Der Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit) ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, bei der der Blutzuckerspiegel zeitweise oder dauerhaft erhöht ist. Dabei existieren verschiedene Formen der Zuckerkrankheit, wobei der Diabetes mellitus Typ II die weitaus häufigste Form darstellt. Der Typ-II-Diabetes wird im Volksmund auch als Altersdiabetes bezeichnet, da diese Form häufig bei älteren und übergewichtigen Menschen auftritt.
Heute sind jedoch auch zunehmend Jugendliche und Kinder von Diabetes mellitus Typ II betroffen. Diabetes-Erkrankungen nehmen aufgrund der ungesunden Lebensweise vieler Menschen immer weiter zu. In Deutschland leiden etwa sieben Millionen Menschen an Typ II Diabetes.
Etwa eine weitere Million ist betroffen, ohne es zu wissen. Im Jahr 2006 waren weltweit etwa 230 Millionen Menschen an Typ II Diabetes erkrankt. Vor 20 Jahren lag die Zahl der Typ II-Diabetiker noch bei 30 Millionen. Jedes Jahr sterben etwa drei Millionen Menschen am Diabetes selbst oder den Folgen der Zuckerkrankheit. Damit stellt der Diabetes eine der fünf häufigsten Todesursachen dar.
Die Folgeschäden der Zuckerkrankheit sind gefürchtet: So ist der Diabetes mellitus in Deutschland die häufigste Ursache für Amputationen. Diabetiker erleiden häufiger Herzinfarkte und Schlaganfälle. Nicht selten erblinden Patienten aufgrund der Spätfolgen ihrer Zuckerkrankheit. Eine gute Blutzuckereinstellung ist deshalb entscheidend für die Prognose des Betroffenen.
Die Auslöser des Diabetes mellitus Typ II ist zunächst eine zunehmende Unempfindlichkeit (Resistenz) der Körperzellen gegenüber dem Hormon Insulin. Die Zellen nehmen aufgrund der Insulinresistenz immer weniger Glukose aus dem Blut auf, weshalb der Blutzucker zunächst ansteigt (Hyperglykämie). Der Körper versucht den steigenden Blutzuckerwerten entgegenzuwirken, indem er die Bauchspeicheldrüse zu einer Vermehrten Bildung von Insulin veranlasst. So entsteht eine so genannte Hyperinsulinämie, also ein erhöhter Insulinspiegel im Blut.
Dieser kann zunächst einen zu hohen Blutzuckerspiegel verhindern. Mit der Zeit nimmt jedoch die Insulinresistenz der Körperzellen zu und je mehr Insulin im Blut zirkuliert, desto unempfindlicher werden die Zellen. Besonders kritisch ist eine Insulin-Unempfindlichkeit des Fettgewebes im Bauchbereich (Bauchfett). Fettgewebe ist in der Lage, Hormone zu bilden und so mit Organen wie der Leber und dem herz zu kommunizieren. So kann sich eine verringerte Insulinwirkung am Fettgewebe auch auf Herz, Muskulatur und Leber auswirken, und die Entstehung von Fettstoffwechselstörungen und Bluthochdruck begünstigen.
Aufgrund der zunehmenden Insulinresistenz im Körper müssen die B-Zellen in der Bauchspeicheldrüse immer mehr Insulin produzieren, um den Blutzuckerspiegel zu kontrollieren. Die Insulinproduktion in den Inselzellen der Bauchspeicheldrüse hat jedoch mit der Zeit ihr Limit erreicht und ist erschöpft. Aus dem Insulinüberschuss entwickelt sich zunehmend ein Insulinmangel.
In der Entstehung des Diabetes mellitus Typ II spielt außerdem die Vererbung eine wichtige Rolle. Wenn ein Elternteil an Diabetes mellitus Typ II erkrankt ist, besteht für die Kinder ein Risiko von 40 Prozent, im Laufe des Lebens ebenfalls an Diabetes zu erkranken. Sind beide Elternteile Diabetiker, entwickeln die Kinder mit einer Wahrscheinlichkeit von 80 Prozent ebenfalls eine Zuckerkrankheit.
Bei erkrankten Geschwistern beträgt das Erkrankungsrisiko etwa 40 Prozent. Ist jedoch ein eineiiger Zwilling von Diabetes mellitus Typ II betroffen, entwickelt dessen Zwilling zu 90 Prozent ebenfalls diese Erkrankung.
Neben den genetischen Ursachen müssen jedoch in der Regel noch weitere Risikofaktoren zusammenkommen, um die Erkrankung Diabetes mellitus auszulösen. Eine große Bedeutung wird einer ungesunden Ernährung und Übergewicht beigemessen. In diesem Zusammenhang ist vor allem das metabolische Syndrom zu nennen.
Unter diesem Begriff fasst man die vier wichtigsten Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zusammen:
Diese vier Faktoren bedingen sich gegenseitig und werden deshalb auch als „teuflisches Quartett" bezeichnet. Etwa zwei Drittel aller Diabetiker sterben vorzeitig an Herz-Kreislauf-Erkrankungen und deren Folgen.
Daneben können nach neuesten Erkenntnissen auch hormonelle Faktoren zur Entstehung einer Zuckerkrankheit mit beitragen. Im Jahre 2001 wurde das Hormon Resistin entdeckt, das für die Entwicklung einer Insulinresistenz mitverantwortlich sein soll. Gleichzeitig fördert es die Speicherung von Fett in Fettzellen.
Auch die Einnahme bestimmter Medikamente kann die Entstehung eines Diabetes mellitus begünstigen. Zu diesen Arzneimitteln zählen vor allem Kortisonpräparate, harntreibende Medikamente (Thiazid-Diuretika), blutdrucksenkende Medikamente, die Antibabypille sowie verschiedene Antidepressiva.
Speziell für Frauen existieren bei entsprechender genetischer Veranlagung noch weitere Risikofaktoren, die einen Diabetes mellitus begünstigen können. Dazu zählen eine so genannte „männliche" Fettverteilung, also mehr Fettgewebe am Bauch als an den Hüften, sowie eine starke Körperbehaarung (Hirsutismus).
Ein Diabetes mellitus Typ II entwickelt sich in der Regel langsam. Häufig vergehen 5 bis 10 Jahre bis die Erkrankung erkannt wird. In dieser zeit kann die Zuckerkrankheit bereits erhebliche Schäden im Körper anrichten und besonders die Blutgefäße und Nerven angreifen.
Die Patienten machen im Verlauf der Erkrankung meist mehrere Stadien durch:
Im schlimmsten Fall können die Blutzuckerwerte aufgrund des Insulinmangels so weit entgleisen, dass der Patient in ein diabetisches Koma fällt. Der Blutzucker kann dabei auf Werte bis zu 1000mg/dl ansteigen. Warnzeichen für die Entstehung eines diabetischen Komas sind Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, eine vertiefte Atmung und ein zunehmender Bewusstseinsverlust.
Patienten im diabetischen Koma müssen umgehend von einem Notarzt behandelt und auf eine Intensivstation gebracht werden. Durch eine dauerhaft erhöhte Blutzuckerkonzentration werden mit der Zeit zunächst die kleinen und großen Blutgefäße geschädigt (Mikro- und Makroangiopathie). Auch Schädigungen im Bereich der Nervenbahnen können aufgrund eines nicht behandelten oder schlecht eingestellten Diabetes auftreten.
Die häufigsten daraus resultierenden Folgeerkrankungen des Diabetes mellitus sind:
Der wichtigste Test in der Diagnose des Diabetes mellitus ist die Bestimmung des Blutzuckers. Dieser sollte nüchtern gemessen werden und beim Gesunden einen Wert von 126mg/dl nicht überschreiten.
In der weiteren Diagnostik kann zusätzlich eine Urinzuckermessung vorgenommen werden, die mit einem Teststreifen einfach durchführbar ist. Sie sollte auch bei bereits festgestelltem Diabetes mellitus etwa ein bis zwei Mal pro Jahr routinemäßig erfolgen.
Eine gestörte Glukoseverwertung (Glukosetoleranz) wird in der Regel mit einem so genannten oralen Glukosetoleranztest diagnostiziert. Dazu muss der Patient eine festgesetzte Menge an Zuckerlösung trinken. Danach wird in regelmäßigen Abständen der Blutzuckerspiegel bestimmt.
Um bei bereits bekanntem Diabetes mellitus die mittleren Blutzuckerwerte zu ermitteln, kann der Arzt den so genannten Langzeit-Blutzuckerwert HbA1c bestimmen, der Auskunft über die Blutzuckerlage der letzten vier bis sechs Wochen gibt.
Darüber hinaus sollte das Vorliegen weiterer Risikofaktoren, wie erhöhten Blutfetten, Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen überprüft und gegebenenfalls behandelt werden.
Außerdem sollte der Arzt einen Diabetiker regelmäßig auf typische Organschäden der Zuckerkrankheit im Bereich der Augen, Nieren, Nerven und Blutgefäße hin untersuchen.
Erhöhte Blutzuckerwerte können auch im Rahmen einer so genannten passageren Hyperglykämie auftreten. Diese sind meist durch Stresssituationen, wie eine Operation oder einen Unfall bedingt. Solche passageren Hyperglykämien können im durch Verlaufsuntersuchungen leicht vom manifesten Diabetes mellitus abgegrenzt werden.
Auch die genannten Folgeschäden des Diabetes, wie Augen-, Nerven-, Gefäß- und Nierenerkrankungen müssen nicht mit einer Zuckerkrankheit zusammenhängen und können auch unabhängig voneinander auftreten.
Beim Typ II Diabetiker ist die Ernährung die Basis jeder Behandlung. Wird eine beginnende Insulinresistenz frühzeitig erkannt, kann eine Erkrankung an Diabetes mellitus durch eine Ernährungsumstellung oft noch verhindert werden. Die Mahlzeiten sollten dabei vorwiegend aus vollwertiger Kost bestehen, die Energiezufuhr sollte bedarfsgerecht und dem Energieverbrauch angepasst sein. Dabei muss natürlich die körperliche Aktivität jedes Einzelnen mitberücksichtigt werden. Auch wenn sich eine Zuckerkrankheit bereits manifestiert hat, ist die Ernährung zunächst der erste und wichtigste Ansatzpunkt.
Klassischerweise wird die Ernährung bei Diabetes mellitus auf drei kleinere Haupt und drei bis vier Zwischenmahlzeiten aufgeteilt, was etwa sechs bis sieben Mahlzeiten pro Tag ergibt. Durch diese Verteilung der Mahlzeiten kann Blutzuckerschwankungen am besten vorgebeugt und das Risiko für Hypoglykämien somit gemindert werden.
Die Mahlzeiten sollten dabei zu etwa 55 Prozent aus Kohlenhydraten, wie Vollkornprodukten, Kartoffeln, Reis, Müsli und Obst bestehen. Einfacher Haushaltszucker, der in Limonaden, Süßigkeiten und Honig enthalten ist, sollte nach Möglichkeit vermieden werden, da er zu einem raschen Blutzuckeranstieg führt. Neben den Kohlenhydraten sollte die Nahrung zu etwa 30 Prozent aus Fett und etwa 15 bis 20 Prozent aus Eiweiß bestehen.
Ist es allein durch eine angepasste Ernährung und regelmäßige Bewegung nicht möglich, den Blutzuckerspiegel zu normalisieren, können verschiedene Medikamente (Antidiabetika) zum Einsatz kommen. Anfänglich sollten zunächst Arzneimittel verabreicht werden, die eine eventuelle Überzuckerung nicht noch verstärken.
Führt die Behandlung mit oralen Antidiabetika nur zu einer unbefriedigenden Stoffwechsellage, muss auch beim Diabetes mellitus Typ II mit einer Insulintherapie begonnen werden. Die klassische Form der Insulintherapie beim Diabetes mellitus Typ II ist die konventionelle Insulintherapie mit zwei Injektionen von Mischinsulin täglich. Diese werden morgens vor dem Frühstück und vor dem Abendessen verabreicht. Häufig werden dazu Präparate verwendet, die zu 20 bis 30 Prozent aus Normalinsulin und 70 bis 80 Prozent aus Intermediärinsulin bestehen. Diese Insulinmischungen gewährleisten in der Regel eine kontinuierliche blutzuckersenkende Wirkung.
Die Form der konventionellen Insulintherapie führt jedoch nur zu einem befriedigenden Ergebnis, wenn der Betroffene seinen gesamten Lebensrhythmus nach den Insulininjektionen richtet und seine Ernährung entsprechend anpasst. Sie ist vor allem für ältere Typ II-Diabetiker geeignet.
Deshalb werden heute vor allem jüngere Typ II- Diabetiker mit einer so genannten intensivierten Insulintherapie behandelt, die auch als Basis-Bolus-Therapie bezeichnet wird. Bei dieser Therapie wird ein- bis zweimal pro Tag ein lang wirksames Insulin oder ein Intermediärinsulin gespritzt, das den Blutzuckerspiegel im Verlauf des Tages im Rahmen halten kann. Zusätzlich werden vor den Mahlzeiten kurz wirksame Insuline injiziert, deren Menge in Anhängigkeit von der Art und der Größe der Mahlzeit variiert. Mit dieser Form der Therapie kann in der Regel eine gute Stoffwechseleinstellung mit Flexibilität im Alltag und guter Lebensqualität erreicht werden.
Diese Basistherapie mit Insulin wird bei Typ II-Diabetikern häufig mit oralen Antidiabetika kombiniert. Diese Kombinationstherapie wird vor allem dann angewandt, wenn sich die Stoffwechseleinstellung des Betroffenen mit dem Fortschreiten der Erkrankung immer weiter verschlechtert.
Das wichtigste Ziel der Diabetestherapie ist eine dauerhafte Normalisierung des Blutzuckerspiegels. Dieser wirkt sich sowohl positiv auf die Lebensqualität des Betroffenen als auch auf dessen Lebenserwartung aus. Die Selbstkontrolle des Blutzuckers durch den Patienten spielt deshalb eine herausragende Rolle.
Die gefährlichste Nebenwirkung in der Diabetestherapie mit Sulfonylharnstoffen oder Insulin ist eine Unterzuckerung (Hypoglykämie), die im schlimmsten Fall bis hin zum Koma führen kann. Beim Auftreten von Hypoglykämien muss dem Betroffenen sofort Glukose über die Nahrung oder als Infusion verabreicht werden, um den Blutzuckerspiegel wieder anzuheben.
Da ein Diabetes mellitus Typ II im Anfangsstadium meist keine, oder nur geringe Beschwerden macht, ist es besonders für Personen ab 50 Jahren wichtig, regelmäßige Gesundheits-Checks durchführen zu lassen. Dieser Check-up wird alle zwei Jahre empfohlen. Die Kosten übernimmt die gesetzliche Krankenkasse.
Die Prognose und der Verlauf eines Diabetes mellitus werden maßgeblich von den Folge- und Begleiterkrankungen des Betroffenen bestimmt. Die Erkrankung ist in der Regel nicht heilbar.
Wird sie jedoch frühzeitig erkannt und kann der Stoffwechsel des Diabetikers vor dem Auftreten von Folgeerkrankungen optimal eingestellt werden, ist der Verlauf der Erkrankung meist günstig und Komplikationen können oft verhindert werden.
Eine gute Blutzuckereinstellung mithilfe einer ausgewogenen Ernährung, Bewegung und einer angemessenen medikamentösen Therapie erhöht die Lebensqualität und die Lebenserwartung des Betroffenen erheblich.
Letzte Aktualisierung am 10.09.2021.