Die Homöopathie (griech. ähnliches Leiden) ist ein Verfahren der Alternativmedizin. Hierbei werden Krankheiten mit Arzneimitteln behandelt, die bei gesunden Menschen ähnliche Beschwerden und Symptome hervorrufen wie die zu behandelnde Krankheit.
Entwickelt wurde die Homöopathie von dem deutschen Arzt Samuel Hahnemann (1755-1843). Dieser stand der zeitgenössischen Behandlung von Erkrankungen kritisch gegenüber und empfand die Wahl der Medikamente und Behandlungsmethoden als willkürlich. Er widmete sich daraufhin chemischen Studien und studierte medizinische Bücher. In einem Selbstversuch mit dem Malariamittel Chinarinde entdeckte er, dass diese malariaähnliche Symptome bei ihm auslöste. Weitere Selbstversuche und Versuche an Familienmitgliedern und Freunde folgten. Aus seinen Beobachtungen entwickelte Hahnemann seine Theorie, dass Ähnliches durch Ähnliches geheilt wird.
Zunächst war die Homöopathie hauptsächlich in Deutschland und Frankreich verbreitet. Etwa 1900 erlebte sie in den USA ihre Blütezeit, das Interesse ebbte jedoch bald ab. Heute wird die Homöopathie vor allem in Europa, Indien und Teilen Lateinamerikas angewendet.
Mittlerweile haben sich verschiedene Richtungen der Homöopathie etabliert, die sich in der Vorstellung von Krankheitsursachen, Art der Diagnose und Art der Behandlung unterscheiden:
Die klassische Homöopathie arbeitet nach den Regeln, die von Hahnemann vorgegeben wurden. Behandelt wird hier nicht eine definierte Erkrankung, sondern die „verstimmte Lebenskraft" des Patienten. Diese äußert sich etwa in Stimmung und körperlichen Empfindungen, die für den individuellen Menschen in bestimmten Situationen auftreten. Die Behandlung erfolgt über einen längeren Zeitraum mit nur einem homöopathischen Mittel. Dieses besitzt eine hohe Potenzierung und wird nur selten verabreicht.
Die Organotrope Homöopathie wird häufig bei akuten Organerkrankungen angewendet. Diese werden in der Regel auf konventionelle Weise diagnostiziert. Bei dieser Methode ist die Behandlung weniger individualisiert und umfasst nur selten chronische Erkrankungen. Die Auswahl der Medikamente erfolgt über die Ähnlichkeit der erkrankten Organe und den Beschreibungen der homöopathischen Mittel. Hierbei handelt es sich meist um Tiefenpotenzen, die mehrmals täglich eingenommen werden. Diese Form der Homöopathie wird auch als Selbstbehandlung empfohlen.
Bei der Komplexmittel-Homöopathie werden fixe Kombinationen mehrerer Einzelmittel eingesetzt. Diese sind meist niedrig potenziert und ihre Potenzstufen können gleich, aber auch unterschiedlich sein. Im Gegensatz zu den Einzelmitteln benennen Komplexmittel oft konkrete Anwendungsgebiete.
Das Konzept der Homöopathie beruht auf Hahnemanns Ähnlichkeitsregel. Diese besagt, dass Ähnliches mit Ähnlichem geheilt werden kann. Demnach erfolgt die Wahl des geeigneten Heilmittels nach seinem Arzneimittelbild, das den Symptomen und Beschwerden der zu behandelnden Krankheit möglichst ähnlich ist. Dieses Arzneimittelbild ist für jedes Medikament unterschiedlich und wird in einer speziellen Prüfung ermittelt. Hierbei nehmen möglichst viele gesunde Menschen die stark verdünnte Prüfsubstanz ein und beschreiben anschließend ihre Beschwerden, Symptome und Befindlichkeiten.
Das starke Verdünnen der Arzneimittel nannte Hahnemann Dynamisieren. Die erhaltenen Lösungen nannte er Potenzen, da er der Meinung war, dass durch dieses Verschütteln ihre Wirksamkeit noch verstärkt wird. Eine obere Grenze für die Wirksamkeit der Mittel gibt es nach Meinung der Homöopathen nicht. Zudem geht die Homöopathie davon aus, dass die Auswahl des richtigen Mittels wichtiger ist als deren Dosierung. So sollen die Hochpotenzen eine besonders lang anhaltende und tiefe Wirkung besitzen.
Die Wirkung der Homöopathie wird damit erklärt, dass sich zwei Krankheiten, die die gleichen Symptome aber unterschiedliche Ursachen besitzen, gegeneinander aufheben. Durch die Wahl des richtigen Heilmittels wird eine zweite Erkrankung hervorgerufen, die die erste Erkrankung auslöscht. Später wurde versucht, die Wirkung der Hochpotenzen mit naturwissenschaftlichen Mitteln zu begründen. Demnach wird bei dem Verschütteln dem Arzneistoff und dem Lösungsmittel Energie zugeführt. Es findet eine Übertragung der Informationen des Arzneistoffs auf das Lösungsmittel statt. Dieses hält die Informationen fest, vervielfältigt und verstärkt sie.
Hahnemann sah Krankheiten als Ausdruck chronischen Krankseins, dessen Ursache ein Urübel sei. Dieses unterteilte er in drei Krankheitstypen, die Miasmen (griech. etwas Beschmutztes, Beflecktes). Die Miasmen beginnen zunächst mit Hautveränderungen, zu denen funktionelle Störungen hinzukommen und schließlich bricht eine ernste Krankheit aus.
Das Konzept ist wissenschaftlich nicht plausibel. Die Grundlagen des Ähnlichkeitsprinzips sind vielfach kritisiert worden, da Hahnemanns Beobachtungen bei seinen Versuchen bisher nicht reproduziert werden konnten. Zudem fand keine Placebokontrolle statt. Die Prüfer testeten die Mittel häufig an sich selbst und meist war ihnen das zu testende Mittel bekannt. Sie konnten daher die für sie passenden Symptome herausfiltern.
Die von der Homöopathie genannten Ursachen für Erkrankungen entsprechen nicht dem heutigen Wissensstand.
Die Wirksamkeit der Homöopathie bei Tiefpotenzen kann auf die enthaltenen Wirkstoffe der Ausgangssubstanzen zurückgeführt. Hochpotenzen sind jedoch so stark verdünnt, dass kein Molekül des Ausgangsstoffs mehr enthalten ist. Eine Wirkung ist bei ihnen somit ausgeschlossen. Auch eine Übertragung der Informationen durch das Lösungsmittel konnte wissenschaftlich nicht bestätigt werden.
Als Heilmittel gelten in der Homöopathie nur die Ausgangssubstanzen. Den Substanzen, die nach dem Verschütteln im Arzneimittel enthalten sind, wird keine Heilwirkung zugesprochen. Ebenso sind Substanzen nur als Homöopathikum wirksam und nicht als Nahrungszusatz, wie beispielsweise Kochsalz.
Grundlage der organotropen und der Komplexmittel-Homöopathie ist eine konventionelle Diagnose. Bei der klassischen Homöopathie hingegen wird die Diagnose anhand des individuellen Krankheitsbildes erstellt. Diese beinhaltet unter Anderem die Beschwerden des Patienten, dessen körperlichen und seelischen Merkmale, seine Neigungen und Interessen, sowie Krankengeschichte der Familie und persönliche Lebenssituation. Das Empfinden und Erleben des Patienten spielt dabei eine größere Rolle als beispielsweise Laborergebnisse.
Die Behandlung erfolgt mit den sogenannten Homöopathika, die als Tropfen, Streukügelchen (Globuli), Tabletten, Salben und Injektionslösungen angewendet werden. Diese entstehen aus konzentrierten Ursubstanzen, die nach Vorschrift des homöopathischen Arzneimittelbuches verdünnt werden. Es gibt die Verdünnungen „D" (Dezimalpotenz), „C" (Centesimalpotenz) und „Q" bzw. „LM" (50000). Alle Homöopathika sind apothekenpflichtig.
In der klassischen Homöopathie wird das zur Behandlung geeignete Medikament anhand des erstellten Krankheitsbildes ausgewählt. Die Angaben, wann, wie oft und wie lange der Patient das Mittel einnehmen soll, sind genau auf seine Person abgestimmt. In regelmäßigen Abständen finden Kontrollen statt. Aufgrund der Annahme, dass die meisten Krankheiten chronisch sind, ist eine relativ lange Behandlungsdauer nicht ungewöhnlich. In dieser Zeit können mehrmals die verordneten Mittel gewechselt werden. Diese werden umso seltener eingenommen, je stärker sie verschüttelt wurden. Während der Behandlung soll auf Gewürze, Koffein, Alkohol, Nikotin verzichtet werden. Ätherische Öle, Kampfer und Lösungsmittel, aber auch alle konventionellen Medikamente, Röntgenstrahlen und Betäubungen sollen die Wirkung der Homöopathika beeinträchtigen.
In der organotropen Homöopathie werden die Mittel in erster Linie nach der Ähnlichkeitsregel ausgewählt, während in der Komplexmittel-Homöopathie die Mittel entsprechend der gestellten Diagnose angewendet werden.
Zur Selbstbehandlung bieten sich vor allem die organotrope und die Komplexmittel-Homöopathie an, da bei ihnen keine spezielle homöopathische Diagnose notwendig ist. Mithilfe von Nachschlagewerke und Computerprogrammen können die Krankheitssymptome den entsprechenden Medikamenten zugeordnet werden.
Ärzte lernen während ihres Studiums etwas über Homöopathie. Um die Zusatzbezeichnung „Homöopathie" tragen zu können, müssen sie die Anforderungen der Bundesärztekammer erfüllen. Diese umfassen eine theoretische und praktische Beschäftigung mit der Homöopathie für mindestens 1½ Jahre. Auch eine halbjährige Weiterbildung an einem homöopathisch arbeitenden Krankenhaus ist möglich. Kontinuierliche Fortbildung und die Teilnahme an verschiedenen Kursen sind außerdem verpflichtend.
Heilpraktiker können die Homöopathie ohne entsprechenden Nachweis anbieten. Heilpraktikerschulen bieten jedoch eine 3-jährige Ausbildung mit umfangreichen Inhalten an.
Die Anwendungsgebiete der Homöopathie sind Funktionsstörungen, chronische Erkrankungen, Allergien, Abwehrschwäche und psychosomatische Erkrankungen. Hier soll sie die gestörten Funktionen wieder ins Gleichgewicht bringen. Auch bei weiteren Erkrankungen kann die Homöopathie begleitend oder unterstützend angewendet werden. Ausnahmen bilden irreparabel angegriffene Gewebe und zerstörte Organe. Diese kann auch die Homöopathie nicht heilen.
Für die Tiefenpotenzen gelten die gleichen Gegenanzeigen wie für die enthaltenen Inhaltsstoffe an sich. Ebenso können die gleichen Wechselwirkungen für Tiefenpotenzen und konventionelle Medikamente auftreten wie für die enthaltenen Inhaltsstoffe an sich. Hierzu sollte der behandelnde Arzt oder Heilpraktiker befragt werden.
Da fast alle Homöopathika, außer Globuli und Tabletten, Alkohol enthalten, dürfen sie nicht von Personen mit Alkoholproblemen angewendet werden. Ebenso ist von einer Anwendung bei Lebererkrankungen oder Anfallleiden abzuraten. Auch bei Kindern unter 14 Jahren und während der Schwangerschaft und Stillzeit sollten diese Mittel nicht eingesetzt werden. Der enthaltene Alkohol kann zudem die Wirkung vieler Arzneimittel (beispielsweise Schlaf- und Beruhigungsmittel, Psychopharmaka, starke Schmerzmittel und Mittel bei zu hohem Blutdruck) verstärken.
Für Kinder unter 14 Jahren, für ältere Menschen sowie für Schwangerschaft und Stillzeit gelten für Tiefenpotenzen die gleichen Einschränkungen und Vorsichtsmaßnahmen wie für die entsprechenden Inhaltsstoffe.
Tiefenpotenzen von Homöopathika können sich auf die Verkehrstüchtigkeit auswirken. Der behandelnde Arzt oder Heilpraktiker kann Auskunft darüber geben.
Während der Behandlung können die Beschwerden zunächst verstärkt werden. Dieser Effekt wird „Erstverschlimmerung" genannt und ist für Homöopathen ein Zeichen für den Erfolg der Behandlung. Sie birgt jedoch das Risiko, dass sich eine Verschlechterung des Zustands nicht rechtzeitig bemerkt wird.
Die in der Homöopathie eingesetzten Gifte wie Arsen, Blei, Kadmium und Quecksilber können chronische Vergiftungen hervorrufen, wenn sie über einen längeren Zeitraum in niedrigen Verdünnungen eingenommen werden. Ebenso können die eingesetzten Giftpflanzen bei falscher Dosierung zu Vergiftungen führen. Einige, der verwendeten Substanzen, können das Erbgut schädigen und zur Entstehung von Krebs beitragen.
Bis D8 können Homöopathika Allergien auslösen.
Tierische Substanzen werden meist nicht sterilisiert, da dies die Arzneimittelbilder verändern würden. Homöopathika, die diese enthalten können deshalb Erreger für Infektionskrankheiten enthalten.
Vertreter der Homöopathie sprechen sich meist gegen Impfungen aus. Damit ist bei Kindern der Schutz vor lebensbedrohlichen Krankheiten nicht gegeben. Eine sogenannte homöopathische Impfung bietet nicht den Schutz vor diesen Krankheiten.
Einige Homöopathen raten dazu, die Dosierung konventioneller Medikamente zu verringern, oder sie ganz abzusetzen. Dies kann zu beträchtlichen gesundheitlichen Risiken führen.
Für folgende Erkrankungen gibt es Hinweise auf eine Wirksamkeit der homöopathischen Behandlung: Allergien, Arthrose, chronisches Asthma, begleitende Behandlung zu Strahlen- und Chemotherapie bei Krebserkrankungen, Blasenentzündungen, Brustschmerzen, Durchfall, Einrisse am Enddarm, Weichteilrheumatismus, funktionelle Störungen im Gallengangsystem, Geburtsschmerzen, Gelenkerguss, Grippe, Hauterkrankungen, Heuschnupfen, Infektionen der oberen Luftwege, Magenschleimhautentzündung ,Migräne, Muskelkater, Muskelkrämpfe, Neuralgie, prämenstruelles Syndrom, Reizdarm, rheumatische Erkrankungen, Scheidenausfluss, Schlaganfall, Schmerzen, Seekrankheit, Sprachstörungen, Verletzungen, Wechseljahresbeschwerden und Zerrungen. Werden Hochpotenzen verwendet, ist das Risiko gering.
Dennoch fällt die Risiko-Nutzen-Abwägung aufgrund der mangelhaften Wirksamkeitsbelege negativ aus. Für die Behandlung der genannten Anwendungsgebiete ist die Homöopathie somit „wenig geeignet". Die Homöopathie ist als allgemeines Behandlungskonzept zur Therapie von Erkrankungen „nicht geeignet".
Letzte Aktualisierung am 09.08.2021.