Bis heute sind rheumatische Erkrankungen leider nicht heilbar. In den meisten Fällen sind sogar vorbeugende Maßnahmen nicht effektiv genug, um sicher einer rheumatischen Erkrankung entgegenzuwirken. Jedoch kann die Lebensqualität der Betroffenen mit Hilfe von Medikamenten wesentlich verbessert werden. Die Schmerzen können gelindert und die Entzündungsprozesse verlangsamt werden. Insgesamt wird der Krankheitsverlauf günstig beeinflusst.
Die wichtigsten Medikamentengruppen, die in der Rheumatherapie angewandt werden, sind
Die Abkürzung NSAR steht für die Medikamentengruppe der nicht-steroidalen Antirheumatika. Dabei handelt es sich also um Medikamente, welche kein Kortison enthalten (kortisonfreie Präparate). Das unterscheidet sie auch im wesentlichen von den Glukokortikoiden. NSAR besitzen neben guter schmerzlindernder Wirkung, auch entzündungshemmende und fiebersenkende Potenz.
Ibuprofen, Diclofenac, Indometacin, Piroxicam, Celecoxib
Ibuprofen®, Voltaren® (Diclofenac), Indomet® (Indometacin), Felden® (Piroxicam), Celebrex®
Obwohl NSAR schon seit Jahrzehnten eingesetzt werden, ist deren Wirkungsweise noch nicht abschließend geklärt. NSAR wirken schmerzstillend und entzündungshemmend. Sie hemmen ein körpereigenes Enzym, die so genannten Cyclooxygenasen, COX-1 und COX-2. Diese Enzyme sind an der Bildung des Schmerzstoffes Prostaglandin beteiligt. Durch die Hemmung der Cyclooxygenase, kurz COX genannt, werden also auch alle Prostaglandine in ihrer Funktion gehemmt. Prostaglandine wiederum sind hormonähnliche Substanzen (auch Gewebshormone genannt), die in verschiedenen Formen in fast allen Organen im menschlichen Körper vorkommen.
Prostaglandine haben vielfältige Funktionen und Wirkungen. Sie steigern vor allem die Empfindsamkeit der Schmerzrezeptoren und spielen eine wichtige Rolle bei der Kontraktion der glatten Muskulatur. Zudem haben sie eine blutdrucksteigernde und blutdrucksenkende Wirkung und spielen eine wichtige Rolle bei der Temperaturwahrnehmung. Daneben haben Prostaglandine auch einen wichtigen Einfluss auf die Gerinnung. Sie hemmen die Fähigkeit der Thrombozyten (Blutplättchen), sich zu verklumpen. Diese Substanzen vermindern zudem die Sekretion von Magensaft und verstärken die Ausschüttung verschiedener Hormone in endokrinen Drüsen wie der Nebennierenrinde, Eierstöcke, Schilddrüse und Nebenschilddrüse.
Durch NSAR werden außerdem noch weitere Stoffwechselvorgänge (besonders freie Fettsäuren, vor allem die Arachidonsäure) gehemmt. Durch die vielseitige Wirkung erklärt sich natürlich auch die größere Anzahl möglicher Nebenwirkungen. In den letzten Jahren ist es durch selektivere Wirkungsweisen der NSAR's gelungen, die Nebenwirkungen wesentlich zu verringern. Vor allem die neuen Wirkstoffgruppen (Vioxx, Celebrex oder Bextra), die hauptsächlich die Cyclooxygenase Typ II (Cox-2-Hemmer) hemmen, weisen weniger Nebenwirkungen auf. Vor allem die Fälle der Magen-Darm-Blutungen konnten deutlich gesenkt werden.
Beachte: Wegen erhöhtem Herzinfarkt- und Schlaganfall-Risiko wurden Vioxx und Bextra inzwischen wieder vom Markt genommen.
Der Wirkungseintritt von NSAR erfolgt schon nach kurzer Zeit. Die Schmerzen lassen bereits innerhalb von Stunden nach, die entzündlichen Schwellungen gehen zurück und die Morgensteifigkeit nimmt ab.
NSAR sind in verschiedenen Formen erhältlich. So gibt es sie als Tablette, Zäpfchen, Spritze oder als Mittel zum Einreiben. Bei der Anwendung von Zäpfchen wird der Magen-Darm-Trakt leider nicht geschont, sie können aber bei Resorptionsstörungen sinnvoll sein. Injektionen werden in der Regel nur in seltenen Notfällen angewandt. Dagegen ist der Nutzen bei Einreibemitteln sehr umstritten, weil die Wirkung erheblich geringer ist, als bei Tabletten. Die Wirksamkeit ist nur dann vergleichbar, wenn sie auf sehr große Areale aufgetragen werden. Die häufigste Anwendungsform ist immer noch die Tablette. Medikamente müssen den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen angepasst werden. Hier gilt allgemein die Regel „So wenig wie nötig und so viel wie möglich". Die Einnahme sollte nur so lange wie nötig erfolgen.
Typische Anwendungsgebiete sind:
Da die NSAR hauptsächlich den Wirkmechanismus der Prostaglandine beeinflussen, ergeben sich viele Nebenwirkungen, die zum Teil sehr schwerwiegend sein können. Folgende Nebenwirkungen können auftreten:
Besonders Patienten mit Asthma und Heuschnupfen sollten vorsichtig sein, da die Einnahme von NSAR einen akuten Anfall auslösen kann. In diesen Fällen kommt es zu einer Verengung der Bronchien, dies wird auch als so genanntes „Analgetikum-Asthma" bezeichnet. Es müssen nicht zwangsläufig alle Nebenwirkungen auftreten. Zudem kann auch die Schwere der Nebenwirkungen individuell sehr unterschiedlich aussehen. Bei schweren Nebenwirkungen sollten Sie ihren Arzt aufsuchen und mit ihm gemeinsam entscheiden, ob die Therapie umgestellt werden soll. Setzen Sie niemals die Medikamente eigenmächtig und ohne Rücksprache mit dem Arzt ab.
Bei gleichzeitiger Gabe von Kortison steigt das Blutungsrisiko im Magen-Darmbereich erheblich. Gerinnungshemmende Präparate oder Präparate der gleichen Wirkstoffklasse sollten nicht gleichzeitig mit NSAR's gegeben werden. Vor allem bei der gleichzeitigen Gabe von Marcumar sollte man berücksichtigen, dass sich dadurch die blutverdünnende Wirkung von Marcumar verstärkt.
Die Gabe von NSAR ist kontraindiziert bei:
Bei den Coxiben handelt es sich um eine spezielle Substanzklasse der NSAR, mit einer effektiveren Wirkung und geringeren Nebenwirkung im Magen-Darm-Bereich. Trotzdem ist auch hier eine genaue Nutzen-Risiko Abwägung erforderlich. Während das COX-1 vorwiegend in der Schleimhaut des Magen-Darm-Traktes und in den Blutplättchen aktiv wirkt, wird das COX-2 bei Entzündungsprozessen im geschädigten Gewebe aktiv.
Rofecoxib, Celecoxib, Etoricoxib, Parecoxib und Valdecoxib.
Vioxx®, Celebrex®, Arcoxia®, Dynastat® und Bextra®.
Selektive COX-2 Hemmer unterdrücken gezielt nur die Funktion des Enzyms COX-2. Das bedeutet also, dass die schleimhautschützenden Effekte der COX-1 und die Blutgerinnung, durch diese Medikamente nicht beeinträchtigt werden. Coxibe wirken schmerzlindernd und entzündungshemmend.
Coxibe werden vor allem bei chronischen rheumatischen Beschwerden angewandt. Grundsätzlich gilt: Die Dosierung sollte so gering wie möglich und so hoch wie nötig gehalten werden. Zudem sollte die Einnahme nur so lange dauern, wie es medizinisch sinnvoll ist. Man kann den größtmöglichen Nutzen für die Betroffenen erhalten, wenn die Medikamente fachgerecht angewandt werden. Risiken und Nebenwirkungen dürfen nicht den Nutzen überschreiten.
Selektive COX-2 Hemmer hemmen die COX-1 Hemmer gar nicht bzw. nur in einem geringen Maße. Dadurch wird die gezielte Wirkung, wie an den Gelenken erzielt, ohne die erwünschten Nebenwirkungen, wie sie bei den klassischen NSAR beschrieben wurden. Aus diesen Wirkungen lassen sich die therapeutischen Anwendungsgebiete ableiten. Diese sind vor allem die symptomatische Behandlung chronisch entzündlicher und degenerativer Gelenkerkrankungen wie rheumatoide Arthritis und Osteoarthritis. Außerdem werden Coxibe angewandt bei der Behandlung von Schmerzen und Entzündungszeichen bei akutem Gichtanfall, Linderung von Schmerzen bei primärer Dysmenorrhoe sowie postoperativen Schmerzen.
Mögliche Nebenwirkungen sind:
Durch mehrere klinische Studien konnte belegt werden, dass die schweren Nebenwirkungen der NSAR, durch die Coxibe deutlich reduziert wurden. Obwohl selektive COX-2-Hemmer als Untergruppe der NSAR gelten, ist ihre Wirksamkeit mit denen der klassischen NSAR vergleichbar. Sie bieten, durch die Reduzierung der gastrointestinalen Nebenwirkungen, einen wesentlichen Vorteil gegenüber den klassischen NSAR.
COX-2-Hemmer dürfen nicht eingenommen werden bei:
Patienten mit Bluthochdruck, erhöhten Blutfettwerten, Diabetiker oder Raucher, haben ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Komplikationen wie Schlaganfall oder Herzinfarkt.
Bei gleichzeitiger Einnahme von COX-2-Hemmern und anderen Medikamenten kann es zu folgenden Wechselwirkungen kommen:
Kortison ist ein lebenswichtiges Hormon, welches in der Nebennierenrinde produziert wird. Das Kortison regelt bestimmte Teile des Stoffwechsels (Fettstoffwechsel, Mineralstoffwechsel und Eiweißstoffwechsel), steuert einige Abläufe des Abwehrsystems (Immunsystem) und wird bei äußeren Belastungen vermehrt ausgeschüttet. Daher wird das Kortison auch als „Streß-Hormon" bezeichnet.
Glukokortikoide sind natürliche Hormone. Die wichtigsten Vertreter sind Kortisol und Kortison. Wirkungen der Glukokortikoide im Körper:
Da das Kortison eine stark entzündungshemmende Wirkung aufweist, kann der durch die Entzündung entstehende Schmerz auch schnell behoben werden. Kortison beseitigt jedoch nur das Symptom, eine Heilung kann nicht bewirkt werden. Hochdosierte Glukokortikoide werden in der Regel nur bei akuten Schüben angewandt. Es wird ungern eine gleichzeitige Therapie mit NSAR durchgeführt, da es zu erheblichen Nebenwirkungen kommen kann.
Als Medikament ist das Kortison der stärkste Entzündungshemmer. Bei einigen Krankheitsbildern, beispielsweise bei einem schweren Asthmaanfall oder allergischem Schock, kann das Kortison lebensrettend sein. Um den Behandlungserfolg zu sichern, kann man eine Langzeittherapie mit Kortison durchführen. Dabei wird das Kortison solange verwendet, bis die Wirkung der langwirksamen antirheumatischen Therapie eingesetzt hat. Wichtig ist, dass bei einer Langzeittherapie, die Kortisondosis so gering wie nötig gehalten werden sollte.
In der Regel erfolgt die Einnahme von Kortison in Form von Tabletten. Diese sollten am frühen Morgen, am besten zwischen 6 und 8 Uhr, eingenommen werden. Die körpereigene Produktion von Kortison findet nämlich größtenteils zu dieser Zeit statt. Daher ist die Einnahme von Kortison morgens am besten verträglich. Eine Therapie mit Glukokortikoiden darf niemals ohne Rücksprache mit dem Arzt abgebrochen werden. Im Falle eines plötzlichen Abbruchs kann es zu erheblichen Mangelerscheinungen kommen. Daher ist das Kortison nur schleichend abzusetzen.
Das Kortison wird vor allem eingesetzt bei:
Das Kortison ist ein lebensnotwendiges Hormon, mit vielen wichtigen Funktionen. Man weiß heute, dass die größten Nebenwirkungen bei einer hochdosierten und langfristigen Kortisongabe auftreten. Bei niedriger Dosierung treten die Nebenwirkungen viel seltener auf. Soll die Therapie nur kurzfristig durchgeführt werden, so kann man die höchste Dosis geben, ohne dass dabei schwere Nebenwirkungen auftreten. Dagegen versucht man bei einer langfristigen Therapie immer die Dosierung so gering wie möglich zu halten und Kortison nur über einen begrenzten Zeitraum zu geben. In der Regel bilden sich die Nebenwirkungen nach Absetzen der Medikamente meistens wieder zurück. Es können folgende Nebenwirkungen auftreten:
Chondroprotektiva sind Knorpelschutzmittel, welche laut Hersteller die Knorpelzerstörung aufhalten sollen. Sie hemmen die knorpelabbauenden Substanzen und bauen Knorpel wieder auf. Zudem wird den Chondroprotektivan ein entzündungshemmender Effekt zugeschrieben. Der Knorpel erfüllt in den Gelenken eine wichtige Funktion. Bei vielen rheumatischen Erkrankungen wird der Knorpel angegriffen und zerstört.
Die Wirkung dieser Medikamente wird durch klinische Studien belegt. Bei diesen Studien konnte ein Rückgang von Schmerz, Schwellung und eine Besserung der Gelenkbeweglichkeit nachgewiesen werden. Bisher konnte jedoch nicht eindeutig belegt werden, dass Chondroprotektiva die Entstehung von Knorperlschäden verhindern und die Zerstörung von Knorpelsubstanz aufhalten bzw. verlangsamen oder rückgängig machen können. Daher sollte der therapeutische Nutzen vorsichtig und individuell eingeschätzt werden.
Es gibt eine Vielzahl von Herstellern. Im folgenden sind einige Anbieter aufgelistet: Synvisc, Ostenil, Suplasyn, Hyalart, Go on, Orthovisc, Hyalubrix u.a.
Hauptbestandteil der Chondroprotektiva sind Hyaluronsäure und Glucosamin. Glucosamin ist ein hochkonzentrierter Aminozucker und Grundbaustoff für Knorpel, Sehnen, Bänder und Knochensturkturen, sowie für Bindegewebe, Arterienwände und die Haut. Hauptaufgabe ist die Reparatur und der Wiederaufbau von Knorpel in den Gelenken, der Wirbelsäule, sowie die Knochenbildung über die sogenannte „chondrale Ossifikation". Normalerweise werden die Glucosamine vom gesunden Körper direkt aus der Nahrung synthetisiert.
Mit zunehmendem Alter verliert jedoch der Organismus die Fähigkeit der Synthese (Herstellung) aus der Nahrung. Der Mangel wird zudem dadurch verstärkt, dass unsere moderne Ernährungsweise meist keine Nahrungsmittel mehr anbietet, die Knorpel und Bindegewebsteile enthalten. Die Vorstufe des Glucosamin ist die so genannte Hyaluronsäure. Sie dient der Bildung der Synovialflüssigkeit (Gelenkschmiere). Die Hyaluronsäure wird auch als „intrazelluläre Kittsubstanz" bezeichnet und ist ein wichtiger Bestandteil der Grundsubstanz des Bindegewebes.
Prinzipiell sind lebende Materien wie Knorpel, Bänder, Sehnen und Bindegewebe, regenerationsfähig. Hierbei ist die Bindegewebssubstanz von großer Bedeutung, da sie in allen Bändern, Sehnen und Blutgefäßen vorkommen. Eine wichtige Voraussetzung für die Regenerationsfähigkeit ist allerdings, dass die dafür benötigten Substanzen in ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Die wichtigsten Baustoffe sind, wie bereits erwähnt, die Hyaluronsäure, Glucosamin und Chondroitin. Sie führen dazu, dass die genannten Gewebe kontinuierlich auf- und abgebaut (umgesetzt) werden.
Chondroprotektiva können durch Spritzen direkt ins Kniegelenk gespritzt werden. Diese Therapieform kann drei bis achtmal jeweils wöchentlich verabreicht werden. Die Behandlung kann auch oral in Tablettenform durchgeführt werden. Die Therapie mit Hyaluronsäure wird von der gesetzlichen Krankenkasse nicht übernommen.
In der Regel weisen Spritzen fast keine Nebenwirkungen auf. Neuere Präparate werden bakteriell gewonnen, so dass es kaum noch zu allergischen Reaktionen kommt. Präparate die oral eingenommen werden, verursachen bevorzugt Beschwerden im Magen-Darm-Bereich. Als mögliche Nebenwirkungen können auftreten:
Wichtige vorbeugende Maßnahmen zum Schutz des Gelenkknorpels sind unter anderem der Abbau von Übergewicht und Krankengymnastik. Beachten Sie, dass Gelatine keinen knorpelaufbauenden Effekt hat, wie immer behauptet wird.
Eine Hyaluronsäuretherapie kann theoretisch an jedem geschädigten Gelenk durchgeführt werden. Das Kniegelenk ist besonders für diese Therapieform, aufgrund der anatomischen Begebenheiten geeignet, da es einfach mit der Spritze zu erreichen ist. In der Regel sind die Erfolge in beginnenden Arthrosestadien günstiger.
Hierbei handelt es sich um langsam wirksame Antirheumatika, die zu einer teilweisen oder vollständigen Rückbildung (Teil- oder Vollremission) führen. Im folgenden eine kleine Liste der möglichen Präparate:
Diese Medikamente führen zu einer erhöhten Ausscheidung der Harnsäure und bewirken dadurch eine geringere Ablagerung von Harnsäurekristallen in den Gelenken. Mögliche Medikamente sind:
Letzte Aktualisierung am 12.11.2021.