Eine Schlafmittelvergiftung entsteht durch die Einnahme zu großer Mengen schlaffördernder oder beruhigender Medikamente. Oft geschieht dies in suizidaler Absicht, aber auch die gleichzeitige Einnahme von Schlafmitteln und Alkohol kann die Wirkung der Schlafmittel vervielfachen. Symptome einer Schlafmittelvergiftung sind zwar auch von der Art des übermäßig eingenommenen Medikaments abhängig (meist Medikamente aus der Gruppe der Benzodiazepine), doch sind die Patienten in der Regel zunächst schläfrig, es kommt zu Übelkeit und Erbrechen, die Muskeln werden schwächer und das Gehen fällt schwer. Bei schweren Schlafmittelvergiftungen kann es zu Bewusstlosigkeit, Erniedrigung des Blutdrucks und der Herzfrequenz sowie zu Atmungsstörungen kommen.
Schlafmittelvergiftungen sind kein seltenes Problem, etwa zehn Prozent der Notarzteinsätze sind auf Vergiftungen zurückzuführen, wobei die übermäßige Schlafmitteleinnahme neben der übermäßigen Einnahme von Psychopharmaka an oberster Stelle steht. Schlafmittelvergiftungen kommen insbesondere bei Jugendlichen und älteren Menschen vor.
Jedes Arzneimittel verfügt über eine so genannte „Therapeutische Breite". Diese beschreibt das Verhältnis von der therapeutischen zu der giftigen (toxischen) Dosis. Je kleiner die therapeutische Breite, desto eher kann es zu einer Vergiftung kommen, da eine Dosis bei geringer Erhöhung sehr schnell vom therapeutischen in den giftigen Bereich gleiten kann. Bei einer Schlafmittelvergiftung liegt die Dosis des Schlafmittels im Blut bereits im giftigen Bereich.
Es gibt verschiedene Arten von Schlafmittel, die jeweils eine unterschiedlich große therapeutische Breite haben und somit häufiger oder seltener zu Vergiftungen führen können. Hier seien die häufigsten Schlafmittel, bei denen es möglicherweise zu Vergiftungen kommen kann, genannt:
Benzodiazepine sind Medikamente mit beruhigenden (sedierenden), angstlösenden (anxiolytischen) und schlaffördernden (hypnotischen) Eigenschaften. Benzodiazepine unterliegen der Verschreibungspflicht und in hohen Konzentrationen sogar dem Betäubungsmittelgesetz. Benzodiazepine haben eine große therapeutische Breite und müssen in hohen Dosen eingenommen werden, um eine Vergiftung auszulösen. Die meisten Vergiftungen entstehen daher durch die gleichzeitige Einnahme von Alkohol. Vertreter dieser Gruppe sind zum Beispiel Diazepam (Handelsname: Valium) oder Flunitrazepam (Handelsname: Rohypnol).
Bis in die 70er Jahre waren Barbituratvergiftungen die häufigste Medikamentenvergiftung und eine der häufigsten Ursachen bei einem Selbstmord. Aufgrund ihrer abhängig machenden Eigenschaften und des geringen Abstands zwischen therapeutischer und tödlicher Dosis sind die verschreibungspflichtigen Barbiturate seit 1992 in Deutschland nicht mehr als Schlafmittel zugelassen. Heute wird nur noch ein Medikament dieser Gruppe, das Thiopental, als Alternative bei einer Narkose verwendet.
Antihistaminika werden in verschiedene Gruppen eingeteilt und sind hauptsächlich aus der Allergietherapie bekannt. Doch eine dieser Gruppen, die so genannten H1-Antihistaminika, haben beruhigende und schlaffördernde Eigenschaften. Zu diesen Medikamenten zählt das Diphenhydramin (Handelsname zum Beispiel Vivinox). Antihistaminika haben eine große therapeutsiche Breite und führen daher seltener zu Schlafmittelvergiftungen.
Dies sind Medikamente, die zwar eine andere chemische Struktur, aber eine ähnliche Wirkung wie Benzodiazepine haben. Auch für sie gilt, dass Vergiftungen eher nur in Verbindung mit anderen Substanzen, wie zum Beispiel Alkohol, auftreten. Bekannte Vertreter dieser Medikamentengruppe sind beispielsweise Zolpidem (Handelsname Stilnox) oder Zopiclon (Handelsname Ximovan).
Tryptophan ist eigentlich eine Aminosäure und ein Vorläufer des Nervenbotenstoffs Serotonin. Es ist rezeptfrei erhältlich, wird jedoch aufgrund seines hohen Preises selten als Schlafmittel verwendet. Da Tryptophan das Enzym, von dem es abgebaut wird, selbst aktiviert, kann es zu keinen nennenswerten Überdosierungen kommen.
Die häufigen allgemeinen Symptome zu Beginn einer Schlafmittelvergiftung sind übermäßige Schläfrigkeit, Übelkeit und Erbrechen, Erschlaffung der Muskulatur und ein unsicheres Gangbild.
In Abhängigkeit von dem eingenommenem Medikament und dem Ausmaß der Überdosierung kann es zu weiteren Symptomen kommen:
Die Diagnose einer Schlafmittelvergiftung wird zunächst anhand der Symptome gestellt. Finden sich in der Nähe des Aufgefundenen Tablettenpackungen oder gibt es Zeugen der Medikamenteneinnahme, können dies Hinweise auf die Art der übermäßig eingenommenen Medikamente sein. Um welches Medikament es sich handelt, kann letztendlich in einer Blutuntersuchung festgestellt werden.
Wird ein Mensch bewusstlos aufgefunden, können neben einer Schlafmittelvergiftung eine Reihe anderer Ursachen für die Bewusstlosigkeit verantwortlich sein. Daher ist es wichtig, zunächst die lebenswichtigen Körperfunktionen wie Kreislauf und Atmung aufrecht zu erhalten und bei Hinweisen auf eine Schlafmittelvergiftung diese gezielt zu behandeln.
Da die Ursachen für Bewusstlosigkeit vielfältig sein können, sind hier einige Beispiele für die häufigeren Ursachen von Bewusstlosigkeit genannt: Erkrankungen des Nervensystems wie zum Beispiel Epilepsie oder Gehirnblutungen bzw. Gehirndurchblutungsstörungen, Blutdruckabfall, Erkrankungen des Herzens mit vorübergehendem Herzstillstand wie zum Beispiel beim Herzinfarkt, bei Herzrhythmusstörungen, Herzmuskelerkrankungen oder ein niedriger Blutzucker.
Die Therapie der Schlafmittelvergiftung hängt von dem übermäßig eingenommenen Medikament ab. Bei Bewusstlosigkeit sollte der Betroffene von den Personen, die ihn auffinden, bis zum Eintreffen des Notarztes in die stabile Seitenlage gelegt werden und mittels Decken vor Wärmeverlust geschützt werden.
Vergiftungen mit Benzodiazepinen oder Nicht-Benzodiazepin-Agonisten werden bei leichtem Ausmaß für einige Zeit stationär überwacht. Bei starken Vergiftungen wird dem Patienten über einen venösen Zugang das Gegenmittel Flumazenil gegeben. Oft hilft jedoch schon die Gabe von Kohletabletten und Abführmitteln. Wichtig ist eine ausreichende Sauerstoffzufuhr.
Bei Barbituratvergiftungen müssen die Ärzte sehr umfangreich therapieren. Der Magen sollte gespült sowie Kohletabletten und Abführmittel gegeben werden. Medikamente zur Wasserausscheidung, zur Erhöhung des Harn-pH-Werts und zum Ausgleich des Wasser-, Elektrolyt- und Säure/Basen-Haushalts müssen verabreicht werden. Bei sehr ausgeprägter Vergiftung muss der Patient an ein Dialysegerät (Blutwäsche) angeschlossen werden. Es sollte sehr ausdauernd reanimiert werden. Wird der Patient stabiler, sollte seine Körperlage häufig verändert werden, da sich sonst aufgrund von Durchblutungsstörungen Blasen bilden können. Ein Gegenmittel ist nicht vorhanden.
Bei einer Vergiftung mit Antihistaminika muss zunächst der Kreislauf stabilisiert werden, anschließend sollte der Magen gespült werden. Die auftretenden Komplikationen wie Krämpfe und Benommenheit sollten vom Arzt medikamentös behandelt werden.
Es ist schwierig, genaue Angaben zu der Prognose einer Schlafmittelvergiftung zu machen. Sie hängt ganz entscheidend davon ab, welche Menge Schlafmittel eingenommen wurde und wie viel Zeit zwischen dieser Einnahme und dem Auffinden vergangen ist.
Bitte achten Sie darauf, die Schlafmittel ebenso wie alle anderen Medikamente außerhalb der Reichweite von Kindern aufzubewahren. Sollten Sie Schlafmittel einnehmen, halten Sie sich an die empfohlene Dosis und trinken sie bitte gleichzeitig keinen Alkohol.
Sollten Sie einen Menschen, der vermutlich eine Überdosis an Schlafmitteln eingenommen hat, bewusstlos auffinden, alarmieren Sie den Notarzt, legen Sie den Bewusstlosen in die stabile Seitenlage und schützen Sie ihn mit Decken vor Wärmeverlust.
Letzte Aktualisierung am 24.06.2021.