen und -Ausbildungen zu sichern. Die in Deutschland überwiegend verbreitete Variante ist der Maharishi Ayurveda.
Der Maharishi Ayurveda wurde von Maharishi Mahesh Yogi (1918 - 2008) begründet. Dieser erhebt den Anspruch, „den Ayurveda in seiner Ganzheit wiederzubeleben". Um dies zu erreichen, hat er beispielsweise weltweit Forschungs- und Gesundheitszentren und Pharmafirmen für ayurvedische Produkte gegründet. Im deutschsprachigen Raum gibt es acht Gesundheitszentren und Kurkliniken, die vom Maharishi Ayurveda betrieben werden. Diese Form der ayurvedischen Medizin verbindet Elemente der altindischen Medizin mit transzendentaler Meditation.
Im Ayurveda wird der Mensch als Abbild des Universums betrachtet. Er besteht aus den fünf Elementen Feuer, Wasser, Erde, Luft und Raum, die entsprechend den fünf Sinnen Sehen, Schmecken, Riechen, Fühlen und Hören zugeordnet sind. Der Mensch wird außerdem von den drei Doshas (Lebensenergien) Vata, Pitta und Kapha bestimmt, die das Zusammenspiel der Elemente und deren Einfluss auf den Körper beschreiben.
In der Regel wird jeder Mensch von einem oder zwei Doshas dominiert, woraus sich bestimmt körperliche und charakterliche Eigenschaften ergeben.
Wird das Gleichgewicht zwischen den Doshas gestört, entstehen Krankheiten. Ursachen dafür können etwa belastende Lebenssituationen sowie eine falsche Lebens- und Ernährungsweise sein. Durch eine gesunde Lebensführung und ayurvedische Heilbehandlungen (z.B. Massagen, Einläufe und Ölbader) und Arzneimittel soll die Balance wieder hergestellt werden.
Im Maharishi Ayurveda wird neben ayurvedischen Behandlungen auch transzendentale Meditation eingesetzt. Auf diese Weise soll der Körper mit der Kraft des Geistes geheilt werden.
Das Gesamtkonzept des Ayurveda über der Entstehung von Krankheiten entspricht nicht den heutigen Erkenntnissen und ist somit nicht ohne weiteres auf das heutige Leben übertragbar. Es ist weniger eine spezielle Heilmethode, denn Konzept zur Lebensführung, das in seinen Anweisungen modernen wissenschaftlichen Konzepten zur Vorbeugung von Krankheiten entspricht.
Bei stationären Behandlungen, die über einen längeren Zeitraum stattfinden, wird von einem Kureffekt ausgegangen werden. Die Kurbehandlungen können sich in der ayurvedischen Medizin allerdings über mehrere Monate erstrecken bis der gewünschte Effekt eintritt. Einzelne Anwendungen können spezifische Effekte haben, wie etwa die Förderung der Durchblutung bei Massagen. Die Wirkung aryuvedischer Arzneimittel beruht auf deren Inhaltsstoffen.
Für eine ayurvedische Behandlung wird keine konventionelle Diagnose benötigt. In der traditionellen indischen Medizin stehen nicht die Symptome einer Krankheit im Vordergrund sondern deren Ursache. Um diese zu ermitteln, steht ein komplexes Diagnoseverfahren zur Verfügung.
Zunächst wird der Dosha-Typ bestimmt. Dieser wird durch die astrologische Konstellation der Planeten und Sterne während der Geburt, aber auch von anderen Faktoren, festgelegt und bleibt ein Leben lang bestehen. Außerdem findet eine körperliche Untersuchung mit Puls- und Zungendiagnostik statt.
Für die Pulsdiagnose wird am Handgelenk des Erkrankten der Puls mit drei Fingern gemessen. Dieser soll Rückschlüsse auf den Zustand der Doshas zulassen. Bei der Zungendiagnose wird Form, Farbe und Belag der Zunge und dadurch der Zustand der Doshas beurteilt.
Das Ziel der ayurvedischen Medizin ist die Wiederherstellung des Gleichgewichts zwischen den Doshas. Dies soll durch verschiedene Methoden, die miteinander kombiniert werden, erreicht werden. Unterstützt werden soll dies durch die richtige Zusammenstellung von Lebensmitteln, denen eine heilende Kraft zugesprochen wird. Auch Pflanzen werden in verschiedenen Zubereitungsformen eingesetzt. Dabei wird kaum zwischen Nahrungsmittel, Gewürz und Heilmittel unterschieden.
Aus den Pflanzen werden auch Arzneimittel hergestellt, die als zusätzliche Bestandteile auch Tiere, Mineralien und Metalle enthalten. Diese werden meist in Indien hergestellt und unterstehen keiner Qualitätskontrolle. Zudem können sie Quecksilber und Blei enthalten und sind daher nicht in Deutschland zugelassen.
Daneben werden auch Maßnahmen zur Reinigung und Entschlackung eingesetzt. Diese sollen die Säfte der dominierenden und somit schädigenden Doshas aus dem Körper entfernen. Dazu gehören Einläufe, Herbeiführen von Erbrechen, Ölmassagen, Ölgüsse, Wärmedampfbäder, Auslösen von Niesen und Aderlass. Diese Anwendungen werden auch als Panchakarma-Kur bezeichnet.
Ebenfalls Bestandteil des Ayurveda sind Körper- und Atemübung und Yoga, sowie die Gestaltung der Umgebung mit Farben, Gerüchen und Klängen entsprechend dem Dosha-Typ. Der Maharishi Ayurveda beinhaltet außerdem die transzendentale Meditation.
In Indien ist die Ausbildung zum Ayurveda-Arzt staatlich geregelt. Sie dauert sechs Jahre und muss an einer Universität oder einem staatlich anerkannten College erfolgen. Voraussetzung um als ayurvedischer Arzt praktizieren zu können, sind ein erfolgreicher Studienabschluss und eine staatliche Genehmigung.
In Deutschland gibt es nur wenige Ärzte, die ayurvedische Medizin anbieten. Diese haben das Verfahren meist im Rahmen der Ausbildungsangebote der Vereinigung des Maharishi Ayurveda erlernt. Dort werden in wenigen Wochenendkursen und darauf aufbauenden Weiterbildungskursen die Grundzüge des Ayurveda vermittelt. Diese Angebote stehen nicht nur Ärzten, sondern auch Heilpraktikern und nicht ärztlichen Gesundheitsberatern zur Verfügung.
Ayurveda eignet sich hauptsächlich zur Vorbeugung und Frühbehandlung von Befindlichkeitsstörungen und funktionellen Beschwerden. Nach eigenem Verständnis soll jedoch jede Erkrankung mit ihm behandelt werden können.
So soll die ayurvedische Medizin etwa auch bei Asthma, Brandwunden, Herzrhythmusstörungen und Migräne wirksam sein. Produkte aus Weihrauch sollen ein spezielles Medikament bei Gelenkbeschwerden und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen sein.
Beim Maharishi Ayurveda werden praktisch alle Krankheiten in Kombination mit transzendentaler Meditation behandelt. Auch schwere und lebensbedrohliche Erkrankungen wie Krebs und Aids gehören dazu. Außerdem soll auf mit dem Maharishi Ayurveda der Alterungsprozess gebremst und alle Krankheiten günstig beeinflusst werde, die auf einem geschwächten Immunsystem beruhen.
Bei sehr geschwächten oder akut erkrankten Patienten sollte die Panchakarma-Kur nicht angewendet werden. Die Gegenanzeigen und Wechselwirkungen von ayurvedischen Arzneimitteln sind von deren Inhaltsstoffen abhängig. Die transzendentale Meditation sollte bei psychisch auffälligen Personen nur mit fachlicher Betreuung durchgeführt werden.
Während der Schwangerschaft sollte keine Panchakarma-Kur eingesetzt werden. Einige ayurvedische Medikamente sollten in diesem Zeitraum nicht eingenommen werden.
Für Angstzustände und Depressionen kennt der Ayurveda keine spezifische Behandlung. Er sollte bei diesen Erkrankungen daher nicht eingesetzt werden.
Werden ayurvedische Medikamente, die Schwermetalle und insbesondere Blei enthalten, bei Kindern angewendet, kann dies zu einer chronischen Bleivergiftung mit chronischen Nervenschäden und einer gestörten geistigen Entwicklung führen.
Einige Medikamente können die Verkehrstüchtigkeit beeinträchtigen. Ayurvedische Medikamente enthalten verschiedene Metalle. Bei Überdosierung oder der Einnahme über einen längeren Zeitraum können Vergiftungserscheinungen auftreten.
Über die Zuverlässigkeit ayurvedischer Diagnosemethoden sind keine aussagekräftigen Studien vorhanden. Sie sind deshalb „wenig geeignet", um Störungen und Krankheiten zu erkennen.
Bei einzelnen Therapieverfahren, etwa der ayurvedischen Arzneibehandlung bei Akne, Arthrose, Diabetes, Parkinsonkrankheit, rheumatoider Arthritis und Schlafstörungen, gibt es Hinweise auf eine therapeutische Wirksamkeit. Aufgrund der damit verbundenen Risiken fällt die Nutzen-Risiko-Abwägung eher negativ aus. Ayurveda ist zur Behandlung dieser Krankheiten „wenig geeignet".
Eine Wirksamkeit für das gesamte Medizinsystem konnte nicht nachgewiesen werden. Ayurveda ist somit zur Behandlung von Krankheiten und Störungen „nicht geeignet".
Letzte Aktualisierung am 06.08.2021.