Die Syphilis wird durch den Erreger Treponema pallidum subspecies pallidum, der zur Familie der Spirochäten gehört, ausgelöst. Sie wird auch als Lues bezeichnet und tritt weltweit auf. Der Hauptübertragungsweg ist Geschlechtsverkehr, es kommen jedoch auch andere Wege in Frage. Lues tritt weltweit auf, in Europa kommen auf 100 000 Bewohner fünf Fälle von Syphilis. In Osteuropa ist dieser Wert leicht erhöht.
Die Syphilis ist eine Geschlechtskrankheit, die nicht nur auf die Genitalorgane beschränkt ist, sondern Hautsymptome am ganzen Körper hervorruft. Die Übertragung der Erreger erfolgt immer direkt von Mensch zu Mensch, da Treponema pallidum subsp. pallidum sehr empfindlich gegen Umwelteinflüsse ist. Die Syphilis war früher eine gefürchtete Krankheit, an der viele Menschen erkrankten. Seit Entdeckung des Penicillins und der Einführung der Meldepflicht für Lues kann die Krankheit aber sehr gut behandelt werden. Auch die Prävention durch Kondome hat die Ausbreitung der Krankheit stark eingeschränkt.
Es gibt verschiedene Übertragungswege der Lues, am häufigsten kommt es jedoch zur sexuellen Übertragung.
Durch ungeschützten Geschlechtsverkehr mit einem Erkrankten kann es zur Infektion kommen. Der Eintritt der Treponemen in den Körper erfolgt meist durch kleine Verletzungen der Haut oder der Schleimhaut. Diese Verletzungen können so klein sein, dass sie nicht bemerkt werden. Häufigste Eintrittspforte sind die Genitalorgane, je nach Sexualpraktik kann es aber auch im Anal oder im Mundbereich zur Infektion kommen.
Der Erreger der Lues befindet sich zeitweise im Blut des Betroffenen. Daher kann es in seltenen Fällen auch zur Übertragung durch Bluttransfusionen kommen. In Deutschland spielt dieser Übertragungsweg aber durch das strenge Infektionsschutzgesetz und die umfangreiche Untersuchung von Blutspenden praktisch keine Rolle mehr.
Die Lues connata stellt eine Sonderform der Syphilis dar. Sie wird von der infizierten Mutter auf das Kind übertragen. Ab dem vierten Schwangerschaftsmonat kann es zur Infektion des Föten mit Treponema pallidum subsp. pallidum kommen. Der Übertritt der Erreger erfolgt über den Mutterkuchen (diaplazentär). Eine solche Infektion geht mit dem Tod des Kindes oder schwersten körperlichen und geistigen Missbildungen einher. Eine Vorsorgeuntersuchung der Mutter ist daher sehr wichtig.
Die Beschwerden einer Lues sind charakteristisch und treten in verschiedenen Stadien nacheinander auf.
Die Krankheit verläuft in den ersten drei Wochen symptomlos (Inkubationszeit). Dann entwickelt sich an der Eintrittsstelle (meist der Penis) das sogenannte Ulcus durum (harter Schanker). Dabei handelt es sich um ein Geschwür, das später zerfällt und hochansteckend ist. Dieses Geschwür verursacht keine Schmerzen und zerfällt später. Dann kommt es zur Streuung der Erreger in die Lymphbahn. Die betroffenen Lymphknoten (bei Beteiligung der Genitalien meist in der Leiste) schwellen, ebenfalls nahezu schmerzlos, stark an. Innerhalb von ca. vier Wochen verschwinden die Symptome auch unbehandelt. Nach vier bis acht Wochen entsteht jedoch das zweite Stadium.
Trotz der sofort einsetzenden Abwehrreaktion des Körpers haben sich die Treponemen sowohl über den Blutweg als auch über den Lymphweg im ganzen Körper ausgebreitet. Diese Ausbreitung kann in einigen Fällen von unspezifischen Symptomen begleitet werden. Es kann zu Abgeschlagenheit, Kopfschmerzen und Fieber kommen. Das Hauptsymptom des Sekundärstadiums ist aber, neben einer Polyadenopathie, ein Ausschlag, der die Beugeseiten der Ellenbeugen, den Rumpf und die Hand- und Fußflächen befallen kann. Dieser Ausschlag juckt im Allgemeinen nicht. Zusätzlich bilden sich noch Plaques muqueuses aus. Hierbei handelt es sich um grauweiße Flecken auf den Schleimhäuten, die viele Erreger enthalten und somit hochansteckend sind. Die Hauterscheinungen klingen nach zwei bis drei Wochen ab, können unbehandelt aber jahrelang immer wieder auftreten. Charakteristisch hierbei sind vor allem das „Stirnband der Venus" und das „Halsband der Venus". Dabei handelt es sich um rote, nässende Hauterscheinungen, die an der Stirn-Haar-Grenze oder um den Hals herum auftreten. Das zweite Stadium kann aber auch völlig symptomlos jahrelang bestehen, bis es in das nachfolgende Stadium übergeht.
In diesem Stadium hat das Immunsystem fast alle Erreger beseitigt und eine Ansteckung anderer Personen ist unwahrscheinlich. Nur noch wenige Treponemen befinden sich im Körper, haben sich jedoch auf alle Organe (auch Gehirn und Knochen) ausgebreitet und überleben dort in Nischen, in denen sie von Abwehrzellen nicht angegriffen werden können. Sie halten die Infektion weiter aufrecht.
Die Hautsymptome bestehen vor allem aus girlandenförmigen Geschwüren, die aufbrechen und dann vernarben.
In den inneren Organen kommt es zur Bildung von gummiartigen Knoten (Gummen). Das Tertiärstadium ist mit schweren Gewebeschäden verbunden, die alle Organe betreffen können.
Besonders gefürchtet ist die Mesaortitis luetica, eine Entzündung der Hauptschlagader (Aorta). Hierbei kann es zu Aussackungen (Aortenaneurysma) und Zerreißen der Aorta kommen (Aortenruptur), die wegen massiver Blutungen tödlich endet.
Auch das zentrale Nervensystem (Gehirn und Rückenmark) können mitbetroffen sein. Dann kommt es meist zur progredienten Paralyse oder Tabes dorsalis.
Die Paralyse fällt durch einen Abbau der intellektuellen Fähigkeiten und Sprachstörungen aus.
Die Tabes dorsalis betrifft vor allem die Hinterstränge des Rückenmarks und äußert sich dementsprechend in verminderten Reflexen und Einschränkungen der Feinmotorik.
Auch eine luetische Meningitis (Gehirnhautentzündung) kann sich ausbilden. Sie kann aber auch schon im Sekundärstadium auftreten.
Die Befragung des Patienten ist ein unumgängliches Instrument der Diagnosestellung. Der Arzt muss herausfinden, ob der Sexualpartner des Patienten infiziert war, welche Sexualpraktiken durchgeführt wurden (Lues in Mund- und Analbereich) und ob andere Menschen infiziert worden sein könnten (diese müssen dann benachrichtigt werden).
Die Lues-Erkrankung fällt durch die charakteristischen Symptome auf. Auch die einzelnen Stadien können meist durch einen Blick und unter Umständen durch Abtasten differenziert werden. Dabei muss ein besonderes Augenmerk auf die Eintrittspforten der Treponemen gelegt werden.
Im Labor kann die Syphilis sogar identifiziert werden, wenn keine Symptome auftreten. Zur Untersuchung kann sowohl Sekret aus aufgeplatzten Geschwüren, als auch Blut entnommen werden. Es erfolgt nach Möglichkeit der direkte Nachweis des Treponema pallidum subspecies pallidum. Ist das nicht möglich, können auch (im Blut) Antikörper gegen diese Bakterien nachgewiesen werden.
Da die Lues viele verschiedene Symptome hervorruft, gibt es auch viele Differentialdiagnosen. Zwei sollen hier beispielhaft genannt werden.
Ein Charakteristikum einer Lues-Infektion stellt der harte Schanker (Ulcus durum) dar. Das Ulcus molle ist eine andere Geschlechtskrankheit. Sie wird durch das Bakterium Haemophilus ducreyi ausgelöst. Der harte Schanker ist eine schmerzlose Erhebung mit einer derben Konsistenz (hart) im Genitalbereich. In diesem Bereich bildet sich auch das Ulcus molle aus. Es ist jedoch weich und verursacht zum Teil große Schmerzen. Außerdem ist es wie ausgestanzt.
Im hohen Alter kommt es häufig zur sogenannten Altersdemenz. Die intelektuellen Fähigkeiten nehmen ab und die Feinmotorik wird gestört. Hier sollte die Diagnostik eine Lues-Beteiligung ausschließen, da sich die Behandlungen der beiden Erkrankungen stark unterscheiden.
Die Therapiemöglichkeiten der Syphilis haben sich im Laufe der Jahre rapide gebessert. Mittel der Wahl gegen die Treponemen ist Penicillin. Treponema pallidum subspecies pallidum ist eines der wenigen Bakterien, das noch keine Resistenz (Widerstandsfähigkeit) gegen Penicillin entwickelt hat. Die Behandlung wird mit hohen Dosen Penicillin durchgeführt (am besten Depot-Penicillin). Die Dosis wird über zwei Wochen verabreicht. Besteht eine Penicillin-Unverträglichkeit des Patienten, können auch Erythromycin oder Tetrazykline verwendet werden.
Ungefähr zwei Stunden nach der erstmaligen Injektion des Antibiotikums kann es zur Jarisch-Herxheimer-Reaktion kommen. Durch die Antibiotika werden Treponemen abgetötet und Bruchstücke davon werden in das Blut geschwemmt. Dadurch wird das Immunsystem reaktiviert. Das kann sogar zum anaphylaktischen (allergischen) Schock führen.
Die Behandlung der Syphilis ist, vor allem in der westlichen Welt, einfach durchzuführen. Daher ist die Prognose hierfür sehr gut und es kommt unter Behandlung fast immer zu vollständiger Heilung. Je früher die Krankheit erkannt wird, desto besser wirkt die Behandlung.
Probleme macht diese Erkrankung vor allem noch in armen Ländern, in denen die Behandlung mit Penicillin zu teuer ist.
Letzte Aktualisierung am 27.08.2021.