Das Auge besteht aus verschiedenen Strukturen, die dafür sorgen sollen, dass wir unsere Umgebung gut wahrnehmen können. Die wichtigste Struktur ist dabei die Netzhaut (Retina). Hier werden auftreffende Lichtstrahlen in elektrische Impulse umgewandelt und an das Gehirn gesendet. Zwei andere wichtige Strukturen sind die Hornhaut und die Augenlinse. Die Hornhaut erfüllt mehrere Aufgaben. Zum einen schützt sie unser empfindliches Auge vor schädlichen Umwelteinflüssen, zum anderen steuert sie mit 40 Dioptrien einen Großteil der Gesamtbrechkraft des Auges bei. Das gesunde Auge verfügt über eine Brechkraft von 63 Dioptrien. Dieser Wert sagt aus, wie stark die einfallenden Lichtstrahlen gebündelt werden. Die Lichtstrahlen müssen immer so stark gebündelt werden, dass sie punktförmig auf die Netzhaut treffen. Ein Problem des Auges besteht darin, dass Lichtstrahlen aus verschiedenen Entfernungen unterschiedlich stark gebrochen werden müssen. Die Hornhaut stellt eine feste Größe dar, die nicht verändert werden kann. Den flexiblen Teil des Linsenapparats stellt deshalb die Augenlinse dar. Sie besitzt zwar nur eine Brechkraft von 20 Dioptrien, kann diesen Wert aber durch unterschiedliche Abrundung verändern. Die Linse ist im Auge an speziellen Fasern (Zonula-Fasern) befestigt, die wiederum mit einem Muskel in Verbindung stehen. Durch eine Anspannung des Muskels (Ziliar-Muskel) werden die straffen Fasern entspannt und die Linse kugelt sich -aufgrund ihrer Eigenelastizität- stärker ab. Dadurch werden die Lichtstrahlen stärker gebrochen, was für das Nahsehen wichtig ist. Umgekehrt wird für das Fernsehen der Muskel entspannt, was eine Straffung der Zonula-Fasern bewirkt und die Linse abflacht. Die einfallenden Lichtstrahlen werden nicht so stark gebrochen und das Sehen in die Ferne ermöglicht. Diese Vorgänge (das Anpassen des Auges an verschiedene Entfernungen) werden als Akkomodation bezeichnet.
Im Falle der Alterssichtigkeit (auch Altersweitsichtigkeit oder Presbyopie) ist die Elastizität der Linse vermindert. Schon ab dem 10. Lebensjahr werden in die Linse unlösliche Verbindungen eingelagert, die eine Verminderung der Elastizität bewirken. Bemerkt wird die entstandene Weitsichtigkeit meist zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr, wenn das Lesen in einer normalen Entfernung nicht mehr möglich ist.
Die Alterssichtigkeit wird durch die im Alter fehlende Elastizität der Linse ausgelöst. Um nah zu sehen muss die Linse elastisch sein, da sie nicht aktiv abgekugelt werden kann, sondern nur passiv aufgrund ihrer Eigenelastizität auf den verminderten Zug der Zonula-Fasern reagiert. Im Alter geht die Elastizität der Linse schleichend verloren. Es werden unlösliche Stoffe in die Linse eingelagert, die zuerst den Linsenkern und dann auch den Rest der Linse verdichten und unelastisch machen.
Die Beschwerden, die eine Alterssichtigkeit auslöst sind meist gering. Meist zwischen dem 40. und 50. wird bemerkt, dass eine Zeitung oder ein Buch zum Lesen immer weiter von den Augen entfernt werden muss, um die Buchstaben noch scharf zu sehen. Handlungsbedarf besteht spätestens dann, wenn der Arm nicht mehr ausreicht, um das Objekt weit genug von den Augen zu entfernen.
Durch die zunehmende Anstrengung der Augen können auch Symptome wie Kopfschmerz, Augenbrennen und Rötung der Augen auftreten.
Die Symptome und auch der Beginn der Alterssichtigkeit richten sich nach der Ausgangslage des Betroffenen. Bei einem Normalsichtigen treten die Symptome zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr auf. Bei einem Patienten, der schon vorher weitsichtig war, treten die Symptome früher auf und die bestehende Erkrankung wird noch verstärkt. Bei einem zuvor kurzsichtigen Menschen kann es vorkommen, dass sich Alterssichtigkeit und Kurzsichtigkeit für eine gewisse Zeit kompensieren, so dass der Betroffene vorübergehend normalsichtig wird, bevor die Altersweitsichtigkeit dann fortschreitet. Beim Kurzsichtigen treten die Symptome also in der Regel später auf
Bei der Alterssichtigkeit handelt es sich im Normalfall nicht um eine Krankheit, sondern um eine normale (physiologische) Alterserscheinung.
Meist kann die Verdachtsdiagnose „Alterssichtigkeit" schon durch die Schilderung der Beschwerden (Anamnese) gestellt werden. Um die Diagnose abzusichern und die Therapie zu planen müssen vom Augenarzt noch weitere Untersuchungen durchgeführt werden.
Hierbei blickt der Patient durch ein Gerät, das die Brechkraft der Augen bestimmen kann, ohne dass der Patient dabei mitwirken muss. Diese Bestimmung wird vor allem verwendet, um die Alterssichtigkeit zu diagnostizieren und den ungefähr zu korrigierenden Wert zu bestimmen.
Hier ist die Mitarbeit des Patienten gefordert. Er blickt durch unterschiedlich starke Linsensysteme auf verschieden große Gegenstände und muss angeben, bei welcher Stärke die Objekte am schärfsten erscheinen. Diese Untersuchung dient vor allem dazu, die spätere Brillen- oder Kontaktlinsenstärke zu bestimmen.
Weiterführend kann der Arzt auch noch in das Auge leuchten um den Augenhintergrund mit der Retina und ihrer Gefäßversorgung zu beurteilen.
Die Alterssichtigkeit kann unter Umständen mit der normalen Weitsichtigkeit (Hyperopie) verwechselt werden, da die Symptome die gleichen sind. Im Gegensatz zur Presbyopie kommt es aber bei der Hyperopie im Allgemeinen nicht zu Veränderungen an der Augenlinse. Der häufigste Grund für die Weitsichtigkeit ist ein zu kurzer Augapfel. Die Weitsichtigkeit wird teilweise anders behandelt als die Alterssichtigkeit.
Die Alterssichtigkeit kann am besten mit Linsen, die vor das Auge geschaltet werden, ausgeglichen werden. Hierzu müssen sogenannte Plus-Linsen (Sammellinsen) verwendet werden, welche die einfallenden Lichtstrahlen schon vor dem Auftreffen auf die Hornhaut bündeln. Dadurch kann die verminderte Brechkraft der Linse ausgeglichen werden und die gebündelten Strahlen fallen direkt auf die Netzhaut. Die Linsen können in verschiedenen Ausführungen und Kombinationen verwendet werden.
Diese Brillengläser bestehen aus zwei Anteilen. Der obere Anteil ist so angefertigt, dass ein Sehen in die Ferne möglich ist. Der untere Anteil, der in das Glas integriert ist, ist eine Plus-Linse, die das Lesen und das Sehen in der Nähe ermöglicht.
Diese Brillengläser werden vor allem für Leute verwendet, bei denen eine Akkomodation gar nicht mehr möglich ist. Zwischen die Weitsicht- und die Kurzsicht-Linse ist eine weitere Linse geschaltet, die das Sehen in mittleren Entfernungen ermöglicht.
Das Wechseln der unterschiedlichen Linsen erfolgt in Gleitsichtgläsern kontinuierlich, so dass es keinen abrupten Wechsel von Nah- zu Fernsehen gibt. Allerdings erscheinen die Bildränder stark verzerrt.
Eine Operation der Alterssichtigkeit ist im Allgemeinen nicht sinnvoll. Einzig der Einsatz einer Kunstlinse kann in bestimmten Fällen sinnvoll sein. Allerdings ist die Operation mit gewissen Risiken verbunden und es sollte durchaus gut abgewägt werden, ob nicht eine Lesebrille oder Kontaktlinsen die bessere Lösung darstellen.
Die Alterssichtigkeit betrifft nahezu jeden Menschen im fortgeschrittenen Alter und kann durch Einsatz von Linsen gut behandelt werden. Eine Heilung ist im Allgemeinen nicht möglich, aber die Einschränkungen im Alltag sind normalerweise nicht gravierend.
Letzte Aktualisierung am 09.08.2021.