Bakterien werden, anders als Viren, zu den Lebewesen gezählt, da sie sich auch außerhalb von menschlichen Zellen vermehren können. Eine Sonderform der Bakterien stellen die Chlamydien dar. Sie können sich nur innerhalb einer Wirtszelle vermehren, zählen aber trotzdem zu den Bakterien.
Die Infektion einer Zelle läuft immer auf die gleiche Weise ab. Die Chlamydien heften sich als winzige Elementarkörperchen (ca. 0.2 µm Durchmesser) an die Zelle, von der sie dann aufgenommen (phagozytiert) werden. In der Zelle wandeln sie sich zu Initialkörperchen um und vermehren sich. Nach zwei bis drei Tagen geht die Wirtszelle zugrunde und die entstandenen Chlamydien werden freigesetzt.
Für den Menschen sind vor allem drei verschiedene Chlamydienstämme wichtig, die Chlamydia trachomatis, pneumoniae und psittaci. Geschlechtskrankheiten werden vor allem durch die Chlamydia trachomatis ausgelöst. Diese Chlamydien-Gattung wird, je nach Krankheit, die sie auslösen, in zwei verschiedene Gruppen unterteilt, nämlich „trachoma" und „lymphogranuloma venereum". Die Erkrankung Lymphogranuloma venereum ist eine meldepflichtige Erkrankung, sie tritt jedoch selten auf.
Chlamydien sind sehr präsente Bakterien. Sie sind weltweit verbreitet und in Europa sind ca. fünf Prozent der Erwachsenen und sieben Prozent aller Jugendlichen infiziert.
Geschlechtskrankheiten durch Chlamydien werden vor allem von der Gruppe Chlamydia trachoma verursacht. Diese Gruppe enthält 15 verschiedene Typen, die unterschiedliche Krankheiten verursachen. Die Typen L1, L2 und L3 sind für die Entstehung des Lymphogranuloma venereum verantwortlich. D bis K löst die wesentlich häufiger vorkommenden Geschlechtskrankheiten aus. Die verschiedenen Typen unterscheiden sich auch leicht in ihren Übertragungswegen. Während L1 bis L3 fast ausschließlich durch ungeschützten Geschlechtsverkehr übertragen wird, können die Typen D bis K zusätzlich noch durch Schmierinfektion in den Wirt eindringen.
Schmierinfektion bedeutet, dass die Erreger eine gewisse Zeitspanne außerhalb des Betroffenen überleben können und nicht unbedingt auf den direkten Übertragungsweg angewiesen sind. Hauptübertragungsweg ist aber auch hier wieder die sexuelle Übertragung. Die Wahrscheinlichkeit, bei ungeschütztem Geschlechtsverkehr mit einer Infizierten Person angesteckt zu werden, beträgt ungefähr 60 Prozent.
Es gibt jedoch einige Faktoren, die eine Infektion begünstigen. Hierzu zählen Krankheiten, die einen Einfluss auf die lokale Immunabwehr haben (z.B. eine schon vorhandene Gonorrhoe). Auch generalisierte Immunschwächen (wie AIDS) begünstigen das Eindringen und die Ausbreitung der Erreger.
Auch häufig wechselnde Geschlechtspartner erhöhen das Risiko, infiziert zu werden. Dieses Risiko betrifft vor allem heterosexuelle Männer, da die Infektion bei Frauen häufig ohne Symptome abläuft und daher unbemerkt bleibt.
Die Symptome einer Infektion mit Chlamydia trachoma richten sich nach der Untergruppe der Bakterien.
Die Chlamydien dringen in die Zellen ein, die als erstes erreicht werden: die Schleimhautzellen. Die ersten Symptome der Infektion werden durch die Entzündung der Harnröhrenschleimhaut hervorgerufen. Es kommt vor allem zu Schmerzen beim Wasserlassen. Auch die Entleerung der Blase wird behindert. Durch die Entzündung und die damit einhergehende Schwellung der Schleimhaut ist der Widerstand in der Harnröhre erhöht und die Muskulatur der Blase kann diese nicht mehr so weit zusammendrücken, dass sie sich vollständig entleert. Daraus resultiert dann häufigeres Wasserlassen und auch Wasserlassen während der Nacht, was als sehr störend empfunden wird.
Wird die Entzündung nicht behandelt, kann sie sich weiter ausbreiten und erreicht die Prostata (Prostatitis) oder die Nebenhoden (Epididymitis). Es kann auch, bei entsprechenden Sexualpraktiken, zur Entzündung des Afters oder der Mundschleimhaut kommen.
Beim Geburtsvorgang kann es zur Schmierinfektion des Neugeborenen kommen. Dabei kann es beim Kind dann zur Bindehautentzündung (Konjunktivitis), Infektion der Atmungsorgane oder sogar zur Lungenentzündung (Pneumonie) kommen.
Hierbei kommt es zur Ausbildung eines Lymphogranuloma venereum. Diese Erkrankung entwickelt sich in verschiedenen Stadien.
Im ersten Stadium kommt es zu Bläschenbildung am Übergang zwischen Eichel und Penisschaft. Die Bläschen sind oft schmerzlos und verschwinden nach einiger Zeit von selbst.
Das zweite Stadium (bis zu sechs Monate später) ist durch eine generalisierte Immunreaktion gekennzeichnet. Es kommt zu allgemeinem Unwohlsein und Fieber. Häufig kommt es zur schmerzhaften Lymphknotenschwellung, vor allem im Bereich der Leistenlymphknoten.
Das dritte Stadium beginnt mit einem mehrere Jahre dauernden beschwerdefreien Intervall, das dann in das Vollbild der Krankheit übergeht. Eitrige chronische Entzündungen bilden sich in Genital- und Analbereich aus und die Lymphknoten schwellen stark an. Auch die Augen können betroffen sein.
Die Diagnose ist nicht leicht, da die Symptome denen der Gonorrhoe ähneln, die Behandlung sich aber unterscheidet.
Im Gespräch mit dem Patienten muss abgeklärt werden, ob eine Infektion mit Chlamydien wahrscheinlich ist (ungeschützter Geschlechtsverkehr) und ob Begleiterkrankungen bestehen, die eine besondere Therapie nötig machen (HIV, andere Geschlechtskrankheiten). Auch der Sexualpartner muss ermittelt werden, um eine Übertragung zu verhindern oder eine schon erfolgte Infektion zu bekämpfen.
Der Körper des Patienten wird äußerlich auf Zeichen einer Geschlechtskrankheit untersucht. Eine genaue Abgrenzung zwischen Neisseria gonorrhoea (Erreger der Tripper-Infektion) und Chlamydien ist so aber nicht möglich.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Labordiagnostik durchzuführen. Beispielsweise kann ein Zellabstrich in der Harnröhre durchgeführt werden. Die so gewonnenen Zellen werden dann auf Chlamydien untersucht.
Die Probe auf Chlamydien-Antikörper (Stoffe, die vom Immunsystem ausgeschüttet wurden) im Blut ist relativ ungenau, da eine Unterscheidung zwischen akuter und bereits abgelaufener Infektion nicht getroffen werden kann.
Eine andere Methode, die seit neuestem angewandt wird, ist die Gewinnung von Urin und Harnröhrensekret. Aus diesen Körperflüssigkeiten kann die DNA (das Erbgut) der Chlamydien identifiziert werden. Am besten dafür ist die NAA (Nucleic acid amplification) geeignet. Hierbei wird die Erreger-DNA vervielfältigt, um die nachfolgende Analyse zu erleichtern.
Chlamydien-Infektionen lösen im Allgemeinen ähnliche Beschwerden wie andere Geschlechtskrankheiten aus. Vor allem die Verwechslungsgefahr mit Gonorrhoe ist groß.
Die Gonorrhoe (Tripper) wird durch Neisseria gonorrhoea ausgelöst. Sie wird vor allem durch ungeschützten Geschlechtsverkehr übertragen und löst in der akuten Phase Probleme beim Wasserlassen aus (Brennen, häufiges und nächtliches Wasserlassen). Die sichere Unterscheidung kann fast nur im Labor erfolgen. Hier wird die spezifische Erreger-DNA isoliert und analysiert, oder die Bakterien werden direkt angezüchtet, um sie zu identifizieren.
Die einzige wirklich wirksame Therapie ist die Behandlung der Chlamydien mit Antibiotika. Antibiotika sind Stoffe, die ursprünglich von Pilzen oder Bakterien produziert wurden, um sich gegen andere Bakterien zu wehren und einen Vorteil vor diesen zu haben. Mittlerweile werden die meisten Antibiotika künstlich hergestellt. Die verschiedenen Antibiotika-Gruppen haben unterschiedliche Angriffspunkte und sind somit nicht universell einsetzbar. Die Wahl der richtigen Wirkstoffgruppe richtet sich nach der Bakterienart und der Resistenzentwicklung, die unter Umständen schon stattgefunden hat. Normalerweise werden die Antibiotika im Fall der Chlamydien über mindestens eine Woche eingenommen. Eine Ausnahme bildet hier der Stoff Azithromycin, der nur einmalig verabreicht wird.
In der Schwangerschaft können nicht alle Antibiotika verwendet werden. Tetrazykline sollten beispielsweise vermieden werden, da sie Verformungen und Verfärbungen der kindlichen Zähne auslösen können. Besser sind hier Erythromycin und Amoxicilin, da ihre Nebenwirkungen nicht so gravierend sind.
Bei Beteiligung der Augen (Konjunktivitis) kann eine Salbe verwendet werden, die Tetrazykline enthält.
Infizierte sollten keinen Geschlechtsverkehr haben, bis die Heilung der Krankheit nachgewiesen werden konnte.
Die unbehandelte Chlamydien-Infektion kann sich ausbreiten und auf Prostata und Nebenhoden übergreifen. Das Resultat ist häufig Unfruchtbarkeit.
Wird die Infektion jedoch rechtzeitig richtig behandelt, sind Folgeschäden sehr unwahrscheinlich.
Letzte Aktualisierung am 13.08.2021.