Die Biochemie nach Schüßler ist eine auf der Homöopathie beruhende Heilmethode. Sie sieht Krankheiten als Ausdruck eines Mangels an Mineralstoffen, der durch die Einnahme von Salzen ausgeglichen werden soll.
Entwickelt wurde die Methode von dem Arzt Wilhelm Schüßler (1821 - 1898) 1874 aus der Homöopathie. Im Gegensatz zu dieser kam er jedoch mit nur 12 Mitteln (Funktionsmittel) aus. Diese wurden von seinen Nachfolgern um weitere Mittel, die sogenannten Ergänzungsmittel, erweitert.
Nach Schüßlers Tod wurden drei konkurrierende Verbände gegründet, die 1922 zum Biochemischen Bund Deutschlands zwangs-zusammengeschlossen wurden. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde dieser aufgelöst, jedoch 1946 bereits wieder neu konstituiert. Neben diesem wurden weitere Vereine in Deutschland und auch im Ausland gegründet.
Schüßler war der Meinung, dass ein Mensch gesund ist, wenn seine Zellen ausreichen mit Mineralstoffen versorgt werden und sich deren Moleküle ungehindert im Körper bewegen können. Wenn Zellen bei dem Bemühen, krankmachende Reize abzuwehren, Mineralstoffe verlieren, können sich deren Moleküle nicht mehr richtig bewegen. Dies hat zur Folge, dass der Mensch erkrankt.
Durch die Einnahme von Funktionsmitteln sollen die Mineralstoffe durch andere Mineralstoffmoleküle in die erkrankten Zellen gezogen werden und auf diese Weise heilend wirken. Die geringe Konzentration der Mittel lässt sich, laut Schüßler, darauf zurückführen, dass in natürlichen Prozessen Reaktionen auch nur zwischen Atomen, Atomgruppen und Molekülen stattfinden.
Alle Erkrankungen sind bei der Biochemie nach Schüßler in drei Gruppen unterteilt, die den verschiedenen Stadien einer Entzündung entsprechen. Diese sind das Sol-Stadium (entzündetes Gewebe sondert Flüssigkeit ab), das Gel-Stadium (abgesondertes Sekret ist fester) und Durus-Stadium (Gewebe ist verhärtet).
In der naturwissenschaftlichen Biochemie werden alle Lebensvorgänge als Reaktionen chemisch definierter Stoffe betrachtet. Die Mineralsalze spielen dabei eine wichtige Rolle für die Abläufe im Organismus, jedoch nicht in dem Maße, wie nach Schüßlers Meinung. Er interpretierte außerdem die chemischen und medizinischen Kenntnisse der damaligen Zeit höchst eigenwillig und zog Schlüsse, die auf keiner naturwissenschaftlichen Logik beruhen. So können beispielsweise nicht alle Krankheiten auf drei Entzündungsstadien zurückgeführt werden.
Für die Biochemie nach Schüßler ist eine spezielle Diagnose notwendig. Bei dieser wird die Erkrankung den Entzündungsstadien zugeordnet. Durch die Bestimmung der Konstitution des Patienten soll das geeignete Mittel gefunden werden.
Die Behandlung erfolgt mit den sogenannten Funktionsmitteln. Diese bestehen aus anorganischen Salzen, die nach homöopathischem Verfahren zu D3, D6 und D12 potenziert werden und als Tabletten oder seltener als Salben angewendet werden.
Die Anwendung der Salze erfolgt nicht nach dem Ähnlichkeitsprinzip der Homöopathie, sondern nach Regeln, die von Schüßler festgelegt wurden. Mit Hilfe einer Liste können die entsprechenden Salze für die verschiedenen Beschwerden gefunden werden. Erfahrene Anwender sollen am Gesichtsausdruck des Patienten das benötigte Mittel ablesen können.
Die Tabletten sollen langsam im Mund aufgelöst werden, damit die enthaltenen Salze im Mund ins Blut übergehen und nicht ungenutzt über den Verdauungstrakt ausgeschieden werden. Eine Ausnahme bildet Magnesium phosphoricum, das in heißem Wasser aufgelöst und schluckweise getrunken wird.
Anleitungen zur Selbstbehandlung mit Schüßler-Salzen geben beispielsweise Broschüren von Herstellerfirmen biochemischer Mittel oder Laienratgeber. Auch in viele Apotheken werden die Mittel zur Selbstbehandlung empfohlen.
Die Biochemie nach Schüßler wird von Ärzten und Heilpraktikern angewendet, die homöopathisch orientiert sind. Eine über die Homöopathie hinausgehende Ausbildung ist nicht notwendig.
Bei praktisch allen Erkrankungen sollen die Funktionsmittel Linderung verschaffen können. Heute werden sie jedoch meist ergänzend zur konventionellen Behandlung angewendet. Zu den Anwendungsgebieten gehören Abszesse, Bindegewebsschwächen, Bindehautentzündungen, Blutarmut, Drüsenschwellungen, Erkrankungen der Haare und Nägel, Erschöpfungszustände, Fettleibigkeit, Furunkel, Gelenkbeschwerden, Gicht, Hämorrhoiden, Hautausschläge, Ischiasbeschwerden, Karbunkel, Knochen- und Zahnerkrankungen, Koliken, Krämpfe, Leberleiden, Migräne, Nervenschwäche, Neuralgien, Rheuma, chronische Schleimhautentzündung, Schmerzen, Venenleiden und Wunden.
Die Gegenanzeigen von Schüßler-Salzen entsprechen denen für Mineralsalze an sich.
Es können zwischen Schüßler-Salzen der Potenz D3 und den herkömmlichen Medikamenten die gleichen Wechselwirkungen auftreten wie bei Mineralsalzen an sich.
Bei einer unzureichenden Nierenfunktion kann die Ausscheidung von Kalium und Calcium verringert sein und es kann zu einer Gefährdung kommen.
Werden ärztlich verordnete Medikamente während der Behandlung mit Schüßler-Salzen in ihrer Dosierung verringert oder abgesetzt, kann dies zu gesundheitlichen Risiken führen.
Zu der Wirksamkeit der Biochemie nach Schüßler sind keine wissenschaftlichen Studien vorhanden. Da das Risiko eher gering ist, fällt die Nutzen-Risiko-Abwägung negativ aus. Die Therapie ist zur Behandlung von Krankheiten „nicht geeignet".
Letzte Aktualisierung am 13.09.2021.