Polymyositis und Dermatomyositis gehören zu den rheumatischen Systemerkrankungen. Sie können theoretisch den ganzen Körper befallen, bevorzugt kommt es jedoch zur Schädigung der Muskulatur im Oberarm- und Schulterbereich, sowie an Hüfte und Oberschenkel. Außerdem sind meist noch Herz und Lunge betroffen.
Die Dermatomyositis ruft in einem Drittel aller Fälle zusätzlich noch Symptome der Haut hervor. Beide Erkrankungen treten selten auf, bei etwa fünf von 100 000 Einwohnern in Deutschland. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Die Krankheiten treten vor allem im Alter zwischen zehn und zwanzig oder zwischen vierzig und fünfzig Jahren auf.
Diese beiden Erkrankungen zählen zu den Autoimmunkrankheiten. Das Immunsystem bekämpft normalerweise Eindringlinge wie Viren, Bakterien oder Parasiten, ohne dabei gesunde körpereigene Zellen anzugreifen.
Bei Autoimmunerkrankungen kann es nun dazu kommen, dass einige Immunzellen ohne ersichtlichen Grund Zellen des Körpers angreifen. Das Beschwerdebild richtet sich danach, welche Zellen genau angegriffen werden. Im Fall der Polymyositis sind es Muskelzellen, bei der Dermatomyositis werden zusätzlich noch Hautzellen geschädigt.
Es kommt auch vor, dass aus einer bereits abgelaufenen Immunreaktion gegen eingedrungene Krankheitserreger aktivierte Abwehrzellen hervorgehen, die sich dann gegen Zellen wenden, die den Eindringlingen ähneln. Es wird diskutiert, ob dieser Vorgang bei der Entstehung der Poly- und der Dermatomyositis eine Rolle spielt. Auslöser könnten bestimmte Viren sein, die eine Vielzahl von Krankheiten (unter anderem die Sommergrippe) auslösen können, die Coxsackie-Viren.
Es ist immer noch ungeklärt, in welchem Zusammenhang die Myositis zur Erkrankung „Krebs" steht. Es kommt häufig vor, dass Krebs eine Dermatomyositis oder auch eine Polymyositis auslöst (paraneoplastische Myositis).
Am häufigsten ist die proximale Extremitätenmuskulatur betroffen. Das bedeutet, dass vor allem die Muskeln der Schulter, des Oberarms, des Beckens und des Oberschenkels betroffen sind. Es besteht eine Schwäche, die sich auch schmerzhaft äußern und einem Muskelkater ähnlich sein kann. Ist die Kehlkopfmuskulatur betroffen, so resultiert daraus eine Schluckschwäche, die oft als „Kloß im Hals" empfunden wird.
Auch diese beiden lebenswichtigen Organe sind häufig befallen.
Die Lunge weist in fünfzig Prozent aller Fälle eine Fibrose (Anhäufung von Bindegewebe in der Lunge, das die Atmung behindert) oder eine Alveolitis (Entzündung der Lungenbläschen, verschlechtert die Sauerstoffaufnahme) auf.
Das Herz ist in bis zu dreißig Prozent der Fälle mitbetroffen. Am häufigsten kommt es hier zur Entzündung des Herzmuskels selbst (Myokarditis) oder des Herzbeutels (Perikarditis). Dabei kann es, vor allem unbehandelt, zu Arrythmien (Herzrythmusstörungen) oder einer Herzinsuffizienz kommen, bei der das Herz die anfallende Blutmenge nicht mehr ausreichend weiterpumpen kann.
Zusätzlich zu den genannten Beschwerden kann es noch zum Raynaud-Syndrom kommen. Hierbei werden die Finger oder Zehen nicht mehr richtig durchblutet und erscheinen blass und kalt („Leichenfinger"). Diese Phase wird von einer überschießenden Durchblutung gefolgt, in der die Finger rot erscheinen und schmerzen können.
Seltener kommt es bei Polymyositis und Dermatomyositis auch zu Gelenkschmerzen.
Bei Bestehen einer Dermatomyositis kommt es häufig auch zu Hauterscheinungen. Bei ungefähr dreißig Prozent der Erkrankten kommt es zu Schwellungen und violetten Verfärbungen im Bereich der Augenhöhle und der Arme und Beine. In selteneren Fällen entsteht das Gottron-Zeichen. Hierbei handelt es sich um fleckenförmige Rötungen (Erythem) der Finger.
Hierunter versteht man das charakteristische Erscheinungsbild der Erkrankung, nämlich die Schwäche in den proximalen Extremitätenmuskeln (Schulter, Oberarm, Becken, Oberschenkel).
Die Creatinkinase (CK) ist ein Enzym, das an der Energiebereitstellung beteiligt ist. Es existieren verschiedene Unterformen, die alle im Labor identifiziert werden können. Jede Unterform kommt innerhalb der Zellen eines bestimmten Organs vor. Kommt es nun zur Zellschädigung, sind diese Enzyme im Blut nachweisbar. Durch die verschiedenen Unterklassen können Rückschlüsse auf den Ort der Schädigung gezogen werden (Muskel, Herz, Leber oder Nieren).
Das Elektromyogramm misst kleinste Stromflüsse, die bei Kontraktionen fließen. Dazu werden Elektroden (wie die des EKGs) auf die Haut über den Muskeln aufgeklebt und die Spannungsänderungen gemessen.
Treten charakteristische Veränderungen im Gesamtbild auf, so gibt das einen Hinweis auf eine Erkrankung. Im Falle einer Polymyositis oder einer Dermatomyositis kommt es zur allgemeinen Abschwächung der elektrischen Muskelaktivität bei gleichzeitig erhöhter Erregbarkeit des Muskels.
Es wird am betroffenen Muskel eine Biopsie (Gewebeentnahme) durchgeführt. Das entnommene Material wird dann auf charakteristische Veränderungen untersucht.
Um eine Dermatomyositis einwandfrei zu diagnostizieren muss zusätzlich eine der schon beschriebenen Hauterscheinungen vorliegen.
Es gibt eine Vielzahl von möglichen Erkrankungen mit ähnlicher Symptomatik. Stellvertretend sollen nur zwei genannt werden.
Diese vererbbare Autoimmunerkrankung löst Muskelschwäche aus. Es werden Antikörper gegen bestimmte Rezeptorstrukturen („Empfänger") des Muskels gebildet. Diese Rezeptoren werden dadurch zerstört und die Muskulatur kann keine Signale mehr von den Nerven empfangen. Diese Erkrankung betrifft, im Gegensatz zu Poly oder Dermatomyositis, den ganzen Körper. Wenn die Atemmuskulatur auf diese Weise gelähmt wird, kommt es ohne Beatmungsgerät zum Tod durch Ersticken.
Ein einfacher Muskelkater, beispielsweise in der Schulter nach ungewohnter Belastung, kann ähnliche Symptome hervorrufen. Der Arm kann nicht mehr vollständig gehoben werden und es bestehen Schmerzen bei Bewegung. Diese Symptome klingen aber relativ schnell (innerhalb weniger Tage) wieder ab. Ähnlich verhält es sich bei Muskelverletzungen (Zerrungen, Faserrisse). Hier bestehen die Symptome teilweise 2 Monate lang, sie bessern sich jedoch in dieser Zeit, was bei der Myositis unbehandelt meist nicht der Fall ist.
Die Therapie sollte immer auch an Nebenerkrankungen orientiert erfolgen. Beispielsweise muss überprüft werden, ob eine Tumorerkrankung (Krebs) die Myositis ausgelöst hat, da in diesem Fall die Tumorbehandlung im Vordergrund stehen würde.
Die Poly- und Dermatomyositis werden vor allem medikamentös behandelt. Die Basistherapie besteht dann aus der Gabe von Azathioprin, Methotrexat, Cyclophosphamid und Ciclosporin A. Die wichtigsten Medikamente zur Behandlung sind jedoch Glukokortikoide (z.B. Cortison).
Sie werden dauerhaft verabreicht und unterdrücken den Angriff des Immunsystems. Auch in hoher Dosis während eines akuten Schubs verabreicht sind die Glukokortikoide gut wirksam.
Die Prognose dieser Erkrankungen hängt stark von der Organbeteiligung ab. Nach fünf Jahren Behandlung sind im allgemeinen 25 Prozent der Patienten verstorben, 25 Prozent weiterhin erkrankt und 50 Prozent geheilt. Die Ursachen für die hohe Sterblichkeitsrate sind oft bestehende Erkrankungen von Herz oder Lunge.
Letzte Aktualisierung am 13.08.2021.