Die Geistheilung ist eine Methode der Alternativmedizin, bei Krankheiten durch besondere Energien oder Geisteskräfte behandelt oder gelindert werden sollen. Der Geistheiler bezieht hierbei seine Kraft aus dem Glauben an eine höhere Macht und dient als Mittler zwischen der diesseitigen und der jenseitigen Welt. Verwandte Verfahren sind etwa Handauflegen, Fernheilung, Gesundbeten, Channeling und Reiki.
Der Glaube an die heilende Kraft von Zaubersprüchen, magischen Praktiken, Kraftorten und Gegenständen kann bis in die Frühzeit der Medizingeschichte zurückverfolgt werden. Beispiele hierfür sind etwa der Asklepioskult im antiken Griechenland und der Heiligenkult und der Exorzismus im Mittelalter.
Eine neue Strömung des Spiritualismus entstand gegen Ende des 19. Jh. In Seancen wurden hier Gedankenübertragung und Fernheilung probiert. Auch kombinierten viele Heiler die spiritistischen Ansätze und kombinierten sie mit der frühen Form der Magnettherapie. Seit dem 20. Jh. berufen sich viele Geistheiler, analog zu physikalischen Entdeckungen, auf geheimnisvolle Strahlen und Kräfte. Teilweise bildeten sich um diese Heiler sektenähnliche Gemeinschaften.
In den 1960er Jahren entwickelte sich der sogenannte Neoschamanismus. Diese verbindet magische, naturphilosophische und religiöse Praktiken mit außereuropäischen Techniken. Heute werden zur Orientierungshilfe, Sinnsuche und als Mittel zur Veränderung alle Formen der Geistheilung angewendet.
Das Konzept der Geistheilung beruht auf der Vorstellung, dass eine spezielle Kraft durch den Heiler auf den Patienten übertragen wird. Zudem wird angenommen, dass durch das richtige, magische Handeln Böses gebannt und Krankheiten geheilt werden können. Die Geistheiler sehen sich selbst als Medien für den göttlichen Willen, eine höhere Macht oder eine kosmische Kraft. Außerdem berufen sich manche Geistheiler auch auf ihre eigenen parapsychologischen oder Psi-Kräfte, durch die sie allein mit der Kraft ihrer Gedanken Veränderungen in der materiellen Welt hervorrufen können.
Bei der Geistheilung wird das Böse und Krankmachende symbolisch entfernt. Dadurch, dass etwa eine Krise provoziert wird, soll der Patient in die Lage versetzt werden, aus der passiven Leidenshaltung in die aktive Bereitschaft zur Selbstheilung zu gelangen. Die dazu notwendig Bewusstseinserweiterung muss von dem Hilfesuchenden selbst ausgehen. Nur durch diesen individuellen Lernprozess kann die Geistheilung nach Meinung vieler Heiler funktionieren.
Gebet, Segen oder eine Heiligenstatue können in Verbindung mit mitfühlenden Angehörigen von Gläubigen als Trost empfunden werden. Dies kann zu einer Neuorientierung führen, auch wenn sie zu keiner Heilung führt. Im Vordergrund steht hierbei die Erlangung von Heil im religiösen Sinn.
Die Geistheilung stellt meist eine außergewöhnliche und beeindruckende Situation dar, die eine erhebliche Erwartungshaltung oder Erschütterung beim Patienten hervorruft. Gemeinsam mit der Zuwendung durch den Heiler kann sie einen Placebo-Effekt hervorrufen und zu einer Linderung der Erkrankung führen. Eine ebenso wichtige Rolle bei der Geistheilung spielen Spontanheilungen. Diese lassen sich darauf zurückführen, dass viele Beschwerden und Krankheiten von allein zurückgehen.
Für universelle, übernatürliche Energien und besondere Kräfte gibt es keinen wissenschaftlichen Nachweis. Auch dass magische Praktiken Kräfte aus dem Jenseits oder das Schicksal beeinflussen, konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Das Konzept der Geistheilung ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht plausibel.
Meist besprechen die Heiler mit dem Patienten dessen Beschwerden und die konventionelle medizinische Diagnose. Nur wenige Geistheiler stellen selbst eine Diagnose, etwa indem sie den Körper des Patienten mit den Händen untersuchen. Sie schließen von der gespürten Wärme oder der erfühlten Energie auf Krankheitszustände oder eventuelle Energie-Blockaden. Manche Heiler stellen eine Diagnose anhand der Aura mithilfe des sogenannten Aura-Readings.
Die Geistheilung findet entweder im Liegen oder im Sitzen statt. Der Heiler legt seine Hände auf die vermuteten kranken Körperstellen des Patienten oder streicht in geringem Abstand über die schmerzenden Körperpartien. Durch Konzentration versucht der Geistheiler eine höhere Kraft auf den Patienten zu übertragen.
Die Streichungen können auch durch Gegenstände wie etwa Steine oder Magneten durchgeführt werden. Manche Geistheiler geben dem Patienten zusätzlich rituell gereinigtes Wasser und selbst hergestellte Mittel zum Einnehmen oder Einreiben. Oft wird zu mehreren Wiederholungen der Behandlung geraten.
Eine Ausbildung für Geistheiler gibt es nicht. Sie stammen aus allen Bevölkerungsschichten und Berufsgruppen und haben oft durch einen Schock, eine schwere Krankheit oder besondere Erlebnisse ihre Heilkraft entdeckt.
In Deutschland sind viele Heiler im Dachverband für geistiges Heilen (DGH) zusammengeschlossen. Dieser gibt Statuten für verantwortungsvolles Handeln und Richtlinien für die Anerkennung als Heiler vor.
Zur Behandlung von Krankheiten benötigen Geistheiler eine Zulassung als Arzt oder Heilpraktiker.
Die Geistheilung kennt keine Anwendungsbereiche im medizinischen Sinn. Oft wird nur angegeben, dass die Heiler das Wohlbefinden seiner Kunden und deren Selbstheilungskräfte unterstützen möchte. Trotzdem kann es vorkommen, dass Heilversprechen zu verschiedenen Krankheiten gemacht werden. Besonders an Menschen mit emotionalen Problemen, chronischen Schmerzen und lebensbedrohlichen Krankheiten richten sich diese Versprechen.
Die Geistheilung sollte besonders bei psychischen Erkrankungen nicht eingesetzt werden, da es zu einem erneuten Krankheitsausbruch kommen kann.
Da viele Geistheiler kaum medizinische Kenntnisse haben, können Krankheiten nicht erkannt werden und eine notwendige Behandlung nicht oder zu spät eingeleitet werden. Außerdem ist es möglich, dass sich die Symptome der zu behandelnden Krankheit verschlechtern können.
Zwar können bei der Geistheilung Placebo-Effekte auftreten, insgesamt konnte eine therapeutische Wirksamkeit bei keiner Erkrankung und für keine Therapieform nachgewiesen werden. Risiken treten selten auf, trotzdem fällt die Risiko-Nutzen-Abwägung negativ aus. Die Geistheilung ist somit zur Behandlung von Erkrankungen „nicht geeignet".
Letzte Aktualisierung am 13.09.2021.