Die Magnettherapie oder Magnetfeldtherapie ist ein alternativmedizinisches Verfahren, bei dem der Patient einem Magnetfeld ausgesetzt wird. Hierfür werden künstliche oder natürliche Magneten eingesetzt, die permanente oder pulsierende Magnetfelder erzeugen.
Bereits vor ca. 2000 Jahren wurden magnetische Steine von chinesischen Medizinern und ägyptischen Priestern zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt. Auch der griechische Arzt Hippokrates (ca. 460 - ca. 370 v. Chr.) beschrieb Heilungen mit Magneten. Im 16. Jahrhundert versuchte Paracelsus (1493 - 1541), mit Magneten Wunden von Pfeilspitzen und Kugeln zu heilen.
Als Begründer der heutigen Magnettherapie gilt der deutsche Arzt und Heiler Franz Anton Mesmer (1734 - 1815). Dieser strich im 18. Jh. mit Magneten über die Körper seiner Patienten, bei denen daraufhin Schüttelkrämpfe und mitunter auch Entspannung auftraten. Dieses Phänomen, das Mesmer Fluidum oder animalischer Magnetismus nannte, wurde von der französischen Akademie für Wissenschaften untersucht, die darin eine durch die Einbildungskraft der Patienten hervorgerufene psychische Wirkung sah.
Das erste Patent für die Ganzkörperbehandlung mit elektrischen Magneten wurde 1869 vergeben. Um 1900 wurde die Magnetfeldtherapie zur Behandlung von Migräne, Krebs und Rheuma eingesetzt. Ab den 1950er Jahren wurden Geräte entwickelt, die mittels Magnetfeldern Knochenbrüche heilen sollten. Infolge dessen wurden verschiedene Geräte zur Magnetfeldtherapie für den ärztlichen Einsatz und zur Selbstbehandlung angeboten.
Das Konzept der Magnettherapie stützt sich auf die medizinische Grundlagenforschung. So haben Zelluntersuchungen gezeigt, dass schwache, pulsierende Magnetfelder den Zellstoffwechsel anregen. Versuche an Menschen haben zudem gezeigt, dass die Durchblutung der äußeren Hautschichten erhöht wird. Anwender der Magnetfeldtherapie gehen anhand dieser Untersuchungen davon aus, dass die Magnetwirkung alle Körperzellen aktiviert und eine Sauerstoffanreicherung im Gewebe bewirkt. Dadurch wird der Zellstoffwechsel im Körper verbessert und Schlackestoffe können besser abgebaut werden. Außerdem wird davon ausgegangen, dass die Knochenbildung durch Magnetfelder dauerhaft angeregt und das Hormon- und Immunsystem stimuliert wird. Die Magnetfeldtherapie soll daneben auch ausgleichend und beruhigend auf das Nervensystem wirken.
Für den Wirkmechanismus der Magnetfeldtherapie gibt es verschiedene Erklärungsansätze. So soll etwa in großen und übergroßen Molekülen eine Umwandlung atomarer magnetischer Energie in vitales Geschehen stattfinden. Andere Vertreter der Methode gehen davon aus, dass die Feldlinien im Frequenztakt Ionen, die für die Zellfunktion bedeutsam sind, beeinflussen und dass Mineralstoffe zu bioenergetischer Resonanz veranlasst werden. Anwender empfehlen Permanentmagneten ständig am Körper zu tragen. Auf diese Weise sollen sie Wohlbefinden vermitteln und zur Erhaltung der Gesundheit beitragen. Eine Begründung, wie diese Wirkung zustande kommt, gibt es nicht. Magnetfolien und magnetische Schuheinlagen haben laut Hersteller eine Reizwirkung auf die Fußreflexzonen und leiten so heilsame Impulse zu den Organen.
Die zur Erklärung der Wirksamkeit der Magnettherapie herangezogenen Theorien widersprechen einander und in Teilen der biophysikalischen Vorgänge. Zudem beruhen sie auf Annahmen aus theoretischen Überlegungen und Studien an Zellen. Eine Übertragung der Wirkung der Magnetfeldtherapie von Zellen auf den menschlichen Körper ist nicht möglich.
Es gibt keine Belege dafür, dass die Magnetfeldwirkung alle Zellen aktiviert. Auch dass Ausleitung von Schlackestoffen, die Stimulierung von Hormon- und Immunsystem und eine beruhigende Wirkung auf das Nervensystem sind nicht nachweisbar. Zudem ist zu bezweifeln, dass eine bessere Durchblutung des behandelten Gewebes erfolgt, da typische Begleiterscheinung wie Rötung und Erwärmung ausbleiben. Eine gesteigerte Durchblutung ist außerdem kein Zeichen für eine klinische Wirksamkeit.
Welches die optimale Dosierung der Magnettherapie ist, ist nicht bekannt. Häufig werden von Anwendern Begriffe wie Körperfrequenz oder bioenergetische Resonanz verwendet, die aus der Esoterik stammen. Zwar kann stundenlanges Einwirken einer Magnetfeldtherapie bei Osteoporose den Knochenaufbau fördern, danach beginnt jedoch wieder der Abbau der Knochensubstanz.
Die Diagnose wird vor der Therapie auf konventionelle Art gestellt.
Verschiedene Hersteller bieten eine Vielzahl von Magnetfeldgeräten an, die sich in ihrer Funktionsweise unterscheiden. Sie bestehen aus einem Applikator in Form eines Stabes, Kissens oder einer Matte und einem Steuergerät. Die Geräte müssen zertifiziert und mit einem CE-Zeichen versehen werden, was jedoch keine Aussage über die Wirksamkeit zulässt.
Während der Behandlung sitzt oder liegt der Patient in entspannter Haltung. Der zu behandelnde Körperteil wird entweder mit einem Magnetkissen unterstützt, oder es wird eine Magnetspule darum gelegt. Zur Ganzkörperbehandlung wird eine Magnetmatte verwendet. Zeigt sich keine oder nur eine schwache Reaktion können bei einer weiteren Behandlung die Intensität und Frequenz des Magnetfeldes erhöht werden. Das Auftreten von Nebenwirkungen wie Wärme oder Kribbeln wird meist als positive Reaktion auf die Therapie gewertet.
Der Patient sollte nach der Anwendung der Magnetfeldtherapie viel trinken, damit vermutete Schlackestoffe schneller abgebaut und aus dem Körper ausgeschieden werden. Die Behandlung dauert in der Regel nur wenige Minuten, aber auch bis zu einer halben Stunde. Manchmal werden auch mehrstündige Behandlungen angeraten. Meist besteht die Magnettherapie aus 5 - 10 Sitzungen, die bei Bedarf auch wiederholt werden können.
Geräte zur Selbstbehandlung werden genauso eingesetzt wie bei der Anwendung durch den Therapeuten. Ihnen liegen Broschüren bei, in denen für alle Beschwerden und jedes Krankheitsbild entsprechende Einstellungen und Anwendungsrichtlinien zu finden sind.
Zur Schmerzerleichterung soll man 20 Minuten in einem magnetischen Stuhl verbringen. Schmerzende Körperstellen können mit einer Magnetfolie behandelt werden, die mit der haftenden Seite auf die entsprechende Stelle geklebt wird. Dort verbleibt sie 14 Tage. Nach einer ein- bis zweitägigen Pause kann die Anwendung wiederholt werden. Permanentmagneten wie magnetische Schmuckstücke oder magnetische Schuhsohlen sollen ihre Wirkung entfalten, wenn sie dauerhaft angewendet bzw. getragen werden.
Angewendet wird die Magnettherapie in Krankenhäusern, von niedergelassenen Ärzten und Heilpraktikern, in Einrichtungen wie Altersheimen, sowie zur Entspannung in Kosmetikinstituten. Die Ausbildung erfolgt meist in Heilpraktikerschulen. Behandlungskonzepte können aber auch aus den Broschüren der Hersteller der Magnetfeldgeräte und aus Büchern entnommen werden.
Die Liste der Anwendungsgebiete umfasst über 150 Beschwerden und Krankheiten, darunter auch lebensbedrohliche Erkrankungen. Zu den Anwendungsbereichen gehören Antriebslosigkeit, Blutarmut, Depression, Eierstockentzündung, Gedächtnisschwäche, Gelenkentzündungen, Hautwunden, Herzerkrankungen, Infektionen, Knochenbrüche, Leberschäden, Muskelschwund, Nieren- und Blasenentzündung, Osteoporose, Prellungen, Phantomschmerzen, Potenzprobleme, Schilddrüsenerkrankungen, Schmerzen, Tinnitus, vegetative Störungen, Verbrennungen, Wundheilung, Zahnerkrankungen, Zittern und Diabetes. Besonders Osteoporose und Rückenschmerzen sollen durch magnetische Stühle positiv beeinflusst werden.
Manche Gerätehersteller empfehlen die Magnetfeldtherapie bei Gehirnleistungsstörungen, multipler Sklerose, Krebs, Parkinsonkrankheit und psychiatrischen Krankheiten. Bei anderen Herstellern werden diese Erkrankungen hingegen ausgeschlossen. Die Methode soll die Wirkung von Medikamenten herabsetzen, wodurch deren Dosis herabgesetzt werden kann.
Weitere Anwendungsbereich sind Entschlackung, Entspannung, Verbesserung des Schlafs, Steigerung der Selbstheilungskräfte und des allgemeinen Wohlbefindens, sowie Aufbau von Muskelkraft und Muskelfunktion.
Die Magnettherapie sollte bei Patienten mit Herzschrittmachern oder anderen elektronisch gesteuerten Geräten, die in den Körper implantiert wurden, nicht angewendet werden. Auch vom Tragen von Permanentmagneten ist abzuraten.
Bei Personen mit einer Krebserkrankung sollte die Methode nicht angewendet werden, da Magnetfelder im Verdacht stehen, das Wachstum von Tumorzellen zu fördern. Bestehen bakterielle Erkrankungen, hoher Blutdruck, frische Wunden, jugendlicher Diabetes mellitus, Epilepsie, Fieber, schwere Herzerkrankungen, Pilzinfektionen, Psychosen, Schilddrüsenüberfunktion oder eine bekannte Magnetfeldüberempfindlichkeit, wird von einem Einsatz der Magnetfeldtherapie abgeraten.
Weitere Erkrankungen, bei denen das Verfahren nicht oder nur unter ärztlicher Kontrolle angewendet werden sollte, sind Störungen des Immunsystems, Verdauungsprobleme, Nierenversagen, Leberversagen, Impotenz, lebensbedrohliche Zustände sowie akute Schilddrüsenüberfunktion, akute Schübe von Autoimmunerkrankungen, akuter Energiemangel, schwere Durchfälle und die Behandlung mit Immunsuppresiva (Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken). Ebenso sollte bei der Anwendung von transdermalen Pflastern (Pflaster, die Arzneiwirkstoffe an den Körper abgeben) auf die Magnetfeldtherapie verzichtet werden.
Während der Schwangerschaft sollte das Verfahren nicht eingesetzt werden, da die Risiken in Bezug auf die Entwicklung des Kindes nicht bekannt sind.
Da die Angaben der Magnetfeldgeräte willkürlich sind und oft zu einem Herabsetzen der Dosis verschriebener Medikamente geraten wird, besteht bei einer Selbstbehandlung das Risiko, dass sich die Erkrankung verschlechtert. Zudem können ernsthafte Erkrankungen unerkannt bleiben und eine notwendige Behandlung versäumt werden.
Unerwünschte Wirkungen der Magnetfeldtherapie sind ein Kribbeln und Wärmegefühl im behandelten Bereich, die sich bis zu unangenehmen Beschwerden steigern können. Zudem können extreme Müdigkeit und Hautauschläge auftreten und Schmerzen zunehmen.
Bei der Anwendung der Magnetfeldtherapie können Blutdruckschwankungen, Kopfschmerzen, Durchfall, Menstruationsstörungen, Erbrechen, Sehstörungen und Geschmacksbeeinträchtigungen auftreten. Es können auch während oder nach der Therapie Unruhe, Herzklopfen, Schwitzen und Beklemmung auftreten.
Die die Magnetfeldtherapie zu Müdigkeit führt, sollten nach der Behandlung kein Fahrzeug gelenkt, keine Maschinen bedient und keine Arbeiten ohne sicheren Halt durchgeführt werden.
Bei Osteoarthrose, diabetischer Neuropathie und bei Unterleibsschmerzen ist die Wirksamkeit der Magnettherapie nachgewiesen. Die Risiken sind bei sachgemäßer Anwendung gering und die Nutzen-Risiko-Einschätzung fällt somit positiv aus. Das Verfahren ist zur Behandlung dieser Erkrankungen „geeignet".
Die Wirksamkeit bei Bluthochdruck, Fibromyalgie, Karpaltunnel-Syndrom, klimakterischen Beschwerden, rheumatoider Arthritis und zur Stärkung der Muskelkraft konnte nicht bestätigt werden. Auch die Wirksamkeit der Anwendung von Magnetfeldgeräten und Permanentmagneten bei Schmerzen durch Kinderlähmung, diabetische Polyneuropathie, Halswirbelsäulensyndrom, Rückenschmerzen, postoperative Schmerzen, Schmerzen am Bewegungsapparat und den Fußsohlen sowie experimentell hervorgerufenen Schmerzen ist nicht nachweisbar. Insgesamt fällt die Nutzen-Risiko-Abwägung hier negativ aus. Die Magnetfeldtherapie ist zur Behandlung dieser Erkrankungen und Störungen „nicht geeignet".
Letzte Aktualisierung am 13.09.2021.