Der Hodenkrebs ist mit einem Prozent aller bösartigen Erkrankungen Erwachsener ein eher seltener Krebs, im Alter von 15 bis 35 Jahren ist er jedoch die häufigste bösartige Erkrankung. In den westlichen Industrieländern ist die Häufigkeit des Hodentumors in den letzten 50 Jahren um das Zehnfache gestiegen. Durchschnittlich erkranken etwa zwei von 1000 Männern in oben genanntem Alter an Hodentumoren.
Hinter dem Begriff des Hodenkrebses verbergen sich viele unterschiedliche Tumoren, die zunächst eingeteilt werden in
Keimzelltumoren (85 bis 90 Prozent aller Hodentumoren), die sich weiter gliedern in:
Wichtigster Risikofaktor für die Entstehung eines Hodentumors ist der Maldescensus testis (auch Kryptorchismus genannt), also die fehlende Wanderung des Hodens in den Hodensack bis zum 2. Lebensjahr. Solche Bauch- oder Leistenhoden haben ein bis zu 22-fach erhöhtes Entartungsrisiko.
Weiterhin erhöhen folgende Punkte das Risiko, an einem Hodentumor zu erkranken:
Wichtigstes Symptom bei Hodentumoren ist die einseitige schmerzlose Schwellung des Hodens. Diese sollte also schnellstmöglich ärztlich abgeklärt werden. Manchmal beschreiben die Patienten auch eine Art Schweregefühl des Hodens.
Leydig-Zell-Tumoren können darüber hinaus sowohl männliche (Testosteron) als auch weibliche Sexualhormone (Östradiol und Progesteron) produzieren und führen bei Kindern häufig zu einer verfrühten Pubertät. Bei Erwachsenen tritt häufig begleitend eine Gynäkomastie (Vergrößerung der Brustdrüsen) auf.
Auch bei den Sertoli-Zell-Tumoren tritt meist eine Gynäkomastie auf, die auf einer Östrogenproduktion beruht.
Die wichtigste Methode, die sowohl vom Arzt als auch vom Patienten selbst angewandt werden kann, ist die Abtastung (Palpation) des Hodens. Es wird hierbei untersucht, ob die Oberfläche des Hoden glatt und prallelastisch ist, oder ob Verhärtungen oder verdächtige Strukturen getastet werden können.
Die Häufigkeit der Ursachen für Hodenschwellungen kann nach Lebensalter eingeteilt werden:
vor der Pubertät | Vor allem Teratome und Dottersack- sowie gonadale Stromatumoren |
bis zum 40. Lebensjahr | fast nur Keimzelltumoren |
ab dem 40. Lebensjahr | Seminome, Lymphome (Lymphknotenkrebs) |
Eine weitere wichtige Methode ist die schmerzlose Ultraschalluntersuchung des Hodens, bei der Tumoren mit hoher Wahrscheinlichkeit erkannt werden können.
Außerdem produzieren Hodentumoren eine ganze Menge unterschiedlicher Proteine (z.B. AFP oder β-HCG), die sie ins Blut abgeben und die somit bei einer Blutuntersuchung als Tumormarker dienen können.
Davon abzugrenzen sind Schwellungen des Hodensacks (Skrotum), die z.B. durch Spermatozelen, Hydrozelen, Varikozelen etc. verursacht werden können.
Außerdem können auch eine akute Epididymitis (Nebenhodenentzündung), eine Hodentorsion, eine Skrotalhernie (ein Bauchwandbruch in den Hodensack hinein), eine Entzündung des Hodens selbst (Orchitis) oder eine Hodentuberkulose die Beschwerden eines Hodentumors verursachen.
Besteht der Verdacht auf einen Hodenkrebs, so wird über einen Hautschnitt in der Leiste der Hoden freigelegt und eine Probe entnommen. Stellt sich hierbei heraus, dass es sich tatsächlich um Krebs handelt, so wird der komplette Hoden entfernt; außerdem wird der Samenstrang bis zum inneren Leistenring ebenfalls entfernt (so genannte inguinale Semikastration). Während der Operation entnimmt der Chirurg auch eine kleine Gewebeprobe des anderen Hodens, um zu schauen, ob dieser ebenfalls schon befallen ist bzw. ob sich hier Vorstufen eines neuen Krebsherdes finden lassen.
Wie bei allen Operationen kann es aber auch hier zu Blutungen und Nachblutungen kommen; auch Blutergüsse und Wundheilungsstörungen sowie überschießende Narbenbildung sind möglich. Außerdem können allergische Reaktionen auf das verwendete Betäubungsmittel vorkommen.
Anschließend wird ein Computertomogramm des Brustkorbs und des Bauches angefertigt, um festzustellen, ob und wie weit sich der Tumor schon ausbreiten konnte. Außerdem wird regelmäßig Blut abgenommen, um zu schauen, ob die erhöhten Tumormarker entsprechend absinken.
Bei Seminomen erfolgt zusätzlich im Stadium I (also beim Fehlen von Metastasen) eine Strahlenbehandlung der Region um die Bauchschlagader (Aorta). Sind bereits Metastasen vorhanden, so wird die Bestrahlung auf die Leistenregion ausgeweitet und evtl. eine Chemotherapie eingesetzt. Tumorreste werden bei Seminomen eher mit
einer erneuten Chemotherapie behandelt und nicht operiert.
Bei anderen Keimzelltumoren weisen auch Patienten ohne nachweisbare Metastasen trotzdem in 30 Prozent der Fälle bereits okkulte - also noch unsichtbare - Metastasen auf. Es stehen abhängig vom Vorhandensein von Metastasen und natürlich vom Willen des Patienten (Fruchtbarkeit, Sicherheitsbedürfnis, etc.) mehrere Therapieoptionen zur Verfügung:
Dies ist die Standard-Methode. Hierbei werden in einer meist offen durchgeführten Bauch-Operation die Lymphknoten und -gefäße entlang der Bauchschlagader entfernt. Anschließend kann eine Chemotherapie notwendig sein.
Auch wenn es sich um eine offene OP handelt, ist die Komplikationsrate mit zwei bis vier Prozent doch eher gering. Die Komplikationen, die auftreten können entsprechen denen der inguinalen Semikastration (s.o.).
Da die zu entfernenden Lymphgefäße außerdem in der Nähe der Bauchschlagader liegen, könnte diese ebenfalls verletzt werden, was jedoch nur äußerst selten geschieht. Der Chirurg muss weiterhin darauf achten, die in der Nähe befindlichen Nerven nicht zu verletzen, da es sonst zu einem Verlust der Ejakulationsfähigkeit kommen kann.
Hinweis: Dieser Abschnitt kann nur einen kurzen Abriss über die gängigsten Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Gespräch mit dem Arzt kann hierdurch nicht ersetzt werden.
Eine eher in fortgeschritteneren Stadien durchgeführte Methode, bei der der Tumor zunächst durch eine Chemotherapie verkleinert wird. Anschließend wird oft der noch verbliebene Rest-Tumor operativ entfernt.
Nur bei Tumoren, die vermutlich noch nicht metastasiert haben.
Die meist gutartigen Stroma-Tumoren werden in der Regel nur exzidiert, also herausgenommen.
Seminome sind strahlensensibel und haben eine sehr gute Prognose: Selbst bei Fernmetastasen beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate noch 80 Prozent, im Durchschnitt liegt sie bei etwa 95 Prozent. Es kommt sogar vor, dass allein die Reaktion des Immunsystems auf den Tumor diesen restlos vernichtet und nur eine Narbe im Hoden zurücklässt (so genanntes „ausgebranntes Seminom").
Bei anderen Keimzelltumoren ist die Prognose ähnlich gut: selbst bei vorhandenen Metastasen überleben noch 95 bis 98 Prozent der Patienten.
Bösartige Leydig-Zell-Tumoren metastasieren in die inneren Organe und haben eine schlechte Prognose: Die durchschnittliche Überlebenszeit nach Diagnosestellung beträgt weniger als zwei Jahre.
Letzte Aktualisierung am 01.07.2021.