Qigong bedeutet „Arbeiten mit Qi" und ist eine chinesische Meditations-, Konzentrations- und Bewegungsform. Es dient dazu, das Qi des Körpers wieder ins Gleichgewicht zu bringen.
Tai Chi oder Taijiquan bedeutet „höchste Energie". Es war ursprünglich eine sogenannte innere Kampfkunst und bekam seine heutige Form erst im 19. Jahrhundert. Beim Tai Chi wird eine exakt festgelegte Folge fließender Bewegungen ausgeführt.
Qigong gehört zu den ältesten chinesischen Meditations- und Therapieformen und steht in engem Zusammenhang mit chinesisch philosophischen Traditionen. Das älteste überlieferte Werk, das erste schriftliche Hinweise auf Körperübungen zur Erhaltung der Gesundheit gibt, ist um 200 v. Chr. entstanden. Eine Ausbreitung des Buddhismus führte auch zu der Ausbreitung des Qigong. Es entwickelten sich unterschiedliche religiös-philosophisch geprägte Schulen. Heute gibt es rund 3600 Arten von Qigong. Ihnen gemeinsam ist die traditionelle Vorstellung der „Lenkung von Qi", der universellen, geistigen Lebenskraft. Qigong kann im Wesentlichen in zwei Formen eingeteilt werden: zum einen Übungen mit relativ vielen Bewegungen und zum anderen das regungslos durchgeführte „stille Qigong". Während der Kulturrevolution war Qigong in China aufgrund seiner Nähe zu den spirituellen Traditionen verboten. 1980 erlebte die Technik jedoch einen großen Aufschwung und heute trainieren viele Menschen auf öffentlichen Plätzen.
Tai Chi, das auch als Schattenboxen bekannt ist, ist eine im Kaiserreich China entwickelte Kampfkunst für den bewaffneten oder unbewaffneten Nahkampf. Die heutige Form der Technik entwickelte sich Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie besteht aus der Abfolge ineinander fließender Körperbewegungen, die extrem langsam und meditativ ausgeführt werden. In stilistischer Form stellt Tai Chi den Kampf gegen einen imaginären Gegner dar. Auch im Tai Chi haben sich verschiedene Schulen entwickelt, die sich in der Zahl der Übungen unterscheiden. Im chinesischen Gesundheitssystem ist Tai Chi als vorbeugende und therapeutische Maßnahme fest verankert.
Seit den 1980er Jahren werden Tai Chi und Qigong als kontemplative Formen zur Entspannung eingesetzt. Die Techniken werden von Einrichtungen der Erwachsenenbildung, sowie Gesundheits- und Fitnesszentren angeboten. Sogenannte Tai Chi- oder Chi-Maschinen dienen der Selbstbehandlung. Diese Geräte bewegen die Füße hin und her bzw. schaukeln sie. Der gesamte Körper wird dadurch in Schwingung versetzt, was zur Entspannung führen soll.
In Deutschland wurde 1996 der Dachverband für Taichi und Qigong, 2003 der Dachverband für Qigong und Taijiquan gegründet.
Das Konzept von Qigong und Tai Chi beruht auf der Vorstellung, dass Körperfunktionen nur richtig ablaufen können, wenn die Lebensenergie ungehindert im Körper fließen kann. Blockaden von Qi verursachen Krankheiten. Ebenso kann auch emotionale Unausgeglichenheit zu einem Qi-Stau führen. Durch konzentrierte Bewegungsübungen wird der Qi-Stau aufgelöst.
Qigong besteht aus dem Zusammenwirken von drei Elementen: der bewussten Atmung, der Bewegung und der Lenkung der Vorstellungskraft. Ihr Verhältnis kann sich je nach Schule unterscheiden. Zudem gibt es auch äußerlich regungslose Versenkungsübungen. Die Atmung wird durch die verschiedenen Bewegungen des Qigong unwillkürlich beeinflusst. Durch die meditative Konzentration auf das Qi verblassen Umweltreize und die innere Entspannung wird gefördert. Vorstellungen aus der Natur dienen als gedankliche Hilfen für die Qigong-Übungen. So tragen viele Übungen Namen von Tieren oder sie versinnbildlichen ihre Bewegungen. Die langsamen Bewegungsabläufe sollen aufgewühlte Emotionen beruhigen.
Anders als Qigong beruht Tai Chi auf Kampftechniken und deren konzentrierter Abfolge. Es wird davon ausgegangen, dass die gegensätzlichen Pole Yin und Yang, durch deren dynamisches Zusammenwirken Qi hervorgebracht wird, unausgeglichen sind. Durch Tai Chi werden sie harmonisiert und der Fluss von Qi angeregt.
Ein wichtiger Bestandteil von Tai Chi und Qigong ist das regelmäßige Üben.
Die Vorstellungen von Qi als universelle Lebenskraft ist spiritueller Natur. In der westlichen Kultur hat sie nur metaphorischen Charakter. Wissenschaftliche Belege für Qi gibt es nicht. Die westliche Medizin führt die Wirkung der Techniken auf die Bewegung, die Konzentration, die verbesserte Atmung und die Versenkung zurück. Diese wirken entspannend und helfen dem Übenden, gelassener mit Emotionen umzugehen. Zudem beeinflusst die Erwartungshaltung die Durchblutung des Körpers. Für die Beeinflussung der Gesundheit durch Tai Chi-Trainer oder -Maschinen gibt es keine wissenschaftlichen Hinweise.
Qigong wird sitzend, liegend, stehend oder in Bewegung durchgeführt. Es wird in leichter Kleidung in Gruppen mit einem Trainer geübt. Dieser zeigt den Ablauf der Übungen und die Atemvorgänge. Die Bewegungen werden langsam und ruhig durchgeführt. Dabei konzentriert sich der Übende auf die Atmung, bestimmte Körperbereiche oder Organe. Als Reaktion auf die Bewegungen treten beispielsweise ein Wärmegefühl oder Kribbeln in den Fingern, den Füßen oder dem Bauch auf.
Beim Tai Chi gleichen die einzelnen Bewegungen Angriffs- und Rückzugs- oder Verteidigungsgebärden. Dabei wird die Angriffsenergie aufgenommen und durch die entsprechende reaktive Bewegung weitergeleitet. Eine Yang-Bewegung geht also immer in eine Yin-Bewegung über. Der Übende folgt dabei dem Rhythmus der Atmung. Die Bewegungen werden extrem langsam und konzentriert ausgeführt. Auch Tai Chi wird in Gruppen mit einem Trainer durchgeführt.
Beide Methoden erfordern eine bewusste und konzentrierte Ausführung der Übungen. Je nach Schule oder Anbieter können die Kurse unterschiedlich lang sein. Werden die einzelnen Figuren und deren Ablauf beherrscht, kann auch allein geübt werden. Es sollten 15 bis 30 Minuten täglich trainiert werden.
Verschiedene private Qigong-Vereinigungen bieten Unterricht in ihrem eigenen Programm und zum Teil auch Tai Chi an. Auch die Ausbildung in traditioneller chinesischer Medizin umfasst die beiden Methoden. Jedoch sind die Ausbildungen sehr unterschiedlich organisiert. Sie können Jahre dauern oder auch nur Wochenendkurse umfassen. In der Regel ist keine medizinische Vorbildung nötig. Tai Chi und Qigong können auch in Einrichtungen der Erwachsenenbildung und mithilfe von Büchern und Videos erlernt werden.
Bei regelmäßiger Durchführung sollen Tai Chi und Qigong das nicht willentlich steuerbare Nervensystem sowie funktionelle Störungen regulieren. Außerdem soll die innere Ausgeglichenheit gefördert und das Körpergefühl verbessert werden. Bei nahezu jeder Krankheit sollen die Methoden zur Gesundung beitragen. Die Techniken sind auch im Sporttraining integriert.
Mit sogenannten Qigong-Kugeln wird die Konzentrationsfähigkeit gesteigert, depressive Stimmungen behoben und Lungen- und Herztätigkeit angeregt.
Bei bestehenden Erkrankungen müssen die Qigong-Übungen darauf abgestimmt werden. Die Technik darf zudem nicht bei Psychosen angewendet werden.
Während Schwangerschaft und Stillzeit sind die Übungen sorgfältig auszuwählen. Besonders für ältere Menschen sind die Methoden geeignet.
Die Dosis von Medikamenten muss unter Umständen bei Anwendung von Qigong und Tai Chi angepasst werden. Dies sollte mit dem behandelnden Arzt besprochen werden.
Bei unpassender Zusammenstellung der Übungen können durch Qigong Psychosen induziert oder provoziert werden. Außerdem können Knie- und Rückenschmerzen auftreten. Werden die Übungen falsch oder fehlerhaft durchgeführt, können Schwindel, Kopfschmerzen und Blutdruckveränderungen auftreten.
Speziell bei älteren Schmerzpatienten konnte eine Wirksamkeit von Qigong auf Bluthochdruck nachgewiesen werden. Zudem zeigten sich auch positive Effekte auf Müdigkeit, Stimmungslage und Schmerzen. Weitere Belege für die Wirksamkeit liegen bei prämenstruellem Syndrom vor. Hier konnten Schmerzen, Wassereinlagerung und Gesamtbefinden verbessert werden. Belegt ist auch die Stärkung des Immunsystems. Da bei Qigong kaum Risiken bestehen, fällt die Nutzen-Risiko-Abwägung für die genannten Anwendungsbereiche positiv aus. Somit ist Qigong für die Behandlung der Erkrankungen und Störungen „geeignet".
Bei der Behandlung zur Dosissenkung von Medikamenten bei Asthma, zur Verminderung von Nebenwirkungen bei Krebs-Behandlungen und zur Verbesserung der Konzentrationsfähigkeit bei Kindern konnten nur wenige Nachweise für die Wirksamkeit von Qigong gefunden werden. Ebenso sind auch die Hinweise auf eine Verbesserung der Entzugserscheinungen bei Heroinabhängigen nicht ausreichend. Deshalb fällt die Nutzen-Risiko-Einschätzung eher negativ aus. Zur Behandlung der genannten Erkrankungen und Störungen ist Qigong „wenig geeignet".
Bei Verlangsamung des Knochenabbaus bei postmenopausalen Frauen und bei Verbesserung des Schlafs bei älteren Menschen ist die Wirksamkeit von Tai Chi belegt. Die Methode ist weitestgehend frei von Risiken und die Nutzen-Risiko-Abwägung fällt deshalb positiv aus. Tai Chi ist zur Behandlung der Störungen „geeignet".
Bei erhöhtem Blutdruck, Herzinsuffizienz, Osteoarthrose und Depressionen gibt es Hinweise darauf, dass Tai Chi die Beschwerden lindern kann. Einen schwachen Wirksamkeitsnachweis gibt es für die Vermeidung von Stürzen, die Verbesserung der Herzkreislauf- und Lungenfunktion, des Gleichgewichtssinns, der Koordinationsfähigkeit und der Gelenkigkeit. Zudem gibt es Hinweise, dass bei älteren Menschen durch regelmäßiges Training die Durchblutung angeregt und die Immunabwehr gestärkt wird. Für die genannten Erkrankungen und Störungen steht ein endgültiger Wirksamkeitsnachweis jedoch noch aus. Daher fällt die Nutzen-Risiko-Abwägung eher negativ aus. Tai Chi ist in diesen Fällen zur Behandlung „wenig geeignet".
Bei rheumatoider Arthritis konnte keine Wirksamkeit von Tai Chi nachgewiesen werden. Die Nutzen-Risiko-Einschätzung fällt hier eindeutig negativ aus und die Methode ist zur Behandlung „nicht geeignet".
Letzte Aktualisierung am 13.09.2021.