Die Bezeichnung Makroangiopathie beschreibt eine krankhafte Veränderung der großen Blutgefäße. Dieser medizinische Fachbegriff setzt sich aus den lateinischen Wörtern „Makro"= Groß, „Angio" = Blutgefäß und „Pathie"= Krankhafte Veränderung zusammen.
Besonders Diabetiker leben mit einem hohen Risiko für die Entwicklung einer so genannten diabetischen Makroangiopathie.
Die diabetische Makroangiopathie ist eine Form der Arteriosklerose, die aufgrund der Zuckerkrankheit wesentlich früher auftritt als bei Nicht-Diabetikern und oft einen schwereren Verlauf nimmt. Die Wahrscheinlichkeit für krankhafte Veränderungen der Gefäßwände ist somit bei Diabetikern im Vergleich zur Normalbevölkerung um das vier bis fünf fache erhöht. Durch diese Folgeschäden der Zuckerkrankheit leiden Diabetiker zudem zwei bis zehn Mal häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen als andere Personen in ihrer Altersgruppe, die nicht an Diabetes mellitus erkrankt sind.
Diabetiker haben ein Risiko von 20,9 Prozent eine arterielle Verschlusskrankheit zu entwickeln, während die restliche Bevölkerung diese Erkrankung nur mit einer Wahrscheinlichkeit von sieben Prozent entwickelt. Auch die Gefahr Herzinfarkte oder Schlaganfälle zu erleiden steigt mit der Erkrankung an Diabetes mellitus. Die Folgen dieser Spätkomplikationen sind deshalb die Haupttodesursache bei Typ-II-Diabetikern.
Betrifft die Makroangiopathie Arme oder Beine, kann es im Extremfall zu einem Vollständigen Verschluss der Gefäße kommen, was eine Amputation der Zehen, des Fußes oder gar des ganzen Beines zur Folge hat. Des Weiteren kann es durch eine Makroangiopathie bei männlichen Diabetikern zu Erektionsstörungen kommen.
Die häufigste Erkrankung der großen Blutgefäße ist die Arteriosklerose. Dabei sammeln sich Ablagerungen, so genannte Plaques, an den Wänden der Blutgefäße an und verhärten diese. Mit der Zeit können diese Plaques immer dicker werden und die Blutgefäße immer mehr einengen, sodass weniger Blut durch die Gefäße fließen kann. Die Folge dieser fortschreitenden Gefäßverengungen sind Durchblutungsstörungen, die sich zu Schlaganfällen, Herzinfarkten und arteriellen Verschlusskrankheiten entwickeln können.
Die Ursachen für eine Arteriosklerose sind vielfältig. Die häufigsten Auslöser sind die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), das metabolische Syndrom, erhöhte Blutfette (Hypercholesterinämie/ Hypertriglyceridämie), ein erhöhter Blutdruck (Hypertonie), Übergewicht und Rauchen.
Die Vielzahl an Faktoren, die zu einer Arteriosklerose führen können zeigt, dass nicht nur Diabetiker von dieser Erkrankung betroffen sind. Allerdings entwickelt sich bei Diabetikern eine Arteriosklerose wesentlich schneller, da erhöhte Blutzuckerwerte eine Ablagerung der Plaques an den Gefäßwänden begünstigen.
Eine Markoangiopathie macht in der Mehrzahl der Fälle erst dann Beschwerden, wenn durch die Verstopfung eines Gefäßes die Durchblutung eines Organs verringert wird. Im Rahmen der diabetischen Makroangiopathie sind insbesondere das Herz, das Gehirn und die Beine betroffen. Häufig zeigen sich die Symptome bei Diabetikern jedoch sehr verspätet, da durch eine diabetische Schädigung des Nervensystems auch die Schmerzwahrnehmung verändert und abgeschwächt ist. Schmerzhafte Angina-Pectoris-Anfälle beispielsweise, wie sie beim Herzinfarkt auftreten fehlen bei Diabetikern oft vollständig, sodass Herzinfarkte „klinisch stumm" ablaufen und zu spät bemerkt werden.
Aus einer diabetischen Makroangiopathie kann sich auch ein Schlaganfall entwickeln. Wichtige Warnsignale beim Schlaganfall sind Halbseitenlähmungen, Sprach- und Empfindungsstörungen sowie Bewusstseinsstörungen. Begleitend kann es außerdem zu Kreislaufstörungen und Atemstörungen kommen. Ist die Verengung einer Halsschlagader (Arteria carotis cummunis) die Ursache des Schlaganfalls, treten häufig flüchtige, meist einseitige Sehstörungen (Amaurosis fugax) auf. Auch Drehschwindelattacken, Schluckstörungen oder Lähmungen der Augenmuskeln können im Rahmen von Durchblutungsstörungen des Gehirns auftreten.
Tritt eine Verengung der Blutgefäße an den Beinen auf, wird dies als periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) bezeichnet. Ist dabei der Durchmesser eines Blutgefäßes (Lumen) um mehr als 90 Prozent eingeschränkt, ist dessen Puls nicht mehr tastbar. Die Betroffenen leiden unter schweren Beinen und haben Beschwerden beim Treppensteigen und beim Zurücklegen längerer Gehstrecken. Sie müssen oft Pausen beim Gehen einlegen bis die Schmerzen nachlassen und ein Weitergehen möglich ist, weshalb die pAVK auch als Schaufensterkrankheit bezeichnet wird.
Die wichtigste Maßnahme in der Diagnostik einer Makroangiopathie ist die regelmäßige Kontrolle der peripheren Durchblutung. Dazu gehört das Tasten (Palpation) der Pulse an den Fußarterien und das Abhören (Auskultation) der Blutgefäße. Stellt der behandelnde Arzt dabei verdächtige Strömungsgeräusche fest, oder lassen sich die Pulse nicht tasten, sollte eine Überweisung in eine Gefäßambulanz erfolgen, um die Durchblutung genauer zu untersuchen.
Wenn bei einem Patienten ein Diabetes mellitus länger als 15 Jahre besteht, der Patient älter als 50 Jahre ist oder zusätzliche Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bestehen, sollte in einem Belastungstest die Durchblutung der Herzkranzgefäße untersucht werden. Nur so kann man langfristig Herzinfarkten vorbeugen. Bei Diabetikern muss dabei berücksichtigt werden, dass die typischen Symptome der Angina pectoris oft fehlen, und ein Herzinfarkt deshalb nicht erkannt wird.
Durchblutungsstörungen müssen jedoch auch bei Zuckerkranken nicht immer zwangsläufig eine Folge des Diabetes mellitus sein. Auch akute Embolien oder Entzündungen im Bereich der Gefäße können Durchblutungsstörungen auslösen.
Schmerzen in den Beinen und eine Verkürzung der Gehstrecke können auch durch orthopädische Erkrankungen, Läsionen im Bereich der Nervenbahnen oder venöse Abflussstörungen bedingt sein. Im Zweifelsfall müssen bildgebende Verfahren, wie eine Duplex-Sonographie oder eine digitale Substraktionsangiographie (DAS), durchgeführt werden, um genaue Informationen über den Zustand der Gefäße zu bekommen.
Die Erkrankung an Diabetes mellitus muss nicht immer auch mit einer Makroangiopathie einhergehen. Viele Faktoren, die die Entstehung einer Makroangiopathie begünstigen, können vom Patienten selbst positiv beeinflusst werden. Dazu zählen beispielsweise die Verringerung des Übergewichtes, die Reduktion des Zigarettenkonsums und die Normalisierung der Blutfettwerte durch eine ausgewogene Ernährung. Um einer Makroangiopathie vorzubeugen ist deshalb vor allem die frühzeitige Erkennung von Risikofaktoren wichtig und entscheidend.
Bestehen neben der Zuckerkrankheit mehrere Risikofaktoren für eine Arteriosklerose kann es unter Umständen sinnvoll sein, gerinnungshemmende Medikamente zu verabreichen. Diese Arzneimittel verhindern, dass die gerinnungsfördernden Blutplättchen (Thrombozyten) aneinanderhaften, sodass das Blut besser die Engstellen in den arteriosklerotischen Gefäßen passieren kann.
Liegt eine periphere arterielle Verschlusskrankheit vor, ist die Länge der Gehstrecke, die der Patient noch schmerzfrei zurücklegen kann, das entscheidende Kriterium für die Wahl der Therapie. Treten die Schmerzen erst bei starker Belastung auf, hilft tägliches Gehtraining. Haben die Patienten jedoch schon in Ruhe Schmerzen in den Beinen, müssen durchblutungs- fördernde Maßnahmen ergriffen werden. Diese können sowohl in der Katheterisierung des Gefäßes, als auch durch Medikamente oder Operationen der entsprechenden Gefäßregion umgesetzt werden.
Bei Spätfolgen der Zuckerkrankheit, wie der Makroangiopathie, hängt die Prognose der Betroffenen in hohem Maße von einer guten Einstellung des Blutzuckers und damit von der Mitarbeit des Patienten ab. Daneben spielt das Alter, in dem der Diabetes erstmalig aufgetreten ist, eine wichtige Rolle. Je früher sich die Zuckerkrankheit manifestiert, desto wahrscheinlicher ist mit Folgeerkrankungen zu rechnen. Jeder Einzelne kann jedoch seine Prognose entscheidend verbessern, wenn er auf ein optimales Körpergewicht, regelmäßige Bewegung und eine gesunde Ernährung achtet.
aktualisiert am 05.10.2021