Fasten ist der freiwillige Verzicht auf feste Nahrung sowie Genussmittel für eine gewisse Zeit. Dadurch soll eine „innere Reinigung" erfolgen. Erfolgt das Fasten in einem medizinischen Rahmen, soll es sich positiv auf die Gesundheit auswirken.
Im Laufe der Zeit haben sich zwei verschiedene Fastenkulturen etabliert. So ist das Fasten einerseits ein Bestandteil des religiösen Lebens. Beispielsweise wird im Christentum vor Ostern gefastet, während es im Islam während des Ramadan als Übung des religiösen Gehorsams dient. In vielen Religionen dient das Fasten zudem dazu, den Geist für spirituelle und religiöse Erfahrungen vorzubereiten.
Das Fasten wird außerdem auch in der Medizin als therapeutische Methode eingesetzt. Schon zu den Zeiten von Hippokrates wurden auf diese Weise körperliche und geistige Erkrankungen behandelt. Als Pionier des Heilfastens gilt der deutsche Arzt Otto Buchinger (1882 - 1970). Er entwickelte ein Konzept der stationären Behandlung, in dessen Mittelpunkt das Heilfasten stand. Es umfasste jedoch auch andere Naturheilverfahren, wie Wasseranwendungen, Bewegung und Pflanzenheilkunde.
Verschiedene Einrichtungen haben sich in Deutschland auf das stationär durchgeführte Heilfasten spezialisiert. Es wird zudem in einigen Krankenhäusern mit einer Abteilung für Naturheilverfahren angeboten.
Eine weitere Form des Fastens ist die sogenannte Null-Diät. Sie wird praktiziert, um schnell Gewicht zu verlieren und hat somit eine andere Zielsetzung als das Heilfasten.
Beinahe jedes Lebewesen kann für eine gewisse Zeit auf die Nahrungsaufnahme verzichten und nur von den im Körper gespeicherten Nährstoffen leben. Diese Fähigkeit wird beim Heilfasten eingesetzt, um neue Erfahrungen zu machen oder Prozesse des Körpers zu beeinflussen. Wird das Fasten richtig eingesetzt, bleibt die Leistungsfähigkeit erhalten und es entwickelt sich kein Hungergefühl, das den Alltag beeinträchtigt.
Die Auswirkungen, die das Fasten auf die Vorgänge des Stoffwechsels, des Hormon-, Nerven- und Immunsystems hat, können anhand bekannter Abläufe im Körper erklärt werden. Allerdings werden dem Fasten auch Effekte nachgesagt, die auf speziellen Vorstellungen beruhen. So sollen bei Übergewichtigen bestimmte Eiweiße im Bindegewebe abgelagert sein, die es verdicken. Dadurch sind die Sauerstoffversorgung der Zellen und der Abtransport der Stoffwechselprodukte gehemmt. Durch das Fasten werden diese Eiweiße abgebaut und somit die Durchblutung verbessert.
Zudem soll sich das Fasten positiv auf Krankheiten auswirken, an denen das Immunsystem beteiligt ist. Dieses wird entlastet, wenn es nicht mit den Eiweißen beschäftigt ist, die üblicherweise über die Nahrung dem Körper zugeführt werden. Auch wird angenommen, dass durch den Mangel an Eiweißen dem Körper das Baumaterial für Antikörper, die dem Körper schaden, fehlt. Auf diese Weise wird die positive Wirkung des Fastens auf Autoimmunerkrankungen wie Rheuma erklärt.
Die häufig zusätzlich zum Fasten eingesetzten Abführmaßnahmen sollen beispielsweise dazu dienen, Befindlichkeitsstörungen zu verhindern, die durch die weiterhin in den Darm abgegebene Gallenflüssigkeit verursacht werden. Zudem soll dadurch verhindert werden, dass abgestorbene Darmbakterien mit Giftstoffen den Körper belasten.
Das Konzept des Heilfastens beruht auf wissenschaftlichen Grundlagen. So kann etwa nachgewiesen werden, dass bei einer fehlenden Nahrungszufuhr der Körper den Stoffwechsel umstellt und die notwendigen Nährstoffe aus Reserven bezieht. Hierbei produziert zuerst die Bauchspeicheldrüse weniger Insulin und mehr von dem Hormon Glukagon. Dies regt die Leber an, ihren Zuckerspeicher zu leeren. Etwa ab dem zweiten Fastentag wird das Fettgewebe mobilisiert und Eiweiße für die Zuckergewinnung abgebaut. Der Eiweißverbrauch ist zunächst recht hoch, bis sich die Organe darauf eingestellt haben, Fettabbauprodukte für den Energiebedarf zu nutzen. Wird nach dem Aufbrauchen der Fettreserven weiter gefastet, wird das restliche Eiweiß recht schnell abgebaut, was zum Tod führen kann.
Die positiven Effekte des Eiweißabbaus auf die Durchblutung des Bindegewebes und das Immunsystem sind wissenschaftlich nicht abgesichert. Auch die Erklärungen für das Durchführen der Abführmaßnahmen beruhen auf keiner wissenschaftlichen Grundlage.
Je nach Phase des Fastens kann es zu einer unterschiedlich schnellen Gewichtsabnahme komme. Anfangs verlieren die Fastenden relativ rasch an Gewicht, da viel Wasser ausgeschieden wird. Der Gewichtsverlust reduziert sich später jedoch, da sich der Energieumsatz verringert und der Stoffwechsel verlangsamt.
Auch der Einfluss des Fastens auf die Stimmung kann wissenschaftlich erklärt werden. Durch einen Adrenalinschub, der durch den leeren Magen und den sinkenden Blutzuckerspiegel hervorgerufen wird, sind die Fastenden anfangs aufgekratzt und aktiv. Später verlangsamt sich jedoch der Puls und der Blutdruck singt, was zu Ruhe und Entspannung führt. Bei Einigen wirkt das Fasten zudem antidepressiv. Eine Erklärung hierfür ist die Beeinflussung der Konzentration der Botenstoffe im Gehirn. An den Nervenenden kann durch das Fasten mehr von dem Botenstoff Serotonin wirken, das eine harmonisierende Wirkung besitzt. Auf diese Weise wirken auch Antidepressiva.
Zusätzlich wirkt Fasten auch normalisierend auf den Kortisolgehalt im Blut. Ist dieser etwa durch Stress erhöht, sinkt er beim Fasten. Andererseits wird er erhöht, wenn er zu gering ist, was etwa bei Menschen, die keine Gefühlsregung zeigen, der Fall ist. Dieser Effekt tritt jedoch nur bei freiwilligem Verzicht auf Nahrung und nicht bei erzwungenem Hungern auf.
Vor dem Fasten sollte eine körperliche Untersuchung von einem Arzt durchgeführt werden, der beurteilt, ob es Einwände gibt. So ist etwa totales Fasten nur für Menschen geeignet, die gesund sind und keine Medikamente einnehmen.
Die Untersuchung sollte eine körperliche Untersuchung, die Bestimmung des Blutbildes, Blutzuckers, der Elektrolyte und Harnsäure im Blut, der Leber- und Nierenwerte und der Konzentration des Hormons Thyreotropin (TSH), das die Schilddrüse stimuliert, beinhalten. Außerdem sollte ein Belastungs-EKG durchgeführt werden, um den Zustand des Herzens zu bestimmen.
Sollen Krankheiten vorgebeugt oder behandelt werden, kann das Fasten ambulant oder stationär durchgeführt werden. Beim ambulanten Fasten wird der Fastende von einem niedergelassenen Arzt betreut, während das stationäre Fasten in einer Klinik stattfindet. Die zweite Methode ist besonders effektiv, da mehrere verschiedene Maßnahme dazu anregen, den Lebensstil zu ändern. In der Regel läuft eine Fastenkur so ab, dass der Körper einen Tag vorher mit kalorienreduzierter Nahrung auf das Fasten vorbereitet wird. Gleichzeitig wird auf Kaffee, Tee, Alkohol und Nikotin verzichtet. Zudem wird mit körperlicher Bewegung begonnen und Ruhezeiten eingeführt. Am ersten Fastentag wird eine Glaubersalzlösung getrunken, die abführend wirkt. Diese Prozedur wird jeden zweiten Tag in Form von Einläufen mit körperwarmen Wasser oder Kamillentee wiederholt. Es müssen außerdem täglich mindestens 2,5 L kalorienarme Flüssigkeit getrunken werden.
Um die Ausscheidungsvorgänge der Leber anzuregen, werden während der Mittagsruhe feuchtkalte Leberwickel eingesetzt. Die Ausscheidungsaktivität von Lunge und Haut wird durch regelmäßige Bewegung wie Atemtherapie, Ausdauertraining, Feldenkrais, Gymnastik, Wandern und Schwimmen gefördert. Je nach Bedarf kommen auch physikalische Anwendungen wie Massage oder Wasseranwendungen zum Einsatz. Zur Entspannung werden autogenes Training und Yoga angeboten. Zu einer Fastentherapie gehört ebenso der Austausch mit anderen Menschen und geleitete Gespräche in Gruppen. Dadurch soll der Fastende zu neuen Einsichten gelangen.
Laut Anhängern des Heilfastens beträgt die ideale Dauer zwei bis vier Wochen. Sie ist jedoch von der Verfassung des Fastenden abhängig. Übergewichtige sollen auch länger fasten können. Während des Fastenbrechens werden mittags ein reifer Apfel und abends eine Kartoffelsuppe gegessen. In den folgenden drei Tagen wird die Ernährung nach und nach auf vegetarische Kost, die Eier und Milchprodukte beinhaltet, umgestellt. Es wird empfohlen einmal jährlich zu fasten.
Verschiedene Varianten des Fastens haben sich im Laufe der Zeit entwickelt und etabliert. Sie unterscheiden sich durch bestimmte Nahrungsmittel oder Getränke, die nicht kalorienfrei sind und aufgenommen werden dürfen.
Hier wird zusätzlich zu den 2,5 L Flüssigkeit täglich ¼ L Gemüsebrühe oder Obstsaft getrunken. Zudem dürfen die Getränke mit insgesamt 30 g Honig gesüßt werden. Der Fastende nimmt dadurch etwa 500 Kalorien täglich auf.
Bei dieser Form des Fastens wird zusätzlich zu den 2,5 L Wasser täglich ein Quantum Buttermilch oder Molke getrunken. Hierdurch muss nicht völlig auf Eiweiß verzichtet werden und der Eiweißverlust des Körpers ist begrenzt. Eiweißmodifizierte Formula-Diäten: Zusätzlich zu den 2,5 L Wasser täglich wird ein Getränk, das aus einem industriell hergestellten Pulver angerührt wird, getrunken. Dieses enthält Eiweiß, Kohlenhydrate, Vitamine und Mineralstoffe.
Die Mayr-Kur ist eine 4-wöchige Fastenkur, die nach dem österreichischen Arzt F.X. Mayr benannt ist. Sie beginnt mit einigen Tagen Tee-Wasser-Fasten, auf das die Milch-Semmel-Diät folgt. Hier wird morgens und mittags ein altbackenes Brötchen mit Milch gegessen. Den Abschluss bildet die Ableitungsdiät, bei der kleine Mengen mageres Fleisch oder Fisch und fettfrei zubereitetes Gemüse gegessen werden. Die Kur beinhaltet zudem tägliche Bauchmassagen, mittags feuchtwarme Leberwickel, Spaziergänge und Gymnastik.
Gesunde Menschen können auch ohne einen medizinischen Zweck zu verfolgen über einen kürzeren Zeitraum finden. Anleitungen hierzu gibt es beispielsweise in Büchern. Der Fastende sollte sich jedoch von einem nicht ärztlichen Fastenleiter, besser jedoch einem Fastenarzt, betreuen lassen. Ohne ärztliche Betreuung sollte das Fasten maximal fünf bis sieben Tage dauern.
Eine Weiterbildung zum Fastenarzt für Ärzte wird von der Ärztegesellschaft für Heilfasten und Ernährung in Zusammenarbeit mit anderen Vereinigungen angeboten. Bescheinigt wird die Teilnahme mit einem Zertifikat. Dieses berechtigt den Arzt, ambulante Fastentherapien zu leiten.
Verschiedene andere Institutionen bilden nicht ärztliche Fastenleiter aus. Diese können dadurch Menschen, die fasten wollen, betreuen. Eine Zusammenarbeit des Fastenleiters mit Ärzten ist hierbei wünschenswert.
Da das Fasten in alle Stoffwechselvorgänge und viele Organfunktionen eingreift, soll es zahlreiche Erkrankungen und seelische Befinden beeinflussen. Beispielsweise kann die Reduktion des Gewichtes zu einer Verbesserung vieler Beschwerden führen. Zudem werden die Risikofaktoren für verschiedene Erkrankungen wie erhöhte Blutfett- und Cholesterinwerte, hoher Blutdruck und erhöhter Insulinspiegel verringert.
Auch bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes, rheumatischen Erkrankungen, vor allem rheumatoider Arthritis, Gelenkbeschwerden, Schmerzerkrankungen, Migräne, Magen-Darm-Erkrankungen, Allergien und Hauterkrankungen wird das Fasten eingesetzt. Außerdem soll es die Abwehrkräfte stärken.
Bei Herzrhythmusstörungen, koronaren Herzkrankheiten, Diabetes und hohem Blutdruck sollte nicht gefastet werden. Das Fasten kann die Wirkung von Medikamenten beeinflussen und zu ungewünschten Reaktionen führen. In diesem Fall sollte ein Arzt aufgesucht werden.
Kinder und ältere Menschen sollten nicht fasten. Auch in der Schwangerschaft und Stillzeit darf nicht gefastet werden.
Die häufigsten Risiken treten bei dem totalen Fasten auf. Aber auch bei den Varianten, bei denen weiter Nährstoffe dem Körper zugeführt werden, können Risiken und Nebenwirkungen auftreten. Diese sind etwa:
Nach dem Fasten kann der sogenannte Jojo-Effekt eintreten und zu einer Erhöhung des Gewichts führen.
Bei psychisch labilen Personen kann das Fasten zu einer Essstörung führen. Besonders Jugendliche sind hier besonders gefährdet, da sie leichter beeinflussbar sind und ihr Körper schneller auf das Fasten mit der Regulierung des Botenstoffs Serotonin reagiert.
Der hohe Eiweißverlust in den ersten beiden Fastenwochen kann den Herzmuskel stark belasten und bei vorheriger Erkrankung zum Tod führen.
Wird über eine kurze Zeit gefastet, treten zahlreiche Effekte auf. Diese sind jedoch medizinisch wenig relevant, da sie nur kurzzeitig auftreten wenn keine dauerhafte Ernährungsumstellung stattfindet. Das Fasten hat somit keine Auswirkungen auf bestehende Krankheiten und Störungen wie rheumatoide Arthritis und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Totales Fasten birgt zudem zahlreiche Risiken. Diese sind bei den Varianten, bei denen wichtige Nährstoffe dem Körper zugeführt werden, geringer. Die Nutzen-Risiko-Abwägung fällt jedoch insgesamt negativ aus und Fasten ist zur Behandlung von Krankheiten und Störungen „nicht geeignet".
Letzte Aktualisierung am 13.09.2021.