Unter einer Arthrose des Kniegelenks, auch als Gonarthrose bezeichnet, versteht man alle verschleißbedingten (degenerativen) Erkrankungen des Kniegelenks, die durch eine fortschreitende Zerstörung des Gelenkknorpels unter Mitbeteiligung der Gelenkstrukturen wie Gelenkkapsel, Knochen und gelenknaher Muskulatur gekennzeichnet sind.
Die Arthrose ist definiert als Verschleißerscheinung, die durch ein Missverhältnis von Gelenkbelastung und tatsächlicher Belastbarkeit des Gelenkes ausgelöst wird. Der Gelenkknorpel überzieht normalerweise als Gleitschicht die knöchernen Gelenkflächen und wird bei einer Arthrose im wahrsten Sinne aufgerieben.
Das Kniegelenk wird durch drei Knochen, gemeinsam mit einem komplexen Kapsel- und Bandapparat (Seiten- und Kreuzbänder) gebildet. Diese sind:
Diese Knochen haben einen engen Kontakt zueinander. An den jeweiligen Kontaktflächen sind sie mit einer sehr glatten, weißlichen Knorpelschicht überzogen und ermöglichen dadurch eine schmerzfreie und ungestörte Beweglichkeit des Kniegelenks.
Verschleißerscheinungen können am Kniegelenk isoliert auftreten. Sie betreffen bevorzugt den inneren oder äußeren Kniegelenksanteil. In der Medizin unterscheidet man zwischen:
Die Arthrose des Kniegelenks ist die häufigste Form der Arthrose. Es handelt sich vielmehr um eine Erkrankung des Erwachsenen mit einer hohen Prävalenz der über 60-jährigen. Zudem sind Frauen deutlich häufiger von einer Kniearthrose/Gonarthrose betroffen als Männer.
In erster Linie handelt es sich bei der Arthrose um eine völlig normale Begleiterscheinung des Alters. Die Veränderungen im Kniegelenk sind genauso wenig krankhaft wie das Altern der Haut. Es gibt natürlich auch solche Arthrosen, die auf fehlerhafte Belastungen des Kniegelenks zurückzuführen sind (X- Beine oder O-Beine).
Für die Entstehung einer Kniegelenksarthrose/Gonarthose können folgende Ursachen aufgelistet werden:
Zu den Risikofaktoren einer Kniegelenksarthrose gehören:
Das Kniegelenk wird hoch beansprucht. Es ist ein kompliziert aufgebautes Gelenk, welches auf minimale Veränderungen sehr empfindlich reagiert. Solche krankhaften Veränderungen machen sich schnell durch Symptome bemerkbar.
Als erste Symptome der Gonarthrose können unspezifische Schmerzen, mühsames Aufstehen und Wärmegefühl auftreten. Eine Kniegelenksarthrose zeigt sich insbesondere durch folgende Beschwerden:
Die Bewegungseinschränkungen führen mit der Zeit zu Fehlhaltungen, Muskelverkürzungen bis hin zu Versteifungen des Gelenkes. Es treten immer wiederkehrende Reizerscheinungen wie ein Erguss oder „plötzliches Nachgeben des Beines" (giving way-Phänomen) als Zeichen einer Einklemmungserscheinung auf. Das Kniegelenk braucht längere Zeit, um wieder in einen reizfreien Zustand zurückzukehren.
Im weiteren Krankheitsverlauf werden die Schmerzen immer stärker und zwingen die Patienten zu einem Anhalten beispielsweise nach Spaziergängen. Die Gehstrecke wird dadurch erheblich reduziert. Aufgrund der schmerzbedingten Schonhaltung schwindet nach einer gewissen Zeit auch die Muskulatur des Oberschenkels.
Der erste Schritt der Diagnosestellung umfasst die Erhebung der Krankengeschichte. Dabei sollte man vor allem folgende Punkte abarbeiten:
Im nächsten Schritt erfolgt eine klinische Untersuchung. Diese umfasst:
Beurteilung insbesondere von Gangbild, Hautveränderungen, Beinlängendifferenz, Knieschwellung und Muskelatrophie.
Des Weiteren werden ein Funktionstest und Schmerztest durchgeführt. Diese dienen der Beurteilung von Bewegungsumfang und Bewegungsschmerz sowie Bandinstabilität.
Zudem werden zum Nachweis von Schäden im Bereich des Innenmeniskus oder Außenmeniskus die Meniskuszeichen überprüft. Auch apparative Untersuchungen können wegweisend für die Diagnose sein. Dazu gehören in der Regel:
Ziel der Therapie besteht in der Verbesserung von Schmerz, Beweglichkeit, Vergrößerung der Gehstrecke und natürlich einer Verzögerung des Fortschreitens der Arthrose.
Die Behandlung der Kniegelenksarthrose ist abhängig von den Ursachen, vom Alter und dem Schweregrad der Erkrankung. Sie muss von Fall zu Fall entschieden werden, da unterschiedliche Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen. Leichte Formen der Arthrose werden primär konservativ behandelt, entzündliche Reizzustände hingegen mit entzündungshemmenden Medikamenten.
Wichtig ist eine individuelle Beratung und Aufklärung des Patienten. Diese umfasst vor allem die Beratung hinsichtlich des Verhaltens im Alltag, die körperlichen Belastungen in Beruf und Sport. Zudem können physikalische Maßnahmen im Anfangsstadium zu einer wesentlichen Beschwerdelinderung führen. Hierzu gehören vor allem:
Darüber hinaus können auch orthopädietechnische Maßnahmen zur Anwendung kommen:
Ziel der medikamentösen Therapie ist die Schmerzreduktion und Entzündungshemmung. Die Medikamente können systemisch, durch Tropfen oder Tabletten, und lokal, durch Salben und Spritzen verabreicht werden. Zur Anwendung kommen:
Grundsätzlich ist von einer Ruhigstellung des betroffenen Gelenkes abzuraten, da hierdurch die Versorgung des Gelenkknorpels mit Nährstoffen verschlechtert wird.
Erst nachdem alle nicht operativen Maßnahmen ausgeschöpft wurden und diese keine befriedigende Besserung für den Patienten gebracht haben, kann man über einen operativen Eingriff entscheiden.
In der Regel kommen folgende Operationsverfahren in Frage:
Im folgenden sind die Abrasionschondroplastik und die Mikrofrakturierung näher erläutert:
Leider sind die Knieprothesen in punkto Belastbarkeit und Haltbarkeit immer noch nicht auf dem besten Stand. Sie können immer noch nicht an das „Original" heranreichen. Bei älteren Patienten wird häufig eine Implantation der Knieprothese vorgenommen. Sie haben keine so hohen Belastungsansprüche an das Knie und die Haltbarkeit spielt in Hinblick auf die Lebenserwartung eine eher untergeordnete Rolle.
Dagegen sollte man bei jüngeren Patienten von einer zu frühen Implantation eines künstlichen Kniegelenks absehen und primär alles versuchen, um das erkrankte Gelenk wieder zu rekonstruieren. Die Abrasionschondroplastik bietet sich vor allem dann an, wenn der Knorpelschaden auf einen kleinen Bereich begrenzt ist. Der Eingriff wird arthroskopisch durchgeführt.
Mit einem rotierenden Messer werden im Bereich des Knorpeldefektes, Knorpelreste und die oberste Knochenschicht entfernt. Es tritt eine Blutung aus dem Markraum ein. Aufgrund dieser hervorgerufenen Blutung und den sehr komplexen Heilungsprozessen kommt es im Verlauf von einigen Wochen zur Bildung neuen Knorpelersatzgewebes (Faserknorpel), welches den Defekt vollständig überdeckt. In den meisten Fällen ist das Ergebnis so gut, dass sogar im Anschluss Sport in Maßen getrieben werden kann.
Bei der Mikrofrakturierung handelt es sich auch um eine gelenkerhaltende Behandlung bei begrenzten Knorpelschäden. Bei diesem Eingriff werden mit unterschiedlich gewinkelten „Ahlen" kleine Perforationen, im Anstand von 4 mm und einer Tiefe von drei mm, in den freiliegenden Knochen gesetzt. Durch Austreten von einem Blutkoagel (Superclot) wird der gesamte Defekt bedeckt. In diesem Blutkoagel befinden sich Stammzellen, die sich zu einem Faserknorpel entwickeln und die Gelenkfläche bedecken.
In den meisten Fällen kommt es also zu einer Bedeckung des Knorpeldefektes mit einem Ersatzknorpel. Zudem kommt es zu einer wesentlichen Schmerzreduzierung und Verbesserung der Beweglichkeit. Nach einer Mikrofrakturierung ist auf jeden Fall eine 8-wöchige Entlastung mit Unterarmgehstützen erforderlich.
Letzte Aktualisierung am 05.10.2021.