Rheumatische Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter treten vor dem 16. Lebensjahr auf, dauern mindestens drei Monate und können wiederkehren. Die Symptome und Merkmale dieser Erkrankungen können sich oft erheblich von denen im Erwachsenenalter unterscheiden und erschweren die Diagnosestellung in vielen Fällen oft erheblich.
Manchmal ist eine exakte Zuordnung in einer der Kategorien oder Subtypen nicht möglich. Bei der Therapie sind die besonderen Bedingungen im Alter (Wachstum, Entwicklungspsychologie) zu beachten.
Die juvenile chronische Arthritis wird in fünf Subgruppen eingeteilt, die sich nach den Symptomen in den ersten drei bis sechs Monaten, Alter, Geschlecht und Laborbefunden richten. Eine neue Klassifikation die von der WHO und der International League against Rheumatism (ILAR) empfohlen wird, ersetzt die Subgruppen durch sieben Kategorien.
Im Folgenden werden beide Einteilungen dargestellt. Der M. Still (Still Syndrom) ist die systemische Form der Juvenilen idiopathischen Arthritis (JIA) und betrifft außer den Gelenken auch andere Organe des Körpers.
Es lassen sich zwei Typen unterscheiden (Typ I, Typ II)
Bei der seropositiven Polyarthritis werden Rheumafaktoren nachgewiesen, bei der seronegativen Form nicht.
Nach Geschlecht, Alter, Klinik und Erkrankungen in der Familie werden sieben Kategorien unterschieden:
Die Ursachen sind wie bei den rheumatischen Erkrankungen des Erwachsenenalters unbekannt. Als ursächliche Faktoren kommen vorangehende Infektionen, Traumen und Stress-Situationen, sowie autoimmune und krankhafte Veränderungen im Nervengeflechtsystem bei entsprechender genetischer Veranlagung in Frage.
Sehr oft kann es schwierig für Eltern sein, die Symptome einer rheumatoiden Erkrankung bei ihren Kindern zu erkennen. Oft wird ein Arzt konsultiert, weil sich das Kind „beim Spielen wehgetan hat" und seitdem dauerhafte Beschwerden beim Bewegen angibt.
Eine Morgensteifigkeit, wie sie bei Erwachsenen vorkommt, kommt bei Kindern so gut wie nie vor.
Die Beschwerden können sich durch allgemeines Unwohlsein, Abgeschlagenheit und Müdigkeit ankündigen oder auch aus völliger Gesundheit heraus entwickeln. Ein Infekt, zum Beispiel der Atemwege, kann der Erkrankung vorausgehen.
Eine Gelenkentzündung (Synovialitis), die mit einer entzündeten Gelenkschleimhaut und einer Pannusbildung einhergeht (siehe auch Rheumatoide Arthritis bei Erwachsenen) tritt in einem Gelenk (Monarthritis), einiger Gelenke (Oligoarthritis) oder zahlreicher Gelenke (Polyarthritis) auf und kann mit der Entzündung von umgebenden Weichteilen wie Sehnenscheiden und seltener auch Schleimbeuteln (sie dienen als Gleitlager bei Bewegungen im Gelenk) einhergehen.
Das betroffene Gelenk ist geschwollen (oft sehr diskret, manchmal teigig), zum Beispiel passen Ringe nicht mehr auf Finger, überwärmt und geht mit einer schmerzhaften Bewegungseinschränkung einher.
Durch die Entzündung kann es auch zu umschriebenen Ausstülpungen der Gelenkschleimhaut kommen, die von außen als weiche Schwellung tastbar sind, sogenannte Synovialzysten (Zyste am Knie = Bakerzyste, oder auch am Oberarm). Wenn wenige oder große Gelenke betroffen sind, geschieht dies meist auf einer Körperhälfte, wenn zahlreiche Gelenke betroffen sind, zum Beispiel die Fingergelenke, sind sie meist auf beiden Körperseiten (zum Beispiel linke und rechte Hand) betroffen. Eine Rötung spricht eher für eine Infektion des Gelenkes oder eine Entzündung der Haut in diesem Bereich.
Im weiteren Verlauf der Erkrankung kommt es zu Wachstumsstörungen, Fehl- und Schonhaltungen und daraus resultierenden Bewegungseinschränkungen. Die Wachstumsgeschwindigkeit ist vermindert und bei besonders schweren Verläufen kann es zu Kleinwuchs insbesondere der Hände, Füße und des Unterkiefers kommen.
Bei der Form mit geringer Gelenkbeteiligung (Oligoarthritis) ist eine relativ häufige Augenentzündung (Iridozyklitis) zu nennen, die unbehandelt auch zu einer Erblindung des betroffenen Auges führen kann.
Die Diagnose „Arthritis" wird rein klinisch durch die Untersuchung der Gelenke durch den Arzt gestellt. Neben den beschriebenen Zeichen der Entzündung wird der Bewegungsgrad eines Gelenkes nach der Neutral-Null-Methode bestimmt. Beispielhaft sind im Kniegelenk 170 Grad Beugung und bis zu 5 Grad Streckung möglich; je jünger das Kind desto beweglicher (und damit größere Gradzahl) kann es in den Gelenken sein.
Im Blut können Rheumafaktoren, antinukleäre Antikörper (ANA) und das Genmerkmal HLA-B27 nachweisbar sein, in vielen Fällen ist die Untersuchung auf diese Faktoren nicht weiterführend, weil bei der kindlichen rheumatoide Arthritis im Gegensatz zu der Erwachsenenform eine Erhöhung von Rheumafaktoren nicht vorkommt.
Es können unspezifische Entzündungszeichen vorhanden sein (Erhöhung des C-reaktiven Proteins, CRP, eine beschleunigte Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit, BKS, Abnahme des Serumalbumins, Serumeisens und Zunahme der Alpha-2 sowie Gamma-Globuline).
Alle Laborwerte können aber auch unauffällig sein, insbesondere wenn nur wenige Gelenke betroffen sind.
Eine Gelenkpunktion kann eine bakteriell verursachte Gelenkentzündung ausschließen oder beweisen. Außerdem kann das Ausmaß der Entzündung beurteilt werden.
Zum Ausschluss anderer Erkrankungen und zur Verlaufsbeobachtung können Ultraschall und Röntgen eingesetzt werden. Die Magnetresonanztomographie (keine Strahlenbelastung durch Prinzip des magnetischen Feldes) ist häufig entbehrlich wenn schon eine Gelenkpunktion erfolgt ist.
Gelenkentzündungen anderer Ursachen müssen ausgeschlossen werden. Infrage kommen hierbei erregerbedingte Gelenkentzündungen bei Tuberkulose oder generalisierter Infektion (Sepsis, Blutvergiftung), Osteomyelitis (Knochenmarksentzündung), Lyme-Arthritis (Borreliose durch Zeckenbiss), Morbus Reiter (immunologische Erkrankung nach bakteriellem Infekt), virale Infektionen, andere rheumatische Erkrankungen, Leukämie, Wachstumsschmerzen.
Die Therapie kann sich zunächst „durchwachsen" zeigen und von Therapieerfolg und nachfolgendem Misserfolg gekennzeichnet sein, längerfristig aber ist nach den heutigen Methoden der Behandlung ein normales Leben der Kinder ohne Fehlbildungen und körperliche Einschränkungen möglich.
Nichtsteroidale Antirheumatika, Schmerz- und entzündungshemmende Mittel, wie Naproxen, Ibuprofen, Diclofenac und Meloxicam werden gegeben. Der Wirkung tritt sechs bis acht Wochen später ein. Wenn eine geringe Anzahl von Gelenken betroffen ist, können Kortikosteroide (Cortisol), Hydroxychloroquin oder Sulfasalazin in die Gelenke injiziert werden. Bei einem Befall von vielen Gelenken ist Methotrexat sehr gut wirksam.
Cortisolgaben in Form von Tabletten kann in besonderen schweren Fällen indiziert sein, bei Nichtansprechen auf die genannten Medikamente kann eine Pulstherapie erfolgen in der über drei Tage ein Kortikosteroid intravenös verabreicht wird.
Zur Unterstützung und Verhinderung von Einsteifungen und Bewegungseinschränkungen kommen physikalische Maßnahmen zur Anwendung, hierbei werden täglich passive und aktive Übungen durch eine/n erfahrenen Physiotherapeut/in durchgeführt. Sportliche Betätigungen ohne Leistungsdruck sind zu fördern.
Orthopädisch-chirurgische Maßnahmen vervollständigen die Therapie.
Allgemein ist die Prognose vom Alter der Erstmanifestation der Erkrankung abhängig. Je früher die Beschwerden beginnen, desto gefährdeter ist die gesunde Entwicklung des Kindes in Hinsicht auf Wachstum, Bewegung, Psyche und sozialer Einfügung.
Letzte Aktualisierung am 01.07.2021.