Narkolepsie (Schlaffallsucht, auch Schlummersucht oder „Schlafkrankheit") ist eine seltene Krankheit, bei der tagsüber ein starkes Bedürfnis zu schlafen bis hin zum Schlafzwang besteht. Nachts schläft der Betroffene dagegen meist nicht tief genug und mit häufigen längeren Unterbrechungen. Die Ursache für die Narkolepsie ist eine hochgradige Störung der so genannten inneren Uhr, die bei gesunden Menschen für einen regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus sorgt.
Aller Wahrscheinlichkeit ist die Narkolepsie eine Erbkrankheit. Sie ist nicht psychisch, sondern organisch bedingt. Es handelt sich um Veränderungen im Gehirn, bei denen hauptsächlich Zellen zugrunde gehen, die das Hormon Orexin (Hypocretin) produzieren. Forscher vermuten, dass es sich um eine Autoimmunerkrankung handelt, also eine Krankheit, bei der das Abwehrsystem körpereigene Zellen angreift. Bewiesen ist dies jedoch noch nicht.
Der Tag-Nacht-Rhythmus der inneren Uhr wird aufgrund dieser Veränderungen stark durcheinander gebracht. Es kommt zu Verschiebungen der Phasen von Müdigkeit und Wachheit, die sich in kürzeren Abständen als normal abwechseln. Zudem werden die Phasen oft durch Situationen ausgelöst. Typische Vorgänge im Gehirn, die beim Gesunden im Schlaf (im Tiefschlaf oder vor allem im so genannten REM-Schlaf) auftreten, laufen beim Narkoleptiker zu ganz unterschiedlichen Zeiten ab. Der Rhythmus des Schlafens und Wachens, der Schlafphasen und der normalen Schwankungen der Leistungsbereitschaft zerfällt.
Im Wesentlichen kommen bei der Narkolepsie vier Symptome vor, weitere Beschwerden können dann noch hinzu kommen. Die Hauptsymptome sind Schläfrigkeit mit Schlafzwang, plötzliche Muskelerschlaffungen (Katalepsie), Schlafparalyse (Schlaflähmung) und ein unregelmäßiger Nachtschlaf. Die Ausprägung der Beschwerden ist bei jedem Narkoleptiker unterschiedlich.
Das prägende Symptom der Narkolepsie sind die Schlafattacken. Zu unpassenden Zeiten verspürt der Patient einen Schlafdrang, häufig lässt sich das Einschlafen nicht verhindern. Der Betroffene schläft vor allem dann ein, wenn auch normale Menschen müde werden, also nach dem Essen sowie in monotonen Situationen wie während Zugfahrten oder beim Fernsehen. Die Einschlafattacken kommen aber auch in Momenten vor, in denen kein äußerer Anlass dafür besteht und die Betroffenen aktiv etwas tun.
Typisch für Narkolepsie ist das Auftreten von kurzzeitigen Muskelerschlaffungen (Kataplexie). Die Muskelausfälle können Gesichtsmuskeln bis hin zur kompletten körperlichen Muskulatur betreffen. Der Patient kann dabei stürzen. So genannte glatte Muskeln, die beispielsweise für die Atmung und die Darmbewegung zuständig sind, sind jedoch nicht mit einbezogen. Ebenso ist das Bewusstsein beim Kataplexie-Anfall voll vorhanden. In der Regel tritt die Muskelerschlaffung nach einer stark emotionalen Gefühlsregung auf, wie etwa beim Lachen, bei Erschrecken oder bei Ärger. Die meisten der Anfälle sind nach 5 bis 30 Sekunden plötzlich vorbei, es kann aber selten auch länger dauern. Nicht bei allen Patienten mit Narkolepsie kommt auch die Kataplexie vor.
Bei einer Schlaflähmung (Schlafparalyse) kommt es beim Einschlafen oder Aufwachen zur vollständigen Muskellähmung, während der Betroffene noch oder schon wach ist. Die Umgebung wird wahrgenommen, der Patient kann sich aber nicht bewegen. Während der Schlaflähmung besteht oft starke Angst. Die Muskelblockade löst sich nach Sekunden bis Minuten durch Reize von außen oder auch spontan. Eine solche Schlafparalyse kommt gehäuft bei Narkoleptikern, aber auch bei gesunden Personen vor.
Der Nachtschlaf ist bei vielen Menschen mit Narkolepsie erheblich beeinträchtigt. Der Schlaf ist meist nicht tief und wird durch häufiges Aufwachen unterbrochen. Nicht selten sind die Betroffenen über Stunden hellwach. Oft treten die so genannten REM-Phasen am Anfang der Schlafperiode auf und nicht, wie bei Gesunden, erst nach jeweils etwa 90 Minuten wiederkehrend.
Des Weiteren können so genannte hypnagoge Halluzinationen vorkommen. Das sind Sinneserscheinungen während des Einschlafens oder - als hypnopompe Halluzinationen - während des Aufwachens. Die traumähnlichen Wahrnehmungen können gesehen, gehört oder auch gefühlt werden. Hypnagoge Halluzinationen können ebenfalls bei Gesunden auftreten.
Ein weiteres mögliches Symptom ist die Ausführung von automatisierten Handlungen, während der Betroffene schon eingeschlafen ist. Handlungen wie Gehen, Sprechen oder Schreiben werden fortgeführt, die beiden letzteren sind dann unverständlich oder unleserlich. Bei einigen automatisch fortgesetzten Handlungen besteht erhöhte Unfallgefahr.
Bei Narkolepsie kommt es zu einigen weiteren unspezifischen Symptomen wie Müdigkeit und Abgeschlagenheit sowie Leistungseinbußen und Konzentrationsstörungen. Durch das unpassende Einschlafen kann es zu Unverständnis und Problemen in Familie und Beruf kommen. Psychische Probleme wie Depression sind möglich. Die Lebenserwartung des Patienten mit Narkolepsie ist nicht eingeschränkt.
Wichtig ist eine ausführliche Befragung des Patienten durch den Arzt, bei der oft schon entscheidende Hinweise auf die Narkolepsie gefunden werden. Nach einer körperlichen Grunduntersuchung erfolgt die Diagnose vor allem im Schlaflabor, also einer Einrichtung, in der der Patient während des Schlafens beobachtet wird. Mit verschiedenen Geräten können typische Auffälligkeiten festgestellt werden. Da die Narkolepsie mit bestimmten Genveränderungen im Zusammenhang steht, kann eine Blutuntersuchung zum Nachweis dieser Gene durchgeführt werden.
Die Narkolepsie kann manchmal mit anderen Schlafstörungen mit Tagesmüdigkeit verwechselt werden, da die Symptome nicht immer sehr spezifisch sind. Es wird vermutet, dass bei einem Großteil der Betroffenen die Narkolepsie gar nicht festgestellt worden ist.
Die Therapie erfolgt meist mit Medikamenten. Eingesetzt werden Mittel gegen die Müdigkeit, die im Bedarfsfall genommen werden können, sowie Antidepressiva, die regelmäßig angewendet werden und die Kataplexie (Muskelerschlaffung) verhindern können. Zusätzlich können allgemeine Maßnahmen sinnvoll sein, wie das Beachten von Verhaltensregeln für einen gesunden Schlaf sowie die Erarbeitung eines individuellen Schlaf-Wach-Rhythmus mit Einplanung auch von mehreren Schlafepisoden am Tage. Das persönliche Umfeld sollte für die Erkrankung und ihre Auswirkungen Verständnis aufbringen.
Die Narkolepsie lässt sich nicht heilen. Durch die Behandlungsmaßnahmen können die Beschwerden aber stark gebessert werden.
Informationsseite der Schweizerischen Narkolepsie Gesellschaft
Letzte Aktualisierung am 22.06.2021.