Morbus Bechterew ist eine chronische (nicht nur vorübergehende) rheumatische Erkrankung der Bänder und Gelenke, die über entzündliche Prozesse zu einer knöchernen Einsteifung der Wirbelsäule, der Rippenwirbelgelenke und einiger Sehnen und Sehnenansätze von peripheren Gelenken führen kann. Bei 25 Prozent der Patienten sind im Verlauf der Erkrankung auch weitere Gelenke wie Hüft- und Kniegelenk befallen. Weitere 20 Prozent der Patienten leiden zusätzlich unter Entzündungen von Auge, Darm, Herz, Niere und Lunge.
Die Erkrankung gehört zur Gruppe der Spondylarthropathien (Erkrankungen der Wirbelsäulengelenke), zu der unter anderem auch die Lyme-Arthritis, das rheumatische Fieber, die Psoriasisarthritis, die Arhtitis bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und die reaktive Poststreptokokkenarthritis gehören. Morbus Bechterew betrifft vorwiegend die Lenden- und Brustwirbelsäule und die Kreuz-Darmbeingelenke.
Im deutschen Sprachraum sowie in Osteuropa hat sich vielmehr die Bezeichnung „Morbus Bechterew" (MB) statt Spondylitis ankylosans eingebürgert. Der Begriff Morbus kommt aus dem lateinischen und bedeutet Krankheit. Die Krankheit wurde keineswegs vom russischen Neurologen Wladimir Bechterew entdeckt oder als erste beschrieben. Herr Bechterew hat nur in den 1890 er Jahren eine hierzulande besonders bekannt gewordene Beschreibung veröffentlicht. Die Erkrankung wurde erstmalig 1884 von Adolf Strümpell (Leipzig) beschrieben. Bis heute gilt die Erkrankung als nicht heilbar, lässt sich aber in ihrem Verlauf ganz entscheidend beeinflussen.
In Deutschland leiden etwa 1,9 Prozent der Bevölkerung an dieser Krankheit. Bei vielen der Betroffenen, mit eher milden Symptomen, wird die Erkrankung gar nicht diagnostiziert, so dass nur eine Minderheit der geschätzten Patienten davon Bescheid weiß. Die Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew e.V. spricht von 100.000 bis 150.000 diagnostizierten Fällen. Beide Geschlechter sind gleichermaßen betroffen. Morbus Bechterew verläuft bei Frauen viel milder und langsamer als bei Männern, insbesondere was die Verknöcherung der Wirbelsäule betrifft. Daher wird die Erkrankung bei Frauen auch viel seltener diagnostiziert. In den westlichen Industrieländern treten die ersten Symptome bei Erkrankten meist im jungen Erwachsenenalter (20 bis 25 Jahre) auf. In nur fünf Prozent der Fälle liegt der Erkrankungsbeginn nach dem 40. Lebensjahr.
Die Ursachen der Spondylitis ankylosans sind teilweise noch unbekannt. Grundlage scheint eine krankhafte Immunreaktion des Körpers zu sein. Es besteht eine veränderte Reaktion zwischen den genetischen Anlagen des HLA-Systems und Umwelteinflüssen. Bislang ist jedoch unklar, was der Auslöser für diese veränderte Reaktion ist.
Bei 95 Prozent aller Erkrankten findet man den HLA-B27 Gewebsmarker (ein auf den weißen Blutkörperchen verankertes Antigen), welches eine dreidimensionale Form hat. Normalerweise nimmt es bestimmte Erreger auf, die für Durchfallerkrankungen und Erkrankungen der Harnröhre verantwortlich sind, und sorgt dafür, dass die T-Lymphozyten der Immunabwehr diese körperfremden Erreger erkennen und zerstören. Bei Spondylitis ankylosans funktioniert jedoch dieser Mechanismus nicht mehr. Daher kommt es in der Folge zu einer chronischen Entzündung, die zu einer allmählichen Verknöcherung der Weichteile zwischen den Wirbelkörpern und zu einer Gelenkzerstörung führt. Warum das ausgerechnet an der Wirbelsäule passiert, bleibt weiterhin ein Rätsel. Das HLA-B27-Gen ist der beste bekannte Marker, jedoch nicht die auslösende genetische Ursache.
Außerdem wird vermutet, dass der Tumornekrosefaktor-α (TNF-α) eine zentrale Rolle im Entstehungsprozess der Erkrankung spielt, da nach der therapeutischen Hemmung eine Linderung der Symptome eintritt. Im entzündeten Kreuzbein-Darmbeingelenk treten vermehrt Lymphozyten und Fresszellen auf, zudem eine erhöhte Konzentration von TNF-α, wobei hierfür kein Auslöser feststellbar ist. Vermutet werden autoimmunologische Phänomene gegen das im Knorpel vorhandene und für seine Elastizität mit verantwortliche Proteoglycan Aggrecan.
Im Blut sind bei vielen Patienten außerdem erhöhte Antikörper-Titer gegen Enterobakterien nachweisbar. Es wird diskutiert, ob verschiedene Bakterien als Auslöser für die Spondylitis ankylosans in Frage kommen. Vermutet wird ein Zusammenhang für Salmonellen, Shigellen, Chlamydien, Yersinien und Klebsiellen. Leider gibt es bisher keine Hinweise, dass diese eine Rolle im Krankheitsverlauf spielen. Das Risiko an Morbus Bechterew zu erkranken, beträgt bei Erkrankung von Verwandten 1. Grades 20 Prozent und bei eineiigen Zwillingen 60 Prozent.
Meist sind die Beschwerden im Anfangsstadium sehr unspezifisch, weshalb sie oft fehlgedeutet werden. Erfahrene Rheumatologen können jedoch heute aufgrund anerkannter Kriterien eine zuverlässige Diagnose stellen. Trotzdem vergehen zwischen den ersten Beschwerden und einer gesicherten Diagnose häufig noch mehrere Jahre. Für den Beginn einer Spondylitis ankylosans sind folgende Symptome charakteristisch (es müssen nicht immer alle Symptome vorhanden sein):
Neben diesen Erst-Symptomen können noch folgende Kriterien bzw. Symptome einen Hinweis auf einen Morbus Bechterew geben:
Im Verlauf der Erkrankung kommt es zur zunehmenden Bewegungseinschränkung der Wirbelsäule bis zur kompletten Einsteifung. In extremen Fällen kann es im Spätstadium zu einer Verblockung der Brustwirbel in gebeugter Stellung und Streckhaltung der Halswirbelsäule kommen, so dass der Patient sich nicht mehr über die Horizontale heben kann. Spätzeichen der Spondylitis ankylosans sind neben der Versteifung auch eine Krümmung nach vorne (Brustkyphose). Die Kyphose der Brustwirbelsäule ist auf verschiedene Mechanismen zurückzuführen:
Eine weitere wichtige Komplikation nach langjährigem Verlauf mit hoher Entzündungsaktivität kann eine so genannte Amyloidose sein. Bei der Amyloidose handelt es sich um Ablagerungen von Proteinen in inneren Organen, mit nachfolgender Störung der Organfunktion. Im Spätstadium der Erkrankung kommt es zudem zu einer erhöhten Knochenbruchgefährdung, v.a. im Bereich der Wirbelsäule. Aufgrund der Einsteifung kann es schon bei geringen Traumata zu Knochenbrüchen kommen, weil der Knochen seine Elastizität verloren hat. Der Krankheitsverlauf kann bei jedem Individuum sehr unterschiedlich sein.
Bei jedem Patienten verläuft die Bechterewsche Erkrankung anders. Viele Patienten klagen vor allem über Entzündungsschmerzen, bei anderen steht wiederum die Versteifung im Vordergrund. Bei einigen Patienten kann die Erkrankung sehr aggressiv verlaufen, bei anderen verläuft sie dagegen so mild, dass sie nie eindeutig diagnostiziert werden kann. Auch die Symptome können sehr unterschiedlich sein. Bei einigen sind die Gelenke der Gliedmaßen mit betroffen, bei manchen Patienten die inneren Organe, bei anderen beschränkt sich die Krankheit ganz auf die Wirbelsäule. Durch eine gezielte Therapie und eigenes aktives Verhalten lässt sich der Ausmaß der Behinderung entscheidend beeinflussen. Der Krankheitsverlauf ist üblicherweise gekennzeichnet durch:
Kommt es zu einem Ausbruch der Krankheit bereits vor dem 16. Lebensjahr, so wird dies oft als Vorzeichen für einen schweren Krankheitsverlauf angesehen.
Nach Informationen der Deutschen Vereinigung Morbus Bechterew (DVMB) beträgt der Zeitraum bis zur Diagnose im Durchschnitt fünf bis sieben Jahre. In einigen Fällen jedoch bis zu 15 Jahre, wobei dies durch eine sorgfältige Untersuchung vermeidbar ist. Eine frühzeitige Diagnosestellung ist enorm wichtig, um bleibende Verformungen des Bewegungsapparates zu vermeiden.
Die Diagnosestellung erfolgt anhand der Anamnese, der Symptome und körperlichen Untersuchung sowie der Erfüllung der ESSG (European Spondyloarthropathy Study Group) aus dem Jahre 1991. Dazu gehören Wirbelsäulenschmerzen vom entzündlichen Typ oder Arthritis/Synovitis (Entzündung der Gelenkkapsel), welches entweder asymmetrisch oder an den unteren Extremitäten auftritt, sowie eines der folgenden Kriterien:
Die Diagnose erfolgt natürlich in Zusammenschau mit Labor- und Röntgenbefunden. Sichere Röntgenveränderungen treten leider erst nach durchschnittlich fünf bis neun Jahren auf. Häufig kommt es zu Manifestationen (Erstmanifestation) außerhalb der Gelenke, so dass die Frühformen des Morbus Bechterew oft nicht diagnostiziert werden können.
Durch bestimmte einfache Untersuchungen können die mit der Erkrankung einhergehenden Bewegungseinschränkungen genauer bestimmt werden beispielsweise durch Ott-Maß, Kinn-Brustbein-Abstand oder Hinterkopf-Wand-Abstand.
Für eine Spondylitis ankylosans gibt es keine eindeutigen Labortests. Bei 90 Prozent der Betroffenen kann das HLA-B27-Gen nachgewiesen werden. Allerdings kommt dieses Gen bei ca. neun Prozent der deutschen Bevölkerung vor. Die Feststellung des Erbmerkmals beweist also nicht das Vorliegen eines Morbus Bechterew, es ist lediglich ein Risikofaktor, der die Wahrscheinlichkeit zu erkranken erhöht. Umgekehrt beweist natürlich auch das Fehlen des Erbmerkmals nicht, dass kein Morbus Bechterew vorliegt.
Des Weiteren zeigen sich in den Laboruntersuchungen erhöhte Entzündungswerte im Blut, wie CRP (c-reaktives Protein), Immunglobulin A und eine beschleunigte Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG). Diese Werte korrelieren mit der entzündlichen Aktivität und können daher zur Verlaufskontrolle herangezogen werden. Bei milden Krankheitsverläufen können diese aber auch im Normbereich liegen. Der Rheumafaktor ist negativ. Zudem kann eine leichte Anämie vorhanden sein.
In Röntgenbildern sind viele Veränderungen am Bewegungsapparat erkennbar. So lassen sich typischerweise folgende Veränderungen finden:
Im folgenden sei noch einmal zusammengefasst, welche Veränderungen auf dem Röntgenbild beobachtet werden können:
Frühe entzündliche Veränderungen im Bereich der Kreuz-Darmbein-Gelenke (Iliosakralgelenk) und der Wirbelsäule lassen sich am besten mit der Magnetresonanztomographie darstellen (wesentlich früher als im Röntgenbild). Im Gegensatz zum normalen Röntgen, stellt die MRT, die Weichteilveränderungen dar. Diese zeigen sich oft Jahre vor einer knöchernen Veränderung. Zudem kann auch eine Aussage über die Entzündungsintensität getroffen werden, so dass sich die Methode zur Verlaufsbeurteilung und zur Kontrolle des Therapieerfolges eignet.
Mit Hilfe einer Szintigraphie können entzündete Bereiche im Körper gezeigt werden. Bei diesem Verfahren werden schwach radioaktive Substanzen in den Körper injiziert, welche sich in Regionen des Körpers anreichern, in denen sich eine Entzündung abspielt. Diese Anreicherungen können mit Hilfe einer speziellen Kamera optisch dargestellt werden, die man über den Körper des Patienten wandern lässt und dieser die Verteilung der schwachen radioaktiven Strahlung des Körpers erfasst. Die Radioaktivität ist so schwach ausgeprägt, so dass weder für den Patienten selbst, noch für seine Umgebung die Gefahr einer gesundheitsgefährdenden Strahlenbelastung besteht.
Die Sonographie dient der Erfassung und Verlaufsbeobachtung von peripheren Gelenkentzündungen und Entzündungen der Sehnenansätze. Es handelt sich um eine kostengünstige und nebenwirkungsfreie Methode.
Morbus Bechterew muss differentialdiagnostisch von anderen Erkrankungen des Bewegungsapparates unterschieden werden. Diese sind vor allem:
Bis heute ist die Bechterewsche Erkrankung mit gängigen Therapieverfahren nicht heilbar. Das bedeutet, dass die Therapie mehr oder weniger das ganze Leben lang fortgeführt werden muss. Ein wesentlicher Teil der Behandlung ist die Schulung (aufrechte Haltung und genügend Bewegung) und Aufklärung des Patienten. Erst so können die jahrelangen therapeutischen Maßnahmen erfolgreich sein. Der Betroffene muss also aktiv mitarbeiten, um einer Versteifung der Wirbelsäule und einem Fortschreiten von muskulären Dysbalancen entgegenzuwirken.
Der Patient muss gleich nach der Diagnosestellung sorgfältig über die Erkrankung aufgeklärt werden. Er muss wissen, wie er selbst dazu beitragen kann, den Krankheitsverlauf günstig zu beeinflussen. Ausführliche Informationen über den geeigneten Umgang mit der Krankheit bieten die Seminare „Morbus Bechterew-Basiswissen" der DVMB, Patientenschulungen mancher Rehabilitationskliniken, der Leitfaden für Patienten der DVMB und das Morbus Bechterew-Journal.
Wesentlicher und wichtiger Teil der Morbus Bechterew Therapie ist die regelmäßige Krankengymnastik. Sie kann in Gruppen oder einzeln durchgeführt werden. Der Betroffene sollte mindestens einmal täglich, am besten morgens, spezielle Übungen durchführen. Werden die Übungen morgens durchgeführt, so helfen sie gleichzeitig gegen die Morgensteifigkeit und die damit zusammenhängenden Schmerzen. Sinnvoll ist zudem eine gezielte sportliche Betätigung. Günstig sind vor allem folgende Sportarten wie Radfahren, Schwimmen, Volleyball, Wandern und Skilanglauf. Vor allem in Phasen erhöhter Krankheitsaktivität ist es wichtig, die Übungen konsequent durchzuhalten, damit die Beweglichkeit erhalten bleibt. Die Übungen dürfen nur von einem erfahrenen Therapeuten auf Ihr derzeitiges Krankheitsstadium abgestimmt werden.
Zur Unterstützung der Therapie sind auch physikalische Maßnahmen sinnvoll. Hierzu gehören vor allem die Wärme- und Kältetherapie sowie die Elektrotherapie. Wärme kann in vielen Formen angewandt werden. Durch Wärmeanwendungen werden die Schmerzen und die Steifheit gemildert, weil sie die Durchblutung fördern. Hierzu eignen sich vor allem eine Wärmflasche, ein warmes Bad vor dem Schlafengehen, eine Heizdecke oder eine warme Dusche am Morgen. Bei stationären oder ambulanten Heilbehandlungen werden Fangopackungen, Infrarotbestrahlung, Elektrotherapie, Thermalbäder, warme Moorbäder oder andere durchblutungsfördernde Maßnahmen angewandt.
Bei entzündlich rheumatischen Erkrankungen sind auch Kälteanwendungen sehr hilfreich. Sie wirken vor allem entzündungshemmend und schmerzlindernd. Der Einsatz von Kälte ist vor allem während ausgeprägter Entzündungsschübe sinnvoll. Einzelne Gelenke lassen sich mit Eis- oder Gelpackungen behandeln. In vielen Rheumakliniken gibt es zudem so genannte Kältekammern, mit der sich die ganze Körperoberfläche behandeln lässt. Durch den schmerzlindernden Einfluss können nun aktive Bewegungsübungen durchgeführt werden, denen vorher der Schmerz im Wege stand.
In einigen Kurorten werden Behandlungen mit dem radioaktiven Edelgas Radon durchgeführt, dem viele Morbus-Bechterew-Patienten eine Besserung verdanken. Gegenüber der heilenden Wirkung ist die Strahlenbelastung vernachlässigbar klein.
Da eine ursächliche Behandlung noch nicht möglich ist, geht es bei der medikamentösen Therapie vor allem darum, die Beschwerden gezielt zu behandeln. NSAR haben vor allem entzündungshemmende Eigenschaften, lindern die Schmerzen und verringern insgesamt die Steifheit der Wirbelsäule und anderer Gelenke. Ist die Wirkung von NSAR nicht ausreichend, so können weitere Schmerzmittel (Analgetika) verabreicht werden. Bei akuten Schüben ist eine Kortison-Stoßtherapie mit Injektionen direkt ins betroffene Gelenk bzw. an betroffene Sehnenansätze sinnvoll. Dagegen sollte das Kortison nicht als Low-Dose Therapie eingesetzt werden. Im Falle einer Iritis können kortisonhaltige Augentropfen angewandt werden.
Nicht Steroidale Antirheumatika entfalten ihre Wirkung indem sie das Enzym Cyclooxygenase hemmen und dadurch den Körper an der Herstellung so genannter Prostaglandine hindern. Prostaglandine sind Substanzen, die als Entzündungsvermittler wirken. Bei langem Gebrauch können NSAR wichtige Nebenwirkungen verursachen. Dazu gehören vor allem Magenblutungen und Allergien. Deshalb ist es sinnvoll, das Risikopatienten zusätzlich einen Magenschutzpräparat erhalten. Die wirksamste Strategie zur Vermeidung von Nebenwirkungen ist die Kleinhaltung der eingenommenen Dosis.
Laut einer neuen Studie, verläuft die knöcherne Einsteifung bei täglicher NSAR-Einnahme langsamer als bei der Einnahme bei Bedarf. Die tägliche Einnahme begünstigt also den Krankheitsverlauf positiv, auch wenn eigentlich von den Schmerzen her keine Einnahme von NSAR erforderlich wäre. Jedoch sind hier natürlich weitere Untersuchungen zur Abwägung der Vor- und Nachteile einer täglichen Einnahme erforderlich.
Eine Basistherapie ist nur dann angezeigt, wenn die Krankheit von starken polyarthritis-ähnlichen peripheren Gelenkentzündungen begleitet ist. Es handelt sich hierbei um eine langsam wirkende Therapie, die über mindestens zwei Jahre konsequent durchgeführt werden sollte.
Es gibt Patienten, bei denen eine Behandlung mit Nicht Steroidalen Antirheumatika nicht ausreicht oder der Patient keines dieser Medikamente verträgt. In diesem Fall kommt eine 10-malige Injektion des radioaktiven Isotops Radium-224 in Frage. Mit dieser Methode erreicht man eine innere Bestrahlung der Entzündungsstellen mit Alphastrahlen. Dies bewirkt in vielen Fällen ein Nachlassen der Schmerzen und einen Rückgang der Entzündungsaktivität über viele Jahre. Die Therapie wird von Nuklearmedizinern in Absprache mit Rheumatologen durchgeführt und kostet erheblich weniger als die Anti-TNF-alpha-Therapie. Zudem ist das Risiko von Spätschaden bei dieser Therapieform sehr gering.
Seit kurzem werden bei einem sehr aktiven Morbus Bechterew solche Medikamente eingesetzt, die das entzündungsfördernde Zytokin „Tumor-Nekrose-Faktor alpha" (TNF-alpha) blockieren. Diese Medikamente werden entweder als Infusionen oder Injektionen verabreicht und sind verschreibungsfähig. Voraussetzung für den Einsatz dieser Medikamente sind:
Bei mehr als 50 Prozent der Patienten wurde eine Besserung der Beschwerden um mindestens 50 Prozent erreicht. Man muss jedoch beachten, dass das TNF-alpha eine wichtige Komponente des Immunsystems ist und somit die TNF-alpha-Blockade das Risiko gefährlicher Infektionskrankheiten erhöht.
Viele Patienten können mit Hilfe von Naturheilmitteln oder anderen von der Schulmedizin nicht anerkannten Methoden die Krankheit weitgehend in den Griff bekommen, so dass sie sogar auf die Einnahme von Rheuma-Medikamenten weitgehend verzichten. Die Wirksamkeit solcher Naturheilverfahren ist wissenschaftlich nicht einwandfrei bewiesen. Als mögliche Verfahren werden angewandt die Einnahme von Vitamin E, Einnahme von Enzym-Präparaten, Traditionell Chinesische Medizin oder Homöopathie.
In der Regel sind Operationen nur bei schwerwiegenden Verläufen der Spondylitis ankylosans erforderlich. Die schlimmste Behinderung ist für den Patienten die Versteifung des Rückens in gekrümmter, vornübergeneigter Stellung (Kyphose). Ist dies durch eine rechtzeitige Diagnose, richtige Behandlung und intensive Mitarbeit des Patienten nicht zu verhindern, so kann eine Aufrichtungsoperation erforderlich sein. Eine Aufrichtungsoperation ist die letzte Rettung, wenn
Die Wirbelsäulenchirurgie wird nur in spezialisierten Kliniken durchgeführt und ist mittlerweile so gut, dass selbst eine schwere Operation heute ohne allzu großes Risiko durchgeführt werden kann. Nach jedem operativen Eingriff entscheidet die konsequent durchgeführte krankengymnastische Nachbehandlung mit über den Operationserfolg.
Der Krankheitsverlauf kann bei jedem Patienten sehr unterschiedlich Aussehen, da es erhebliche Unterschiede in der Schwere der Erkrankung gibt. Durch eine aktive Mitarbeit der Betroffenen kann der Verlauf positiv beeinflusst werden. 80 Prozent der Betroffenen sind weiterhin erwerbsfähig, auch wenn oft die Beweglichkeit eingeschränkt ist. Bei 10 bis 20 Prozent der Betroffenen ist der Verlauf so schwerwiegend, dass es zur fortschreitenden Versteifung kommt und diese schließlich langfristig zu schweren Behinderungen führt. Morbus Bechterew kann aber auch zu jeder Zeit ganz zum Stillstand kommen.
Tritt die Erkrankung schon früh auf, also vor dem 18. Lebensjahr, so ist die Prognose insgesamt ungünstiger. Ungünstig ist ebenso die Unwirksamkeit von NSAR und eine schwere Versteifung der Wirbelsäule in ungünstiger Stellung sowie ein Befall des Hüftgelenks. Spondylitis ankylosans verläuft bei Frauen häufig milder und eine Versteifung der Wirbelsäule tritt hier seltener auf. Der Einfluss auf die Lebenserwartung ist umstritten. Laut einigen Studien liegt nahe, dass eine Verkürzung der Lebenserwartung auftritt. Todesfälle sind meist Folgen von Ateminsuffizienz, Aorteninsuffizienz, Verletzungen des Rückenmarks oder durch Nebenwirkungen der Behandlung.
Die Mitarbeit des Patienten ist ein ganz wesentlicher Teil der Behandlung. Wichtig sind neben den regelmäßigen Bewegungsübungen auch das Verhalten im Alltag. Hilfreiche Maßnahmen sind:
In den meisten Fällen ist eine Fortführung des erlernten Berufes weiterhin möglich. Der Arbeitsplatz eines Morbus Bechterew-Patienten sollte folgendermaßen aussehen:
Tätigkeiten, bei der die Patienten stundenlang vornüber gebeugt sind oder schwere Lasten heben oder tragen müssen, sind wenig geeignet. Machen Sie Mittags eine kleine Pause von 10 bis 20 Minuten und legen Sie sich ganz flach hin, damit sich die Wirbelsäule wieder gerade richtet. Bei einem völlig ungeeignetem Arbeitsplatz sollten Sie mit ihrem Arbeitgeber über eine Morbus-Bechterew- gerechte Gestaltung ihres Arbeitsplatzes (z.B. angepasste Sitzmöbel oder angepasste Arbeitshöhe) sprechen. In besonders schweren Fällen kann eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente gestellt werden.
Die richtige Sitzhaltung kann den Krankheitsverlauf wesentlich beeinflussen. Die Wirbelsäule dieser Patienten hat die Tendenz, sich nach vorn zu krümmen. Daher müssen Sie alle Anstrengungen unternehmen, um so gerade und aufrecht zu sitzen wie irgend möglich. Ihre Tätigkeiten sollten Sie so einrichten, dass Sie sich dabei nicht ständig nach vorn beugen müssen, etwa durch ein Zeichenbrett oder eine schräge Tischplatte. Wichtig ist vor allem, dass Sie das Becken nicht nach hinten kippen und dadurch einen krummen Rücken bekommen. Für die richtige Haltung ist ein weicher niedriger Stuhl ungeeignet. Für ein schmerzfreies Sitzen ist ein Stuhl mit fester ebener Sitzfläche geeignet. Meiden Sie vor allem stark nach hinten geneigte Sitzflächen.
Verwenden Sie als Unterlage für eine feste Schaumstoffmatratze einen Lattenrost oder ein Brett. Das Bett muss fest sein und darf nicht durchhängen. Im Bett sollten so wenig, aber so viel wie nötig Kopfkissen sein. Der Kopf sollte gerade liegen und nicht in den Nacken kippen. Verwenden Sie keine Keilkissen und große Kopfkissen, die bis unter die Schultern reichen und so zur Krümmung der Brustwirbelsäule beitragen. Bewährt hat sich vor allem ein Muldenkissen, dessen Mittelteil so niedrig ist, dass der Kopf gerade eben waagrecht liegt. Die Seitenteile des Kissens stützen den Kopf in Rückenlage seitlich ab und sorgen dafür, dass die Wirbelsäule gerade bleibt. Legen Sie sich wenn möglich, jede Nacht auf den Bauch und vermeiden Sie die Seitenlage, um der Krümmung des Rückens und der Einschränkung der Hüftgelenk-Streckung entgegenzuwirken.
Tragen Sie Kleidung, in denen Sie sich Wohl fühlen. Bevorzugen Sie Schuhe mit dicken elastischen Absätzen, welche die Stöße beim Gehen auf hartem Asphalt abfedern. Jeder Schuh kann von einem orthopädisch ausgerichteten Schuhtechniker mit einem Pufferabsatz versehen werden und so Patienten mit einer Wirbelsäulenerkrankungen das Gehen erleichtern. Auch verschiedene Ferseneinlagen können die Elastizität der Wirbelsäule ein wenig ersetzen. Beim Gehen sollten Sie nicht zu kleine Schritte machen, um die Hüftgelenkstreckung zu erhalten. Die Hüftgelenkstreckung lässt sich beim Gehen mit jedem Schritt trainieren.
Bei Morbus Bechterew ist es wichtig, körperlich aktiv zu bleiben! Mit Sport kann man die Kondition steigern, den Kreislauf stabilisieren und die Atemkapazität verbessern. Wichtig sind hier vor allem die krankheitsspezifischen Bewegungsübungen! Vorsicht: Sport ist dafür kein Ersatz. Natürlich ist nicht jede Sportart für einen Morbus Bechterew Patienten geeignet. Sie hängt unter anderem vom Stadium der Erkrankung ab. Besonders zu empfehlen sind folgende Sportarten:
Letzte Aktualisierung am 17.06.2021.