Jeder von uns hat sie, den einen sind sie wichtiger als den anderen, aber keiner sollte ganz auf sie verzichten: Die Rede ist von Ritualen, gewohnheitsmäßig ablaufenden, immer wiederkehrenden Tätigkeiten, die uns ein Stück Sicherheit geben. Es ist der morgendliche Kaffee, der Blick in die Zeitung, das Buch vor dem Schlafengehen oder das Stoßlüften vor dem Verlassen des Hauses. Es ist die Art, wie wir unsere Bettdecke falten, die Haltestelle, an der wir aus der Bahn steigen oder die Bäckerei, an der wir jeden Morgen halt machen, um ein belegtes Brötchen zu kaufen.
All diese wiederkehrenden Dinge helfen, das Leben eine Weile auf „Autopilot" vor sich her gleiten zu lassen. Fallen die Rituale plötzlich weg, kann das einen sehr negativen Einfluss auf den Gemütszustand haben. Es fehlt einfach etwas im Tagesablauf.
Im größeren Rahmen sind Rituale oft kulturell geprägt. Beispiele hierfür ist das Händeschütteln zur Begrüßung. Es fällt dem Menschen leichter, sich einer unbekannten Situation zu stellen, wenn es Abläufe gibt, auf die er sich verlassen kann. Bei einer Beerdigung helfen Rituale dem Trauernden, sich treiben zu lassen und sich mit den eigenen Gefühlsleben zu beschäftigen. Denn um das, was um ihn herum passiert, muss er sich nicht aktiv kümmern. Es läuft automatisiert ab, nach festen Regeln.
Manche Menschen sind chaotisch, setzen weniger auf rituelle Abläufe. Aber ganz ohne sollte keiner leben. Denn Rituale schützen die Gesundheit: Das menschliche Gehirn sehnt sich in jeder Lebenslage nach einer Struktur, nach der gehandelt wird. Ganz und gar in Ritualen leben, ist aber ebenso ungesund. Kleinere Änderungen an den täglichen Handlungsabläufen verhindern, dass die Gewohnheit zum Zwangsverhalten wird. Ebenso wenig förderlich ist es, wenn man sich negative Folgen für den Fall einredet, dass ein Ritual mal nicht durchgeführt werden kann: „Wenn ich morgens meine Zeitung nicht habe, ist der ganze Tag im Eimer."
Die richtige Mischung aus Neuem und Althergebrachten macht es aus. Der Mensch ist eben seiner Natur nach ein Gewohnheitstier. Der eine mehr, der andere weniger.
Letzte Aktualisierung am 18.06.2010.