Als Varikozele (Krampfaderbruch, von lat. varix - Krampfader und griech. Cele bzw. Kele - Bruch) bezeichnet man die Ausweitung und Schlängelung der Venen des so genannten Plexus pampiniformis, eines Venengeflechtes um den Samenstrang des Mannes. Dieses Venengeflecht führt Blut aus den Hoden und Nebenhoden zu den Hodenvenen. Wird dieser Rückstrom des Blutes gestaut, so kommt es zu einer Varikozele.
Man unterscheidet
Da die linke Hodenvene senkrecht in die linke Nierenvene einmündet, was eine ungünstige Strömungssituation schafft, kommen primäre Varikozelen vor allem linksseitig vor.
Sekundäre Varikozelen hingegen sind auf beiden Seiten gleich häufig.
Von der primären Form sind vor allem Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 15 und 25 Jahren betroffen; die sekundäre Form kommt vor allem im höheren Lebensalter vor.
Oftmals bekommt man von der Erkrankung nichts mit, der betroffene Hoden kann sich aber auch schwer anfühlen oder schmerzen, vor allem nach längerem Stehen. Manchmal kann man die verdickten Venen auch durch die Haut des Hodensacks sehen und tasten.
Durch die Blutstauung und den damit verbundenen fehlenden Abtransport warmen Blutes überwärmt sich der Hoden, was bei ca. 40 bis 50 Prozent der Varikozelen zu einer eingeschränkten Zeugungsfähigkeit bis hin zur kompletten Zeugungsunfähigkeit (Infertilität) führen kann.
Tritt die Varikozele im frühen Lebensalter auf, so kann auch ein vermindertes Wachstum des betroffenen Hodens die Folge sein.
Der Arzt schaut sich den Hodensack und die Venen durch die Haut an und tastet die Venen sowie auch die Hoden ab. Dies geschieht sowohl im Stehen und unter einer Erhöhung des Druckes im Bauchraum durch Pressen (so genannter Valsalva-Versuch) als auch im Liegen. Hierbei kann der Arzt zwischen primären und sekundären Varikozelen unterscheiden, da sich die primären im Liegen entleeren, während die sekundären gefüllt bleiben.
Varikozelen können so in drei Grade eingeteilt werden:
Außerdem kann der Arzt eine schmerzlose Ultraschalluntersuchung (Dopplersonographie) durchführen, in deren Rahmen er die Durchblutung des Hodens und somit die Ausprägung der Varikozele beurteilen kann. Außerdem ist es bei dieser Gelegenheit möglich, den Hoden auf andere Auffälligkeiten hin zu prüfen und die Nieren zum Ausschluss einer sekundären Varikozele auf Tumoren zu untersuchen.
Meist werden auch ein oder mehrere Spermiogramme (Untersuchungen des Spermas auf Anzahl und Aussehen der Samenzellen) durchgeführt, um die Zeugungsfähigkeit zu beurteilen.
Prinzipiell müssen bei Schwellungen des Hodensacks neben Varikozelen mehrere andere Erkrankungen in Betracht gezogen werden:
Allerdings lassen sich diese Erkrankungen alle meistens sehr gut auseinander halten, da sie bestimmte Charakteristika aufweisen. So ist bei der Hydrozele der Hoden selbst nicht tastbar, Hernien fehlt die Abgrenzbarkeit zum Bauch hin und Tumoren können meist getastet oder aber im Ultraschall dargestellt werden.
Daher ist eine Varikozele meist leicht von den anderen Erkrankungen abzugrenzen.
Sofern die Zeugungsfähigkeit nicht eingeschränkt ist, müssen primäre Varikozelen meist nicht behandelt werden. Leidet der Patient jedoch unter Schmerzen oder ist die Untersuchung des Spermas auffällig, so stehen mehrere Therapieverfahren zur Verfügung:
Es besteht die Möglichkeit, die Varikozele durch Einspritzen eines Wirkstoffs zu veröden (Sklerosierung), wobei zwischen der retrograden und der anterograden Methode unterschieden wird:
Ist der Befund ausgeprägter oder hat die Verödung keinen Erfolg gebracht, so kann eine Operation erforderlich werden. Hierbei wird entweder eine hohe oder eine tiefe Unterbindung bzw. Durchtrennung des gestauten Gefäßes durchgeführt, wobei der Zugangsweg je nach Befund unterschiedlich gewählt wird:
Hohe Durchtrennungen können über einen Bauchschnitt im unteren Bereich (offene Operation) oder über eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) durchgeführt werden. Bei beiden Zugangsarten ist eine Vollnarkose notwendig.
Die Bauchspiegelung wird über wenige kleine Schnitte durchgeführt, wobei ein Gerät mit einer kleinen Kamera über einen Schnitt am Bauchnabel in den Bauchraum eingeführt wird. Anschließend lassen die Operateure CO2-Gas in den Bauchraum einströmen, um die Sicht zu verbessern und den Bauchraum zu erweitern. Nun werden über wenige weitere kleine Schnitte die für die eigentliche Operation benötigten Instrumente eingeführt. Die Kamera überträgt die Bilder währenddessen auf einen Monitor, auf dem der Chirurg alles in Echtzeit sehen kann.
Bei beiden Verfahren - dem Bauchschnitt wie auch der Bauchspiegelung - wird nun eine oder mehrere gestaute Venen unterbunden. Manchmal muss auch die Arterie des Hodens, also das zuführende Blutgefäß, mit durchtrennt werden, insbesondere, wenn diese einen ungünstigen Verlauf hat. Der Hoden wird jedoch weiterhin über Umgehungskreisläufe mit Blut versorgt; es treten nicht mehr Komplikationen auf als bei der alleinigen Unterbindung der Vene.
Die tiefe Unterbindung wird über einen Einschnitt in der Leistengegend oder am Hodensack durchgeführt. Für sie ist keine Vollnarkose nötig; sie kann unter lokaler Betäubung ausgeführt werden. Je nach Sitz der Stauungsursache entscheidet der Arzt, welche Operationstechnik angewandt wird.
Stößt der Operateur auf unerwartete Befunde oder gibt es während der Operation Komplikationen, so kann es zum Beispiel nötig werden, dass der Arzt eine als Bauchspiegelung geplante Operation in eine offene Operation umwandelt.
Wie bei allen Operationen kann es auch hier zu Blutungen und Nachblutungen, Blutergüssen, Wundheilungsstörungen, überschießender Narbenbildung und zu allergischen Reaktionen auf das verwendete Betäubungsmittel (sowohl bei der Vollnarkose als auch bei der lokalen Betäubung) kommen. Außerdem können benachbarte Organe und Strukturen (Nerven) geschädigt werden. Eine Nervenverletzung könnte zu Taubheit oder Schmerzen führen; der Hoden selbst kann ebenfalls verletzt werden. Nach der Operation ist eine vermehrte Wassereinlagerung im Hodensack (Hydrozele) möglich.
Hinweis: Dieser Abschnitt kann nur einen kurzen Abriss über die gängigsten Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Gespräch mit dem Arzt kann hierdurch nicht ersetzt werden.
Die Erfolgswahrscheinlichkeit ist bei allen verwendeten Verfahren hoch, jedoch kommt es hin und wieder vor, dass sich die Varikozele nicht zurückbildet oder erneut auftritt (Rezidiv). Normalerweise dauert es ca. ein halbes bis ganzes Jahr, bis sich eine Varikozele komplett zurückbildet. Erst dann kann eine Aussage über die verbliebene Zeugungsfähigkeit gemacht werden.
Letzte Aktualisierung am 27.08.2021.