Das Hämoglobin, das auch als roter Blutfarbstoff bezeichnet wird, ist der wichtigste Bestandteil der roten Blutkörperchen (Erythrozyten). Die Silbe „Häm" kommt aus dem griechischen und bedeutet „Blut". Als Globine werden bestimmte Eiweißstoffe des Körpers bezeichnet. Hämoglobin ist für die Bindung des Sauerstoffs verantwortlich. Somit kann also der Sauerstoff in den roten Blutkörperchen von der Lunge aus in alle Organe transportiert werden, die ihn für die Zellatmung benötigen.
Er wird dann in den Zellen zu Kohlenstoffdioxid ausgetauscht. Das Hämoglobinmolekül besteht aus vier Untereinheiten, von denen sich jede aus einem eisenhaltigen Teil und einem Eiweißteil zusammensetzt. Der eisenhaltige Anteil des Hämoglobins ist für seine rote Farbe verantwortlich. Das Abbauprodukt des Hämoglobins ist das Bilirubin, das mit der Gallenflüssigkeit ausgeschieden wird.
Ein gesunder Mann besitzt zwischen 140 und 180 g Hämoglobin pro Liter Blut, eine erwachsene Frau etwa 120 bis 160g. Pro Tag werden im Knochenmark etwa 4 bis 6 g Hämoglobin produziert.
Es existieren verschiedene Formen des roten Blutfarbstoffes:
- Das HbA ist das normale Hämoglobin des Menschen. „A" steht für „Adult" und besagt, dass das HbA das Hämoglobin des erwachsenen Menschen ist. 96 bis 99 Prozent davon bestehen aus HbA1 und 1 bis 3 Prozent aus HbA2. Die beiden Unterformen zeigen geringe Unterschiede in ihrer Zusammensetzung.
- Das HbF ist das fetale Hämoglobin. Es zieht den Sauerstoff in wesentlich stärkerem Maße an als das Hämoglobin des Erwachsenen. Bei der Geburt enthält das Blut des Säuglings etwa 60 bis 80 Prozent HbF. Nach fünf Monaten ist die Konzentration des HbF schon stark abgefallen und hat nur noch einen Anteil von 3 bis 15 Prozent am Gesamthämoglobin. Beim Erwachsenen ist das HbF nur noch in Spuren nachzuweisen.
- Hbs ist ein abnormes Hämoglobin, das bei der Erkrankung an einer Sichelzellanämie vom Körper produziert wird. Es ist die Ursache für eine Deformierung der roten Blutkörperchen und kommt bei Gesunden nicht vor.
Was sind die Normwerte von Hämoglobin?
Die Normbereiche für den Hämoglobinwert liegen bei Männern etwas höher als bei Frauen. Sie sollten bei Männern im Alter von 20 bis 40 Jahre zwischen 13 und 18g/dl liegen. Der Referenzbereich für Frauen in dieser Altersgruppe beträgt 12-16 g/dl.
Bei Älteren sind die Referenzbereiche für den Hämoglobinwert etwas verschoben. Sie liegen bei Männern über 40 Jahre zwischen 14 und 17 g/dl.
Frauen über 40 Jahre sollten einen Hämoglobinwert von 12 bis 17,5 g/dl haben. Eine Ausnahme bilden Schwangere: Bei Ihnen darf der Hämoglobinwert bis auf 11 g/dl absinken.
Auch Kinder, vor allem Säuglinge, haben andere Referenzbereiche für den Hämoglobinwert:
- Neugeborene : 17-27 g/dl
- 1. Monat : 12-22 g/dl
- 6. Monat : 10-15 g/dl
- 1. Jahr : 9,5-14,5 g/dl
- 4. bis 10. Jahr: 10-16g/dl
Wie bestimmt man den Hämoglobinwert?
Der Hämoglobinwert lässt sich anhand einer Blutprobe durch einfache Labormethoden bestimmen. Das Blut dazu wird aus einer Armvene, einem Blutstropfen aus dem Finger oder bei Neugeborenen auch aus der Ferse gewonnen. Die Messung im Labor erfolgt heute meist über ein so genanntes spektralphotometrisches Verfahren.
Was muss man bei der Bestimmung der Hämoglobinwerte beachten?
Niedrige oder erhöhte Hämoglobinwerte müssen nicht immer auf eine Erkrankung hinweisen. Eine leichte Erniedrigung des Hämoglobinwertes im Verlauf einer Schwangerschaft beispielsweise ist normal.
Auch bei Rauchern weicht der Hb-Wert oft etwas ab. Sie haben häufig höhere Hämoglobinkonzentrationen als Nichtraucher. Auch Personen, die in höheren Lagen leben haben meist einen erhöhten Hämoglobinwert, der sich durch die niedrigere Sauerstoffkonzentration in Höhenlagen erklären lässt. Schließlich ist der Hämoglobinwert auch bei älteren Frauen und Männern sowie bei Kindern oft erniedrigt.
Worauf können abweichende Hämoglobinwerte hinweisen?
Zu hohe Hämoglobinwerte weisen auf eine erhöhte Zahl an roten Blutkörperchen im Blut hin. Eine steigende Konzentration an Erythrozyten im Blut kann verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise:
- Zu wenig Sauerstoff in der Atemluft: In Höhenlagen zum Beispiel ist in der Luft weniger Sauerstoff vorhanden als in den Tälern. Diesen Mangel versucht der Körper durch eine gesteigerte Produktion von roten Blutkörperchen auszugleichen. Spitzensportler nutzen diesen Effekt häufig vor großen Wettkämpfen. Sie halten sich in großen Höhen auf, damit ihr Körper mehr Erythrozyten produziert. Auf normalem Höhenniveau ist dann die Transportfähigkeit des Blutes für Sauerstoff verbessert und der Körper kann größere Leistungen erbringen.
- Auch bei chronischen Lungen- oder Herzerkrankungen ist der Gehalt des Blutes an roten Blutkörperchen erhöht: In diesem Fall kann aufgrund der Erkrankung nicht genug Sauerstoff in den Blutkreislauf aufgenommen werden. Der Körper muss deshalb seine Transportkapazitäten steigern um noch eine ausreichende Sauerstoffzufuhr für die Organe gewährleisten zu können.
- Eine erhöhte Konzentration an Erythrozyten im Blut kann auch ein Hinweis auf eine Erkrankung des Knochenmarks sein: Das Knochenmark ist für die Bildung der roten Blutkörperchen verantwortlich. Bei bestimmten Erkrankungen, den so genannten Myeloproliferativen Erkrankungen, ist diese Produktion gestört und es werden zu viele Erythrozyten gebildet.
Auch zu niedrige Hämoglobinwerte können auf eine Reihe von Erkrankungen hinweisen. In den meisten Fällen ist ein Mangel an roten Blutkörperchen die Ursache für diese so genannte Blutarmut (Anämie). Die Auslöser einer Anämie können sein:
- In Europa ist ein Eisenmangel mit 80 Prozent die häufigste Ursache einer Anämie (Eisenmangelanämie, sideropenische Anämie): Eisen ist ein wichtiger Bestandteil des Hämoglobins. Bei Eisenmangel kann der Körper nicht mehr genügend Hämoglobin bilden und die Hämoglobinwerte fallen ab. Betroffen sind meist Frauen im gebärfähigen Alter.
- Auch ein Mangel an anderen Stoffen, die für die Bildung von Hämoglobin notwendig sind, führt zu einer Anämie: Beispiele hierfür sind die Vitamin-B12-Mangelanämie (perniziöse Anämie), die Folsäuremangelanämie und die Vitamin-C-Mangelanämie (Ascorbinsäure-Mangelanämie).
- Eine Anämie kann auch durch eine gestörte Bildung der roten Blutkörperchen bedingt sein: Zu dieser Form der Anämie zählen die renale Anämie, der eine Nierenerkrankung zugrunde liegt sowie bösartige Erkrankungen, die das Knochenmark betreffen.
- Ein Verlust an roten Blutkörperchen kann ebenfalls zu einer Blutarmut führen: Meist liegt diesem Erythrozytenverlust eine starke Blutung, wie nach einer Operation oder einem Unfall zugrunde. Die Erythrozyten können jedoch auch fehl gebildet sein und aufgrund dessen eine geringere Lebensdauer haben. Beispiele für eine solche Erkrankung sind die so genannte Sichelzellanämie oder die Thalassämie (Mittelmeeranämie).
- Des Weiteren kann die Ursache der Anämie in einer gestörten Erythrozytenverteilung liegen: Bei dieser Form werden die roten Blutkörperchen nicht gleichmäßig auf alle Organe verteilt, sondern konzentrieren sich in der Milz (Hyperspleniesyndrom). So kommt es im Rest des Körpers zu einer Blutarmut.