Im menschlichen Körper laufen viele Vorgänge in verschiedenen, regelmäßigen Zyklen und Rhythmen ab. Als eigentliche „innere Uhr" wird der Schlaf-Wach-Zyklus bezeichnet, der sich jeden Tag wiederholt. Es gibt aber auch viele Rhythmen des Körpers, die sich in Sekunden bis Monaten und Jahren abspielen. Die Wissenschaft, die sich mit dem inneren Zeitgeber beschäftigt, nennt sich Chronobiologie. Wird die innere Uhr durch äußere Einflüsse aus dem Takt gebracht, so können sich erhebliche Probleme mit dem Schlaf und der Leistungsfähigkeit ergeben.
In den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts wurde durch das Max-Planck-Institut für Verhaltensphysiologie, das sich damals in München befand, ein Experiment durchgeführt, das das Vorhandensein der inneren Uhr aufzeigte. Mehr als 400 Personen lebten versuchsweise für einige Wochen jeweils allein unterirdisch in einem Gebäude, völlig abgeschnitten von der äußeren Uhr und von irgendwelchen Hinweisen darauf. Sie sollten immer dann schlafen gehen und wieder aufstehen, wenn sie sich danach fühlten. Es zeigte sich, dass Menschen auch ohne äußere Einflüsse einen regelmäßigen Lebensrhythmus einhalten, der allerdings nicht 24, sondern durchschnittlich etwa 25 Stunden dauert. In späteren Versuchen wurde bei Erlaubnis von „Nickerchen" zwischendurch wiederum ein 24-Stunden-Takt festgestellt. Die Ergebnisse zeigen aber das Vorhandensein eines inneren Zeitgebers, der die Körperfunktionen steuert.
Das übergeordnete Steuerorgan für die innere Uhr liegt im Gehirn. Es befindet sich dort in einer zweiteiligen Struktur aus Nervenzellen, dem suprachiasmatischen Nukleus (SCN). Die Aktivität des SCN regelt die Vorgänge im menschlichen Körper, die im Tagesrhythmus ablaufen, also viele verschiedene Stoffwechselprozesse, die zu unterschiedlichen Tageszeiten ihr Maximum und Minimum besitzen, sowie den Schlaf-Wach-Rhythmus.
Dabei werden die Zyklen auch auf die Einflüsse aus der Außenwelt abgestimmt. Dies geschieht über Lichtreize, die vom Auge zum SCN geleitet werden. Von dort aus werden Informationen an die Zirbeldrüse weitergesendet, die ebenfalls ein Teil des Gehirns ist. Die Zirbeldrüse (Epiphyse) ist für die Herstellung und Ausschüttung eines Hormons zuständig, dem Melatonin. Melatonin wird bei wenig Licht beziehungsweise in der Nacht sowie im Winter vermehrt ausgeschüttet. Das Hormon bewirkt eine Zunahme der Müdigkeit sowie des Weiteren eine Stimmungssenkung. Durch Melatonin kommt es auch zur typischen Winterdepression. Umgekehrt wird im Hellen die Ausschüttung von Melatonin gehemmt, und es kommt eher zur Wachheit und zu besserer Stimmung.
Jeder Zyklus, der periodisch in 24 Stunden wiederkehrend abläuft, wird von der Wissenschaft (Chronobiologie) als circadianer Rhythmus bezeichnet. Bestimmte Vorgänge bei Menschen und auch bei anderen Lebewesen hängen von diesem Tageszyklus ab.
Am auffälligsten ist, dass durch die innere Uhr ein Rhythmus von Schlaf- und Wachzeiten vorgegeben wird. Im Durchschnitt schläft der Mensch in der Nacht ungefähr 7 Stunden. Es gibt aber auch Menschen, die weniger oder mehr Nachtschlaf benötigen. Säuglinge brauchen bis zu 16 Stunden Schlaf am Tag, bis zur Pubertät nimmt das Bedürfnis immer mehr ab. Für die meisten erwachsenen Menschen ist eine Schlafdauer zwischen 7 und 9 Stunden ideal. Gerade in der modernen Zeit schlafen die Menschen tendenziell aber eher kürzer, um dem Leistungsdruck der Gesellschaft gerecht zu werden.
Individuell gibt es Unterschiede beim Verlauf der Schlaf-Wach-Rhythmen. Manche Menschen sind früh am Morgen schon sehr munter und sind dementsprechend abends früh müde. Diese Gruppe wird „Lerchen" genannt. „Eulen" dagegen kommen morgens nur schlecht aus dem Bett, sind aber abends fit und werden zu regelrechten „Nachtmenschen". Die Tendenz, eher ein Morgen- oder ein Abendmensch zu sein, ist größtenteils durch die Gene bestimmt.
Doch es gibt im Verlauf von 24 Stunden nicht nur die eine Ruhephase mit Schlaf zur Nachtzeit. Auch während des Tages gibt es kleinere Tiefpunkte. Ein besonders deutliches Formtief besteht um die Mittagszeit herum. Daher ist der Mittagsschlaf quasi vorprogrammiert und hat durchaus seinen Sinn. Verschiedene Studien haben bei Menschen, die mittags ein kleines Schläfchen halten, eine deutliche Leistungssteigerung festgestellt.
Dem 24-Stunden-Zyklus unterliegen jedoch bei weitem nicht nur die Schlaf- und Wachzeiten beziehungsweise die Kurven der Leistungsfähigkeit und des Konzentrationsvermögens. Viele Hormone werden tageszeitabhängig ausgeschüttet. Stoffwechselprozesse und Verdauung haben ebenfalls ihr Maximum zu bestimmten Tageszeiten. Auch die Schmerzempfindlichkeit wechselt rhythmisch im Tagesverlauf. Der Blutdruck und vor allem die Körpertemperatur haben wiederum einen großen Einfluss auf den Schlaf und die Müdigkeit. Bei niedrigerer Körpertemperatur ist ein besserer Schlaf möglich als bei höheren Werten. Daher ist das Minimum der Temperaturkurve im Mittel zwischen 3 und 4 Uhr nachts zu finden.
Diverse andere Vorgänge laufen beim Menschen nicht regelmäßig innerhalb eines Tages ab, sondern in kleineren oder größeren Zeiträumen. In kurzzeitigen Rhythmen laufen beispielsweise die Atmung sowie der Herzschlag beziehungsweise der Puls ab. Während des Nachtschlafes besteht des Weiteren eine etwa 90minütige Periode, in der es vom sehr leichtem Schlaf bis zum Tiefschlaf und dann wieder zu den so genannten REM-Phasen kommt, bei denen es fast wieder zum Erwachen kommt. In längeren Zeiträumen liegen unter anderem der Monatszyklus der Frau oder das periodische Ansteigen und Abnehmen der Geburtenrate mit dem jährlichen Höhepunkt im März. Letzteres spielt heutzutage jedoch nur noch eine sehr geringe Rolle.
Wird die innere Uhr durch äußere Einflüsse zu sehr aus der Bahn geworfen, dann kommt es zu Problemen mit Müdigkeit einerseits und Einschlafstörungen andererseits. Es kann zum chronischen Schlafmangel kommen, der weitere unangenehme Folgen nach sich ziehen kann.
Das häufigste und schwierigste Problem besteht bei Schichtarbeit beziehungsweise Nachtarbeit. Wer nachts arbeiten muss, macht dies in einem Zeitraum, in dem sich der Körper normalerweise auf Ruhe und Schlaf einstellt. Schichtarbeit lässt sich aber nicht immer verhindern. Wenn Schichtarbeit unbedingt notwendig ist, sollten enge Vorschriften beachtet werden. Während der Nachtarbeit, insbesondere zum Tiefpunkt zwischen 3 und 4 Uhr, passieren sehr häufig Unfälle oder Fehler. Einen ähnlichen Effekt wie Schichtarbeit haben beispielsweise nächtliche Discobesuche.
Die zuvor erwähnten Morgen- und Abendmenschen („Lerchen" und „Eulen") müssen oft mit vergleichbaren Schwierigkeiten kämpfen, wenn äußere Umstände, vor allem in der Arbeitswelt, sie zum Abweichen von der bevorzugten Aktivitätszeit zwingen.
Ein weiteres Problem der heutigen Zeit besteht im Überwinden verschiedener Zeitzonen der Erde durch Flüge. Die entstehenden Schwierigkeiten werden Jetlag genannt. Besonders bei Reisen von West nach Ost, etwas weniger stark von Ost nach West kommt es zur äußeren Verschiebung der Tageszeit. Daraus kann resultieren, dass der Betroffene am neuen Ort zur Nachtzeit nicht schlafen kann oder am Tage sehr müde ist.
Eine geringere, bei manchen Menschen aber auch nicht zu unterschätzende Störung wird durch die Zeitumstellung von Winter- auf Sommerzeit und umgekehrt bewirkt.
Durch die Unregelmäßigkeiten und Verschiebungen der Zeiten wird die innere Uhr oft erheblich gestört. Es kommt nicht nur dazu, dass der Betroffene nicht müde ist, wenn er schlafen soll, und vermindert leistungsfähig ist, wenn er arbeiten oder aktiv sein soll. Es können auch körperliche Probleme bis hin zu Krankheiten sowie auch seelische Störungen die Folge sein. Herz und Kreislauf, Magen und Darm, Schilddrüse und Leber leiden unter den veränderlichen Zeiten. Kopfschmerzen, Unruhe und Nervosität oder Erschöpfung sind häufige weitere Auswirkungen. Nicht zuletzt können durch die schlechte Leistungsfähigkeit auch Fehler passieren, etwa bei der Arbeit oder hinter dem Steuer.
Letzte Aktualisierung am 12.11.2021.