Im Körper finden ständig Umbauprozesse statt. Jedes Jahr werden zehn Prozent des menschlichen Skeletts ab- und wieder aufgebaut. Für den Aufbauprozess sind spezialisierte Zellen zuständig, die als Osteoblasten bezeichnet werden. Sie produzieren anorganische Substanzen, die schließlich einen großen Teil der Knochensubstanz bilden und für die Stabilität verantwortlich sind.
Der Abbau wird durch die so genannten Osteoklasten bewerkstelligt. Sie lagern sich dem Knochen an und geben bestimmte Stoffe ab. Diese lösen dann die Knochensubstanz auf und resorbieren sie (nehmen sie auf).
Normalerweise stehen Auf- und Abbau im Gleichgewicht, so dass weder ein Überschuss, noch ein Defizit entsteht. Die Krankheit Osteoporose entsteht aus einem Ungleichgewicht der beiden Vorgänge. Es wird mehr Knochen abgebaut, als in der gleichen Zeit wieder aufgebaut werden kann. Dadurch wird der Knochen unstabil und brüchig, es kommt häufiger und bei leichteren Belastungen zu Knochenbrüchen. Die Osteoporose betrifft im Allgemeinen vor allem Menschen ab 40, es können jedoch auch Jugendliche betroffen sein. Frauen erkranken häufiger als Männer.
Die Osteoporose ist durch einen Verlust an Knochenmasse gekennzeichnet, die Mineralisierung des Knochens ist jedoch im Normalfall nicht betroffen. Sie gehört zu den häufigsten Knochenerkrankungen, bei denen der Stoffwechsel des Knochens gestört ist.
Die primäre Osteoporose ist unabhängig von anderen Grunderkrankungen und lässt sich wiederum in zwei Unterformen gliedern:
Die postklimakterische (oder postmenopausale) Osteoporose tritt durchschnittlich zehn bis fünfzehn Jahre nach der Menopause der Frau auf, der Grund hierfür ist eine Abnahme des weiblichen Sexualhormons Östrogen, das unter anderem am Knochenaufbau beteiligt ist. Doch auch bei Männern tritt diese Form der Osteoporose auf, Frauen leiden jedoch acht Mal häufiger daran.
Die Altersosteoporose tritt im hohen Alter auf. Die Ursachen hierfür liegen vor allem in einer jahrelangen Schädigung des Körpers. Diese Schädigung kann durch viele Faktoren verursacht werden, zum Beispiel Bewegungsmangel, Rauchen, Alkohol und extremes Untergewicht. Auch die Ernährung spielt eine wichtige Rolle.
Vitamin D beispielsweise ist wichtig für den Einbau von Calcium und Phosphat in den Knochen und kann vom Körper selbst gebildet werden, wenn ausreichend Sonnenlicht auf die Haut trifft. In den Wintermonaten muss Vitamin D über die Nahrung aufgenommen werden, um einem Mangel vorzubeugen. Besteht dennoch ein Mangel, so fehlen dem Knochen wichtige Strukturelemente und er wird brüchig.
Ein Mangel an Calcium oder Phosphat ruft natürlich ähnliche Symptome hervor.
Die sekundäre Osteoporose entsteht aus anderen Erkrankungen oder Medikamenten. Verschiedene Krankheiten können sekundär zu Osteoporose führen.
Eine Nephropathie (Nierenerkrankung) kann zu erhöhter Ausscheidung von Calcium und Phosphat führen, womit dem Knochen wichtige Bausteine entzogen werden. Auch die Aufnahme dieser Stoffe kann gestört sein, wenn entzündliche Darmerkrankungen (z.B. Morbus Crohn) die Absorption aus der Nahrung hemmen.
Krankheiten, die den Hormonhaushalt stören, können Osteoporose auslösen. Eine Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) löst kann den Knochenabbau fördern, ebenso wie eine Überfunktion der Nebenschilddrüsen. Diese produzieren ein Hormon, dass Calcium und Phosphat aus den Knochen auslöst, um es dem ganzen Organismus zur Verfügung zu stellen.
Normalerweise ist das Hormon einer strengen Regelung unterworfen und wird nur in geringen Mengen ausgeschüttet. Kommt es aber zur Überproduktion (z.B. durch einen hormonproduzierenden Tumor), so werden die Knochen bis zu einem gewissen Grad regelrecht aufgelöst und natürlich brüchig.
Medikamente können sowohl indirekt in den Knochenstoffwechsel eingreifen (z.B. über erhöhte Hormonproduktion) oder auch direkt auf den Knochen wirken (z.B. durch Gabe von Schilddrüsenhormonen selbst).
Das größte Risiko, dass mit einer Osteoporose einhergeht, ist die Gefahr eines Bruchs. Ist es noch nicht zum Knochenbruch gekommen, sind die Symptome sehr unspezifisch (z.B. Rückenschmerzen) und rücken oft nicht ins Bewusstsein der betroffenen Person.
Es gibt jedoch Knochenbrüche und damit einhergehende Symptome, die charakteristisch für die verschiedenen Formen der Osteoporose sind.
Hier treten gehäuft Brüche der Wirbelsäule auf, vor allem im unteren Bereich. Es ist möglich, dass diese Brüche keine Beschwerden verursachen, meistens treten jedoch heftige Schmerzen bei Bewegung auf. Nach längerem Bestehen des Bruchs entwickelt sich eine Kyphose (Rundrücken, Buckel) und die Körpergröße nimmt um wenige Zentimeter ab. Außerdem kommt es zum so genannten Tannenbaumphänomen. Hierbei bilden sich Hautfalten, die schräg von oben nach unten verlaufen und von der Wirbelsäule ihren Ursprung zu nehmen scheinen.
Häufig tritt hier der typische Oberschenkelhalsbruch auf. Er kommt meist nach einem unglücklichen Sturz zustande, was auch auf den Muskelschwund und die verminderte Koordination im Alter zurückgeführt werden kann. Dieser besondere Bruch darf nicht unterschätzt werden, da bis zu zwanzig Prozent aller Patienten mit dieser Verletzung innerhalb von drei Monaten sterben.
Die Diagnose eines Knochenbruchs bei bestehender Osteoporose kann teilweise schon durch einfaches Röntgen gestellt werden.
Um eine Osteoporose ohne bestehenden Bruch zu diagnostizieren, stehen eine Reihe von unterschiedlichen Untersuchungsmethoden zur Verfügung.
Am Anfang der Diagnostik sollte die genaue Erfassung der Lebensweise und der damit verbundenen Risikofaktoren (z.B. Rauchen, Untergewicht, Auftreten in der Familie) stehen.
Im Röntgenbild können schon typische Veränderungen der Knochenstruktur sichtbar sein. Aufgehellte Knochenabschnitte deuten auf eine Abnahme der Substanz hin. Auch eine streifige „Zeichnung" des Knochens oder eine Verdichtung der Außenfläche der Wirbelkörper (Rahmenstruktur) deutet auf Osteoporose hin. Allerdings muss die Krankheit schon weit fortgeschritten sein (Verlust von 35 Prozent der Knochenmasse!) um sie im Röntgenbild sicher erkennen zu können.
Die Knochendichtemessung ist, bei vorangegangener Erfassung der Risikofaktoren, die Methode der Wahl. Am häufigsten wird die strahlungsarme Röntgen-Absorptiometrie (DXA) angewendet, aber auch die quantitative Computertomographie (QCT) und das quantitative Ultraschall (QUS) werden verwendet. Durch diese Verfahren kann die Dichte der Knochen bestimmt werden. Da bei Osteoporose Knochenmasse abgebaut wird, und Dichte als Masse pro Volumen definiert ist, kann das Ausmaß der Osteoporose gut abgeschätzt werden.
Die genaueste Diagnose kann mittels Biopsie (Ausstanzen eines Knochenstücks) gestellt werden. Allerdings ist diese invasive (blutige) Methode meist nicht nötig.
Die Blutanalyse kann eine Osteoporose nicht sicher erkennen, da sich meist keine Veränderungen im Blutbild finden. Allerdings kann die Osteoporose gegen ähnliche Erkrankungen abgegrenzt werden (z.B. bei Vorhandensein von Entzündungsparametern oder Tumorfaktoren).
Tumoren im Knochengewebe bestehen aus Zellen und verdrängen das restliche Knochengewebe. Daraus entstehen Strukturveränderungen, die die Stabilität des Knochens vermindern und zu Brüchen führen können. Tumoren können durch eine Blutanalyse und im MRT (Magnetresonanztomographie) von Osteoporose abgegrenzt werden.
Das Krankheitsbild der Osteomalazie ist durch eine gestörte Mineralisierung gekennzeichnet. Tritt die Osteomalazie im Kindesalter auf, wird sie als Rachitis bezeichnet. Es kommt zu Deformierungen und Fehlstellungen der Knochen.
Ein Auftreten von Osteoporose kann schon im Kindesalter bekämpft werden. Wichtig ist hier eine ausgewogene Ernährung, die genug Calcium (ca. 1500 mg pro Tag) und Vitamin D enthält.
Außerdem sollte auf genügend Bewegung geachtet werden. Durch den Zug der Muskulatur am Knochen wird dieser belastet, was dann einen erhöhten Knochenaufbau nach sich zieht.
Die Medikamente gegen Osteoporose lassen sich in drei Gruppen einteilen.
Diese Medikamentengruppe erhöht die Aktivität der Osteoblasten, die für den Knochenaufbau zuständig sind. So kann bereits geschädigter Knochen teilweise wieder aufgebaut werden. Ein Beispiel hierfür ist Teriparatid.
Bisphosphonate wie z.B. Alendronat oder Risedronat hindern die Osteoklasten am Abbau der Knochensubstanz. Um das zu erreichen, verbinden sie sich mit einem bestimmten Bestandteil des Knochens (Hydroxyapatit).
Auch SERMs (selektive Östrogen-Rezeptor-Modulatoren) kommen häufig zum Einsatz. Sie wirken am Knochen ähnlich dem Östrogen, ohne die vielfältigen anderen Wirkungen des Östrogens zu besitzen. Sie schützen den Knochen und werden vor allem bei jüngeren Frauen nach der Menopause eingesetzt.
Hier kommt vor allem Strontiumranelat zum Einsatz. Es wird oral verabreicht (geschluckt) und im Knochengewebe eingebaut. Dort fördert es dann den Knochenaufbau und hemmt gleichzeitig auch den Knochenabbau.
Die Osteoporose selbst kann nicht operiert werden. Doch die Knochenbrüche, die durch die Osteoporose entstehen, müssen schnellstmöglich gerichtet und verbunden werden, da die Knochenheilung durch die Krankheit eingeschränkt ist.
Die präklinische Osteoporose (ohne Bruch) kann ohne Behandlung sehr schnell in ein kritisches Stadium übergehen. Außerdem ist die Bruchgefahr extrem erhöht. Besteht schon ein Bruch, so sind die Heilungschancen nicht optimal. Die medikamentöse Therapie kann einen Teil der Knochenmasse wiederherstellen, aber der Ausgangszustand kann bisher nicht erreicht werden, was mit einem dauerhaft erhöhten Risiko eines Knochenbruchs einhergeht.
Letzte Aktualisierung am 01.07.2021.