Die diabetische Neuropathie ist eine gefürchtete Folgeerkrankung des Diabetes mellitus. Dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte schädigen vor allem die kleinen Nerven und führen zu Gefühlsstörungen. Betroffene klagen über brennende Schmerzen in den Füßen („burning feet syndrome").
Auch die Temperaturwahrnehmung kann gestört sein, sodass ein Gefühl kalter Füße entsteht. Etwa 25 Prozent aller Diabetiker sind von einer Neuropathie betroffen. Nach zehn Jahren Krankheitsdauer leidet bereits die Hälfte aller Diabetiker an Nervenschäden.
Die genauen Auslöser der diabetischen Neuropathie sind bis heute noch nicht eindeutig geklärt. Möglicherweise liegen auch hier Durchblutungsstörungen von kleinen Gefäßen vor, die die Nerven versorgen (vasa nervorum).
Die Nerven werden somit nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt, was ihre Funktionsfähigkeit erheblich einschränkt. Ein weiterer Aspekt in der Entstehung der Neuropathie ist die Ablagerung von Zuckerteilchen an Struktureinheiten der Nervenfasern, die zunehmend die Nervenleitfähigkeit blockieren.
Bei der diabetischen Neuropathie lassen sich verschiedene Formen der Erkrankung unterscheiden:
Die periphere sensomotorische Neuropathie kann durch den so genannten Stimmgabeltest nach Rydel-Seiffer bereits in der Frühphase einfach und schnell diagnostiziert werden. Diese Untersuchung weist ein vermindertes Vibrationsempfinden nach, das schon zu Beginn der sensomotorischen Neuropathie auftritt.
Dazu wird eine 64Hz Stimmgabel, auf der eine Skala von 0 bis 8 aufgetragen ist, angeschlagen und beispielsweise auf den Innenknöchel platziert. Der Patient soll dann mit geschlossenen Augen angeben, wie lange er die Vibration der Stimmgabel spürt. Anhand der Skala auf der Stimmgabel kann dem Empfinden des Patienten ein Wert zugewiesen werden. Werte unter 6 von insgesamt 8 auf der Skala deuten auf eine beginnende periphere sensomotorische Neuropathie hin.
Die Bestimmung der Oberflächensensibilität kann mit dem so genannten Monofilament nach Semmer-Weinstein untersucht werden. Dieses Filament wird mit einem Druck von 10g auf der Fußsohle platziert. Mit dem so genannten Tip-Term-Test kann außerdem das Temperaturempfinden beurteilt werden.
Zusätzlich kann diagnostisch eine Pedographie durchgeführt werden. Der Arzt misst bei dieser Untersuchung das Druckverteilungsmuster der Fußsohlen beim Gehen. Im Falle einer Neuropathie zeigen die Patienten eine verminderte Belastung der Zehen und eine vermehrte Druckbelastung im Bereich der Vorfußballen, was das Risiko für die Entstehung von Druckstellen erhöht.
Außerdem kann in der weiteren Diagnostik die Nervenleitgeschwindigkeit gemessen werden. Diese ist im Falle einer diabetischen Neuropathie herabgesetzt.
Neben einer Erkrankung an Diabetes mellitus können Neuropathien auch andere Ursachen haben. Dazu zählen:
Besonders wenn vor dem Auftreten der Neuropathie eine Zuckerkrankheit nicht bekannt war oder ein Diabetes mellitus noch nicht lange besteht, sollten andere Erkrankungen als Ursache ausgeschlossen werden.
Nur eine optimale Einstellung des Blutzuckerspiegels kann auf lange Sicht die diabetische Neuropathie verbessern und ein Fortschreiten der Erkrankung verhindern.
Eine medikamentöse Therapie der diabetischen Neuropathie ist derzeit kaum möglich. Zwar wurden Versuche mit alpha-Liponsäure durchgeführt, es fehlen jedoch Studien, die dessen Wirksamkeit belegen. Somit wird dieses Medikament allenfalls unterstützend zu anderen Therapiemaßnahmen eingesetzt.
Bei einer zunehmenden Verschlechterung der Neuropathie kann die Gabe von niedrig dosiertem Amitryptilin versucht werden.
Zudem sollten Patienten mit bekannter Neuropathie alkoholische Getränke möglichst meiden, da Alkohol die Nerven weiter schädigen kann.
Bei gastro-intestinalen Störungen, die im Zusammenhang mit der autonomen diabetischen Neuropathie auftreten, kann ein Therapieversuch mit so genannten Prokinetika, beispielsweise MCP, unternommen werden. Zeigt dieser Versuch keinen Erfolg, kann die Implantation eines so genannten Magen-Schrittmachers erwogen werden.
Bei Spätfolgen der Zuckerkrankheit, wie auch der diabetischen Neuropathie, hängt die Prognose der Betroffenen in hohem Maße von einer guten Einstellung des Blutzuckers und damit von der Mitarbeit des Patienten ab. Eine gute Blutzuckereinstellung senkt das Risiko für die Entstehung einer Neuropathie um bis zu 80 Prozent.
Daneben spielt das Alter, in dem der Diabetes erstmalig aufgetreten ist, eine wichtige Rolle. Je früher sich die Zuckerkrankheit manifestiert, desto wahrscheinlicher ist mit Folgeerkrankungen zu rechnen. Jeder Einzelne kann jedoch seine Prognose entscheidend verbessern, wenn er auf ein optimales Körpergewicht, regelmäßige Bewegung und eine gesunde Ernährung achtet.
Letzte Aktualisierung am 07.10.2021.