Die Augen werden von einem Flüssigkeitsfilm vor dem Austrocknen geschützt. Dieser Flüssigkeitsfilm wird von Drüsen in den Augenlidern und den großen Tränendrüsen gebildet. Der Lidschlag verteilt die Flüssigkeit gleichmäßig auf dem Auge. Durch Kanäle im inneren Augenwinkel wird die Flüssigkeit aufgenommen und in die Nase transportiert. Die Tränenflüssigkeit setzt sich zum größten Teil aus Wasser zusammen, das von den Tränendrüsen gebildet wird. Um seine Funktion erfüllen zu können, muss die Tränenflüssigkeit aber noch andere Bestandteile beinhalten. Um nicht unkontrolliert aus dem Auge zu laufen und einen durchgehenden Film auf dem Auge zu bilden, muss die Konsistenz (Zähigkeit) der Tränenflüssigkeit erhöht werden. Dazu produzieren spezialisierte Drüsenzellen der Bindehaut (Becherzellen) einen Stoff namens Muzin. Auch das schnelle Verdunsten des Wassers muss verhindert werden. Dies kann durch die Auflagerung einer Lipidschicht (Fettschicht) auf den Flüssigkeitsfilm erfolgen. Die Bildung dieser Lipidschicht erfolgt durch spezielle Drüsen im Augenlid (Meibom-Drüsen).
Wenn nun der natürliche Tränenflüssigkeitsfilm des Auges fehlt oder nur unvollständig vorhanden ist, kommt es zum Sicca-Syndrom, oder einfach zu trockenen Augen. Da die Produktion der Tränenflüssigkeit in verschiedenen Teilen des Augenapparats stattfindet, gibt es auch viele verschiedene Funktionsstörungen.
Die Ursachen für trockene Augen sind sehr vielfältig. Verschiedene Umstände wirken dabei meist auf die Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit. Wenn diese Zusammensetzung aus Muzinen, Wasser und Lipiden verändert wird, kann die Tränenflüssigkeit das Auge nicht mehr ausreichend befolgen und es trocknet aus. Das Sicca-Syndrom kann folgende Ursachen haben.
Vor allem in klimatisierten Räumen wird die Luft häufig entfeuchtet. Der niedrige Wassergehalt in der Luft und der relativ hohe Wassergehalt auf dem Auge gleichen sich aus. Es wird also Feuchtigkeit vom Auge an die Luft abgegeben. Das Auge trocknet dabei über längere Zeit hin aus.
Auch durch langes und angestrengtes Arbeiten am Computer kann das Auge austrocknen. Durch die erhöhte Konzentration auf den Computer-Bildschirm wird weniger geblinzelt. Der Tränenfilm auf dem Auge wird also nicht ausreichend verteilt und erneuert. Das Auge trocknet nach und nach aus (Office eye syndrom, dt. Büro-Augen-Syndrom).
Verschiedene Erkrankungen des Körpers können auch eine Auswirkung auf die Produktion und die Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit haben. Dabei spielen vor allem Autoimmunerkrankungen eine große Rolle. Bei Autoimmunerkrankungen bildet der Körper Abwehrstoffe gegen körpereigene Zellen. Der Entstehungsmechanismus dieser großen Krankheitsgruppe ist noch nicht vollständig bekannt. Vor allem bei einigen Erkrankungen aus dem rheumatischen Formenkreis (z.B. Sjögren-Syndrom oder rheumatoide Arthritis) werden Antikörper (Abwehrstoffe) gegen die Zellen der Tränendrüsen gebildet. Die angegriffenen und oftmals entzündeten Drüsen können keine ausreichende Flüssigkeitsmenge mehr produzieren und die Augen trocknen aus.
Durch Eingriffe an der Hornhaut (der äußersten Schicht des Auges) kommt es meist zu Veränderungen der Augenoberfläche. Durch Unebenheiten kann der Film aus Tränenflüssigkeit auf dem Auge einreißen, was an der betroffenen Stelle zu Trockenheit führen kann. Durch den gestörten Zusammenhalt des Flüssigkeitsfilms wird dann auch der Abfluss gefördert, was eine Trockenheit des gesamten Auges nach sich ziehen kann.
Trockene Augen lösen eine Vielzahl von Symptomen aus:
Durch die Trockenheit der Augenoberfläche können die Augenlider nicht mehr ausreichend über die Hornhaut gleiten. Dieses Gefühl kennt das Gehirn jedoch nicht. Es interpretiert einen Fremdkörper in das Auge, da es ein trockenes Augenlid noch nie gespürt hat. Häufig reiben die Betroffenen dann im Auge, um den vermeintlichen Gegenstand zu entfernen. Dadurch wird jedoch die ganze Symptomatik nur verschlimmert.
Durch die vermehrte Reibung der Augenlider auf den Augen wird die Durchblutung der Bindehaut gesteigert. Da die Bindehaut sehr dünn ist und viele kleine feine Äderchen enthält, erscheint diese Mehrdurchblutung sofort als gerötete Bindehaut.
Ein Hauptsymptom der trockenen Augen ist das brennende Gefühl auf der Hornhaut. Es kommt durch die langsam austrocknende Oberfläche des Auges zustande.
Dieses Symptom stellt auf den ersten Blick einen Widerspruch zur Erkrankung dar. Bei näherer Betrachtung allerdings ist kann auch das Auftreten dieser Störung erklärt werden.
Die fehlende Tränenflüssigkeit des Auges wird durch bestimmte Nerven registriert. Diese regen dann wiederum den Tränenfluss an. Da jedoch die Tränenflüssigkeit in vielen Fällen eine ungünstige Zusammensetzung ihrer Inhaltsstoffe aufweist, haftet sie nicht auf dem Auge, sondern fließt zu schnell ab, was dann erneut zur trockenen Augenoberfläche führt. Dadurch werden erneut die Tränendrüsen stimuliert usw. Zur Behandlung muss dieser Teufelskreis durchbrochen werden.
Eine Aufgabe der Tränenflüssigkeit ist es, Krankheitserreger, die auf dem Auge „landen", abzuspülen. Wenn die Tränenflüssigkeit fehlt, können sich Bakterien und Viren auf dem Auge festsetzen und ernste Erkrankungen auslösen (z.B. Bindehautentzündung).
Seltene, aber gefürchtete Komplikationen des Sicca-Syndroms sind Vernarbungen auf der Oberfläche der Hornhaut. Im schlimmsten Fall beeinträchtigen sie das Sehvermögen und können sogar eine Hornhauttransplantation notwendig machen.
Die Diagnose „Sicca-Syndrom" kann meist schon bei anhand der klassischen Hauptsymptome Brennen, Rötung und Fremdkörpergefühl gestellt werden. Es gibt jedoch einige Untersuchungen, die genauer auf diese Erkrankung eingehen.
Der Schirmer-Test kann die Trockenheit des Auges sehr gut darstellen. Um diesen Test durchzuführen, wird ein Filterpapier so am Augenunterlid befestigt, dass das Papier Kontakt zur Augenoberfläche hält. Das Papier saugt sich dann vom Auge ausgehend mit Flüssigkeit voll. Nach fünf Minuten wird das Papier abgenommen und die Strecke, die von der Flüssigkeit zurückgelegt wurde, kann gemessen werden. Anhand mehrerer Messungen an gesunden Personen wurde ein Mittelwert ermittelt, mit dem der Wert des Betroffenen verglichen werden kann.
Ein anderer Test kann eingesetzt werden, um zu messen, wie lange es dauert, bis der Tränenfilm auf dem Auge nicht mehr das vollständige Auge bedeckt. Um diese „Tränenfilmaufrisszeit" messen zu können, muss der Tränenfilm sichtbar gemacht werden. Dazu wird die Tränenflüssigkeit mit Fluorescein angefärbt. Durch eine spezielle Belichtung kann der Arzt dann sehen, wann der Tränenfilm aufreißt.
Auch die Hornhaut oder die Bindehäute können angefärbt werden. Diese Methoden werden hauptsächlich dann angewendet, wenn man nach Operationen am Auge vermutet, dass die betroffenen Strukturen verletzt wurden.
Wenn es keine offensichtlichen Ursachen für die Beschwerden des Betroffenen gibt, sollte auch eine Blutuntersuchung angesetzt werden, um andere Erkrankungen auszuschließen.
Bei brennenden und geröteten Augen sollte immer auch an Entzündungen oder toxische Einflüsse (z.B. Säuren oder Laugen) am Auge gedacht werden.
Bisher können die Ursachen des Sicca-Syndrom noch nicht vollständig therapiert werden. Das Leiden des Betroffenen kann jedoch gemildert werden.
Die medikamentöse Therapie zielt auf den Ersatz einzelner Bestandteile der Tränenflüssigkeit ab. Am häufigsten und vor allem in der Frühphase der Behandlung kommen Präparate zum Einsatz, die den wässrigen Anteil der Tränenflüssigkeit ersetzen und das Auge befeuchten. Sie werden entweder als Tropfen direkt in die Augen oder als Gele in den Bindehautsack verabreicht. Die Verabreichung in Form von Gelen hat den Vorteil, dass diese Form länger im Auge bleibt. Allerdings kommt es eine gewisse Zeit lang zu verschwommenem Sehen.
Auch die Lipidschicht auf dem Flüssigkeitsfilm kann ersetzt werden. Dieses Medikament wird dann entweder als Spray oder als Salbe (für die Nacht) auf das Auge aufgetragen.
Operativ können einige der Tränenabflüsse verschlossen werden. Sie werden entweder verödet (meist durch Strom oder Laser) oder durch „Punctum plugs" verschlossen.
Trockene Augen sollten frühzeitig behandelt werden, um das Risiko schwerwiegender Komplikationen zu vermindern. Normalerweise stellen trockene Augen keine schwere Erkrankung dar, sie können jedoch den Alltag des Betroffenen erheblich beeinflussen.
Um die Entstehung trockener Augen zu verhindern, sollten einige Verhaltensregeln befolgt werden:
Letzte Aktualisierung am 06.08.2021.