Bei der Kolonhydrotherapie handelt es sich um eine weiterentwickelte Form der Darmspülung (Einlauf). Durch das Spülen des Darms mit einem speziellen Gerät wird er von krankmachenden Substanzen gereinigt.
Die Grundlage der Kolonhydrotherapie ist die antike Lehre von den Körpersäften. Diese besaß noch im 19. Jh. Gültigkeit und besagt, dass Krankheiten die Folge einer falschen Mischung der Körpersäfte (Dyskrasie) sind. Durch die vermehrte Ausscheidung sollten Krankheitsprozesse beendet werden, was durch Einläufe unterstützt wurde.
Die Therapieform des Einlaufs wurde zu Beginn des 20. Jh. wiederentdeckt und führte zu der Entwicklung des subaqualen Darmbades (Sudabad). Hierbei erhielt der Patient während eines Vollbades eine Spülung höher gelegener Darmabschnitte und Unterwassermassagen. In Europa gehörte das Sudabad zu der Ausstattung jeder Klinik.
Bernhard Aschner (1883 - 1960), ein Wiener Gynäkologe und Naturheiler führte die Therapie nach seiner Emigration in die USA auch in den dortigen Klinikalltag ein. In den USA wurde in den 1950er Jahren schließlich das Kolonhydrotherapiegerät entwickelt. Die Kolonhydrotherapie gelangte daraufhin in den Folgejahren erneut nach Europa.
Das Konzept der Kolonhydrotherapie beruht auf der Annahme, dass krankmachende Stoffwechselprodukte den Körper vergiften, wenn sie zu lange im Darm verbleiben. Grundlage ist die Überlegung der Symbioselenkung, nach der eine falsche Ernährung, chemische Nahrungsmittelzusätze, Umweltbelastungen und Medikamentenmissbrauch das Gleichgewicht der natürlichen Darmbakterien stören. Gleichzeitig beeinträchtigen krankmachende Bakterien das Immunsystem, wodurch die Darmtätigkeit verkümmert, die Abwehr geschwächt wird, Verstopfungen entstehen und sich sogenannte Schlacken entwickeln. Verdauungs- und Stoffwechselprodukte werden daraufhin nicht mehr ausgeschieden und führen zu einer Rückvergiftung des Körpers. Es entstehen Müdigkeit, depressive Stimmung, Konzentrationsmangel, Kopfschmerzen, Infektanfälligkeit, Hauterkrankungen, Rheuma, Blutdruckkrisen, Allergien oder multiple Sklerose.
Dieser Kreislauf soll mit wechselnden Einläufen von kaltem und warmem Wasser unterbrochen werden, indem auf diese Weise die Gifte aus dem Körper geschwemmt werden. Schlechte Bakterien werden abgetötet, die guten Bakterien werden ernährt und eine gesunde Bakterienbesiedlung des Darms aufgebaut. Dadurch wird der gesamte Organismus beeinflusst und eine Behandlung von Krankheiten außerhalb des Magen-Darm-Traktes wird möglich.
Die Vorstellungen der Kolonhydrotherapie können wissenschaftlich nicht bestätigt werden. Zwar kann bei Infektionen, Entzündungen oder nach einer Behandlung mit Antibiotika eine Veränderung der Zusammensetzung der Mikroorganismen im Darm auftreten, allerdings handelt es sich hierbei um ein Symptom und nicht um die Ursache von Erkrankungen. Bei einer normalen Lebensweise reguliert sich die Darmflora von selbst, sobald die Ursachen der Störung behoben sind.
Mit der Geburt beginnt auch die Besiedlung des Verdauungstraktes mit Bakterien. Dieser Prozess ist mit etwa zwei Jahren abgeschlossen. Die Darmflora ist in ihrer endgültigen Zusammensetzung stabil und verhindert, dass schädliche Keime durch die Darmschleimhaut in den Organismus vordringen können. Darmwäschen haben aufgrund dessen keinen entscheidenden Einfluss auf das Immunsystem.
Die Annahme der Rückvergiftung kann dadurch widerlegt werden, dass auch nach monatelanger Verstopfung der Organismus nicht mit Vergiftungserscheinungen reagiert. Lediglich bei Personen, deren Darm krankhafte Ausstülpungen und Aussackungen aufweist, treten Kotzusammenballungen (Kotsteine) gehäuft auf.
Durch den physikalischen Reiz der Darmspülung kommt es zu einer schlagartigen Beseitigung einer Verstopfung. Dieser unmittelbare Effekt kann nicht im Sinne einer kausalen Therapie oder eines Langzeiterfolges eingesetzt werden.
Eine medizinische Diagnose wird in der Regel nicht erstellt. Lediglich ein Hämoccult-Test wird häufig vor der ersten Behandlung vorgenommen. Dadurch wird ausgeschlossen, dass sich Blut im Stuhl befindet, das auf eine Verletzung des Magen-Darm-Traktes hinweist.
Kurz vor der Behandlung sollte der Patient nichts mehr getrunken oder gegessen haben. Ebenso sollte er die Blase entleeren. In der Seitenlage wird ihm ein Ein- und Abflussrohr, bei dem es sich um einen Einwegartikel aus weichem Plastik handelt, in den After eingeführt. Anschließend legt sich der Patient auf den Rücken. Über einen Kolonhydrotherapieapparat fließt nun abwechselnd kaltes und warmes Wasser zwischen 25 und 41 °C ohne besonderen Druck in den Darm.
Druck, Temperatur und Fließgeschwindigkeit des Wassers können durch den Behandler an die Bedürfnisse des Patienten angepasst werden. Zudem versucht er mittels Bauchdeckenmassage, Problemzonen des Darms zu erkennen und das Wasser dorthin zu leiten. In der Regel dauert ein Reinigungsvorgang 30 bis 45 Minuten und es werden in dieser Zeit 60 bis 80 Liter Wasser in den Darm geleitet. Bei manchen Verfahren wird zum Abschluss das Wasser mit Sauerstoff durchperlt oder es wird reiner Sauerstoff in den Darm geleitet. Ebenso können dem Wasser Vitamine, Mineralien, Pflanzenmittel, Tees, Kaffee, Milch, Essig, Seife oder verschiedene Chemikalien beigemischt sein.
Nach Abschluss der Behandlung wird dem Patienten empfohlen, noch etwas zu ruhen. Manche Anwender empfehlen auch, dem Körper Mineralstoffe zuzuführen, die durch die Darmspülung verloren gegangen sind.
Die Kolonhydrotherapie besteht meist aus 6 bis 20 Behandlungen, die im Abstand von zwei bis zu mehreren Tagen erfolgen. Treten nach drei Sitzungen keine Darmbewegungen ein und können keine Ausscheidungen abgeführt werden, wird oft zu einem Abbruch der Therapie geraten.
Hauptsächlich niedergelassene Heilpraktiker und Naturheilärzte bieten die Kolonhydrotherapie an. Aber auch Institute und Kliniken, in denen auch die Grundlagen und die Handhabung der Apparate gelehrt werden, führen die Methode durch.
Die Anwendungsbereiche der Kolonhydrotherapie in der Alternativmedizin sind vielfältig. So wird sie überwiegend bei Verstopfung, mangelnder Darmtätigkeit, Darmkrämpfen und Abführmittelmissbrauch, Reizdarm, Blähungen, Hämorriden, nicht akuten Darmentzündungen (Morbus Crohn) und Darmparasiten (Würmer) eingesetzt. Auch bei vegetativen Störungen wie Dysbiose oder Pilzbefall (Darmmykose) wird die Methode angewendet.
Weitere Anwendungsgebiete sind Neurodermitis, Rheuma, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Arteriosklerose, Migräne, Lymphabflussstörungen, hoher Blutdruck, Krebsleiden, Entfernung von Harnsteinen und Glatzenbildung (Alopezie).
Die Kolonhydrotherapie darf nach einem Herzinfarkt, bei Angina Pectoris, Anämie, Aneurysma, Zwerchfellbruch (Hernie), Blutungen im Verdauungstrakt, Darminfektionen, akuter Darmentzündung (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), Darmverschluss, Darmausstülpungen (Divertikel), Darmkrebs, Darmfistel, nach Darmoperationen und bei Leberzirrhose nicht angewendet werden.
Auch bei Patienten mit Herz- oder Nierenschwäche, Dickdarmerweiterung (Morbus Hirschsprung), bestehenden Elektrolytverschiebungen und bei Austrocknung des Körpers darf die Methode nicht angewendet werden.
Bei Verstopfung ist von einer Behandlung mit der Kolonhydrotherapie abzuraten, da die Ursache einer hartnäckigen Verstopfung auch Darmkrebs sein kann.
Anwender der Methode raten von einer Behandlung bei Einnahme gerinnungshemmender Medikamente, bei Tumoren des Dickdarms oder Gewebeneubildungen in Darm und Prostata ab.
Bei Kindern unter 14 Jahren und während der Schwangerschaft sollte die Kolonhydrotherapie nicht angewendet werden.
Da vor der Behandlung weder eine Untersuchung des Darmes durch bildgebende Verfahren noch eine Blutuntersuchung durchgeführt wird, bleiben mögliche Erkrankungen des Darmes, bei denen die Kolonhydrotherapie nicht angewendet werden darf, unerkannt. Es besteht zudem die Möglichkeit, dass eine wirkungsvolle Behandlung bei bestehenden Erkrankungen versäumt wird.
Die Kolonhydrotherapie kann zu Übelkeit, Brechreiz, Blähungen, schmerzhaften Bauchkrämpfen, Darmblutungen, blutigen Durchfällen, Geschwüren im unteren Darmbereich, Darmverschluss und Darmperforationen führen. Auch bakterielle Entzündungen, Überdehnungen des Darms und dadurch bedingte Bewegungsstörungen der Darmwand können auftreten.
Bei bestehender Kreislaufschwäche kann es zu einer Verlagerung des Blutvolumens im Kreislauf kommen und zu einer übermäßigen Flüssigkeitsansammlung im Gewebe führen. Dadurch werden Herz- oder Nierenversagen begünstigt. Zudem kann es zu einer Elektrolytverschiebung kommen, da die Elektrolyte nicht mehr aus dem Gewebe in den Darm abfließen. Es kann ein lebensbedrohlicher Elektrolytmangel auftreten.
Mangelnde Hygiene bei der Anwendung der Geräte kann Amöbeninfektionen hervorrufen.
Die therapeutische Wirksamkeit der Methode ist nicht durch aussagekräftige Studien belegt. Außerdem birgt die Kolonhydrotherapie das Risiko ernsthafter Verletzungen. Deshalb fällt die Nutzen-Risiko-Einschätzung negativ aus. Somit ist die Kolonhydrotherapie für die Behandlung von Erkrankungen "nicht geeignet".
Letzte Aktualisierung am 14.09.2021.