Unter einer Allergie versteht man eine fehlgesteuerte, übertriebene Reaktion des Abwehrsystems gegenüber bestimmten Substanzen der Umwelt. Man spricht hier von einer „übertriebenen" Reaktion des körpereigenen Immunsystems gegen solche Fremdstoffe, die eigentlich, im Gegensatz zu Krankheitskeimen, keine Gefährdung für den Körper darstellen. Aufgrund der massiven Abwehrreaktion kommt es häufig zu den typischen Beschwerden wie juckende, tränende Augen, Schnupfen, Atemnot, Kopfschmerzen, Hautausschlag mit Rötung oder Quaddelbildung, sowie Schuppenbildung die oft mit einem quälenden Juckreiz verbunden ist wie bei der Neurodermitis.
Eine Allergie ist prinzipiell in jedem Lebensalter möglich. Im Kindesalter gehören die Allergien zu den häufigsten chronischen Erkrankungen. Etwa jedes dritte Baby kommt mit einem erhöhten Allergie-Risiko auf die Welt, dies wird auch als „atopische" Veranlagung bezeichnet. Eine Allergie kann sich schon im sehr frühen Lebensalter des Kindes entwickeln. Es ist sogar möglich das Babys bereits im Mutterleib Antikörper, als Zeichen der Sensibilisierung bilden.
Allein in Deutschland leiden etwa 600.000 Kinder an Neurodermitis, weitere 630.000 an Asthma und knapp eine Million an Heuschnupfen. Durch zahlreiche, internationale Studien konnte man zudem belegen, dass die Tendenz in den nächsten Jahren eher steigend ist. Insgesamt sind 25 bis 30 Prozent aller Kinder und Jugendlichen von einer Allergie betroffen.
Man kann jedem Lebensalter, seine typische Form der Allergie zuordnen:
Je früher man mit allergieauslösenden Stoffen beispielsweise Eiweiße aus der Nahrung oder mit Hausstaubmilben-Kot in Kontakt kommt, desto eher und früher können sich Allergien entwickeln. So sind insbesondere Säuglinge und Kleinkinder anfällig für die Entwicklung von Allergien, da die Darmschleimhaut für Fremdstoffe noch durchlässiger ist und das kindliche Immunsystem noch im Aufbau ist.
Zu den häufigsten Allergien bei Kindern gehören:
Die Ursachen für die deutliche Zunahme der Allergien im Kindes- und Jugendalter können sehr vielfältig sein. Die Auslöser konnten jedoch bis heute nicht eindeutig geklärt werden.
Ist ein Elternteil bereits an einer Allergie erkrankt, so entwickelt das Kind mit einer Wahrscheinlichkeit von 20 bis 40 Prozent auch eine Allergie. Leiden dagegen beide Eltern unter einer Allergie, so steigt das Risiko auf 40 bis 60 Prozent für das Kind, an einer Allergie zu erkranken. Aber nicht jeder, der eine genetische Vorbelastung hat, muss auch unbedingt zum Allergiker werden. Immerhin erkranken auch 15 Prozent aller nicht genetisch vorbelasteten Kinder, trotzdem an einer Allergie.
Insbesondere Kinder deren Mütter vor, während und nach der Schwangerschaft geraucht haben, weisen im Alter von drei Jahren viel häufiger eine Sensibilisierung gegen Allergene aus der Nahrung und Luft.
Doch bislang konnte man keinen sicheren Zusammenhang zwischen der Häufung von Allergien und der Umweltverschmutzung feststellen. Die schädliche Wirkung von Tabak hingegen ist sicher gestellt. In solchen Fällen empfiehlt man allen Eltern, zumindest während dieser Zeit, das Rauchen einzustellen.
Viele Forscher sind fest der Überzeugung, dass der moderne Lebensstil mitunter als Auslöser von Allergien in Frage kommt. Der hohe Wohnkomfort mit Teppichen, Dämmung und Doppelverglasung, ermöglicht Allergenen sich in der Wohnung besser einzunisten.
In Familien, wo beide Elternteile oder ein Elternteil und ein Geschwister Atopiker sind, sollte man zunächst bis zum 2. Lebensjahr des Kindes keine Haustiere anschaffen. Viele Experten sind sich trotzdem nicht einig, ob die Haltung von Haustieren eher schadet oder nutzt.
Allergische Symptome im Kleinkindes- und Schulalter werden häufig durch Innenraumallergene wie Katzen- und Hausstaubmilbenallergene ausgelöst.
Besonders das Katzenallergen bindet sich an die Feinstäube und schwebt somit permanent in der Raumluft. Dagegen findet man die Milbenallergene besonders in den Betten, also dem Ort, wo die Kinder mit einer Schlafdauer von etwa zehn Stunden nahezu die Hälfte des Tages verbringen.
Laut einer anderen Hypothese verhindert ein häufiges Putzen, Desinfizieren und Waschen den Kontakt des kindlichen Immunsystems mit eher harmlosen Bakterien, Viren und Würmern. Ein mangelnder Kontakt zu Keimen macht die Kinder anfälliger für Allergien. Fehlt diese Abwehrreaktion, so wird das Immunsystem nicht effektiv trainiert. Ein solches dauerndes Abwehrtraining würde auf der anderen Seite das Allergierisiko senken. Man konnte anhand von Untersuchungen feststellen, dass insbesondere Kinder, die als Säuglinge häufig an Atemwegsinfektionen litten, später auch seltener Asthma entwickelten.
Aus diesem Grund erkranken auch Kinder, die auf einem Bauernhof wachsen deutlich seltener an Heuschnupfen und Asthma. Auch der Besuch im Kindergarten oder einer Krabbelgruppe führt dazu, dass das Abwehrsystem auf Hochtouren läuft. Daher sollte man wirklich übertriebene Hygiene und keimfreie Spielsachen eher meiden, da sie viel mehr schädigen als nutzen.
Zu den häufigsten Allergie-Auslösern bei Kindern gehören:
Die Hypothese, dass Impfungen Allergien provoziere, kann mit einer großen Sicherheit widerlegt werden, da es bislang keinen Hinweis darauf gibt, dass Impfungen tatsächlich Allergien fördern. Im Gegensatz einige Impfungen senken sogar das Allergierisiko.
Allergien können generell verschiedene Organe und Körperteile betreffen und sich somit durch verschiedene Symptome äußern. Je nachdem welche Allergieform besteht, kommt es zu folgenden Beschwerden:
Sie beginnt oft schon im Säuglingsalter und ist besonders durch immer wiederkehrende Ekzeme geprägt. Es kommt häufig zu einem nässenden oder trockenen Ausschlag. Diese sind meistens mit einem starken Juckreiz verbunden.
Kinder mit Heuschnupfen leiden besonders unter juckenden, tränenden Augen, ständiger Niesreiz und einem so genannten Fließschnupfen (laufende Nase). Daneben treten oft auch Kopfschmerzen, Müdigkeit und gelegentlich auch eine verstopfte Nase mit auf. Als Auslöser kommen häufig Baum-, Gräser- und Getreidepollen sowie Hausstaubmilben in Frage.
Kinder mit einem Asthma bronchiale entwickeln spastische Bronchitiden, die zum Teil mit angestrengter Atmung und Luftnot einhergehen. Die Patienten verspüren oft ein Engegefühl in der Brust, Husten und oft ein pfeifendes Geräusch beim Ausatmen. Neben wiederkehrenden Luftwegsinfekten kommen auch allergische Ursachen (Pollen, Hausstaubmilben, Tierhaare) als Auslöser in Frage.
Bei einer Nahrungsmittel-Allergie verspüren die Patienten häufig ein Jucken in Mund und Rachen, sowie Gehörgang. Daneben bilden sich auch oft Quaddeln oder Schwellungen an der Haut. Bauchkrämpfe, Durchfall, Übelkeit und Erbrechen, sowie Gedeihstörungen können auch oft Hinweise für eine Nahrungsmittelallergie sein.
Allgemein kann man als Frühsymptome einer Allergie bei Kindern festhalten:
Würde man die Symptome organspezifisch auflisten, so kommt es typischerweise zu folgenden Beschwerden:
Der erste Schritt ist die Befragung der Eltern und des Kindes nach der Krankengeschichte. Insbesondere sollte man Fragen nach:
Nach einem ausführlichen Gespräch erfolgt die körperliche Untersuchung. Man kann auch bereits bei Säuglingen einen Allergietest durchführen, muss jedoch wissen dass der Test, nie allein für sich bewertet werden sollte. Unter Umständen kann der Test positiv ausfallen, das bedeutet dass der Körper auf den zugeführten Stoff allergisch reagiert. Die positive Reaktion kann aber auch nur den Hinweis geben, dass der Körper bereits Kontakt mit dem Allergen hatte. Sie ist also allein kein sicherer Beweis für eine Allergie. In der Frühphase einer Allergie kann der Test auch eventuell negativ ausfallen, obwohl der Stoff der eigentliche Auslöser ist.
Es gibt verschiedene Formen von Allergietest, diese wären im folgenden:
Bei dem Prick-Test sticht der Arzt mit einer kurzen Nadel das Allergen unter die Haut des Kindes und liest die Reaktion nach vorgeschriebenen Zeiträumen ab. Man darf nicht vergessen, dass die Reaktion bei Säuglingen und Kleinkindern in der Regel schwächer ausfällt als bei Erwachsenen. Der Grund für die schwache Reaktion ist, dass das Immunsystem noch nicht voll entwickelt ist.
Die häufigsten Allergene werden mit Hilfe eines Pflasters auf den Rücken des Kindes geklebt. Anschließend werden nach definierten Zeiträumen die Reaktionen an der Haut durch den Arzt abgelesen. In der Regel erfolgt dies nach 24 und 48 Stunden.
Mit dem IgE-Test versucht man bestimmte Antikörper im Blut nachzuweisen. Man führt dieses Verfahren besonders gern an kleinen Kindern durch, denen man umfangreiche Tests an der Haut nicht zumuten will.
Der Provokationstest dient vor allem dazu, um Nahrungsmittel-Allergien zu ermitteln, die man durch andere Tests meistens nicht ausreichend abklären kann. Der Test besteht aus zwei Phasen. Zunächst die Auslaufphase, hier wird das verdächtige Nahrungsmittel aus der Ernährung weggelassen, woraufhin eine Besserung der allergischen Symptome erfolgen sollte. Anschließend kommt die Provokationsphase, hier wird das verdächtige Nahrungsmittel erneut wieder zugeführt, mit dem Ziel, dass es wieder zu einer Verschlechterung der Beschwerden führt.
Diese Untersuchung wird bei Verdacht auf Asthma oder einem überempfindlichen Bronchialsystem durchgeführt. Der Test kann jedoch erst ab dem 4. bzw. 5. Lebensjahr durchgeführt werden, da die Kinder erst dann effektiv mitarbeiten können. Es gibt natürlich auch mittlerweile Kliniken, die sich auf die Lungenfunktionsprüfung bei Säuglingen spezialisiert haben.
Allergische Symptome können bei einer Vielzahl von Erkrankungen auftreten. Man sollte vor allem systemische Erkrankungen wie Infektionen durch Bakterien, Viren und Pilze ausschließen. Aber auch psychische Erkrankungen wie Depressionen können ähnliche Beschwerden verursachen.
Bei der Therapie von allergischen Erkrankungen bei Kindern muss man viele Besonderheiten und Ausnahmen bedenken.
Die Therapie kann durchgeführt werden mit Cremes, Salben, Zäpfchen, Tropfen, Spritzen und Inhalationssprays. Die richtige Auswahl der Medikamente richtet sich besonders nach dem Alter, der Mitarbeit, sowie Wirkung und Nebenwirkung der Medikamente.
Je nachdem welche allergische Erkrankung zugrunde liegt, sieht die Therapie folgendermaßen aus:
Wichtig ist zunächst die ausführlicher Beratung der Eltern, sowie eine Lokalbehandlung der Haut. Im Vordergrund der Therapie stehen außerdem noch präventive Maßnahmen für die Zukunft.
Die Therapie des Heuschnupfens erfolgt in erster Linie symptomatisch. Auf der anderen Seite kann man die Beschwerden langfristig durch eine Hyposensibilisierung mildern. Bei der Hyposensibilisierung wird das krankmachende Allergen in regelmäßigen Abständen unter die Haut gespritzt. Jedoch wird sie bei Kindern und Jugendlichen immer noch spät angewandt, obwohl die Hyposensibilisierung eigentlich am besten wirkt, wenn die Allergie noch nicht lange besteht und dementsprechend nur wenig Allergene zu behandeln sind.
Auch bei Kindern und Jugendlichen steht bei der Therapie die Inhalation von Cortison an erster Stelle. Anhand von vielen Studien konnte man beweisen, dass eine frühzeitige Therapie mit inhalativem Cortison die Krankheit bestmöglich beeinflusst. Durch eine ausreichende Behandlung erhalten Kinder mit einem Asthma bronchiale eine bessere Lungenfunktion und die verlorene Lungenkapazität wieder zurück.
Hier muss besonders drauf geachtet werden, dass die Kinder die Allergie auslösenden Nahrungsmittel in Zukunft nicht mehr zu sich nehmen. Dies erfordert vor allem die Mitarbeit von Personen aus der Umgebung wie Freunde, Bekannte, Erzieher und Lehrer. Besonders bei Fertigprodukten sollten Eltern auf die Inhaltsstoffe achten.
Die Prognose ist relativ gut, da im zweiten bis dritten Lebensjahr die Neigung zu weiteren Ekzemen eher rückläufig ist.
Heuschnupfen ist wie jede andere Allergie nicht heilbar, daher sollten die Kinder direkt nach der Geburt eine „Allergieprophylaxe" erhalten. Die wichtigste Prophylaxe ist vor allem das Stillen des Kindes bis zum sechsten Lebensmonat, sowie die Vermeidung von Zigarettenrauch und die Reduktion der Hausstaubmilben im Schlafbereich.
Das Asthma klingt bei etwa 50 Prozent aller erkrankten Kinder mit Ende der Pubertät wieder ab. Dagegen heilt sie im Erwachsenenalter nur bei etwa 20 Prozent der Erkrankten aus. Durch eine konsequente Therapie und vorbeugende Maßnahmen kann man die Erkrankung gut unter Kontrolle halten.
In der Regel sind die Heilungschancen bei Säuglingen und Kleinkindern ganz gut. Durch die konsequente Meidung des Allergens verschwindet die Allergie in den meisten Fällen schon innerhalb weniger Jahre. Die Erdnussallergie stellt jedoch eine Ausnahme dar, die Besserungstendenzen sind hier sehr gering.
Zur Vorbeugung einer Allergie können folgende Tipps sehr hilfreich sein:
Seit kurzer Zeit versuchen Forscher herauszufinden, was man einem Kind zuführen muss um eine Allergie zu verhindern. Dies ist ein ganz neuer Denkansatz in der Medizin. Man vermutet, dass es Schutzfaktoren geben muss die verhindern, dass es überhaupt zum Ausbruch einer Allergie kommt. Bei Bauernhofkindern konnte man zumindest nachweisen, dass bestimmte Bakterienbestandteile, die in Ställen und Häusern häufiger vorkommen, die Kinder offensichtlich schützen.
Dieser Stoff, das Endotoxin, wird heute durch eine Studie an der Charité näher untersucht. Dabei erhalten etwa 600 Säuglinge nach der Geburt sechs Monate lang das Endotoxin als Schluckimpfung, die wiederum mit einer Gruppe von Säuglingen verglichen werden, die ein Scheinpräparat erhalten.
aktualisiert am 17.06.2021