Der Hoden ist ein wichtiges Instrument für die Fortpflanzung. Er produziert sowohl Spermien als auch Testosteron, das männliche Geschlechtshormon. Er wird über den Samenstrang mit Blut versorgt und innerviert (von Nerven erreicht).
Da der Hoden so wichtig für den Menschen ist und eine gut funktionierende „Klimaanlage" braucht (die Entwicklung der Spermien benötigt eine Temperatur von ungefähr 33 Grad Celsius), wird er gut durchblutet und ein Sauerstoffmangel macht sich schon sehr schnell bemerkbar. Außerdem ist er sehr schmerzempfindlich, was sich bei verschiedenen Krankheiten äußert.
Unter einer Hodentorsion (Hodenverdrehung) versteht man eine Drehung des Hodens und des ihn versorgenden Samenstrangs um die eigene Achse. Dabei werden die versorgenden Blutgefäße abgeschnürt. Als erstes sind hiervon die abführenden Venen betroffen, da sie eine dünnere Wand als die Arterien besitzen. Diese werden aber nach einiger Zeit auch unterbunden, so dass kein Blutfluss mehr zum Hoden stattfindet. Besteht dieser Zustand länger als vier Stunden, stirbt Hodengewebe ab.
Die Gründe für die Entstehung einer Hodentorsion sind nicht vollständig geklärt. Es gilt jedoch als sicher, dass lockere Hodenhüllen das Risiko einer Verdrehung erhöhen. Diese Hüllen liegen dem Hoden normalerweise eng an und schützen ihn vor mechanischen Belastungen. Wenn diese Hüllen nicht straff anliegen, hat der Hoden einen großen Bewegungsspielraum und kann sich leicht verdrehen. Diese Verdrehung kann durch äußere Einflüsse begünstigt werden. Dabei steht vor allem der Schlag auf den Hoden im Vordergrund. Die Torsion kann sich jedoch auch nachts beim Schlafen oder beim Geschlechtsverkehr entwickeln.
Die Hodentorsion betrifft vor allem Kleinkinder bis zu einem Jahr und Jugendliche in der Pubertät, sie kann jedoch theoretisch jederzeit auftreten.
Auch ein Hodenhochstand begünstigt eine Torsion. Unter Hodenhochstand versteht man eine Fehllagerung des Hodens, beispielsweise im Bauchraum. Diese wird im zweiten Lebensjahr operativ oder medikamentös behandelt. Es besteht lebenslang das erhöhte Risiko einer Torsion.
Da der Hoden reich an Schmerzfasern und Blutgefäßen ist, treten die Symptome schnell und deutlich in Erscheinung.
Leitsymptom der Hodentorsion ist sicherlich der Schmerz. Er beginnt sofort bei Entstehung der Torsion und ist sehr stark. Meist geschieht dies nach sportlicher oder sexueller Aktivität, aber auch ein Aufwachen aus dem Schlaf ist möglich. Der Schmerz ist oft nicht auf den Hoden beschränkt sondern strahlt vor allem in Penis und Leiste aus. Der Schmerz wird selbst durch leichteste Berührung enorm verstärkt.
Der Hoden schwillt mäßig bis stark an, was vor allem auf den im Anfangsstadium bestehenden Blutrückstau zurückzuführen ist (zuerst werden Venen verschlossen, dann Arterien).
Es kann, vor allem wegen dem starken Schmerz, zu Übelkeit und Bauchschmerzen kommen.
Bei Kleinkindern ist die Symptomatik schwerer zu erkennen. Der Hodensack ist meist angeschwollen und das Kind schreit vor Schmerzen. Wenn es sich nicht beruhigen lässt, sollte ein Arzt aufgesucht werden.
Die Diagnose muss schnell gestellt werden, da eine Hodentorsion eine akute Erkrankung ist, die der sofortigen Behandlung bedarf.
Im Gespräch muss der Arzt eine vorangegangene Mumpserkrankung ausschließen, da diese einen Hinweis auf eine Hodenentzündung gibt.
Auch die körperliche Untersuchung dient dem Ausschluss einer Entzündung. Dabei ist das „Prehn'sche Zeichen" wichtig. Der Hoden wird kurzzeitig hoch gelagert (z.B. durch ein Kissen). Bessern sich dadurch die Symptome, vor allem die Schmerzsymptomatik, so handelt es sich wahrscheinlich um eine Entzündung. Wird der Schmerz stärker, oder bleibt er gleich, kann von einer Hodentorsion ausgegangen werden.
Durch die Ultraschall-Untersuchung können andere Erkrankungen ausgeschlossen werden, vor allem krebsartige Veränderungen.
Die Behandlung der Hodentorsion erfolgt operativ. Deshalb müssen vorher alle anderen möglichen Erkrankungen sicher ausgeschlossen werden.
Der Hodenkrebs verursacht erst eine Schwellung, dann kommt es in manchen Fällen zum Auftreten von Schmerz. Im Gegensatz zur Hodentorsion tritt der Schmerz jedoch nicht plötzlich auf, sondern wird langsam immer stärker. Auch die Schwellung verhält sich anders. Bei der Tastuntersuchung kann man erkennen, dass die Schwellung nicht gleichmäßig verteilt ist, sondern an einer Seite des Hodens besonders stark hervorsticht.
Die Entzündung des Hodens ist mit plötzlich auftretenden Schmerzen und einer schnell voranschreitenden Schwellung verbunden. Ein Ertasten des Hodens ist nur unter Verwendung von Schmerzmitteln möglich. Die Unterscheidung zur Hodentorsion kann durch das Prehn'sche Zeichen geführt werden. Eine Hochlagerung des Hodens verschafft bei einer Entzündung Linderung, bei einer Torsion aber Verschlechterung des Zustands.
Die operative Behandlung der Hodentorsion muss so schnell wie möglich durchgeführt werden. Dazu werden der Hodensack und die Hodenhüllen durch einen kleinen Schnitt eröffnet. Hoden und Samenstrang werden in die ursprüngliche Position zurückgedreht. Dann wird die erneute Durchblutung des Hodens abgewartet und entschieden, ob die Operation rechtzeitig erfolgt ist. Ist das der Fall, wird der Hoden an den Hodensack genäht, um eine weitere Torsion zu verhindern. Das gleiche wird mit dem anderen Hoden gemacht, da hier das Risiko einer Torsion stark erhöht ist.
Wenn die Operation nicht schnell genug erfolgt ist, stirbt der Hoden trotz Durchblutung ab. Dann muss er schnell entfernt werden, da das Risiko einer lebensgefährlichen Sepsis (Blutvergiftung) besteht. Im Erwachsenenalter, wenn der Hodensack seine volle Größe erreicht hat, kann aus ästhetischen Gründen ein Silikonimplantat eingesetzt werden.
Trotz Operation kann es nach einer Hodentorsion immer wieder zu neuen, kleineren Torsionen kommen. Durch die Befestigung am Hodensack wird dies zwar sehr unwahrscheinlich, es kann jedoch durchaus auftreten und sollte sicherheitshalber von einem Arzt kontrolliert werden.
Die Operation kann unter Lokalanästhesie (lokaler Betäubung) oder Spinalanästhesie (Rückenmarksbetäubung) erfolgen. Bei kleinen Kindern wird jedoch empfohlen, eine Vollnarkose durchzuführen, da dann jede Bewegung des Kindes unterbunden wird.
Vor und nach der Operation ist die richtige Schmerzmedikation wichtig, um die Beschwerden möglichst gering zu halten. Gute Erfolge können mit NSAR (nicht-steroidale Antirheumatika) erzielt werden, wie Diclofenac oder Acetylsalicylsäure.
Entscheidend für die Heilung ist, dass die Operation schnell genug erfolgt. Muss aber doch ein Hoden entfernt werden, kann die volle Fruchtbarkeit meist durch den noch verbleibenden Hoden gewährleistet werden.
Letzte Aktualisierung am 17.08.2021.