Die Eigenbluttherapie bezeichnet ein Verfahren, bei dem Patienten eine bestimmte Menge Blut entnommen wird und unverändert oder in veränderter Form wieder injiziert wird. Dies soll eine Abwehrreaktion auslösen und somit die Selbstheilung anregen.
Ihren Ursprung hat die Eigenbluttherapie in den Experimenten des englischen Arztes William Highmore 1874 und Novotny 1912. Sie versuchten, mit Blutinjektionen Entzündungen und die Neigung zu Infektionen zu behandeln. Im Jahr 1913 entwickelte der Hautarzt Spiethoff schließlich eine standardisierte Methode, die im Laufe der folgenden drei Jahrzehnte sehr populär wurde. Bei zahlreichen Erkrankungen wurden Erfolge berichtet. So wurden etwa Syphilis, Tuberkulose, Herz-Kreislauf-, Haut- und Augenkrankheiten sowie orthopädische und gynäkologische Leiden bis hin zu Krebs mit der Eigenbluttherapie behandelt.
Eine Behandlung des Blutes vor der Injektion sollte seine Wirkung verstärken. Es wurde beispielsweise eingefroren und wieder aufgetaut, Hitze ausgesetzt, Blutgerinnungsfaktoren oder rote Blutkörperchen wurden entfernt, mit Sauerstoff oder Ozon aufgeschäumt und mit UV-Licht bestrahlt. Aus den letzteren Methoden sind die Oxidationstherapie und die Ozontherapie entstanden. Schließlich wurden dem Blut auch verschiedene Medikamente und Lösungsmittel hinzugefügt.
Die Eigenbluttherapie spielt in der konventionellen Therapie mittlerweile keine Rolle mehr und sollte nicht mit der Eigenblutspende und verschiedenen Dialyseverfahren verwechselt werden. Heute wird sie überwiegend von Heilpraktikern angewendet.
Die Eigenblutbehandlung beruht auf dem Gedanken, dass körpereigene Stoffe den Organismus zu einer verstärkten Abwehr anregen können. Durch die Injektion entsteht an der Einstichstelle eine Entzündungsreaktion, die Körpertemperatur steigt an und Stoffwechsel, Immunsystem und vegetatives Nervensystem werden günstig beeinflusst.
Die Wirkung der Eigenbluttherapie wurde 1930 als „vegetative Gesamtumschaltung" bezeichnet, da der Sympathikus, ein Teil des vegetativen Nervensystems, der die Vitalsysteme regelt, auf den Reiz in Form der sogenannten Kampfphase reagiert. Daraufhin wird der Parasympathikus, der zweite Teil des vegetativen Nervensystems, aktiviert, der mit der Erholungsphase reagiert.
Die Sonderformen der Eigenbluttherapie beruhen auf verschiedenen anderen Konzepten. Sie haben jedoch die Annahme gemeinsam, dass die Befügungen, Verschüttelungen und Potenzierungen des Blutes seine Reizwirkung verstärken. Teilweise wird auch angenommen, dass durch die Behandlung vermehrt Krankheitsstoffe und Giftstoffe ausgeschieden werden.
Für die Theorie der Umstimmung mittels Eigenblut gibt es keine naturwissenschaftlich plausible Erklärung. Ebenso gibt es keinen Beleg dafür, dass ein Reiz eine spezifische Reaktion des vegetativen Nervensystems hervorruft. Die Vorstellungen, dass der Körper anhand des injizierten Eigenbluts krankmachende Stoffe erkennen, oder dass Verschüttelungen oder Verdünnungen des Blutes eine Entgiftung und somit heilende Wirkung auslösen, sind wissenschaftlich nicht plausibel.
Grundlage der Diagnose ist in der Regel die Anamnese und eine körperliche Untersuchung. Zum Teil wird das Eigenblut auch zur Klärung des Krankheitsbildes eingesetzt. Die Reaktion auf die Injektion soll Rückschlüsse auf die Krankheit zulassen.
Bei der eigentlichen Eigenbluttherapie werden dem Patienten 0,5 bis 5 mL aus der Vene entnommen und direkt wieder gespritzt. Am häufigsten wird es in den Muskel, manchmal aber auch unter die Haut, injiziert. Auch in Akupunktur oder die sogenannten Triggerpunkte, seltener Arterien, kann das Blut gespritzt werden.
Bei akuten Erkrankungen erfolgt die Injektion im Abstand von zwei Tagen, während bei chronischen Krankheiten zunächst zweimal wöchentlich zwei Spritzen, später eine und auf lange Sicht aller vierzehn Tage eine Spritze verabreicht wird. Verdünntes Blut in Form von Nosoden wird eingenommen. Diese kommen meist bei Kindern mit chronischen Krankheiten zum Einsatz.
Dem Eigenblut können vor der Behandlung verschiedene Mittel, wie Homöopathika, Mistel- oder Echinacea-Extrakt, destilliertes Wasser, Prokain oder Chelatbildner zugefügt werden. Auch eine Bestrahlung mit UV-Licht oder Kurzwellen kann durchgeführt werden. Weitere Varianten sind das Aufschäumen mit Sauerstoff oder Ozon oder das Verschütteln mit Wasserstoffperoxid und destilliertem Wasser.
Die Eigenbluttherapie wird hauptsächlich von Heilpraktikern angewendet, die sie während der Ausbildung an Heilpraktikerschulen erlernen können. Im Rahmen des Studiums zum Arzt wird die Methode im Bereich der Naturheilkunde gelehrt.
Die Anwendungsgebiete der Eigenbluttherapie sind vielfältig. Sie wird bei allgemeiner Altersschwäche, Allergien, körperlichem und geistigem Leistungsabfall, verzögerter Rekonvaleszenz, chronischen Entzündungen, wiederkehrenden Infektionen, chronischen Krankheiten der Haut, des Bewegungsapparates und der Atemwege, degenerativen Krankheiten, Rheuma, Beschwerden im Klimakterium (Schlaflosigkeit und depressive Zustände), Stoffwechsel- und Durchblutungsstörung und zur Krebsnachsorge angewendet.
Ebenfalls eingesetzt wird die Eigenbluttherapie zur Anregung des Appetits und der Drüsentätigkeit und um die Wirkung von Medikamenten zu verstärken und somit ihre Dosis reduzieren zu können. Sie soll bei gesunden Menschen das Immunsystem stärken und somit Erkältungskrankheiten vorbeugen.
Die Eigenbluttherapie sollte nicht bei Gerinnungsstörungen angewendet werden. Bestehen schwere Leber- oder Nierenschäden oder eine Überfunktion der Schilddrüse, darf sie nicht eingesetzt werden. Auch bei schweren akuten Erkrankungen und nicht behebbaren Schäden sollte die Methode nicht angewendet werden. Wird das Eigenblut mit Zusatzstoffen versetzt, sind die Gegenanzeigen dieser Mittel zu beachten. Bei einer gleichzeitigen Einnahme von Arzneimitteln, die das Immunsystem hemmen, kann deren Wirkung gestört werden.
Bei der Eigenbluttherapie kann es zu einer sogenannten Erstverschlimmerung kommen, die sich etwa durch leicht erhöhte Temperatur, Ermüdung, erhöhtes Schlafbedürfnis und verstärktes Krankheitsgefühl äußert. Dies gilt als gewünschte Abwehrreaktion. Eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes kann dadurch jedoch nicht rechtzeitig erkannt werden und eine notwendige konventionelle Behandlung versäumt werden.
Es können Nesselausschlag, Schwindel, Kopfschmerzen, Fieber, Herzklopfen und lebensbedrohliche Schockzustände auftreten. Zudem können sich an der Einstichstelle Abszesse bilden, eine Blutvergiftung und Embolien auftreten.
Tritt nach der Behandlung mit Eigenblut Müdigkeit auf, sollten keine Fahrzeuge gelenkt, keine Maschinen bedient und keine Arbeiten ohne sicheren Halt durchgeführt werden.
Die Wirkung bei atopischen Ekzemen zur Verbesserung der Hauterscheinung ist mit Einschränkungen durch Studien belegt. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind bei richtiger Anwendung selten. Die Nutzen-Risiko-Abwägung fällt daher positiv aus und die Eigenbluttherapie ist für diese Behandlung „geeignet".
Es gibt Hinweise auf die Wirksamkeit bei Stimulation des Abwehrsystems. Die Studien weisen jedoch Mängel auf und somit fällt die Nutzen-Risiko-Abwägung eher negativ aus. In diesen Fällen ist die Methode „wenig geeignet".
Bei allen anderen genannten Anwendungen gibt es keine Belege für die Wirksamkeit. Daher fällt die Nutzen-Risiko-Abwägung eher negativ aus und die Eigenblutbehandlung ist für diese Anwendungsbereiche „nicht geeignet".
Letzte Aktualisierung am 13.09.2021.