Der so genannte orale Glukosetoleranztest (OGTT) ist ein Zuckerbelastungstest. Mit Hilfe dieser Untersuchung lässt sich ermitteln, wie der menschliche Körper eine festgelegte, von außen zugeführte Menge an Zucker verarbeitet.
Die Bezeichnung „oral" steht für „über den Mund aufgenommen" und sagt somit aus, dass die Zuckerlösung durch Trinken in den Körper gelangt ist. Der Glukosetoleranztest ist eine ergänzende Untersuchung zur Blutzuckermessung.
Wann wird ein Glukosetoleranztest gemacht?
Der orale Glukosetoleranztest dient dem Nachweis beziehungsweise dem Ausschluss eines Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit). Es gibt verschiedene Gründe, diese Untersuchung durchzuführen. Dazu zählen:
- Hinweise für das Vorliegen einer Zuckerkrankheit
- vorausgegangene Labortests, wie eine Blutzuckmessung, die auffällig waren, aber keine eindeutigen Ergenisse liefern konnten
- bereits erfolgter Nachweis von Zucker im Urin
- Vorliegen einer Schwangerschaft
Wenn bereits stark erhöhte Blutzuckerwerte auf das Vorliegen eines Diabetes mellitus hinweisen, muss der Test nicht zusätzlich durchgeführt werden.
Wie funktioniert ein Glukosetoleranztest?
Der Test imitiert die Nahrungszufuhr des Patienten. Nach der Einnahme von Mahlzeiten steigt auch bei gesunden Menschen der Blutzuckerspiegel leicht an. Durch den Blutzuckeranstieg erhält die Bauchspeicheldrüse das Signal, das Hormon Insulin auszuschütten. So wird der Blutzuckerspiegel in der Regel sehr schnell wieder auf Normalwerte gesenkt.
Wird jedoch zu wenig Insulin ausgeschüttet oder kann das Hormon im Körper nicht richtig wirken, sinkt der Blutzuckerspiegel nur sehr langsam wieder ab. Diese ansteigenden und wieder abfallenden Blutzuckerwerte können anhand des oralen Glukosetoleranztests sehr gut erfasst werden. Bevor dieser Glukosetoleranztest durchgeführt werden kann, darf der Patient in der Regel in den 12 Stunden vor der Untersuchung keine Nahrung zu sich genommen haben. Nach dieser Phase der Nahrungskarenz wird zunächst der Blutzuckerspiegel bestimmt. Daraufhin erhält der Patient eine Testlösung zu trinken, die 75g Glukose enthält.
Diese muss er innerhalb von fünf Minuten zu sich nehmen. Nach dem Trinken der Lösung sollten keine anstrengenden körperlichen Tätigkeiten durchgeführt werden. Nach zwei Stunden wird erneut der Blutzuckerspiegel bestimmt. Fallweise kann auch ein zusätzlicher Wert eine Stunde nach dem Trinken der Lösung bestimmt werden.
Die Normalwerte für den Verlauf dieser Untersuchung sind wie folgt:
- Blutzuckerspiegel im Nüchternzustand vor dem Test: < 110 mg/dl
- Blutzuckerspiegel zwei Stunden nach dem Trinken der Testlösung: unter 140mg/dl beziehungsweise unter 120mg/dl wenn das untersuchte Blut direkt aus einer Vene entnommen wurde. Der Blutzuckerwert direkt aus der Vene ist in der Regel etwas niedriger als die Blutzuckerbestimmung mit dem Blut aus der Fingerbeere oder dem Ohrläppchen, da dem venösen Blut nach dem Durchströmen der Organe bereits Glukose entzogen wurde.
Abweichende Werte beim Glukosetoleranztest können sich auf verschiedene Arten darstellen:
- Bei der Blutzuckermessung im Nüchternzustand: Werte zwischen 110mg/dl und 125mg/dl werden als „gestörte Nüchternglukose" (impaired fasting Glukose) bezeichnet. Sie deuten auf einen gestörten Kohlenhydratstoffwechsel hin, sind jedoch zunächst noch nicht krankhaft. Anders bei Nüchternwerten über 126mg/dl: In diesem Fall besteht bereits der dringende Verdacht eines Diabetes mellitus.
- In der Blutzuckermessung zwei Stunden nach dem Trinken der Lösung: War die Nüchternglukose bereits, zeigen sich in der Regel auch erhöhte Werte in der zweiten Messung. Blutzuckerwerte zwischen 140 und 199mg/dl (beziehungsweise 120-179mg/dl aus dem Venenblut) lassen sich auf eine gestörte Nüchternglukose zurückführen. Bei Blutzuckerwerten über 200mg/dl (beziehungsweise 180mg/dl) muss jedoch bereits von einem manifesten Diabetes mellitus ausgegangen werden.
Soll der orale Glukosetoleranztest bei Kindern durchgeführt werden, gelten etwas andere Werte. Zunächst muss die zu trinkende Testlösung dem Gewicht des Kindes angepasst werden. Pro Kilogramm Körpergewicht enthält die Testlösung 1,75g Glukose, maximal jedoch 75g.
Auch die Normalwerte für die Blutzuckerbestimmungen sind bei Kindern etwas abweichend:
- Der Nüchternwert vor dem Trinken der Testlösung sollte unter 100mg/dl liegen. Werte über 126mg/dl deuten auf einen bestehenden Diabetes mellitus hin.
- Eine Stunde nach dem Trinken sollte der Blutzuckerwert bei Kindern unter 180mg/dl liegen. Ist dies nicht der Fall muss ebenfalls von einem Diabetes mellitus ausgegangen werden.
- Der Blutzuckerwert nach zwei Stunden sollte unter 140mg/dl abgesunken sein. Werte über 140mg/dl sind zwei Stunden nach dem Trinken der Zuckerlösung bei Kindern als krankhaft anzusehen.
Was müssen Patienten vor der Durchführung eines Glukosetoleranztests beachten?
Vor der Durchführung eines oralen Glukosetoleranztests müssen folgende Punkte berücksichtigt werden:
- In den Tagen vor der Untersuchung soll der Patient normal essen.
- Drei Tage vor dem Test sollen nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt bestimmte Medikamente abgesetzt werden, die das Ergebnis der Untersuchung verfälschen können. Dazu zählen Arzneimittel, die die Wasserausscheidung beeinflussen (so genannte Thiaziddiuretika), die Anti-Baby-Pille, Beta-Blocker zur Blutdrucksenkung sowie Kortisonpräparate.
- Unmittelbar vor dem Test sollte eine Nüchternphase von 12 Stunden eingehalten werden. Innerhalb dieser 12 Stunden darf der Patient nichts essen und nur ungesüßten Tee oder Wasser zu sich nehmen.
- Liegen chronische oder akute Erkrankungen vor, sollte der Patient in jedem Fall vor der Durchführung des Test Rücksprache mit dem Arzt halten, da diese womöglich das Testergebnis verfälschen können.
Zu diesen Erkrankungen zählen:
- Entzündliche Erkrankungen und Infektionen
- Erkrankungen, die einen erheblichen Gewichtsverlust verursachen, wie beispielsweise Tumorerkrankungen
- Vorangegangene Magenoperationen, die die Passage der Zuckerlösung durch den Magen beeinflussen können (wie beispielsweise eine Magenverkleinerung oder eine Teilentfernung des Magens)
- Geschwüre im Bereich des Magens oder des Zwölffingerdarms
- Morbus Crohn oder andere entzündliche Darmerkrankungen
- akute Bauchschmerzen
- kürzlich durchgemachter Herzinfarkt
- kürzlich durchgemachter Schlaganfall
- Hirnschwellung ( Hirnödem), beispielsweise als Folge einer Kopfverletzung
- Kalium- oder Magnesiummangel, diese beiden Mineralstoffe haben für die Wirkung des Insulins eine große Bedeutung
- schwere Lebererkrankungen wie Leberentzündungen (Hepatitiden) oder eine Leberzirrhose
- hormonelle Störungen, wie beispielsweise eine Schilddrüsenüberfunktion
Es ist auch möglich, dass der Glukosetoleranztest zu niedrig ausfällt, obwohl ein Diabetes mellitus vorliegt.
So kann ein bestehender Diabetes möglicherweise nicht erkannt werden. Faktoren, die solche falsch-niedrigen Werte verursachen können sind beispielsweise:
- Eine Störung der Zuckeraufnahme aus dem Darm nach vorausgegangenen Darmoperationen.
- Die Durchführung einer Diät mit einer verminderten Aufnahme von Zucker aus der Nahrung.
- anstrengende körperliche Tätigkeiten vor dem Glukosetoleranztest
- Umgekehrt können die Werte beim Glukosetoleranztest jedoch auch zu hoch ausfallen, obwohl der Patient eigentlich gesund ist. Diese falsch-hohen Werte können dann auftreten, wenn während der Untersuchung Bettruhe eingehalten wird, sodass ein sehr niedriger Energieverbrauch besteht.
Können beim Glukosetoleranztest Komplikationen auftreten?
In manchen Fällen kann es bei der Durchführung des oralen Glukosetoleranztests zu Übelkeit oder auch Erbrechen kommen. Diese Komplikationen entstehen in der Regel jedoch nur durch das Trinken und der unerwartet unangenehm schmeckenden Lösung.
Gibt es alternative oder ergänzende Untersuchungen zum Glukosetoleranztest?
Das Vorliegen eines Diabetes mellitus kann in vielen Fällen auch anhand einer einfachen Blutzuckerbestimmung sicher diagnostiziert werden. Bei manchen Patienten schwanken diese Werte jedoch sehr stark, sodass ergänzend ein oraler Glukosetoleranztest durchgeführt werden muss um sichere Aussagen über die Glukoseverwertung des Betroffenen zu treffen.
Auch die Messung von Zucker im Urin sowie der Langzeitzuckerwert HbA1C können Aufschluss über das Vorliegen einer Zuckerkrankheit geben.