Die Netzhaut (Retina) des Auges ist die Struktur, die optische Reize in elektrische umwandelt, um sie dem Gehirn zu senden. Lichtstrahlen werden durch die Hornhaut und die Augenlinse gebündelt und fallen dann auf die Netzhaut. Dort löst das Licht in den spezialisierten Zellen (Zapfen und Stäbchen) chemische Reaktionen aus, die dazu führen, dass sich bestimmte Kanäle der Zellen öffnen und schließen. Dadurch wird wiederum ein Spannungsunterschied zwischen dem Inneren der Zelle und dem Außenraum erzeugt, was dann zu Stromfluss und einem Nervenimpuls führt.
Bei der Netzhautablösung (Ablatio retinae) kommt es zur Ablösung der Netzhaut von ihrer Unterlage (Pigmentepithelschicht oder Aderhaut). Die Ablatio retinae ist ein Krankheitsbild, das notfallmäßig behandelt werden muss. Wenn die Netzhaut nicht schnell genug angelegt werden kann, gehen die Zellen zugrunde und der Betroffene erblindet.
Ein erhöhtes Risiko für diese Erkrankung haben Kurzsichtige und Menschen im Alter von 50 bis 70 Jahren. Pro Jahr erleidet ein Mensch von 10 000 eine Netzhautablösung.
Da die Netzhaut aus spezialisierten Zellen besteht, ist es (noch) nicht möglich, sie adäquat zu ersetzen.
Die Netzhautablösung kann durch verschiedene Ursachen bedingt sein:
Oft kommt es vor der kompletten Ablösung zum Einriss der Netzhaut. Um diesen Riss herum löst sich die Netzhaut dann meist zuerst ab. Oft sind Ödeme an der Stelle des Risses an der Ablösung beteiligt. Durch die Verletzung kann Wasser zwischen Netzhaut und Pigmentepithel eindringen. Durch die Druckerhöhung wird die Netzhaut abgehoben. Dem Einriss der Netzhaut geht häufig eine Abhebung des Glaskörpers voraus, die den Riss verursacht.
Hierbei löst sich der Glaskörper zuerst unvollständig von der Netzhaut ab. Dann entstehen Verwachsungen zwischen Glaskörper und Netzhaut, die beide an verschiedenen Stellen relativ fest miteinander verbinden. Wenn nun der Glaskörper weiter schrumpft oder sich anderweitig von der Netzhaut entfernt, wird diese mitgezogen und von ihrem Untergrund abgelöst.
Auch ohne Verletzung der Netzhaut können sich Ödeme (Wassereinlagerungen) bilden, die sich zwischen Netzhaut und Pigmentepithelschicht schieben und die Netzhaut ablösen. Ursachen hierfür sind meist andere Grunderkrankungen, wie diabetische Retinopathie, altersbedingte Makuladegeneration (AMD) oder Morbus Coats. Auch verschiedene Infektionskrankheiten (Borreliose oder Tuberkulose) können die Ödeme verursachen.
Ein Tumor (gutartig oder bösartig) im Bereich der Netzhaut kann diese verdrängen und zu einer Ablösung führen.
Die Symptome der Netzhautablösung treten meist plötzlich auf und sind oft nicht konkret fassbar. Anfangs kommt es zur Wahrnehmung von „fliegenden Mücken" oder schwarzen Flocken (vor allem bei Einblutungen in die Netzhaut). Alternativ können Lichtblitze auftreten, die vor allem im äußeren Gesichtsfeld lokalisiert sind (vermutlich durch den Zug des Glaskörpers an der Retina verursacht). Schon beim Auftreten dieser Symptome sollte sofort ein Augenarzt aufgesucht werden.
Im weiteren Verlauf kommt es dann zu schwarzen Flecken im Sehbereich. Später dann werden ganze Teile des Sichtfeldes schwarz. Je nach Lokalisation bekommt man das Gefühl, ein schwarzer Vorhang fahre von oben oder der Seite ins Bild oder eine schwarze Mauer baue sich von unten her auf. Bei vollständiger Ablösung der Netzhaut erblindet der Betroffene vollständig.
Die Diagnose „Netzhautablösung" sollte sehr früh nach auftreten der ersten Symptome gestellt werden, um die Behandlung rechtzeitig einleiten zu können. Am wichtigsten ist es, beim Auftreten der ersten Symptome einen Augenarzt aufzusuchen.
Am Anfang jeder Diagnostik steht die Anamnese. Hierbei befragt der Arzt den Patienten sowohl zu allgemeinen (Alter, Beruf, Fitness), als auch zu krankheitsspezifischen (Zeitpunkt des Auftretens, Stärke der Schmerzen) Gegebenheiten.
An die Anamnese schließt sich eine gründliche Untersuchung der Augen an. Besonderes Augenmerk wird hierbei natürlich auf den Augenhintergrund gelegt. Um die Netzhaut betrachten zu können, muss die Pupille erweitert werden. Dazu werden Augentropfen eingesetzt, die beispielsweise Atropin enthalten. Dann wird die Hornhaut (Kornea) örtlich betäubt um eine spezielle Lupe (Kontaktglas) auf sie zu setzen.
Mit diesem Kontaktglas kann der Arzt nahezu die gesamte Retina beurteilen und nach Ursachen für die Netzhautablösung suchen. Wenn die Beurteilung der Netzhaut nicht möglich ist (etwa wegen zu starken Blutungen) kann auch eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt werden. Nach erfolgter Untersuchung wird eine detaillierte Zeichnung des Augenhintergrundes angefertigt. Anhand dieser Zeichnung kann sich später der operierende Arzt orientieren.
Die Netzhautablösung kann mit verschiedenen anderen Augenerkrankungen verwechselt werden.
Diese Erkrankung tritt im höheren Lebensalter auf. Die Ursachen für die AMD sind noch nicht ausreichend bekannt. Als erste Symptome wird eine partielle Sehschwäche bemerkt, bei der Teile des Sichtfeldes nicht oder nur noch verschwommen gesehen werden. Der Grund hierfür ist ein Untergang der Sehzapfen in der Makula lutea. Im Gegensatz zur Netzhautablösung treten die Symptome jedoch im Normalfall nicht plötzlich auf, sondern werden schleppend bemerkbar.
Verschiedene Ursachen, die alle direkt oder indirekt mit dem Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) in Verbindung stehen, führen zur diabetischen Retinopathie. Auch hier kann es zu kompletten Gesichtsfeldausfällen kommen. Jedoch wird, vor dem Ausfall, meist eine Verschlechterung der Sehschärfe beobachtet.
Die Behandlung der Netzhautablösung kann nur operativ erfolgen, da die Netzhaut nur so wieder an den richtigen Ort gebracht werden kann. Das Ausmaß der Operation und damit auch der Anästhesie (Vollnarkose oder lokale Betäubung) richtet sich nach der Ausdehnung und der Art der Ablösung.
Ziel der Therapie ist es, Netzhaut und Pigmentepithelschicht wieder zusammen zu führen. Dafür wird an der Stelle des Risses eine Silikonplombe hinter die Aderhaut eingesetzt. Dadurch werden die beiden Schichten aneinandergedrückt und können wieder miteinander verwachsen. Meist wird zusätzlich noch eine örtliche Entzündungsreaktion ausgelöst, um die Heilung zu beschleunigen. Dazu werden entweder von außen Kälte (Kryotherapie) oder von innen Laserstrahlen eingesetzt.
Bei komplizierteren Formen der Netzhautablösung wird zusätzlich oder ausschließlich eine Entfernung des Glaskörpers notwendig. Dieser wird dann entweder durch Gas oder speziell gefertigtes Silikonöl ersetzt. Durch den erhöhten Druck, der nun wieder im Augenraum herrscht, wird die Retina an die Aderhaut gedrückt und kann heilen.
Generell ist die Prognose der Ablatio retinae gut. In ungefähr 85 Prozent der Fälle kann die Netzhaut erfolgreich wieder angelegt werden. Wichtig ist dabei, die Behandlung rechtzeitig zu starten. Die Prognose hängt auch von der Ursache der Ablösung ab.
Bei rissbedingten (rhegmatogenen) Netzhautablösungen ist die Erfolgsaussicht beispielsweise größer als bei traktiven Ablösungen.
Wenn der Ort des schärfsten Sehens (Makula lutea) mitbetroffen ist, verbleibt meist auch bei erfolgreicher Behandlung eine Verminderung der Sehschärfe.
Letzte Aktualisierung am 10.09.2021.