Die Hypnose (griech. „hypnos" Schlaf) ist ein Verfahren zur Erzeugung hypnotischer Trance. Diese ist durch entspannte Wachsamkeit geprägt, in dem die Ansprechbarkeit des Unbewussten und die Konzentration erhöht, sowie die Kritikfähigkeit des Bewusstseins reduziert sind.
Die Hypnose wurde vermutlich im zweiten Jahrtausend v. Chr. zufällig bei meditativen und kultischen Handlungen mit religiösen Hintergrund entdeckt. Wahrscheinlich entwickelte sie sich aus den massenpsychologischen Manipulationen religiöser und kultischer Riten sowie den selbstmeditativen Erfahrungen von Priestern, Heilern und Schamanen.
Wiederentdeckt wurde die Hypnose 1770 von Franz Anton Mesmer (1734-1815). Dieser experimentierte mit Magneten. Den Effekt, den er dabei beobachtete, nannte er „Magnetismus animalis", da er ihn den Magneten und nicht der Hypnose zuschrieb.
Im 19. Jh. wurde die Hypnose von schottischen und englischen Ärzten verwendet, um Operationen erträglicher zu machen. Ebenso experimentierten Psychiater, darunter auch Sigmund Freud, mit dem Verfahren.
Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges wurden Soldaten mit Hypnose behandelt. Auf diese Weise sollten sie die psychischen Folgen der Kriegserlebnisse besser verarbeiten können. Die erreichten Ergebnisse führten dazu, dass besonders in den USA das Verfahren intensiver erforscht wurde. Der amerikanische Psychiater und Psychotherapeut Milton H. Erickson (1901-1980) entwickelte vielfältige Vorgehensweisen und Einsatzmöglichkeiten der Hypnose in der Psychotherapie.
Mittlerweile wird die Hypnose auch vermehrt in der Medizin zur Schmerztherapie und zur Operationsvorbereitung und -nachbehandlung eingesetzt.
Früher wurde angenommen, dass die Hypnose eine Form des Tiefschlafs oder ein psychischer Ausnahmezustand ist. In Experimenten und praktischen Anwendungen wurde festgestellt, dass es sich hierbei jedoch um einen veränderten Bewusstseinszustand handelt.
Als Erklärung für die hypnotische Trance dient das soziobiologische Modell. Dieses besagt, dass sich während der Hypnose das Kontrollsystem des Körpers verändert. Der Verstand wird in diesem Zustand zurückgenommen und die Logik und Vernunft zugunsten der Emotionalität reduziert. Ebenso ist das Bewusstsein eingeengt und Zusammenhänge werden neu erfasst. In gleichem Maße werden jedoch Erinnerung und Konzentration gesteigert.
Bei der Hypnose spielt auch der soziale Kontakt zwischen Hypnotiseur und Patient eine wichtige Rolle. Ob jemand gut auf die Hypnose anspricht, hängt von der Beziehung zwischen Arzt oder Psychotherapeut ebenso ab, wie von der Übereinstimmung beider und dem gegenseitigen Vertrauen. Erst wenn dies gegeben ist, kann der Patient eine ursprünglich-flexible Lernhaltung einnehmen. Er ist eher bereit, glaubwürdige Fremdsuggestionen (lat. suggere „jemanden etwas einflüstern") aufzunehmen und in Autosuggestion umzusetzen. Die vorhandenen inneren Ressourcen können so aktiviert und nutzbar gemacht werden.
Die Wirkung der Hypnose selbst ist noch nicht genau geklärt und verschiedene Theorien versuchen den Vorgang zu erklären. Eine besagt beispielsweise, dass während der Hypnose die linke, analytische Gehirnhälfte ihren Einfluss verliert. Sie überlässt damit der rechten, kreativen und emotionalen Gehirnhälfte die Führung.
Der hypnotische Zustand hingegen ist gut untersucht. Es ist bekannt, dass das Bewusstsein in der Trance reduziert und nach innen gerichtet ist. Gleichzeitig ist die Vorstellungskraft aktiviert und alles andere um den Hypnotisierten ausgeblendet. Er ist dadurch passiv zur Aufnahme und Hingabe bereit und ist empfänglicher für Suggestionen, etwa durch Arzt oder Therapeut.
Bei Hypnotisierten sind Sinneswahrnehmungen und Zeitempfinden verändert. So erleben sie sich beispielsweise hellwach. Auch sind gewohnte Einstellungs-, Gefühls- und Denkschemata weniger deutlich, wodurch kreatives Denken möglich wird. Details aus Traumerinnerungen werden hierbei abgetrennt und fehlende Erfahrungen hinzu fantasiert. Diese Muster können von Therapeuten in Einzelelemente eingeteilt werden, die vom Patienten zu einer neuen Einstellung zusammengefügt werden können. Die Hypnotherapie ist auf dieser Grundlage wissenschaftlich plausibel.
Während der hypnotischen Trance treten zudem körperliche Veränderungen auf, die mit bildgebenden Verfahren gemessen werden können. Diese sind etwa die Verlangsamung von Atmung, Pulsschlag, Herzfrequenz und Stoffwechsel. Zudem sinkt auch der Blutdruck und die Reizweiterleitung der Nerven nimmt ab.
Wird die Hypnose im Rahmen der Hypnotherapie eingesetzt, erfolgt zunächst eine gründliche körperliche und seelische Untersuchung. Außerdem wird die Krankengeschichte erhoben.
Die Hypnose wird üblicherweise in Einzelsitzungen durchgeführt. Ein vertrauensvolles Gespräch und Informationen über die Hypnose bilden die Grundlage. Dadurch sollen eventuell bestehende Ängste vor der Behandlung abgebaut werden. Anschließend werden die Themen besprochen, die während der Hypnose behandelt werden sollen.
Die Behandlung findet in einer abgeschirmten, Ruhe ausstrahlenden Umgebung statt. Währenddessen kann der Patient bequem liegen oder sitzen. Der Hypnotiseur hat verschiedene Mittel, die Hypnose einzuleiten. Er kann beispielsweise mit ruhiger, gleichmäßiger Stimme sprechen. Ebenso kann er den Patienten auffordern, in ein Licht zu schauen oder einen Gegenstand zu fixieren.
Ob der Patient den hypnotischen Zustand erreicht hat, kann der Arzt oder Therapeut beispielsweise überprüfen, indem er ihn auffordert, einen Arm zu heben. Geschieht dies ohne willentliche Anstrengung, befindet sich der Patient im Trancezustand. Der Hypnotiseur spricht daraufhin das zu behandelnde Problem an und stellt Fragen, um die Ursachen zu ergründen. Dafür stehen ihm verschiedene Methoden zur Verfügung. Beispielsweise können gezielt heilsame, formelhafte Sätze im Unterbewusstsein verankert werden. Häufiger werden jedoch Bilder verwendet, da sie in Trance verstanden werden, vom Wachbewusstsein jedoch nicht entschlüsselt werden können.
Der hypnotische Zustand wird am Ende jeder Sitzung mit gezielter Anleitung gelöst. Dies geschieht beispielsweise durch die Aufforderung, die Augenlider zu heben und sich frisch und aktiv zu fühlen.
Eine Hypnose-Sitzung dauert in der Regel 30 bis 90 Minuten. Wird die Behandlung zu therapeutischen Zwecken eingesetzt, werden 10 bis 20 Sitzungen, jeweils einmal wöchentlich durchgeführt. Zur Operationsvorbereitung sind ein bis zwei Sitzungen ausreichend.
Es ist möglich, das während der Hypnose Erreichte durch Autosuggestion zu festigen. Dazu besprechen Hypnotiseur und Patient, welche Herausforderung Gegenstand der Übung sein soll und welches Ziel erreicht werden soll. Wenn der Patient sich in einem entspannten Zustand befindet, begibt er sich in seiner Vorstellung an einen ruhigen, wohltuenden Ort. Schließlich visualisiert er, wie er das gewünschte Verhalten an diesem Ort ausführt. Diese Übungen werden regelmäßig wiederholt und im Alltag genutzt.
Ärztliche Fachgesellschaften bieten eine Ausbildung in der Methode für Ärzte, Zahnärzte, Psychologen und Psychotherapeuten an. Diese umfasst mindestens 200 Stunden und erfolgt unter Supervision. Auch viele Heilpraktikerschulen bieten Kurse in Hypnose an.
Die Hypnose wird bei vielen körperlichen, psychosomatischen und psychischen Störungen unterstützend zu anderen Therapien, aber auch als alleiniges Verfahren eingesetzt.
Zu den Anwendungsgebieten im Bereich der körperlichen Störungen gehören akute Schmerzen, z. B. bei Zahnbehandlungen, Geburtshilfe und Operationsvor- und -nachbehandlung. Ebenso kann sie bei Asthma, chronischen Schmerzen, Migräne und Spannungskopfschmerzen, hohem Blutdruck, Herpes, Heuschnupfen, Reizdarm, Morbus Crohn, Magen-Darm-Geschwüren, Neurodermitis, bei Tumorerkrankungen, Übelkeit durch Chemotherapie oder in der Schwangerschaft, Warzen, schweren Durchblutungs- und Gedächtnisstörungen sowie zur Blutstillung, Rehabilitation nach Gehirnverletzungen und Wundheilung angewendet werden.
Die Anwendungsbereiche in der Psychotherapie sind Ängste, reaktive Depressionen, Minderwertigkeitsgefühle und sexuelle Funktionsstörungen, Persönlichkeitsstörungen, Phobien, Schlafstörungen, Unruhe, Zwänge sowie Verhaltensprobleme wie Nägelkauen, Bettnässen, Stottern, Rauchen, Übergewicht und Leistungsblockaden.
Ein weiterer Anwendungsbereich ist das Sporttraining. Hier soll die Hypnose die Konzentration und die Leistung steigern, Stress abbauen sowie Leistungswillen und Durchsetzungsvermögen stärken.
Die Hypnose sollte bei Menschen mit Psychosen und Wahnvorstellungen, Persönlichkeitsstörungen, diffusen Ängsten und Epilepsie nicht angewendet werden. Auch bei Menschen, die zu Hysterie neigen, ist von einem Einsatz der Methode abzuraten.
Nach sexuellen Übergriffen, bei Erkrankungen, die eine medizinische Behandlung bedürfen, sowie bei mangelnder Bereitschaft zur Therapie kann sich die Hypnose negativ auswirken. Bei Personen mit hochgradigen Intelligenzdefiziten oder Gehirnabbau durch Alkohol oder Krankheiten sowie bei Personen mit Depressionen unbekannter Ursache sollte die Hypnose nicht eingesetzt werden.
Bei Kindern unter fünf Jahren sollte Hypnose nicht eingesetzt werden.
Nach der Hypnose kann Müdigkeit auftreten. In diesem Fall sollte kein Fahrzeug gelenkt, keine Maschinen bedient und keine Arbeiten ohne sicheren Halt durchgeführt werden.
Bei der richtigen Durchführung der Hypnose bestehen keine Risiken. Es ist jedoch möglich, dass der Patient nicht zwischen Fantasiebildern und Erinnerungen unterscheiden kann. Wird ihm die Echtheit der Fantasiebilder suggeriert, wie etwa bei der Reinkarnationstherapie, können seelische Probleme verstärkt werden.
Bei einem abrupten Abbruch der Hypnose können vorübergehend Schwindel, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Benommenheit und Konzentrationsstörungen auftreten. In seltenen Fällen kann es auch zu Angst, Unruhe und Depressionen kommen. Ebenso können Störungen des Willens und des Bewusstseins sowie Kreislaufkollaps auftreten.
Für psychische Störungen, wie Ängste, Schlafstörungen, Schlangenphobie, dissoziative Störungen und Somatisierungsstörungen sowie für Reizdarm, Reizmagen, Geburtsschmerzen, Operationsschmerzen, chronische Krebsschmerzen und Tinnitus ist die Wirksamkeit der Hypnose belegt. Auch für die Wirksamkeit der Hypnotherapie bei Abhängigkeiten und Missbrauch gibt es wissenschaftliche Belege. Bei hohem Blutdruck, Übergewicht und Zwölffingerdarmgeschwüren ist sie ebenfalls wirksam.
Ebenso kann sie erfolgreich zur Leistungssteigerung im Sport eingesetzt werden. Die Nutzen-Risiko-Abwägung fällt positiv aus. Somit ist die Hypnose für diese Krankheiten und Störungen sowie zur sportlichen Leistungssteigerung „geeignet".
Für die Wirksamkeit bei Asthma sowie die alleinige Behandlung von Übergewicht und kindlicher Migräne gibt es keine überzeugenden Nachweise. Die Abwägung von Nutzen und Risiko für diese Anwendungsgebiete fällt daher eher negativ aus. Die Hypnose ist daher nur „wenig geeignet".
Die Wirksamkeit bei akuten Schmerzen, Raucherentwöhnung und Schwangerschaftserbrechen ist nicht wissenschaftlich belegt. Folglich fällt die Nutzen-Risiko-Abwägung negativ aus und die Hypnose ist zur Behandlung dieser Krankheiten „nicht geeignet".
Letzte Aktualisierung am 06.08.2021.