Krampfadern (so genannte Varizen) sind sackförmig oder zylindrisch erweiterte Venen mit geschlängeltem Verlauf. Die Klappen dieser erweiterten Venen werden insuffizient, das heißt, sie schließen nicht mehr richtig, nachdem die Venen einen bestimmten Durchmesser überschritten haben, so dass der Rückstrom des Blutes zum Herzen nicht mehr gewährleistet ist. Der Blutfluss in den Gefäßen kehrt sich um.
Von diesem Krankheitsbild, das in der Medizin als Varikose oder Varikosis bezeichnet wird, sind am häufigsten die oberflächlichen Venen der Beine betroffen
Die Varikose wird zwei Typen eingeteilt, die primäre und die sekundäre Varikose
Die primäre Varikose hat vor allem genetische Ursachen, eine solche erbliche Veranlagung ist bei etwa 75 Prozent der Patienten gegeben. Weitere Ursachen sind Schädigungen der Venenwände durch mechanische und hormonelle Einflüsse. Faktoren, welche diese Schädigungen begünstigen, sind unter anderem langes Stehen (vor allem im Beruf), ungenügende körperliche Aktivität, Adipositas (krankhaftes Übergewicht), Schwangerschaft, chronische Verstopfung und die Einnahme von Kontrazeptiva (Medikamenten zur Empfängnisverhütung).
Frauen sind häufiger von der primären Varikose betroffen als Männer, die Verteilung liegt etwa bei 3:1. Die Gesamthäufigkeit der Erkrankung steigt mit zunehmendem Lebensalter.
Die Ursache der sekundären Varikose ist eine Abflussstauung des venösen Blutes, die hauptsächlich durch Thrombosen der Beckenvenen und der tiefen Beinvenen entsteht. Eine Thrombose ist ein vollständiger oder teilweiser Verschluss eines Gefäßes durch ein Blutgerinnsel. Selten liegt die Ursache der Abflussstörung in einer Kompression der Beckenvenen begründet, wie sie zum Beispiel im Rahmen einer Schwangerschaft auftreten kann.
Das Netz der Beinvenen, die das Blut von den Füßen zum Herzen zurück leiten, besteht aus zwei Anteilen, den oberflächlichen und den tiefen Beinvenen. Die beiden Systeme sind durch kleine Venen miteinander verbunden, die Venae perforantes genannt werden.
Dieser Name rührt daher, dass sie auf ihrem Weg von den tiefen zu den oberflächlichen Venen die feste Umhüllung der Beinmuskeln durchqueren müssen, in der sich an diesen Stellen entsprechende kleine Löcher befinden, die in ihrer gleichmäßigen Anordnung aussehen wie Perforationen. Diese Verbindungsvenen transportieren das Blut von den oberflächlichen zu den tiefen Beinvenen und besitzen, wie diese, Klappen, welche den Bluttransport nur in eine Richtung zulassen.
Da in den Beinvenen der Druck wesentlich geringer ist als in den Arterien, sind verschiedene Mechanismen nötig, um das Blut gegen die Schwerkraft zum Herzen zurück zu transportieren.
Das wichtigste Hilfsmittel der Beinvenen sind die Venenklappen. Diese Klappen werden durch zwei (selten drei) segelförmige Anteile der inneren Gefäßwand gebildet, welche in das Gefäß hineinragen und in der Mitte zusammenstoßen.
Die Funktion der Venenklappen entspricht etwa der eines Rückschlagventils: während der Blutstrom zum Herzen erfolgt, liegen die Klappensegel der Gefäßwand an. Sobald der Druck nachlässt, bläht das Blut, das der Schwerkraft nach unten folgt, die Klappensegel auf und sie verschließen das Gefäß, so dass das Blut nicht zurück fließen kann.
Die eigentliche Transportfunktion übernehmen die Arterien, die neben den tiefen Beinvenen verlaufen und bei jedem Pulsschlag die elastischen Venen zusammendrücken. Dadurch wird das Blut, das dank der Klappen nur in eine Richtung entweichen kann, nach oben gepresst. Nach dem gleichen Prinzip funktioniert die Muskelpumpe, auch hier werden die Venen bei Anspannung der Beinmuskeln zusammen gedrückt und das Blut auf diese Weise weiter transportiert.
Zusätzlich übt das Herz mit jedem Schlag eine Sogwirkung auf die Venen aus und trägt so ebenfalls zum Rücktransport bei.
Bei der primären Varikose werden die Venenwände durch die oben beschriebenen Faktoren geschädigt und verlieren ihre Elastizität. Die Venen dehnen sich aus und sind nicht mehr in der Lage, sich wieder zusammen zu ziehen, wodurch es zu sichtbaren Aussackungen kommt. Sobald der Durchmesser des Gefäßes einen kritischen Wert überschritten hat, können die Innenränder der Klappensegel sich nicht mehr berühren und das Blut fließt zurück, sobald der Druck von außen nachlässt. Die Venenklappe ist insuffizient geworden, sie hat ihre Funktion eingebüßt.
Durch das zurück fließende Blut wird nun die nächste weiter unten liegende Klappe zusätzlich belastet. Da die gesamte Venenwand geschädigt ist, kommt es hier ebenfalls zur Aussackung, wodurch auch diese Klappe insuffizient wird. Dieser Zyklus ist vor allem bei den großen oberflächlichen Venen von Bedeutung und kann sich bis in die tiefen Venen fortsetzen.
Nach dem Ort ihres Entstehens und ihrer Ausdehnung lassen sich verschiedene Typen der Varikose unterscheiden:
Im Gegensatz zur primären Form beginnt die sekundäre Varikose direkt in den tiefen Beinvenen. Wenn eine solche Vene durch ein Blutgerinnsel verstopft oder durch Kompression verschlossen wird, staut sich das Blut in dem Bereich vor dem Verschluss. Dieser Rückstau führt zu einer Erweiterung des Gefäßes und zur Erhöhung des Drucks in der Vene. Durch den hohen Druck werden auch die Verbindungsvenen weit und büßen ihre Klappenfunktion ein. Das Blut aus der verschlossenen Vene geht den Weg des geringsten Widerstandes und fließt in umgekehrter Richtung durch die Verbindungsvenen in die Venen des oberflächlichen Systems.
Da die tiefen Beinvenen mit etwa 90 Prozent den größten Teil des Blutvolumens zum Herzen zurück transportieren, sind die oberflächlichen Venen dem zusätzlichen Blutangebot, das sie bewältigen sollen, nicht gewachsen und erweitern sich ebenfalls. Dieser Prozess kann soweit gehen, dass es im Verlauf einer Thrombose der tiefen Beinvenen durch das Ausweichen des Blutes über die Oberflächenvenen zu einer Stammvarikose kommt.
Selbst wenn dieser schlimmste Fall nicht eintritt und der Thrombus rechtzeitig medikamentös oder vom Körper selbst abgebaut wurde, bleibt der Rückfluss über die oberflächlichen Venen erhalten, wenn die tiefen Venenklappen zerstört wurden.
Die Varikose kann, auch bei größerer Ausdehnung, jahre- und manchmal auch jahrzehntelang ohne Symptome verlaufen. Wenn sich die Venen jedoch weiter ausdehnen und die Funktion der Venenklappen in Richtung der Füße stetig abnimmt, kommt es immer häufiger zu Beschwerden und Komplikationen.
Die Hauptsymptome sind Schwere- und Spannungsgefühle in den Beinen, ein Anschwellen der Knöchel und Juckreiz, vor allem an den Unterschenkeln. Diese Beschwerden werden bei langem Stehen und gegen Abend stärker. Zusätzlich können Krämpfe in Unterschenkeln und Füßen auftreten, die sich besonders in der Nacht bemerkbar machen. Weitere Reaktionen sind ein Kribbeln der Beine und Hautveränderungen. Diese reichen vom Ekzem (einer Entzündungsreaktion mit Juckreiz) über verstärkte Pigmentierung der Haut bis zum Ulcus cruris venosum, einer offenen Wunde am Unterschenkel, die umgangssprachlich auch als „offenes Bein" bezeichnet wird.
Zu den Grundlagen der Diagnostik gehört die körperliche Untersuchung, bei der die Beine genau betrachtet und abgetastet werden. Dabei fallen sowohl Besenreiser als auch stark gewundene und verdickte Venen auf, die vor allem bei der Stammvarikose deutlich tastbar sein können.
Die apparative Standarduntersuchung bei der Varikose ist die Duplex-Sonographie. Dabei handelt es sich um ein Ultraschallverfahren, mit dem, zusätzlich zur Betrachtung der Gefäßwände, die Geschwindigkeit und die Flussrichtung des Blutes in den Gefäßen gemessen werden kann.
Mit Hilfe dieser Messwerte lässt sich feststellen, wie es um das Klappensystem der Venen bestellt ist und welche Venenbereiche bereits in Mitleidenschaft gezogen wurden.
Eine weitere Untersuchungsmethode ist die aszendierende Phlebographie („aufsteigende Venensichtbarmachung"), bei welcher der Patient ein Kontrastmittel in eine Vene des Fußrückens gespritzt bekommt.
Anschließend wird eine Röntgenaufnahme des Beines angefertigt, auf der die mit Kontrastmittel gefüllten Venen sichtbar sind. Mit diesem Verfahren kann beurteilt werden, wie durchgängig die Venen sind, ob es Verlegungen der tiefen Beinvenen gibt und inwieweit sich zum Ausgleich dieser Verlegungen Umgehungskreisläufe über das oberflächliche Venensystem gebildet haben.
Die primäre Varikose lässt sich nach der Untersuchung in vier Stadien einteilen:
Die beiden Formen der Varikose lassen sich in der klinischen Untersuchung nicht mit hundertprozentiger Sicherheit unterscheiden. Dies liegt unter anderem daran, dass sie auch nebeneinander existieren können.
Vor jeder operativen Therapie einer dem Anschein nach primären Varikose muss daher ausgeschlossen sein, dass es sich bei den Varizen des oberflächlichen Venensystems um einen Umgehungskreislauf für die tiefen Beinvenen handelt.
Die Untersuchung der Wahl ist auch in diesem Fall die Duplex-Sonographie, mit der alle entscheidenden Strukturen erfasst werden können. Bestehen nach der Ultraschalluntersuchung noch immer Zweifel, so kann das Venensystem mit der Phlebographie dargestellt werden und so in den meisten Fällen die endgültige Unterscheidung getroffen werden.
In leichten Fällen sind Stützstrümpfe ausreichend, ansonsten sollten Kompressionsstrümpfe mit einem geeigneten Kompressionsdruck (etwa 13 bis 16 mmHg) verwendet werden. Diese werden tagsüber getragen und während der Bettruhe abgelegt. Bei frischen Ödemen mit der Tendenz, sich zurückzubilden, sollten Kompressionsverbände zum Einsatz kommen, da sie dem jeweiligen Beinumfang angepasst werden können.
Eine große Rolle in der konservativen Therapie spielt die aktive Bewegung, zum Beispiel durch Schwimmen und Rad fahren, weil sie die Muskelpumpe aktiviert und so den Transport des Blutes in Richtung des Herzens unterstützt.
Kalte Güsse führen zu einer Verengung der Gefäße und wirken so dem Krankheitsgeschehen entgegen. Da warme Bäder und Thermalbäder die entgegengesetzte Wirkung haben und die Gefäße erweitern, sollten sie gemieden werden.
Wenn Ödeme bestehen, kann es notwendig sein, dass der Patient Diuretika verschrieben bekommt. Diuretika sind Medikamente, welche die Wasserausscheidung über die Nieren fördern und so dazu beitragen, dass die Ödeme zurückgehen.
Der Nutzen von so genannten Venenpharmaka (Arzneimitteln für die Venen) wie Rosskastanienextrakt ist umstritten.
Ein alternatives Verfahren ist die Sklerosierung. Dabei wird mit Verödungsmitteln eine künstliche Thrombose in den Varizen erzeugt und die erweiterten Venen dadurch verschlossen.
Diese Therapie kommt bei Besenreisern, Seitenast- und retikulären Varizen zum Einsatz. Auch die Stammvarikose der Vena saphena parva kann unter Umständen mit diesem Verfahren angegangen werden.
Eine weitere Möglichkeit der Behandlung von Besenreisern und kleinen Gefäßknäueln in den oberen Hautschichten bietet der Verschluss mit Hilfe eines Lasers.
Die operative Entfernung der Varizen, das so genannte Venenstripping, wird bei Stammvarikose, funktionsunfähigen Verbindungsvenen und Seitenastvarikose durchgeführt. Das Ziel der Operation ist es, nur den Teil der Vene zu entfernen, dessen Klappen ihre Funktion eingebüßt haben. Meistens beginnt dieser Abschnitt an der Mündungsklappe und endet weiter fußwärts mit der nächstgelegenen funktionierenden Klappe.
Die Vene wird an dem Segment, mit dem sie in die Hauptvene mündet, von dieser abgetrennt und die dort verlaufenden Venenäste werden abgebunden. Oberhalb der nächstgelegenen funktionierenden Klappe wird eine Sonde in die Vene eingeführt, die oben aus dem Mündungssegment herauskommt und dort befestigt wird.
Anschließend zieht der Operateur die Sonde zurück. Dadurch wird die Vene nach innen umgestülpt und mit der Sonde herausgezogen. Abschließend werden die im Körper verbleibenden Enden der Vene verschlossen. Bei dieser Prozedur müssen parallel die Verbindungsvenen abgetrennt und verschlossen werden, damit es nach der Operation nicht zu Einblutungen kommt.
Nach der Operation müssen für mindestens drei Monate Kompressionsstrümpfe der Klasse 2 getragen werden, um das Ergebnis zu stabilisieren. Seitenastvarizen werden über kleine Einstiche mit feinen Klammern entfernt.
Solange die Varikose wenig bis keine Beschwerden macht, ist die Prognose sehr gut, wenn der Patient konsequent die vermeidbaren Risikofaktoren reduziert, sich viel bewegt und, wenn notwendig, die ärztlich verordnete Therapie einhält.
Die fortgeschrittene Varikose, welche oben beschriebene Eingriffe erforderlich macht, ist prognostisch ungünstiger. So liegt die Möglichkeit eines Wiederauftretens der Varikose in den ersten fünf Jahren nach einer Sklerosierung bei bis zu 80 Prozent, nach einer Stripping-Operation sind es immerhin noch bis zu 15 Prozent. Die Sterblichkeitsrate bei der Operation beträgt 0,02 Prozent.
Die Varikose zählt zu den Krankheiten, die möglichst früh erkannt und behandelt werden sollten, um eine Verschlechterung und damit das Eintreten von Komplikationen, die eine starke Einschränkung der Lebensqualität bedeuten, zu verhindern oder zumindest zu verlangsamen.
Letzte Aktualisierung am 13.07.2021.