Bei Stuhlinkontinenz ist es dem Betroffenen nicht möglich, den Darminhalt willkürlich zurückzuhalten. Die Inkontinenz bezieht sich dabei nicht nur auf den festen oder flüssigen Stuhl, sondern auch auf Gase. Stuhlinkontinenz ist relativ häufig, es dürften etwa fünf Prozent der Bevölkerung davon betroffen sein. Das Krankheitsbild ist oft mit großen sozialen Problemen verbunden. Mehrere Hilfsmittel und Behandlungsmethoden kommen bei Stuhlinkontinenz in Frage, um eine gute Lebensqualität zu erhalten.
Es kann aus etlichen unterschiedlichen Gründen zum unkontrollierten Stuhlabgang kommen. In vielen Fällen hängt die Darminkontinenz damit zusammen, dass der Schließmuskel sich nicht mehr ausreichend zusammenziehen kann. Dies kann durch Muskelschwäche im Alter, aber auch durch Verletzungen der Fall sein. Eine Beschädigung des Schließmuskels wird oft durch eine Geburt verursacht (Dammriss). Manchmal ist der Verschluss auch nach einer Operation nicht mehr möglich. Ebenso kann manchmal eine Schwächung der Beckenbodenmuskulatur zur Stuhlinkontinenz führen. Eine andere Inkontinenzursache ist eine Schädigung des Nervs, der zum Schließmuskel zieht (Nervus pudendus) oder vorgeschalteter Nerven (im Rückenmark bei Querschnittslähmung, im Gehirn bei Demenz). Umgekehrt kann auch eine Sensibilitätsstörung des Afters vorliegen. Bestimmte Erkrankungen am After wie Hämorrhoiden oder chronisch-entzündliche Darmerkrankungen können ebenfalls zu Inkontinenz führen. Verstopfung oder Durchfall können weitere Ursachen sein. Schließlich gibt es noch angeborene Formen der Stuhlinkontinenz etwa bei Fehlbildungen des Nervensystems. Kombinationen verschiedener Ursachen sowie weitere, seltenere Ursachen sind möglich.
Die Stuhlinkontinenz wird nach der Ausprägung in drei Stadien eingeteilt.
Die weiteren Symptome hängen dann dementsprechend auch vom Ausprägungsgrad ab. Auf eine Inkontinenz leichter Ausprägung können Juckreiz und Feuchtigkeit am After oder auch eine verschmutzte Unterhose hindeuten. Besonders bei stärkerer Inkontinenz kann es dann auch zu sozialen und psychischen Problemen kommen. Der Betroffene zieht sich unter Umständen zurück und könnte soziale Kontakte verlieren. Eine Rolle spielt auch, dass es sich um ein Tabuthema handelt, das gerne verschwiegen wird.
Viele Informationen ergeben sich für den Arzt bereits durch die detaillierte Befragung des Patienten (Anamnese). Besonders geachtet werden muss auf die Häufigkeit des Auftretens sowie die Art des Stuhlabgangs sowie beispielsweise bei Frauen auf vorherige Entbindungen. Dann untersucht der Arzt den Körper, insbesondere den Afterbereich. Es erfolgt meist auch eine Mastdarmspiegelung (Rektoskopie). Je nach den Symptomen und Befunden können spezielle weiterführende Untersuchungen erfolgen. Zu den Möglichkeiten gehört die Druckmessung innerhalb des Mastdarms (Manometrie), Ultraschall, Darmspiegelung (Koloskopie, Ileoskopie), Untersuchungen der Nerven sowie eine Spezial-Röntgenuntersuchung während des Stuhlgangs (Defäkogramm).
Es gibt unterschiedliche Behandlungsansätze bei Stuhlinkontinenz. Welche Therapie gewählt wird, hängt von der Ursache der Inkontinenz ab. Ebenfalls spielt der Ausprägungsgrad des Krankheitsbildes eine Rolle. Bei leichter bis mäßiger Inkontinenz wird in der Regel eine nicht operative Behandlung gewählt, bei schweren Formen ohne Aussicht auf Heilung kann eine Operation sinnvoll sein.
Es gibt verschiedene Hilfsmittel bei Darminkontinenz, um den abgehenden Stuhl aufzufangen. Benutzt werden können Vorlagen, Inkontinenz-Hosen, Analtampons und Beutel aus Kunststoff, die den Stuhl auffangen.
Neben diesen Hilfsmitteln kann bei leichter bis mittelgradiger Inkontinenz versucht werden, den Stuhlgang durch Beckenbodentraining zu regulieren. Dazu kann zusätzlich das so genannte Biofeedback dienen, bei der gemessen wird, ob die richtigen Muskeln angespannt werden.
Auch die Ernährung spielt eine Rolle, wie häufig eine Stuhlentleerung erfolgt. Daher bietet möglicherweise eine Ernährungsumstellung oder Diät einen Ansatz, die Stuhlinkontinenz abzuschwächen.
Der Darm kann auch durch eine Spülung komplett entleert werden (Irrigation), damit für etwa einen Tag kein Stuhlgang mehr erforderlich ist. Die Spülung wird dementsprechend regelmäßig Tag für Tag wiederholt.
Bei nicht mehr intaktem Schließmuskel kann eine Operation angezeigt sein. Dazu wird der Schließmuskel funktionell wiederhergestellt. Dies kann geschehen, indem die Ränder eines Defekts des Schließmuskels aneinander genäht werden, körpereigenes Gewebe verschoben oder (z. B. aus einem Oberschenkelmuskel) übertragen wird oder ein künstlicher Schließmuskel aus Kunststoff mit flüssiger Füllung eingesetzt wird.
Falls die Stuhlinkontinenz nervlich bedingt ist, so kann eine Nervenstimulation eine Behandlungsmöglichkeit darstellen. Dazu wird im Kreuzbeinbereich ein Schrittmacher an Nerven des Schließmuskels befestigt. Der Schließmuskel wird durch den Schrittmacher so gesteuert, dass ein andauernder Verschluss des Afters wieder möglich ist. Für den Stuhlgang kann der Schrittmacher dann kurzzeitig abgestellt werden, um den Schließmuskel zu öffnen. Ein Schrittmacher muss auch eingesetzt werden, wenn der Schließmuskel durch eigenes Muskelgewebe ersetzt wurde.
Bei angeborener Inkontinenz kann ein künstlicher Darmausgang (Anus praeter) am Bauch sinnvoll sein. Ein künstlicher Darmausgang kann auch bei den anderen Operationen vorübergehend erforderlich sein, um den frisch operierten After zu schonen.
Als Komplikationen der Eingriffe können unter anderem Blutungen, Infektionen, Wundheilungsstörungen und Narben auftreten. Jede Operationsmethode hat des Weiteren eigene weitere mögliche Komplikationen.
Die Prognose bei Stuhlinkontinenz ist von der Ursache und von der Behandlung abhängig. Durch geeignete Behandlungsmethoden kann die Lebensqualität wieder verbessert werden oder unter Umständen wieder eine weitgehende Kontinenz (Stuhlkontrolle) erreicht werden.
Letzte Aktualisierung am 21.06.2021.