Bei einer Steißbeinfistel (Sinus pilonidalis, Pilonidalsinus) handelt es sich um einen Hohlraum mit Öffnung nach außen, der oberhalb des Afters in der Nähe des Steißbeins sitzt. Der Pilonidalsinus kann sich entzünden und erhebliche Beschwerden machen. So kann es zu Schmerzen und einem chronischen Bestehenbleiben der Steißbeinfistel kommen, bei dem der Befund auch unangenehm nässt. Die Therapie besteht darin, den kompletten Befund in einer Operation zu entfernen. Die Operation ist nach einer herkömmlichen Methode möglich, heutzutage werden aber oft weiterentwickelte Methoden wie Pit-Picking (nach Bascom) oder die Operation nach Karydakis durchgeführt.
Eine Steißbeinfistel (Sinus pilonidalis) kommt meist dadurch zustande, dass ein Haar nach innen wächst. An dem Haar entsteht eine Reaktion wie bei einem Fremdkörper (Granulom). Daher tritt die Erkrankung vor allem bei Menschen auf, die stark behaart sind, vornehmlich im Jugend- und jungen Erwachsenenalter. Umstände, die die Entwicklung des Sinus pilonidalis fördern können, sind häufiges und langes Sitzen beziehungsweise Druck und Beanspruchung des Gewebes, Übergewicht, Schweiß sowie mangelnde Hygiene. Dabei kann es sich manchmal um eine Haarentwicklungsstörung handeln, bei der ein Haar nicht ordnungsgemäß wächst und daraus eine Steißbeinfistel entsteht. Bisweilen handelt es sich bei einer Steißbeinfistel auch um eine Öffnung aus der Embryonalentwicklung, die sich nicht verschlossen hat. Diese Befunde führen dazu, dass sich leicht eine Entzündung entwickelt. Meist wird die eitrige Entzündung von Bakterien hervorgerufen, die eigentlich Teil der üblichen Hautflora sind.
In der Gesäßfalte oder knapp oberhalb davon findet sich eine kleine Öffnung in der Haut. Der Hohlraum ist mit Haut ausgekleidet. Es kommt auch vor, dass nur im Inneren ein Hohlraum vorhanden ist, aber keine Öffnung nach außen. Ein solcher Befund wird dann als Pilonidalzyste bezeichnet.
Ein Pilonidalsinus macht in vielen Fällen keine Beschwerden und Patienten wissen dann gar nichts von dem Befund. Erst wenn sich eine Entzündung in der Steißbeinfistel entwickelt, kommt es zu Schmerzen (akuter Pilonidalsinus). Es bestehen dann oft ebenfalls eine Schwellung und Rötung in der Umgebung des Befundes, zusätzlich kann der Patient Fieber entwickeln. Die Steißbeinfistel immer wieder nässen und eitern, so dass oft Flecken auf der Unterhose bemerkt werden. Die mitunter starken Schmerzen stören und führen zu Einschränkungen. Weitere Belastung führt zu verstärkten Schmerzen. Betroffene können dann oft nicht mehr normal sitzen oder längere Gehstrecken problemlos aushalten. Allerdings ist bei einigen Patienten auch eine bestehende Entzündung nicht mit starken Schmerzen verbunden, sondern nur mit einem mäßigen ziehenden Gefühl.
Auch langfristig kann eine Steißbeinfistel fortbestehen, ein solcher chronischer Pilonidalsinus heilt nur sehr schwer oder gar nicht ab. Es können weitere entzündliche Gänge (Fisteln) entstehen. Eine Steißbeinfistel kann bei ungünstigem Verlauf auch ganz massiv anschwellen und erhebliche Schmerzen verursachen.
Patienten mit entzündlichen Beschwerden in der Region sollten nicht zu lange warten, zu einem Arzt zu gehen, da die Heilungsaussichten schlechter werden, je weiter sich eine Steißbeinfistel entwickelt.
Die Steißbeinfistel lässt sich mit einfachen Untersuchungen feststellen. Der Arzt befragt zunächst den Patienten (Anamnese) und führt dann eine Untersuchung der Gesäßgegend durch. Der Befund wird auch vorsichtig abgetastet. Bei einer akuten Entzündung ist der Befund druckschmerzhaft, und Eiter geht ab. Spezielle Untersuchungen sind oft nicht erforderlich.
Eine entzündete Steißbeinfistel (akuter Pilonidalsinus) ruft ähnliche Symptome hervor wie eine „herkömmliche" Fistel in dieser Gegend, also ein Entzündungskanal, der aus einer abgekapselten Entzündung (Abszess) hervorgeht. In seltenen Fällen kommen noch andere Gründe für die Beschwerden in Betracht.
Eine Steißbeinfistel, bei der keine Beschwerden auftreten, muss nicht behandelt werden. Bei einer Entzündung können Sitzbäder und Salben (etwa Teersalbe) eingesetzt werden, um den Befund zu bessern. Normalerweise ist jedoch eine Operation mit offener Wundbehandlung angezeigt, wenn es zu einer Entzündung mit Schmerzen oder anderen Auswirkungen kommt. Die Operation wird meist erst nach Abklingen der akuten Entzündung vorgenommen. Der Eingriff erfolgt in Bauchlage. Zur herkömmlichen Operation wird eine Narkose oder eine Regionalanästhesie (Schmerzausschaltung eines größeren Teils des Körpers) angewendet. Bei der neueren Methode des Pit-Picking (Operation nach Bascom) reicht eine örtliche Betäubung. Die Methode nach Karydakis erfolgt in Narkose.
Bei der herkömmlichen Operation wird die Steißbeinfistel komplett herausgeschnitten, auch abzweigende Fisteln (Entzündungskanäle) werden entfernt. Aufgrund einer Anfärbung mit dem Farbstoff Methylenblau kann das ganze Kanalsystem der Fistel während der Operation erkannt und beseitigt werden. In der Regel entsteht eine große Gewebelücke. Normalerweise wird bis hin zum Steißbein operiert und auch die Steißbein-Knochenhaut entfernt. Die Wunde wird offen gelassen (offene Wundbehandlung) und wächst langsam mit Narbengewebe zu. Nur in seltenen Fällen kann es sinnvoll sein, sie zu vernähen. Komplikationen, die bei der Steißbeinfistel-Operation auftreten können, sind Blutungen und neuerliche Wundinfektionen, eine Narbe entsteht in jedem Fall. Außerdem braucht die Wunde sehr lange zum Verheilen (meist Monate).
Pit-Picking ist eine Operationsmethode, die weitaus weniger ausgedehnt ist. Das Verfahren wird auch Operation nach Bascom genannt. Sie kommt allerdings nicht für jeden Patienten in Frage, insbesondere nicht für Patienten, die bereits eine herkömmliche Steißbeinfistel-OP hinter sich haben. Nach der Gabe der Betäubungsspritze werden die einzelnen Gänge (Pits) der Fistel fein herausgeschnitten. Dementsprechend sind die Wunden beziehungsweise Defekte nach dem Pit-Picking nur sehr klein. Zusätzlich muss allerdings seitlich von der Gesäßfalte eine etwa zwei Zentimeter lange weitere Öffnung angelegt werden, damit dort weiterer Eiter und Sekret abgehen können und die Ausheilung gefördert wird. Dann wird ein Verband angelegt. Meist kann der Patient die Klinik nach kurzer Zeit verlassen. Zu den möglichen Komplikationen des Pit-Picking gehören Blutungen und ein erneutes Auftreten der Fistel (Rezidiv).
Der Eingriff zum Pit-Picking ist auch mithilfe eines Lasers möglich. Bei dem Laser-Pit-Picking werden die Entzündungsgänge der Steißbeinfistel sowie eingewachsene Haare exakt verödet. Durch die geringstmögliche Maßnahme wird erzielt, dass die Abheilung besonders schnell geschieht.
Die Operation nach Karydakis bietet eine weitere Möglichkeit, die Steißbeinfistel zu beseitigen. Die Karydakis-OP kann bei prinzipiell allen Patienten mit Steißbeinfistel vorgenommen werden und wird vor allem auch dann angewendet, wenn ein Pit-Picking nicht möglich ist (etwa nach Wiederauftreten der Fistel oder nach erfolgloser herkömmlicher OP). Die Operation nach Karydakis erfolgt mit Schnitten von der Seite aus. Im Anschluss an das Ausräumen der Fistel wird das Gewebe der beiden Gesäßseiten miteinander vernäht. Damit ist das Wundmilieu vorteilhaft: Es wird verhindert, dass es feucht, mit Bakterien kontaminiert und sauerstoffarm ist. Der Patient muss nach dem Eingriff einige Tage im Krankenhaus verbringen. Zur Entlassung wird die Drainage (Schlauchsystem zur Ableitung von Wundsekret und Eiter) entfernt. Mögliche Komplikationen der Operation nach Karydakis sind ein Taubheitsgefühl und Wundheilungsstörungen (sie treten bei über 10 Prozent der Operierten auf): Wundflüssigkeit kann plötzlich abgehen, meist ein bis zwei Wochen nach dem Eingriff, und die Wunde kann sich etwas eröffnen. Die Abheilung verläuft dann teils erheblich langsamer. Dennoch gilt die Operation als eine insgesamt sehr erfolgversprechende.
Eine Weiterführung der Operation nach Karydakis ist der Cleft-Lift (ebenfalls nach Bascom). In Deutschland wird zudem die Operation nach Limberg (Limberg-Lappen) vorgenommen. Beim Limberg-Lappen und beim Cleft-Lift werden Hautlappen über die Wunde gelegt. Auch diese Methoden sind insgesamt sehr erfolgreich. Weitere ähnliche Operationen mit Lappen beziehungsweise Schwenklappen können ebenfalls vorgenommen werden (z. B. V-Y-Plastik oder Rhomboidplastik).
In vielen Fällen bleibt der Patient mit einer nicht entzündeten Steißbeinfistel beschwerdefrei. Eine entzündete Fistel wird ohne Behandlung oft chronisch. Durch Herausschneiden kann der Sinus pilonidalis meist dauerhaft beseitigt werden, bisweilen kann eine Entzündung jedoch erneut auftreten oder es können sich weitere Entzündungskanäle bilden. Die Gefahr für ein Wiederauftreten ist nach der Pit-Picking-Operationsmethode höher als bei den ausgedehnteren Methoden wie der herkömmlichen, der Karydakis-Operation oder den Operationen mit Lappen-Überführungen. Rezidive (erneute Steißbeinfisteln) kommen häufiger bei Männern als bei Frauen vor.
Während des Heilungsprozesses nach einer Operation muss die offene Stelle regelmäßig gesäubert und vom Arzt kontrolliert werden. Nach dem Stuhlgang empfiehlt es sich, die Wunde vorsichtig auszuspülen. Zur Förderung der Heilung dienen Sitzbäder. Zu beachten ist, dass der Betroffene über einige Zeit nicht sitzen oder auf dem Rücken liegen kann. Die komplette Abheilung kann Wochen bis Monate in Anspruch nehmen. Falls sich Fieber oder andere unklare Beschwerden einstellen, so sollte ein Arzt kontaktiert werden. Eine sorgfältige Hygiene im Gesäßbereich sollte auch später eingehalten werden. Um das Risiko eines erneuten Auftretens zu senken, sollten Patienten nicht rauchen und ein Übergewicht vermeiden oder reduzieren. Ebenfalls sollte für wenigstens ein Jahr regelmäßig Enthaarungscreme benutzt werden, um weiteren Steißbeinfisteln vorzubeugen.
aktualisiert am 21.09.2021